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Pulsnitzer Wochenblatt : 29.07.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-191107298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19110729
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19110729
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-29
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 29.07.1911
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Nr. 90. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 29. Juli 1811. Sette 3. Berlin, 27. Juli. (Spende Kaiser Wilhelms für dieKonstantinoplerAbgebrannten.) Der Kaiser hat den Sultan telegraphisch gebeten, eine Spende von 20 000 M für die Abgebrannten in Konstantinopel entgegenzunehmen. Berlin,28.Juli. (EinProtest gegen den Krieg.) Die zu heute abend nach dem großen Saale der „Neuen Welt« in der Hasenhaide einberufene Volksversammlung, zweck- Besprechung über die Solidarität der Völker Deutsch lands und Frankreichs, die trotz einer afrikanischen Hitze lange vor Beginn Kopf an Kopf gefüllt war, sodaß weit über 2000 Personen anwesend waren, nahm folgende Resolution an: Die versammelte Berliner Arbeiterschaft be- grüßt die Vertreter der französischen Arbeiterschaft und dankt ihnen für die Beweise internationaler Kamerad schaft und brüderlichen Friedensliebe. Die Versammelten erklären, daß sie sich eins fühlen mit der Arbeiterschaft Frankreichs wie auch anderen Ländern, in dem Bestreben, den Völkern den Frieden zu erhalten und allen Machi nationen der zum Kriege drängenden, herrschenden Klassen entgegenzutreten. Der Krieg dient nur dem Machtraub und den Prosttgelüsten einer kleinen Minderheit, während die große Mehrheit aller Völker den Frieden will, da sie allein die Opfer der Kriege zu tragen hat. Die Versam melten fordern die Arbeiter Deutschlands wie Frankreichs auf, angesichts der gegenwärtigen drohenden Kriegsgefahr jederzeit auf dem Posten zu sein und ihren ganzen Ein fluß zur Verhinderung des Krieges aufzubieten. Sie fordern die Einberufung der verantwortlichen Volksver tretung, um dieser die Mitentscheidung über die Lösung internationaler Konflikte zu ermöglichen. Die Versamm lung protestiert gegen dis Ausweisung deS französischen Kameraden Yvetot, dessen Rede im Gewerkschaftshause lediglich von der ehrlichen Absicht geleitet war, dem Frie- den zu dienen. — Diese Resolution wurde mit ungeheu- rem Beifall seitens der Anwesenden ausgenommen und fand einstimmige Annahme. — (Zum Verschwinden des Ingenieurs Richter in Konstantinopel.) Laut eingetroffenen Meldungen ist im Falle des Ingenieurs Richter eine Wendung eingetreten, die zu den ernsthaftesten Befürch tungen Anlaß gibt. Den mit den nötigen Geldmitteln auSgestatteten Vertrauensmännern ist eS unmöglich, die Verbindung mit den Räubern herzustellen, ein Umstand, der den Schluß, daß es den Riubern gelungen ist, auf griechisches Gebiet überzutreten oder noch beunruhigendere Vermutungen zuläßt. — (Aus Deutsch. Südwestafrika liegt eine neue telegraphische Meldung) des Gou verneurs vor, wonach es bis jetzt noch nicht gelungen ist, über die angeblichen Vorgänge im Caprivizipfel Auf- klärung zu schaffen. Der Gouverneur hat jedoch für den Fall, daß sich die Gerüchts doch noch bestätigen sollten, alle Vorbereitungen treffen lassen, um die Unruhestifter nachdrücklich zur Rechenschaft zu ziehen. — Gewißheit über das Schicksal der angeblich niedergemachten Kolonne Frankenberg tm Caprivizipfel werden wir erst in vierzehn Tagen haben. Das Gebiet ist unwegsam, sodaß die Einholung genauer Jnformarionen über den Vorfall, der einstweilen nur durch Eingeborene berichtet worden ist, längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Oesterreich-Ungarn. Wieu, 29 Juli. (Verstän- digung zwischen Deutschland und Frankreich.) Wie die „Neue Freie Presse" erfährt, wollen hiesige diplo- malische Kreise wissen, daß sich Frankreich und Deutsch land bereits in den hauptsächlichsten Punkten geeinigt haben und daß nur einzelne formelle Fragen zu regeln sind. Eine Verständigung sei bevorstehend. Vie Marokko-Nngelegenbeit. Berlin, 27. Juli. (Eine bemerkenswerte Preß stimme.) Die Abendblätter äußern ihre Befrie digung darüber, daß die englische Regierung in Bezug auf die Marokkofrage einzulenken beginnt. Die „Neue Freie Presse,, schreibt: ES war die höchste Zett, daß die Sprache gegen Deutschland sich ändert. Das deutsche Publikum hat eine bewundernswürdige Ruhe gezeigt, aber seit einigen Tagen ist doch eine gewisse Erregung Stimmen werden laut, die verlangen, daß sich Deutschland von einer fremden Macht nicht verge waltigen lasten dürfte und daß es seinen Weg unbeirrt sortseßen wüste. Die Verdrossenheit darüber, daß Deutsch- land in seine, Politik überall der Unfreundlichkeit Eng lands begegnet, ist nicht unbedenklich.' Die foitwähreaden Reibungen und Reizungen mögen — jede einzelne Tat sache für sich genommen — keine Lebensfrage berühren, erzeugen aber doch in der Gesamtheit das Gefühl, daß England das deutsche Volk in sämtlichen Teilen der Erde in seiner Entwickelung hemmen und nicht zu Atem kommen lasten will. ES werden vielleicht wieder Jahre nötig sein, um die moralischen Verwüstungen zu besei tigen, welche die letzten Tage angerichtet haben. London, 28. Juli. In parlamentarischen Kreisen wird die Erklärung des Premierminister- über Marokko dahin gedeutet, daß England seinen ganzen Einfluß auf zubieten gedenkt, um eine SchadloShattung Deutschlands innerhalb Marokkos zu verhindern. Im übrigen hat die Erklärung trotz der daraufolgenden Fanfare des Opposi tionsführers Balfour in vielen beruhigend und abkühlend gewirkt. Selbst die extreme Jingo-Presse beginnt ihre herausfordernde und überhebende Tonart zu mäßigen. Paris, 28. Jull. „Matin" schreibt: Man versichert uns, daß sich Herr von Kiderlen - Wächter darüber klar geworden ist, daß seine Ansprüche auf den französischen Kongo doch etwa- übertrieben waren und daß der deutsche Staatssekretär bei Gelegenheit der letzten Unterredung dem französischen Botschafter Cambon mitteilt, daß .AA^chland auch mit einem Teil des Küstengebietes Uch Libreville, aber ohne Loango, begnügen von Kiderlen-Wächter soll, wie das genannte Blatt weiter berichtet, gewisse neue Bedingungen angeführt haben, über die es schwer sei zu verhandeln. Die öffentliche Meinung in Frankreich wünscht, daß die Besprechungen zum Ziele führen und lehnt sich nicht aus, daß Deutschland Kompensation erhält, aber mit dem Vorbehalt, daß Frankreich völlige AktionSfreihett in Marokko behalte. Die neuen Vorschläge Herrn von Kiderlen-Wächter- seien jedoch zu nachteilig, al- daß Frankreich sie annehmen könnte. Doch beginnt man die Lage mit größerem Optimismus zu betrachten, da beider- seitig die Stimmung vorhanden ist, daß die Vorschläge auch von der großen Mehrheit beider Völker.;» billigen seien. Iu BisinMs Gedächtnis. Ein Tag trauriger Erinnerung ist für jedes deutsche Herz der 30. Juli, der vor nunmehr 13 Jahren bem deutschen Volke einen seiner größten Söhne, den Fürsten Bismarck, des Reiches Baumeister, raubte. Nicht nur in Deutschland, in der ganzen Welt wurde die Nachricht von dem Dahinscheiden dieses gewaltigen Mannes von Freund und Feind mit tiefer Bewegung vernommen. Im Sachsenwalde, wo er als der „Einsiedler von Friedrichsruh" nach seinem Rücktritt von den Staatsgeschäften geweilt harte, schloß er die Augen für immer und fand dort seinem Wunsche gemäß die letzte Ruhestätte. Auch als er alle' seine Aemter und Würden niedergelegt hatte und fern vom Getriebe der Welt im Schatten ' rauschender Eichen den Rest seiner Tage verbrachte, blieb seine einzigartige, markige Persönlichkeit der Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit. In selbstgeschaffener Größe ragte sie glanzvoll hinaus in die Weite, und jedem der Worte, die er hin und wieder in seiner Einsamkeit vernehmen ließ, lauschte aufmerksam ganz Deutschland, ja die ganze Welt. Auch heute, lange Jahre nach seinem Tode, sind seine Lehren und Mahnungen noch nicht in Vergessenheit geraten, seine Schrif ten und Reden bilden eine unerschöpfliche Fundgrube für jeden, der aus der Geschichte der großen Zeit des Wiederaufbaues un seres deutschen Kaisertums lernen will. Oft wiederholen wir noch seine treffenden Aussprüche, die zum Teil geflügelte Worte ge worden sind — «Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt" — lesen mit Begeisterung seine herrlichen Reden, die für alle Zeiten ein Musterbild knapper Darstellung bleiben werden, voll gewichtigen Inhalts, ohne Umschweife. Man weiß stets, was er will. Fürst Bismarck ist, wie er sich ausgesprochen hat, „kein Redner im gewissen Sinne, kein Schönredner," aber dennoch ist er der gewaltigsten und erfolgreichsten einer, die es je unter den Staatsmännern gegeben hat. Seine Reden bestanden nicht aus schön und glänzend geformten Wendungen, sie boten auch nicht lediglich die Gedanken seines überragenden Geistes, sondern sie enthüllten das Innerste seines eisernen Wesens, sein großes Herz, aus ihnen leuchtete der ganze Mann in seiner Größe und Helden- Hastigkeit hervor. Am gewaltigsten wirkte er daher auch als Red ner, wenn es galt, eine Sache zu vertreten, die seine innersten und heiligsten Empfindungen berührte. Sobald er sich gezwungen sah, der Volksvertretung gegenüber, die lange Zeit hindurch König Wilhelms I. weitsehende Pläne bekämpfte, die Rechte des König tums von Gottes Gnaden zu verteidigen oder mit Nachdruck für die Ausgestaltung unserer Wehrkraft einzutreten, dann zeigte sich Bismarck wie er wirklich war. Dann wurde seine Reckengestalt ' noch um ein gut Stück größer, unter den buschigen Augenbrauen blitzte sein feuriges Auge, den Gegner durchbohrend, seine Rede glich einem Wettersturme, Keulenschlägen ähnlich trafen die Worte seine Widersacher. Er war dann der Mann im heiligen Zorn. Hin und wieder zeigten seine Reden aber auch einen launigen Bei klang, oer die Zuhörer ebenso fortriß, wie der markige Ton, der für gewöhnlich das Gepräge seiner Worte bildete. Bald auf die eine, bald auf die andere Weise hat der große Kanzler tue gewal tigsten Wirkungen mit seiner Rede erzielt. Die Kraft, die er diese Wirkungen verdankte, beruht neben seiner Geistesgröße auf der baren Richtungslinie, die unausgesetzt für alle seine Schritte in der äußeren wie in der inneren Politik maßgebend blieb. „Für mich", jagte er, „hat immer nur ein ein- ' ziger Kompaß bestanden, nach dem ich steuere: Das Wohl des j Staates. Ich habe mich immer der Frage untergeordnet: was ist . für mein Vaterland, was ist — solange ich allein in Preußen war — für mein Herrscherhaus, und heutzutage, was ist für die deutsche Nation das Nützliche, das Zweckmäßige, das Richtige?" Wie weitausschauend er für das Wohl des Staates gesorgt hat, das zeigt namentlich seine Tätigkeit im Innern während des letz ten Jahrzehnts seines Wirkens. Die heutige Zeit, in der die So zialdemokratie lauter als je ihre Stimme erhebt, scheint besonders geeignet, an diesen Teil der Wirksamkeit Bismarcks zu erinnern. Nach den frevelhaften Mordanschlägen auf des Kaisers Wil helms I. ehrwürdiges Haupt war es ihm klar, daß etwas geschehen müsse gegen die Wühlereien jener Partei, welche die Abschaffung des Königtums und der Religion und den Umsturz alles Be stehenden auf ihre blutroten Fahnen geschrieben hat. Den großen Staatsmann beseelte der Gedanke, mit allen Mitteln für die Rettung der geordneten Verhältnisse unseres Staatswesens zu wirken, die Verirrten ihren Führern zu entreißen und das Unkraut der Un zufriedenheit auszurotten, welches geeignet ist, den verderblichen Einfluß der Umsturzpartei zu fördern. Er erklärte daher: „Der Staat muß sich des kleinen Mannes, der arbeitenden Klassen an nehmen" und prägte für diese Bestrebungen ein schönes Wort, in dem er sie „praktisches Christentum" nannte. Lebhaft stimmte Kaiser Wilhelm l. diesem Gedanken bei und sprach es in der berühmten Botschaft vom 17. November 1881 namens der verbündeten Regie rungen aus: „Wir haben die Ueberzeugung, daß die Heilung der sozialen Schäden nicht bloß im Wege der Unterdrückung sozial demokratischer Ausschreitungen, sondern gleichmäßig auf dem der Förderung des Wohls der Arbeiter zu suchen ist. Wir halten es für unsere kaiserliche Pflicht, dem Reichstage dissse Ausgabe von neuem ans Herz zu legen." Kurz und treffend faßte darauf Bis marck vor der Volksvertretung den Inhalt dieser kaiserlichen Bot schaft in die Worte zusammen: „Geben Sie dem Arbeiter, so lange er gesund ist, Arbeit, wenn er krank ist, Pflege,und wenn er alt ist, Versorgung." Nacheinander wurden dann dem Reichstage die Gesetze über Kranken-, Unfall-, Invaliden- und Altersversicherung ! der Arbeiter vorgelegt und allmählich — zum Teil erst nach Bis- marcks Rücktritt — zum Abschluß und zur Durchführung gebracht. Daß Deutschland nach dieser Richtung hin unter allen Staaten an erster Stelle steht und Hunderttausenden von Arbeitern in Not und Bedrängns werktätige Hilfe bringen konnte, ist das Verdienst seines großen Reichskanzlers, des Fürsten Bismarck. Nus aller >Velt Karlsruhe, 27. Juli. (16stündtger Marsch ei nes Infanterieregiment-.) Ein UebungSmarsch von 16 Stunden Dauer hat, wie der Voltsfreund au- Rostadt berichtet, das dortige Infanterieregiment Nr. 111 trotz der großen Hitze am Sonnabend unternommen Der Ausmarfch begann morgens um 4 Uhr und abends um 7 Uhr wurde wieder eingerückt. Nicht weniger als ungefähr hundert Soldaten seien schlapp geworden. Da. zu wird dem genannten Blatt noch näheres aus Mug- gensturm bei Rastadt geschrieben: Besonders schlimm hat eS bet Muggensturm ausgesehen. Die Abendzüge, die nach 6 Uhr von dort nach Rastadt fahren, brachten schon eine größere Anzahl von Mannschaften, die nicht mehr mttmachen konnten; ebenso wurden bereits um 2 Uhr 12 Mann nach Hause gebracht. Ein vom Hitz- schlag getroffener Soldat hat Tobsuchtsanfälle bekommen. Wie«, 28. Juli. (Großseuer.) Im Komtor einer Holzfirma aus dem Nordbahnhos war gestern abend ein Feuer au-gebrochen, da- bald auf die nächstgelegenen Holzstöße Übergriff und in einer Viertelstunde mehrere Hundert Kubikmeter Holz in Flammen setzte. Als die Feuerwehr erschien, waren die Vorräte von fünf der größten österreichischen Holzfirmen schon ein Flammenmeer. Der Feuerwehr gelang es gegen 10 Uhr abends, die Gefahr zu heben, so daß da- Feuer nicht auch' noch aus die Kohlenlager, sowie die Benzin- und Petroleumlager Übergriff, die stark gefährdet waren. Die ganzen Holz vorräte dagegen, die überhaupt auf dem Bahnhof lager ten, sind ein Raub der Flammen geworden. Der Scha- den wird auf über eine Million Kronen geschätzt. Da- Feuer ist durch einen entlassenen Beamten angelegt worden, der sich später selbst der Polizei gestellt hat. Wien, 28. Juli. (Zum Brand auf dem Wie- ner Holzplatz.) Heute Mittag ist eS endlich gelungen, den Brand auf dem Holzplatze des NordbahnhoseS völlig zu löschen. Dafür wütete nachmittags in dem Wiener Vororte Kötzleindorf ein großer Brand, dem mehrere Wohnhäuser zum Opfer gefallen find. Neueste direkte Meldungen von Hirsch'- Telegraphen-Bureau Leipzig, 29. Juli. (Aussperrung.) Der Verband der Metallindustriellen im Bezirk Leipzig beschloß in einer gestern abend abgehaltenen Versammlung einstimmig ohne jede Debatte, den Metallwarenfabriken, in denen die Arbeiter streiken, in der Welse zur Hilfe zu kommen, daß am Sonnabend, den 5. August 60 Prozent der Gesamt belegschaft aller seiner im Leipziger Bezirk liegenden Fabriken ausgesperrt werden. Frankfurt a. M, 27. Juli. (Zur Müllheimer Eisenbahnkatastrophe.) Wix der Franks. Zeitg. aus Müllheim gemeldet wird, hat der Lokomotivführer Platten, der den bei Müllheim verunglückten Zug führte, eingestanden, daß er in Basel seine Ruhepause dazu be nutzt habe, rn einer „Spanischen Weinstube" zu zechen. Durch den Wein sei er aber immer durstiger geworden und habe weitergetrunken. Er sei dadurch, al- er wie der die Maschine betrat, von einem schlafähnlichen Zu stand befallen worden, Platten war schon einmal we gen eines ähnlichen Vergehens gegen die Dienstordnung vom Dienste suspendiert worden, wurde aber auf sein dringendes Bitten wieder eingestellt. Prag, 29. Juli. (Von der Hitze!) Die Hitze ist in Böhmen größer, als wie alle Telegramme aus Mittel europa melden. In Prag waren gestern in der Sonne 53 Grad Celsius. Der materielle Schaden ist durch die Hitze ganz bedeutend. Die große Obsternte, die jährlich Millionen nach Böhmen bringt, ist stark gefährdet. Wenn nicht bald Niederschläge eintreten, ist die Ernte so gut wie vernichtet. Loudon, 29- Juli. (Zur Rede Asquiths.) Ti mes meldet auS Washington: Die amerikanische presse kom mentiert lebhaft die Rede des englischen Premierminister» ASquith über Marokko. So schreibt die Newv. Times: „Frankreich hat gemäß einem internationalen Mandat ge handelt und Deutschland müsse das gleiche tun, wenn es nicht will, daß man zu dem Glauben gelangt, eS beabsichtige den Reim zu künftigen Unruhen zu legen. Das Blatt „World" meint: „Deutschlandverlangemehrals Frankreich haben, als England gestatten und Rußland dulden könne." Paris, 29. Juli. (Die Marokko-Angelegen heit) Nach dem gestrigen Mintsterrat äußerte Del- casse zu einem französischen Journalisten über den AuS- gang der deutsch-französischen Verhandlungen wie folgt: Ich war stet- überzeugt, daß in der delikaten Marokko- Angelegenheit zwei große Nattonen wie Frankreich und Deutschland sich miteinander verständigen müßten. Ich hin auch überzeugt, daß der neue Vertrag die wesent lichen Rechte der Beteiligten respektieren werde und daß in Zukunft die Wolken zerstreut sind, die den Horizont beider Nationen verdunkeln könnten. Ich bin gewöhnt, die Dinge ernst, aber niemals tragisch zu nehmen. Patts, 29. Duli. (Hitze und Unwetter.) Heftige Gewitter haben gestern in zahlreichen Gegenden Frankreichs großen Schaden angerichtet. Dm Departement Lhartres sind über 50 Gemeinden ernstlich betroffen worden. Im Nord- Departement Morbihan richtete Hagelwetter großen Feld schaden an. LS fielen Hagelschläge von Taubeneigröße. Der Blitz zündete mehrfach. In Avbieres wurde ein provin zialbeamter vom Blitz getötet, ebenso in Augerolles ein (2-jähriges Mädchen und in Sauves eine andere Person. Paris, 29. Juli. (Fabrikeinsturz.) In der Ge meinde gZuevilly ist eine im Bau begriffene Fabrik gestern abend eingefiürzt. (2 Personen sind verschüttet worden. Linzelheiten fehlen noch. Patts, 29. Juli. (Eingestelltes Verfahren.) Das Gerichtsverfahren gegen den Arbeiter Brimand, der von Ausständigen angegriffen worden war und bei dem sich entspinnenden Kampfe einen seiner Angreifer durch einen Messerstich getötet hatte, ist eingestellt worden. St. Etienne, 29. Juli (Sabotage.) Neue Sabo tageakte sind nachts in der Nähe des Bahnhofes Clambon verübt worden. Binnen weniger Tage ist dies die dritte verbrecherische Handlungsweise, die an dieser Stelle be gangen wurde. Saloniki, 29. Juli. (Neue Kämpfe in Alba nien.) AuS dem albanischen Aufstandsgebiet kommt die Nachricht von neuen schweren Kämpfen. Die beiden Städte Goritza und Azprokastro waren wiederum da- Ziel der Angriffe. Hierbei waren die Ausständigen in Stärke von 3500 Mann mächtiger, als die türkischen Truppen. Es entspann sich ein bitterer Kampf, der mit dem fluchtartigen Rückzug der Insurgenten in die Berge endete. Sie ließen dabet 200 Tote und 400 Verwundete auf dem Schlachtfelde zurück. Auch die kaiserlichen Truppen haben große Verluste erlitten.
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