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Pulsnitzer Mckenblatt Donnerstag, 11. Mai 1911. Anlage zu Wr. 56. 63. Jahrgang. OortNcbss und SSckfiscdss. Pnlsnitz. (Dienst- und UebungSpflicht des Beurlaubten st ander.) Von der Handelskammer zu Zittau geht uns die nachstehende Mitteilung zu: Militärischerseits wird darauf hingewiesen, daß von seiten einzelner kaufmännischer und industrieller Firmen dienst- und übungspflichtige Personen des Beurlaubtenstandes die Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen militärischen Pflichten durch Androhung der Entlassung oder durch Stellung der Bedingung, binnen Jahres frist nicht zu üben oder sich nicht zum Reserveoffizier wählen zu lassen, erschwert werde. Wenn auch durchaus nicht zu verkennen ist, daß bei den häufigen scharfen Wettbewerbsverhältnissen der zeitweise Ausfall einer Arbeitskraft, der durch Heranziehung eines Arbeiters oder Angestellten zur Uebung entsteht, für den Arbeit- geber mit empfindlichen Nachteilen verbunden sein kann, so ist andererseits aber auch bekannt, daß von einer großen Reihe von Firmen ihren Angestellten und Arbeitern der zur Erfüllung mili tärischer Pflichten erforderliche Urlaub vielfach unter Fortgewäh rung des Gehalts bereitwillig erteilt wird. Dieses Verfahren wird indes in den Kreisen der Industrie und des Handelsgewerbes keines wegs allgemein geübt. Nach dem hierfür vorliegenden Material findet sich bei manchen Firmen, deren Betrieb dies offenbar nicht zu erfordern scheint, ein zu weit gehendes Bestreben, sich den Un zuträglichkeiten zu entziehen, die ihnen aus der Erfüllung gesetz licher Pflichten seitens ihrer Angestellten und Arbeiter entstehen können. Da es im Interesse des Staatswohls unerläßlich ist, daß auch die aus ihrem Dienst- und Arbeitsverhältnis bei Privatfirmen schwer abkömmlichen militärischen Personen zu den vorschrifts- mäßigen Uebungen bei der Waffe herangezogen werden, möchten wir nicht unterlassen, den Firmeninhabern unseres Bezirks anheim zu geben, ihren Arbeitern und Angestellten 'die Erfüllung ihrer stattsbürgerlichen militärischen Pflichten möglichst zu er leichtern. Großröhrsdorf. (ZeitgemäßeSUnternehmen.) Hier hat sich eine Mietautomobilgesellschaft gebildet, die ein Autmobil beschafft hat, welches sie zu VergnügungS- und Geschäftszwecken bei verhältnismäßig billigen Preisen verleihen will. Leipzig. (ES besteht in Leipzig einVerbot), daß Gastwirte, die in ihren Lokalitäten weibliche Be dienung stellen, dies in öffentlichen Anzeigen bekanntgeben. Um dieses Verbot zu umgehen, erließen verschiedene Gast wirte mysteriöse Inserate, in denen das Wort „Hosenrock" mit allerhand Zeichen, wie XX oder ?? zusammen gestellt wurde. Kundige erkannten natürlich sofort, daß das „Kellnerinnen im Hosenrock" heißen sollte und die Inserate hatten natürlich den gewünschten Erfolg, daß die Wirt- schäften stets überfüllt waren. Das Polizeiamt hat jetzt geWN mehrere solcher Gastwirte Strafbefehle erlassen. ttus vem Ssricbtssaale Brüssel, 10. Mai. (Der Streit um König Leopolds Erbe) In der heutigen Verhandlung des Prozesses der Prin zessin Luise gegen den belgischen Staat beschäftigte sich der Ver- treter der Prinzessin Jaspard ausschließlich mit der Niederfullbach- Ballonsport in Bitterfeld ' Die Stadt Bitterfeld ist seit langem ein Zentrum der deutschen Luftschiffahrt. Der Freiballonsport wird dort von dem „Verein für Luftschiffahrt für Bitterfeld und Umgegend" eifrig ge pflegt. Am vorigen Sonn abend veranstaltete dieser Verein eine schöne Weit- fahrt. Tags darauf wurde eine der so beliebten Ballon- Fuchsjagden abgehalten AlS Fuchs diente der von Hauptmann Härtel geführte Ballon Bitte selb Die an deren sieben Ballons, die an der Jagd tetlnahmen, hatten die Ausgabe, den FuchSballon zu verfolgen und nach einer etwa drei stündigen Jagd möglichst nahe an ihm zu landen. Diese Ballons waren Hilde (FührerJngenieurLehnert), Colmar ll (vr. EliaS), D. A. K. II (vr. Hepach), D. A. K. III (Oberleutnant ForSbeck), Halle (Oberleutnant Riemann), Ilse (vr. Bröckelmann) und D. A. K. I (vr. Everlh). Der Start, den unser Bild darstellt, dauerte im ganzen eine Viertelstunde. scheu Gründung, auf deren Ungesetzlichkeit er hinwies. Jaspard erklärte im Verlaufe seiner Darlegungen, daß der verstorbene Kö nig, als er diese Stiftung gründete sich von deutschen Rechtsge lehrten beraten ließ und die Gründung nach deutschem Muster vornahm. Die Statuten dieser Gründung erinnerten an das Mittelalter. Der König wolle vor allem, wie bei den übrigen Stiftungen, Herr der Lage bleiben. Nach belgischem Recht sei die Gründung aber ungesetzlich; dies ergebe sich daraus, daß das in Deutschland bestehende Recht einer juristischen Person der Stif- rung in Belgien nicht besteht und nur durch ein spezielles Gesetz gewährt werden kann. So mußte z. B ein spezielles Gesetz er lassen werden, um der Roten Kreuz-Gesellschaft in Belgien das Recht einer juristischen Person zu verleihen. Dasselbe gilt für die Universitäten von Brüssel und Löwen, die zurzeit ebenfalls den Erlaß eines derartigen Spezialgesetzes verlangen. Der An walt der Prinzessin weist alsdann darauf hin, daß das Abkommen zwischen dem belgischen Staat und der Niederfullbachschen Grün dung nichts anderes bezweckte, als das rechtmäßig der Prinzessin zukommende Geld in die Kassen des Staates fließen zu lassen. Er verlangt die Vorlegung der sich gegenwärtig im Besitze des Staa tes befindenden Rechnungsbücher de^ Niederfullbachschen Gründung und erklärte weiterhin, daß selbst nach Ansicht des Königs Albert die Niederfullbachsche Gründung ungesetzlich sei, da der König die für ihn und seine Söhne vorgesehenen Schenkungen abgelehnt hat. Vermlscktss. * (Hauptmannund Einjähriger.) Der Ein- jährige Müller einer Grenadierkompagnie in BreSlau war Theologe und . . . kam oft zu spät zum Dienst. Das passierte^ihm jüngst wieder einmal. Die Kompagnie war längst angetreten, als des Hauptmanns scharfes Auge den Etnjährig-Fceiwilligen Müller bemerkte, wie er das Tor des Kasernenhofes passiert, und sich anschickt, die Kaserne zu erreichen. Schon ertönt das Kommando „Alles ein- treten!" und bald daraus „Stiügestanden! Augen rechts!" Dem Pferde die Sporen gebend, erreicht der Hauptmann noch rechtzeitig den Einjährig-Freiwilligen, der versteinert wie eine Bildsäule und schweren Herzens das sonst so übliche „Drei Tage Mtttelarrest" erwartet. Statt dessen aber verbeugt sich der Hauptmann artig vor dem „ver lorenen Schäfchen" und begrüßt es salutierend mit den Worten: „Melde ganz gehorsamst, Herr Pastor, die Ge meinde ist schon angetreten." Von diesem Tage ab war über die Unpünktlichkeit des Einjährigen Müller nicht mehr zu klagen. * Prinzessin und Pastor, daS ist die neueste Verlobung, die augenblicklich in Berlin in den der Braut und dem Bräutigam gesellschaftlich nahestehenden Kreisen viel besprochen wird. Freilich, der Pastor ist ein Graf und zugleich, als Botschaftsprediger ein halber Diplomat. Also verringern sich die Standesunterschiede bei näherem Zusehen: die Prinzessin Barbara Reuß jüngere Linie ist eS, die sich mit dem Grafen Siegfried von Lüttichau, Pre diger bei der Kaiserlich deutschen Botschaft in Konstanti nopel verlobt hat. Die Braut zählt 83, der Bräutigam 33 Lebensjahre. Die Prinzessin Barbara ist die älteste Tochter des Prinzen Heinrich XXV. von Reuß, der auf dem Gute Groß-Krausche im Kreise Bunzlau lebt, und der Prinzessin Elisabeth Reuß, geborene Gräfin zu Solms- Laubach. Graf Siegfried Lüttichau ist ein Nachbarktnd Im MMden-en AugeMilk. Roman von Reinhold Kronheim. 16 (Nachdruck verboten.) Mit größter Sil« ging «» jetzt vorwärt», der Weg war äußerst schwierig und der Traniport der Verwundeten verminderte di, Schnelligkeit bedeutend. Endlich bemerkt« man am Horizont einen Lichtschein auf der andere» Seite de, Flusse,. ' diwak t» rief der Leutnant erfreut. . ... schlagen di« Brück«, Sariman hört e»," iaglt vieler, Ohr de, Inländer, die dumpfen Schläge gehört, nach kur,er Zeit befand man sich an dem Punkte schnell verständigt« man sich m,t den Pionieren und mehre« Ponton« brachten die glücklich Entronnenen an da, andere Ufer. Die Truppenmacht war bedeutend größer, al« de, Leutnant vorausgesetzt hatte. E« biwakierten mehrere Bataillon« Inkan, terie, eine starke Abteilung Artillerie und Kavallerie. Sogar der Höchstkommandierevd«, der General von H.^en, war, wie man an dem großen Zelte ersehen konnte, anwesend. Vor ,hn wurde der Verwundet« Offizier gebracht. Er Hult Wort und stellt« bri srinrm Rapport di« Verdienste Feldberg« in da« hellst, Licht. Drr alte General stand, in einen grauen Reitermantrl ge. hüllt, am F«»,r und lauscht« ausmrrlsam den leisen Worten de, Olfiper,. Sein «ine, Auge — der General hatte da« andere durch ein,» Gewehrschuß verloren — war fest auf da« Gesicht de« OIfifier« gerichtet. Al« dieser geendet hatte, sah er einen Augenblick in, Feuer und sagte dann: „Wie heißt der Sergeant, der sich so brav benommen s" „Feldberg, Generali" „Land»mann k" „Ein Deutscher, General!' „Er soll kommen!" «Du hast Dich brav gehalten, mein Sohn," sagte der Ge. »«al ,u Frldberg und musterte wohlgefällig die hochausgerichtete stramm« Fig«» de,selben. «Warst Du früher schon Soldat?" «Zu Befehl, General, ich hab« in meinem Vaterlande gedient l" «Warst Du dort auch Unterosfiüer?" „Nein, General, ich «ar dort Offizier l" „Da« ist gut, sollst e» hier auch werden. Ich mag Euch brav« Bursch« g«rn. Halt« Dich hi«, in d«r Nähe, ich habe diese Nacht vielleicht noch einen Auftrag für Dich. Schlaf ein wenig, Du wirst müde sein, und laß Dir rin ordentliche» Gla, Wein geben. Du kannst den Antrag zu Deiner Beförderung gleich mitnehmen. Rittmeister von Geidorp!" Der Adjutant de, General, trat diensteifrig hinzu und beide traten in da« Zelt. Feldberg ging taumelnd vor Freud« weg, «, teilt« drn Wein, den ihm der General schickt«, mit dem Leutnant. Er sollte schlafen, hatte der General gejagt; wenn er ihm anbe. fohlen hätte, er sollt« davonfliegen, so hätte er «> «benso gut vermvcht. Jetzt blinkte ihm ein Hoffnungsstrahl, j tzt war eine Au«ficht vorhanden, daß er noch e>nmal glücklich werden konnte. Gegen Mitternacht war er doch in eine Art von Halb» schlummer gesunken, al« er zum General gerufen wurde. Der» selbe trat gerade au« seinem Zelt und hielt einen Pack Papiere in der Hand. „Ich habe hier einen wichtigen Auftrag, mein Sohn," be gann „wir haben zwei gefangene Atchiner Häupiling« bei vor ein Kriegsgericht zu Samarang gestellt werden "o In diesem Paket find dir Atte» über die vorläufig- an- gestellten Untersuchungen enthalten und andere wichtige Papier», auch der Vorschlag zu Deiner Brlörderung Du hat di« b«id«n Häuptlinge und di« Pap er« von h er nach Kotta-Radia zu tran»porti«ren, wa« ung«sähr fünf Tage in Anspruch nehmen wird. Der „Sindora" liegt dort vor Anker und wird Dich nach Samarang bringen, wo Du Papiere und Gefangene abliefern wirst. Ueber Deine Person wird der dortig« D.Vision« . Kom mandeur dann weitrr verfügen. Du erhärst v er Mann zur Etkort«. Wenn wir un« Wiedersehen, hoffe ich dem Leutnant zu dem glücklich vollbrachten Auftrag Glück wünschen zu können." Feldberg dankte kurz, aber tief ergriffe«, wählte de» alten Sariman und drei andere zuverlässige Soldaten au« und machte sich mit seinen Gefangenen und Pap'rren auf de» Weg. So kamen sie endlich in Kotta-Ridja an, man erreichte noch glücklich den Dawp'er, der einige Stunden später unter Dampf gehen sollte. Feldberg traf seine Vorkehrungen so, daß e« den Befangenen unmöglich war, sich selbst zu entleiben, oder mit dem Sch'fftvolk in Verkehr zu trete», da« hauptsächlich au« malay schen Matrosen bestand. Um d» Mittagszeit herrscht in den S'ädten jener Gegen den eine tiefe, fast unh« mliche Stille. Alle« fl «ht in die küh leren Gemächer, die durch Vorhänge gegen di« glühenden Strahlen der Sonne geschützt find. Alle» schläft, oder vermeidet, sich der Hitz« anSmsetzen. Auch das große Hau« de» D v fion«.Kom mandeur«, da« einen Palmengarten von ziemlichem Umfang« vor seiner Front hatte, lag wie au»geflorben da. Nur in der Vor halle, di« mit kühlen Marmorvlatten b-legt war, lag in einem Stuhl von leichtem BambuSg-fl cht die Tochter de« Kommandeur«, hinter ihr stand ein brauner Den», der ihr mit einem großen Wedel von Pfauenfedern Lust und Kühlung ,»fächelte. „Wa» g»bt« dort unten?" fragte die Dame den Diener in malay scher Sprache. „Ich sehe viele weiße Männer und fünf Bajonett«, man bringt Gefangene." „So," war di« schläfrig« Antwort. Et war Feldberg, der sich mit seinen Gefang«nen dem Be stimmungsorte näherte. Kein Zug veriet auf drn Gesichtern der Letzteren Neugierde, obwohl sie in ihrem Leben nie europäische Häuser gesehen hatten. Stolz und gelaffen fiugen fit ihre F sseln, finster uns ernst schritten sie dahin. „Schließ da« Thor, Sariman, niemand von den Neu gierigen soll eintreten l" sagte er zu dem Soldaten, während er mit drn Ee angenen b « vor das HauS ging. Ec sah sich um ob rr nicht «inr Ordonnanz erblickt«, an die er sich w-nden könnte. Er bemerkte niemand al« di« Dam«. Kurz «ntschlrffen trat er auf dieselbe zu und fragt« franjösisch, da man in höheren Kce sen sich gewöhnlich jener Sprache be dient, sehr höflich: „Ich bitte um V-rzechung, mein F äulein, ich muß den Herrn Div fion« Kommandeur sprechen." Da kein« Antwort erfolgt«, wi«d«rholtt er seine Frag«, erst holländisch, dann deutsch. Die junge Dame musterte ihn ge ringschätzig von oben bi« unten und sagt« rndlich, zu ihr«m Diener gewendet: „Oijsa bilsa spL — WaS sagt er?" .Wenn ich gewußt hätte, daß Sie nur malayisch sprechen, Ronja hätte ich Sie sofort in die)« Sprache angerrdet," sagt« Feldberg schnell und wiederholt« sein« F:ag« malcyisch, Di« jung« Dam« «nöt«te üb«r di« verdient« Zurechtweisung, ließ sich aber dennoch nicht zu einer Antwort herab. Der Die ner verwies endlich den Fragenden nach der Wohnung des Ldjudanten, da drr Kommandeur schlief.