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Dienst lickt Nr 51. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 29. April 1911 Seite 2. MWltMÜMg. X Infolge der am 1. Mai d ). stattfindenden Arbeitersählungen sind den hiesigen BetriebSunternehm^ die erforderlichen Formulare zugestellt worden. Diese Formulare sind am 1 Mai wahrheitsgetreu auszufüllen, wobei zu beachten ist, daß unter „Jahr der Begründung des Betriebes" daß der Betriebseröffnung durch den Errichter stncht den Nachbesitzer) der Anlage an dem Betriebsorte zu verstehen ist, „Zahl der Arbeiter" nur die im Gewerbe unmittelbar als Fabrikarbeiter, Gehilfen (Gesellen) oder Lehrlinge beschäftigten Personen zu zählen sind. Unter „Ueberdies" sind Betriebsleiter, Angestellte, mitbeschäftigte Familienangehörias^Ehesrau, Söhne, Töchter) zu zählen. In „Gast und Schankwirtschaften" sind nur Kellner, Kellnerlehrlinge, Köche, Mchlehrlinge zu zählen, die am Büffet oder mit dem Fertigmachen kalter Speisen beschäftigt werden, nicht aber Hausdiener, Stubenmädchen und Dienstmädchen. In „Bäckereien und Konditoreien" sind nur Gesellen und Lehrlinge, nicht aber Ladenmädchen und Dienstmädchen zu zählen. Der Betriebsleiter hat sich natürlich mihusählen. / Die Formulare find bis zum 4s. Mai d. ). in der RatSkanzlet abzugeben. / Pulsnitz, am 28. April 1911. / Oer StaQ^rat. I. V. Rich. BSrkhardt. Donnerstags abends von 7—8 Uhr. Auf die nicht aber während des Unterrichts;u sprechen", Stadtschule. Spreckflundsn des Direktors: an allen Wochentagen mittags von 11—12 Uhr, außerdem noch Bemerkung der schwarzen Tafel im Hausflur: „Die Herren Lehrer sind nur während der Pausen und sonstigen wird erneut hingewiesen. Schreiber für 1. Juni d. I. gesucht. Gut leserliche Handschrift und Uebung in Kurzschrift erforderlich. Pulsnitz, den 27. April 1911. königttckss ttmis Das Nichtigste. Die jüngere Chemnitzer kirchliche Konferenz hat auf ihrer letzten Tagung wichtige Beschlüsse über die Umgestaltung des Religionsunterrichts in der Volks- Volksschule gefaßt. Im Reichsamt des Innern findm zurzeit kommissa rische Beratungen statt, betreffend eine Abänderung der Prüfungsordnung für Tierärzte. Der Zentralverband Deutscher Industrieller sprach sich erneut gegen den Entwurf der Reichsversicherungs- Ordnung aus. Als Nachfolger Hills in der amerikanischen Botschaft in Berlin ist ein intimer Freund des Präsidenten Taft, der frühere Gouverneur von Ohio Herrick in Aussicht genommen. (S. Tagesgeschichte.) In dem Kinderhorte des Evangelischen Frauenvereins in Krefeld erkrankten 50 Kinder unter Vergiftungs erscheinungen, 2 sind bereits gestorben. (D. A. a W.) Infolge des Verbotes von Umzügen und Straßen kundgebungen am 1. Mai werden in Paris Zwischen fälle mit den Sozialdemokraten befürchtet. Die russische Regierung trifft angeblich umfangreiche Vorbereitungen für einen China-Krieg. In Kanton ist ein Aufruhr ausgebrochen. Der Pa last des Vizekönigs wurde in Brand gesteckt und 70 Mann der Wache des Vizekönigs niedergemetzelt. Aus Mexiko liegen Meldungen von neuen Kämpfen vor. In der indischen Stadt Bobilly sind infolge einer Feuersbrunst 400 Häuser niedergebrannt. politische Wochenschau. Wie vor einigen Jahren ist jetzt wiederum die Sorge der Diplomatie auf Marokko (gerichtet, die sich dort ab spielenden Vorgänge, über welche die widersprechendsten Nachrichten verbreitet werden, fordern die schärfste Auf merksamkeit, zumal man nicht den Eindruck loswerden kann, als ob von Frankreich Maßnahmen getroffen wer den, die weit über das hinausgehen, was im Grunde genommen, erforderlich ist. ES ist bezeichnend genug, daß all die alarmierenden Meldungen über die Lage in Marokko aus französischer Quelle stammten, während anderweit Nachrichten eintrafen, aus denen eine derartige Zuspitzung der Dinge keineswegs hervorging, im Gegen teil wurde mehr als einmal im amtlichen Bericht her vorgehoben, daß das Leben der Europäer in keiner Weise bedroht sei. Ebenso ist es wohl nicht von ungeführ, daß Frankreich mit einem Male so schneidig vorgeht, wo Herr Delcasse wiederum im Ministerium sitzt und sicherlich da nach trachtet, dar zu erreichen, was ihm damals durch seinen jähen Sturz abgeschnitten wurde. Ein wirklich klares Bild der Lage ist bis dahm nicht zu erhalten ge- wesen, nur das eine sieht man, daß Frankreich immer mehr Verstärkungen nach Marokko sendet, angeblich zum Schutze seiner dortigen Staatsangehörigen, insbesondere der französischen Mtlitärtnstrukteure. Vonseiten der Re gierung wird zwar erklärt, daß sie die Bestimmungen der Algericasvertrages auf das Peinlichste innezuhalten be müht sei, man weiß aber zur Genüge, daß diese Bestim- mungen recht dehnbaren und verschiedenartigen Aus legungen fähig sind; daher besteht die Gefahr, daß eS doch zu Reibungen kommen kann, wenngleich die fran zösische Regierung es diesmal nicht verabsäumt, die übrigen Kabinetts, insbesondere die deutsche Reichsregierung auf diplomatischem Wege von ihren Maßregeln Kenntnis zu geben. Daß man nicht bloß in Deutschland das Vor- gehen Frankreichs mit Mißtrauen verfolgt, erweisen eng- lische Preßstimmen und zwar auch solche aus keineswegs deutschfreundlichem Lager, in denen Frankreich gewarnt wird, gar zu weit zu gehen. Deutschland habe begrün deten Anspruch daraus, daß seine Rechte gewahrt würden. Auch in Spanien sieht man die neueste Phase der Marokko- wirren ziemlich ungern und hält sich zurück, weil man für die sich sagt, daß man in der Hauptsache als französischen Aspirationen benutzt werden soll. ES ist be merkenswert, daß spanische Blätter, die sonst im allge meinen für Deutschland so gut wie nichts übrig haben, Artikel bringen, in denen ausgeführt wird, daß Spaniens Interessen mit denjenigen Deutschlands in Marokko Hand in Hand gingen und nicht mit denen der Franzosen. Mögen auch die französischen Regierungskreise die Dinge nicht aus die Spitze treiben wollen, so läßt sich doch nicht leugnen, daß die zweifellos erfolgte Neugestaltung der Situation KonfliktSstoffe in sich birgt, zumal von gewisser französischer Seite nichts unterbleibt, um die Lage noch mehr zu verwirren und im Trüben fischen zu können. Von offiziöser deutscher Seite hat man bereits seinem Mißfallen über dieses Treiben Ausdruck gegeben, und es wäre nicht ausgeschlossen, daß man schließlich deutscher seits genötigt sein könnte, etwas schärfere Seiten aufzu ziehen. Auch an der südöstlichen Wetterecke Europas zieht sich die Sonne hinter den aufsteigenden Wolken zurück. In voriger Woche »var al» erfreuliches Moment die An- kündigung der Begegnung des greisen Kaisers Franz Joseph mit König Peter von Serbien zu verzeichnen, durch welche die Annäherung zwischen beiden Ländern ihren Ausdruck finden sollte. Nachdem noch nicht vor langer Frist die Beziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und Serbien eine derartige Verschärfung erfahren hatten, daß nicht bloß ein blutiger Zwist zwischen den beiden Staaten, sondern ein folgenschwerer internationaler Krieg drohte, mußte diese neuerliche Wendung Genugtuung Hervorrufen, da sie geeignet erscheint, die friedliche Lage auf dem Bal- kan zu festigen. DaS war aber nicht nach den Herzen der unruhigen Elemente in Belgrad, eine maßlose Agi- tation setzte ein, bis man schließlich jetzt in Wien die Geduld verloren hat, in der richtigen Erkenntnis, daß sich eine Großmacht etwas derartiges nicht bieten lasten dürfe. Nachdem König Peter überhaupt erst unter schwerer Mühe die Zusage eines Empfanges durch Kaiser Franz Joseph erhalten hatte, wird ihm jetzt bedeutet, daß man aus seinen Besuch verzichten müsse. Für die offizielle Be gründung muß die Erkältung des Kaisers herhalten, ob wohl ihn diese keineswegs hindert, sein Hoflager für einige Zeit nach Schloß Gödölö bei Budapest zu verlegen. In amtlichen Kreisen macht man aber keineswegs einen Hehl daraus, daß den wahren Grund die Agitation in Belgrad bildet und daß man unter solchen Umständen sehr gern auf den Besuch verzichtet, gegen den man ohne hin die größten Bedenken gehabt hatte. König Peter, der zweifellos d-rS Beste seines Landes will, kann sich bei seinen eigenen StaatSangehöligen für dieses Fiasko be danken, nicht in letzter Linie auch bei seinem ältesten Sohn, dem Exkronprinzen, der immer dabei ist, wenn eS gilt, seinem Vater einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Die Krisis in der Türkei, die sich in der letzten Zeit bedenklich zugespitzt hatte, scheint doch in ruhigere Bahnen geleitet zu werden. Die gemäßigte Richtung innerhalb des jungtürkischen Komitees hat die Oberhand gewonnen. Die Zahl der Dissidenten schrumpft immer mehr zusammen, sodaß ernste innere Verwirrungen kaum zu befürchten sind. Auch innerhalb des Kabinetts werden kaum erheb- Uche Veränderungen erfolgen. Auch der als Hauptgegner der jetzt überwiegenden Richtung, der Finanzminister Dschavid Bey, scheint im Amte verbleiben zu wollen. UeberdieS hat die Außenpolitik der Regierung nach län gerer Darlegung Rifaat Paschas ein Vertrauensvotum erhalten, sodaß die Lage des Kabinetts gefestigt erscheint. Im übrigen kann eS ohne allzugroße Besorgnis in die Zukunft sehen, auf dem Boden der gemäßigten Richtung steht vor allem das Offizierskorps, und dieser Umstand bildet eine gewisse Unterstützung, er bildet eine gewisse Garantie vor allen unliebsamen Ueberraschungen. Bet uns in Deutschland gehen die Parlamentsferien nunmehr zu Ende; in dem wunderschönen Monat Mai beginnen auch die Verhandlungen im Reichstag. Ob sie vielleicht auch wunderschön sein werden, läßt sich kaum behaupten. Hier wird man aus der Hetzjagd nicht heraus kommen, wenn man wirklich die noch ausstehenden großen Gesetzesvorlagen zur Erledigung bringen will. Allzu- ersprießlicheS wird man sich von diesem Teil der Tagung, die sich voraussichtlich bis Pfingsten erstreckt, kaum ver sprechen können, und leider dürfte auch das Gleiche von der Herbsttagung gelten. ES wäre vielleicht im allge meinen Interesse gewesen, wenn man beizeiten Schluß ge macht hätte. OsrtNckes unv SScksisckes. Pulsnitz. (Sonntagsplauderei.) Der morgige Sonntag, der Sonntag iUisericorckias ckomini, ist in diesem Jahre der letzte Tag im April. Die morgen folgende Nacht, die Nacht vom 30. April zum 1. Mai ist die eigent liche Spuknacht des Jahres, die Walpurgisnacht: aus dem Blocksberg hält der Gottseibeiuns in höchst eigener Person Zusammenkunft mit seinen getreuen Untertanen, den Hexen, die auf Besenstielen, Ziegenböcken rc. aus aller Welt her beigeritten kommen, um Rechenschaft vor ihrem höchsten Gebieter -abzulegen und neue Befehle zu empfangen. ... Ein anscheinend unschuldiger Aberglaube, zu kindlich, sich darüber weiter auszuregen und nicht töricht genug, ernst lich gegen ihn vorzugehen Und so wuchert er weiter als ulkiger Scherz vielleicht und ohne weiteres Unheil an- zurtchten. Und doch hat der Hexenaberglaube im späteren Mittelalter unzählige blutige Opfer gefordert. Wer wa ren die „Hexen*. DaS Wort ist entstanden aus dem alt deutschen „Hagesen", d. h. „Hagbesucherinnen*, Hainbe sucherinnen, die zur Nachtzeit den Göttern ihre Opfer darbrachten. Die eifrigen christlichen Sendboten, denen diese Frauen vielfach in schreckhafter Verkleidung entgegen- traten, um sie einzuschüchtern und zu verscheuchen, mach ten au» ihnen leibhaftige böse Geister, „Hexen*, deren Vernichtung bald Christenpflicht wurde. Wie gewissenlos man dabei vorging, ist bekannt; jedes Unglück, besten Ur sache nicht klar zutage lag, wurde dem Einflüsse der „Hexen* zugeschrieben und die sogenannten „Hexenprozeste", die zur Ueberführung der Angeschuldigten angestrengt wurden, wurden mit der größten Grausamkeit geführt, bei der die Folter die Hauptrolle spielte. Viele legten trotz ihrer Un schuld ein Geständnis ab, um den Folterqualen zu ent gehen. Noch im Jahre 1836 wurde eine vermeintliche „Hexe" von den Fischern der Halbinsel Hela der sogen. „Wasserprobe" unterworfen. Da sie nicht untersank, so galt ihr TeuselsbündniS für erwiesen, und nun wurde sie gewaltsam ertränkt. Dieser schauerliche Aberglaube wurzelt noch tiefer im Volke, als mancher wohl annehmen möchte, namentlich auf kleinen abgelegenen Dörfern. Ge wöhnlich ist eS eine bejahrte Frau, die in dem Verdachte steht, Menschen und Vieh mit Ungeziefer zu bchaften, denn ihr Oberster ist ja (nach „Faust") „der Herr der Ratten und der Mäuse, Der Fliegen, Frösche, Wanzen, Läuse" — dem Vieh „etwas anzutun", das „Zusammengehen" der Butter zu verhindern, Krankheiten zu „versehen" rc und derartige Beschuldigungen sind btS in unsere Zeit sogar Gegenstand gerichtlicher Anzeigen geworden! So unglaub lich das klingt, so wahr ist eS und wenn wir an das Versprechen von Krankheiten, da» Kartenlegen, das Deu ten der Handlinien rc denken, das gerade in den vor nehmsten, „gebildetsten" Kreisen der „aufgeklärten" Groß städte blüht, so können wir nur wünschen, daß wahre Aufklärung und Bildung endlich auch mit solchen Resten heidnischen Aberglaubens aufräumen möchte. Pulsnitz. (Liberale Versammlung.) Gestern Abend sand im SchutzenhauS eine Pudor-Versammlung statt, die sehr schwach besucht war und von Herrn Ober- lehrer Schuster, Bautzen eröffnet wurde. Herr Pudor sprach über das Thema: Die Wirtschafts- und Steuer. Politik der Konservativen!« Redner sagte zu Anfang: Er sei gekommen um die Ziele des Liberalismus in un- sern schwarzen Wahlkreis zu bringen. Nun, wir haben sie gehört. Herr Pudor entwickelte sein liberales Pro gramm in 1i/i stündigem Vortrage, und ging gehörig gegen die Wirtschafts-Politik der Konservativen los, ihr alles mögliche in die Schuhe schiebend und sich schließ lich als überzeugter Feind aller Schutzzollpolitik bekennend. (Schade, daß er die Steinindustrie unserer Umgebung Dienstag, den 2. Mat gen und 1 birkenes klotz Pulsnitz, am 29 Der SericktsvoNzisder^oss königiicken Nmtsge , nachm /-1 Uhr folleu rn Oberfteruu L-^SZsntnsr Ksu und SrUlNMH^ra. 3 Zentner Strob, 4 kickleNS Stan Barzahlung meistbietend versteigert werden. BMeroersammlung Mittag 12 Uhr imMasthof zur „Krone*. 1911.