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Pulsnitzer Wochenblatt Sonnakend, den 8. April' NM. 1. Beilage zu Ur. 42. 83. Jahrgang. Oertlicvss und Säcksiscbss. — (Bewirtschaftung des Bauernwaldes.) In führenden Kreisen der Landwirtschaft Sachsens ist man über die gewaltsame Entwickelung des Verständnisses für eine rationelle Bewirtschaftung des sogenannten Bauernwaldes besorgt, und zwar umsomehr, als vonsei ten der Königl. StaatSregierung sowohl als auch von den SiaatSforstverwaltern viel geschehen ist und fortgesetzt ge schieht zur wirtschaftlichen Hebung der an Umfang bedeu tenden sächsischen Privatwaldungen. Besonders schlimm sieht es in den Bauernwaldungen der Lausitz aus. Im Bezirke des landwirtschaftlichen Kreisvereins Dresden lie gen etwas bessere Verhältnisse vor; doch haben auch hier in den letztvergofsenen fünf Jahren nur drei fachmännische revidierende Waldbestchtigungen stattgefunden. Die Män gel der sächsischen Kleinwälder sind erforscht und darge- legt worden, aber der weitere Fortschritt ist vielfach durch die Teilnahmslosigkeit der Kleinwaldbesitzer aufgehalten worden. Es ist deshalb anger gt worden, durch Forst männer aus den landwirtschaftlichen Winterschulen über Waldbehandlung Unterricht erteilen zu lassen. — (Kornblumentag für Sachsen) Gleich wie in Preußen am 16. Juni, so besteht auch in Sach sen, und zwar in den leitenden Kreisen des Königlich Sächsischen MilitärveretnSbundcS die Absicht, am 2. Sep tember d. I. ebenfalls einen Kornblumentag zu veran stalten, dessen Erträgnisse zur Unte.stützung hilfsbedürf tiger Feldzugsteilnehmer Verwendung finden sollen. Dresden, 7. April. (Ballon weitfliegen) Für das Ballonwcttfliegen, da der Kgl Sächs. Verein für Luslschiffahrt zu Dresden am ersten Oslerseieriage auf Ker Radrennbahn in Reick veranstaltet, sind 18 Ballons aus allen Gegenden Deutschlands gemeldet. Es finden zwei Wettbewerbe statt, und zwar eine Zielsahrt und eine Wettfahrt. — (Sitzung des Dresdener Gastwirte- ver ei ns) In der Sitzung des Dresdener Gustwirte- vereins beschäftigte man sich mit der Hygiene-Ausstellung. Vom Nachrichtrnbureau der Internationalen Hygiene- Ausstellung war ein Artikel erschienen, der schwere Vor würfe gegen den deutschen Gastwirisstand enthielt. In dem Artikel der „Sozialhygienischen Korrespondenz" der Ausstellung sieilung war gesagt worden, daß das Wirts haus das größte Kontingent für die Irren und Siechen- häuser wie für die Gefängnisse stelle und die großen so zialen Schäden verursache. Dio VerunUimpfung des Gastwirt: stunde? rief in der Versammlung übereinstim mend große Entrüstung hervor. Allgemein wurde her- vorgehoben, daß dir Gastwirts-Unternehmungen auf der Ausstellung d?mAusstellungs-Direktorium reiche Einnah men bringen sollen, daß aber trotzdem die Leitung sich nicht scheue, den Gastwirtsstand zu verunglimpfen. Der Reichsoerband der deutschen Gastwtrtsverbände hat die in Aussicht gestellte Abhaltung seines diesjährigen Kon gresses in Dresden bis zur Klarstellung dieser Angele genheit verschoben. Die Versammlung beauftragte den Vorstand, energisch gegen die Beleidigungen des deutschen Gastwirtestandes durch den erwähnten Artikel Stellung zu nehmen und sich mit dem Zentrulvorstand in Berlin in Verbindung zu setzen. Chemnitz (Verzicht) Graf PosadowSky verzichtet auf die Chemnitzer Reichstagskandidatur, weil in diesem Wahlkreis genug bürgerliche Kandidaten aufgeiaucht sind. ^agesgsscdlckte. Deutsches Reich. (Ihre silberne Hochzeit.) begehen heute König Wilhelm II und Königin Charlotte von Württemberg. Königin Charlotte ist bekanntlich die Tochter des verstorbenen Prinzen Wilhelm von Schaum- burg-Lippe. Am 8. April 1886 fand zu Bückeburg ihre Vermählung mit König Wil elm statt. Der königlichen Ehe entsprang leider kein Nachkomme Doch die Ehe selbst war und ist eine überaus glückliche. Das könig- liche SilbcrhochzeitSpaar erfreut sich denn auch in seinen Landen der allgemeinsten Verehrung und Liebe. Möge es dem hohen Silberpaare vergönnt sein, auch noch den Tag der goldenen Hochzeit dereinst begehen zu können, das ist heut nicht nur in allen württembergischen, son dern auch in allen deutschen Gauen der allgemeine Wunsch^ — (Fortschrittler und Nationalliberale^ schließen sich zum Bunde gegen die Konservativen und das Zentrum im Kampfe bei den kommenden Reichstags wahlen zusammen. Die Grenzlinie gegen die Sozialde mokraten schwankt in den einzelnen Bundesstaaten Ja Bayern betonte der nationalliberale LandeSveretn aus drücklich, baß unter allen Umständen die Sozialdemo kratie zu bekämpfen sei; im Königreich Sachsen, wo zwi- schen den beiden liberalen Parteien gleichfalls schon ein Pakt gegen Rechte und Zentrum abgeschlossen wurde, ließ Man die Stellungnahme zur Sozialdemokratie offen. Daß in der Praxis die theoretische Wahltaktik nicht über all genau durchgeführt werden wird, läßt sich bei der Verschiedenartigkeit der bürgerlichen Parteien ooraussehen; aber innerhalb der bürgerlichen Parteien wird es gleich wohl zu einem so heftigen Kampfe kommen, wie er noch bei keiner der voraufgegangenen Reichstagswahlen aus gefochten worden ist. Drohte im Reichstage doch ein konservativer Abgeordneter, daß konservative Wühler in die Notlage versetzt werden könnten, für einen Sozialde mokraten gegen den Kandidaten der Nationalliberalen zu stimmen, wenn letztere nicht noch einlenken sollten. Der an dem Streit der bürgerlichen Parteien sich freuende Dritte ist die Sozialdemokratie, die noch nie bessere Wahl- ausstchten hatte als diesmal. Berlin, 6. April. (Gegen diefranzösische Hetzpresse.) Der gehässige Ton, der sich neuerdings wieder in verstärktem Maße in der französischen chauvi nistischen Presse geltend macht, ist um so bedauerlicher, als er euch wohl in der deutschen Presse nicht ohne Widerhall bleiben dürfte in einem Augenblick, in dem, wie das Hirsch'sche Telegraphen Bureau erfährt, di? beider seitigen Regierungen über verschiedene beide Länder in teressierende Angelegenheiten in freundschaftlicher Weise in Unterhandlung stehen. Berlin, 6 April. (Zur Frage des internatio nalen Schiedsgerichts.) Einige Blätter melden, daß die Unterhandlungen über das internationale Schieds gericht zwischen England, den Vereinigten Staaten, Frankreich und Japan baldigst zum Abschluß gelangen würden und knüpfen hieran die Bemerkung, eS sei dies ein Friedensbündnis, von dem Deutschland ausgeschlossen sei. Es läßt auf die Friedlichkeit dieses „FriedensbündniffeS" eigentümliche Schlüsse zu, wenn die Meldung sofort mit einer gehässigen Bemerkung über Deutschland, das „aus geschlossen" bleibe, verbunden wird. In unterrichteten Kreisen glaubt man, wie das Hirsch'sche Telegraphen bureau an maßgebender Stelle erfährt, nicht recht an das Zustandekommen der erwähnten Schiedsvertrage. Immer hin wird die Art, in der sie angekündigt werden, es ratsam erscheinen lassen, daß Deutschland diesen eigentümlichen FriedcnSbestrebungen gegenüber aus seiner Hut b eibt. Berlin, 7. April. (Der Termin der Reichs tags wähl) Trotz der großefi Bestimmtheit, mit der berichtet wird, daß sich der BundeSratsausschuß einstim mig für die Anberaumung der RsichStagSwahlen im Ok tober ausgesprochen habe, entbehrt die Nachricht der Be gründung. Die endgültige Entscheidung über eine etwaige Herbsttagung des Reichstages und über den Zeitpunkt de Neuwahlen wird erst zwischen Ostern und Pfingsten gesprochen werden können, wenn sich der weitere Ging der ReichStagsverhandlungen mit größter Sicherheit als bisher übersehen lassen wird (L A) Kiel, 7. April. (Besuch englischerSchifse in Deutschland.) Ein englisches Geschwader von sechs größeren Linienschiffen wird, laut den „K. N. Nachr." auf der Fahrt nach der Ostsee am 17. April den Kaiser- Wilhelm-Kanal durchfahren. — (Katholische Gei st liche gegen den Z wangs zölib ar.) Mehrere würtembergischs und bayerische katholische Geistliche hoben einen Aufruf: An Deutschlands Bürger und Frauen erlassen, der sich gegen den Zwangszölibat wendet. In dem Aufruf wird unter anderem ausgeführt. „Gegen die erzwungene Ehelosigkeit spricht vor allem die heilige Schrift, die sogar vom Bischof verlangt, daß er eine? Weibes Mann sei. DaS Gebot „wachset und mehret euch" hat Christus nicht aufgehoben, sondern er will nur, daß wir es vollkommen erfüllen. Darum wa ren dre Priester von der Zeit der Apostel an verheiratete Männer, ledige waren stets die Ausnahme, und daS Konzil von Nicäa tritt entschieden dagegen aus, daß man von den Priestern die Ehelosigkeit verlangen dürfe. Erst als daS Papsttum mächtig geworden war, führte es den Zölibat ein, um an unverheirateten Priestern eine mächtige Hilfsarmee zu haben. Freilich ist der Kampf gegen diesen Gewaltakt nie ganz erloschen, und in der Praxis wurde der Zwangszölibat nie vollkommen gehal ten. Der Priester müßte auch nicht ein Mensch sein. Heute ist der Zwangszölibat eine Quelle vieler Sünden, vieler Verbrechen, großer Kulturrückständigkeit, allgemei nen Mißerfolges der Missionen in den heidnischen Län- dern. Er ist in Deutschland daS größte Hindernis ei ner Verständigung und Vereinigung mit den Angehöri gen der evangelischen Schwesterkirchen. Deutsche Männer! Deutsche Frauen! Helfet uns! Verbreitet diesen Auf ruf, wo ihr könnt! Sieht uns bei, daß der Zölibat fällt, dadurch wird die konfessionelle Scheid wand, die uns trennt, wenn nicht beseitigt, so doch übersteigbar; steht unS bei, daß wir wieder werden, was wir einst waren, bevor Gewaltätigkeit kirchlicher Machthaber uns trennte, daß wir wieder werden ein einig Volk von Brüdern." Türkei. Konstantinopel, 7. April. (Zur Lage in Jemen.) Wie der in Sanaa kommandierende General dem Kriegsminister meldet, gelang eS gestern nach hef- >igem Kampfe die aufständischen Beduinen unter Kaid Idris, die Sanaa belagerten, zu sprengen. Die Truppen zogen triumphierend in Sanaa ein. Die Aufständischen wurden unter Zurücklassung mehrerer hundert Tote und Verwundeter in die Flucht geschlagen. Saloniki, 7 April. (Der Auf st and in Alba nien.) Nach heftigem Kampfe wurden die Malissoren von den Truppen vertrieben und nach Montenegro zu- rückgedrängt. Alle weiteren Angriffe auf die türkischen Wachthäuser wurden zurückgeschlagen. Diese wurden mit starken Abteilungen besetzt. Nus attsr München, 6. April. (Wettersturz.) Den „Mün- chener Neuesten Nachrichten" wird aus der Pfalz tele graphiert: Der Kälterückfall hat bei Neustadt a d. Hardt die gesamte Mandel, und Psirsichblüte vollständig ver nichtet. Seit heute Nacht ist in der ganzen Oberpfalz starker Schneefall eingetreten. "Paris, 6, April. (Opfer der Kälte.) Die von heftigem Schneefall begleitete Kälte, die Paris plötzlich heimsuchte, hat bereits mehrere Opfer gefordert. Ein 80 jähriger Greis starb auf offener Straße,und ebenso erlag ein 48-jähriger Ausläufer dem plötzlichen Wetterumschlag. Pola, 6 April. (Sturm auf der Adria.) Auf der Adria wüter ein Orkan. Der Schiffsverkehr ist stark gehemmt Der Dampfer „Senj", welcher gestern nach mittag hier fällig war, ist noch nicht eingetroffen. Die Temperatur ist stark gesunken. Die Eisenbahnzüge treffen mit Schnee bedeckt ein. Newyork, 7. April. (Gestrandeter Dampfer.) Der Lloyddampscr „Prinzeß Irene" mit tausend Paffa gieren an Bord ist 10 englische Meilen östlich von der Feuerinsel gestrandet. Er befindet sich nicht in gefähr licher Lage. Man vermutet, daß er bei eintretender Flut wieder flott werden wird Schleppdampfer liegen bei ihm. Der Dampfer kam vom Mittelmeer und ging nach Newyork. Vsrmifcktss. * (Polizeihunde und Wilddiebe.) An ei nem der letzten Sonntags bemerkten zwei Fabrikdirekto ren in Landshut in Bayern nachmittags gegen 2 Uhr in ihrem Jagdrev-ere bei Hohenegglkofen zwei mit Ruck säcken bepackte verdächtige Burschen, die sich alsbald über einen Abhang hinuntergleiten ließen und im Buschs ver schwanden. Als die beiden Jäger ihre Spur im Schnee rückwärts verfolgten, fanden sie eine mit Blut getränkte Stells, auf der dis Decke eines Rehes und ein totes Reh kitz lagen. Am nächsten Tage, 20 Stunden nach der Tat, wurden die Polizeihunde Roland von Stockhof und Varus von Altseld, zwei deutsche Schäferhunde, auf einer zum Tatorte führende Spur etwa 400 Meter entfernt augesetzt. Roland nahm sofort die Spur auf und führte zum Tatort, wo er aus den festgetretenen Schnee eine Kugelpatrons scharrte. Hierauf erhielt Varus Wit terung an. einen von dem Wilderern am Tatorte liegen gelassenen Holzknüppel und führte nach einigem Stöbern in großen Bogen am Unterschöndecker Hofe vorüber auf einen vielfach begangenen. Weg und weiter zu dem rund 800 Meter entfernten Walde. Am Waldsaum führte der Hund im scharfen Winkel vom Wege ab und auf schnee freiem Geländs in großen Umwegen in 3 Stunden nach der Ortschaft Moniberg. Kurz vor der Ortschaft an ei nem WaldeS'aum ve.wieS Vorus eine im Schnee befind liche Spur und (führte in ein Dick cht zu einem dort la gernden Astholzhaufen, wo er sehr deutlich zu erkennen gab, daß die Wilderer ihre Beute versteckt gehabt hatten. Von dort führte die Spur wieder auf die Landstraße nach Moniberg. Leider machte Tauwetter eine weitere Verfolgung unmöglich. D e Nachforschungen ergaben, daß am vorgehenden Tage zur kritischen Zeit zwei Bur schen, auf die die Beschreibung paßte, im Gasthofe von Moniberg eingekehrt waren. Am nächsten Tage gelang es, die beiden zu ermitteln und sestzunehmen. Da sie hartnäckig leugneten, erhielt VaruS an dem Knüppel nochmals Witterung. Sofort eilte er auf den einen Burschen zu und verbellte ihn. Bei der vorgenommenen Haussuchung wurde ein Obstockdrilling gefunden und außerdem die gleiche sehr seltene Munition, wie der Hund Roiand sie am Tatort auSgescharrt hatte. Später wurden die beiden Wilderer von den beiden Jägern übereinstimmend als diejenigen Männer wtedererkannt, die sie am Sonntag smit den Rucksäcken beobachtet hat ten. Nach längerem Leugnen gestanden sie fdie Tat ein und gaben zu, daß sie genau den Weg eingeschlagen hatten, den die Hunde oorwiesen und ihre Jagdbeute tatsächlich unter dem Holzstöße versteckt gewesen war. >Vocken-SpreIplan O. Dresdner idealer vom 9 bis mit 18. April. — Königliches Opernhaus: Ostersonntag: Lohengrin. Ostermontag: Der Zigeunerbaron. Osterdienstag: Der Rosenkavalier. Königliches Schauspielhaus: Ostersonntag: Glaube und Heimat. Ostermontag: Hans Sonnenstößers Höllenfahrt. Osterdienstag: Die Nibelungen. Residenztheater. Sonntag, nachm. 3'/, Uhr: Die lustige Witwe. Abend 7'/, Uhr: Meine Tante, Deine Tante. Montag, abends 7>/, Uhr: Der Löwe und die Maus. Dienstag, abends 7'/, Uhr: Meine Tante, Deine Tante. Mittwoch, nachm 3>/, Uhr: Die Waise von Lowood. Abends 7'/, Uhr: Meine Tante, Deine Tanle. Donnerstag, Freitag und Sonnabend geschlossen. Sonntag, nachm. 3'/, Uhr: Meine Tante, Deine Tante. Abends 7'/, Uhr: Bummelstudenten. Montag, nachm. 3'/, Uhr: Meine Tante, Deine Tante. Abends 7'/, Uhr Bummelstudenten. Dienstag, nachm. 3'/, Uhr: Der ledige Gatte. Abends 7^/, Uhr: Bummelstudenten.