Volltext Seite (XML)
Pulsnitzer Wochenblatt Donnerstag, 27. April 1911. Ueilage zu Ar. 50. 63. Jahrgang. Major von Heydebreck, der neue Kommandeur der Schutztruppe für Südwest-Afrika. Der neue Führer der Schutztruppe Ar .^Esch - Südwestafrika ist in der Kolonie rühmlichst bekannt. Major v. Heydebreck hat den größten Teil seiner Militärdienstzeit bei der Schutztruppe verbracht und während des Aufstandes in ihren Reihen gekämpft. Im Jahre 1907 wurde dec Major zu- nächst zur Dienstleitung beim Gouvernement kommandiert und dann als Inspektor an die Spitze der Landespolizei gestellt, die damals neu errichtet wurde und die sich unter der Führung dieses erfahrenen und schneidigen Offiziers außerordentlich gut bewährt hat. Als Nachfolger des verdienten Obersten von Estorff, der vor kurzem in die Armee zurückgetreten ist, wird Major v. Heydebreck von nun ab die deutsche Herrschaft in dem riesigen Gebiete zu schützen heben, das mit so geringen Streitkräften beaufsichtigt und nötigenfalls verteidigt werden muß. Die Energie und die Erfah rungen des neuen Führers der Schutztruppe lassen hoffen, daß er sich dieser Aufgabe voll gewachsen zeigen wird. OsrtNrBss und Sückslfckes. PulSmtz. (Die Zeit der Baumblüte) ist ae- lommen. Schon legt er sein blitzsauberes weißes Spitzen- "-2 -ugendfrtsche Mrschbaum, und bald wird auch der Apfelbaum Toilette machen und zum Frühlings- fest ein sein gearbeitetes Lenzkostüm vor der Weit sehen lassen. „Schneeweiß und Rosenrot" nennt man's. Statt der kalten winterlichen Flocken, wird es dann warme Blütenblätter schneien, daß die grün eingebettete Obst- baum-Allee stellenweise mit glänzender Spreu übersät ist! Mit der Baumblüte beginnt die schönste Zeit des Jahres. Sind die Obstbäume verblüht, so steckt der Kastantenbaum seine weißen, gelben und roten Prunkkerzen auf, duftende' Blumentraul en schmücken die Sträucher des Gartens bis sich die Rosenblüte einstellt und die Linden duften So nimmt das Blühen nicht so bald ein Ende .... Wir sollen diese herrliche Zeit aber auch „auSnützen". Gerade in den nächsten Wochen offenbart sich die Welt in jungfräulicher Anmut. Hinaus denn mit Kind und Kegel, über Wiesen und Wälder, durch Täler und Höhn! Erst, wenn Kindergesang und Kinderlachen durchs Ge lände schallen, daß die weißen Kleider gleich Festfahnen zum FrühltngSfeste zwischen dem faftstrotzenden „Grünen und Blü' en" flattern und winken, ist das Bild der Lenz- freude vollständig. Und eS verlohnt sich wirklich, der Jugend reichlich Gelegenheit zu bieten, die Lustbarkeit der schönen Tage zu genießen! Denn der Aufenthalt in der reinen Lust verleiht dem jungen Körper (in Beglei- tung der so vielseitiger Bewegung beim Spazierengehen) nicht nur ein frisches, gesundes Aussehen, sondern ist einer guten körperlichen wie geistigen Entwicklung von größtem Vorteil! Je enger wir uns an die Natur schließen, um so gesünder werden wir an Leib und Seele auch sein. — (Maiseier in Sachsen.) Straßenumzüge an läßlich der bevorstehenden Maifeier sind, wie gemeldet, in Preußen seitens der Oberbehörden verboten worden. Wie aus Dresden berichtet wird, nehmen die Behörden des Königreiches Sachsen einen anderen Standpunkt gegen über diesen Umzügen ein und haben sie bis jetzt im all gemeinen genehmigt. Für Dresden z. B. ist bereits die Genehmigung für einen Auszug der Maifeier erteilt wor den, die seitens der sozialdemokratischen Parteileitung auf dem Waldschlößchen veranstaltet werden soll. Für diese Feier werden von den Genossen der Dresdner Reichstags- Wahlkreise besondere Festzüge gestellt werden, die geschloffen nach dem Waldschlößchen marschieren werden. Für jeden dieser Festzüge hat die Köntgl. Polizeidirektion zu Dres den auch je ein MusikkorpS genehmigt. Dresden. (Neue Volksbelustigung) Auf der nächsten Dresdner Vogelwiese soll dem Publikum ein neues großes Karuffel vorgeführt werden, mit dem 5 so- genannte russische Schaukeln verbunden sind. Während sich bisher russische Schaukeln nur in senkrechter Richtung bewegten, drehen sich diese in dem neuen Betriebe gleich zeitig auch wagrecht, also im Kreise herum. Zwischen der weiten Rundung des Karufseis, in dem die russischen Schaukeln sich bewegen und im Kreise wagrecht laufen, und dem in der Mitte befindlichen Maschtnenkranze ist ein rotierender Lanzsalon eingebaut, in dem sich die darin stehenden Personen im Tanze drehen, ohne daß sie sich selbst zu bewegen brauchen. Bet einer vollen Besetzung der russischen Schaukeln und des Tanzsalons können pro Tour 300 Personen befördert werden. — (Die Elisabeth Duran-Schule) wird auf Einladung der Hygiene-Ausstellung noch vor Bezug ihres neuen Darmstädter HeimS, mit der Eröffnung der Aus- stellung nach Dresden übersiedeln und Kurse für Mädchen und junge Damen einrichten. — (Die Heilstätte Seefrieden b.Moritzburg i. Sa.) hat iw. Jahre 1910 wiederum 60 Alkoholkranke ausgenommen und 58 entlassen. Von sämtlichen Entlassenen lebten am Jahresschluß noch 65"/« enthaltsam, während 35 °/, rückfällig geworden waren, hierbei sind jedoch auch alle diejenigen mitgezählt, die vor Been digung ihrer Kurzeit abgingen und selbst die nur zur Beobachtung Aufgenommenen, die sich als ungeeignet zur Heilbehandlung er ¬ wiesen. Von denen, die ihre vorgeschriebene Kurdauer aushielten lebten 80°/o arp Ende des Jahres noch enthaltsam und auch von den eigenmächtig nach zu kurzer Behandlung ausgetretenen oder wegen gröblicher Verletzung der Hausordnung vorzeitig entlassenen Pfleglingen hält sich etwa die Hälfte bis setzt abstinent; einige, die in Unfrieden vom Hause schieden, sind sogar nachträglich noch begeisterte Freunde und Helfer der Heilstätte geworden. Die günstigteu Erfolge werden naturgemäß erzielt, wenn die Krankheit noch nicht allzuweit vorgeschritten ist und es ist tief bedauerlich, daß noch immer so viele Trunksüchtige zu gründe gehen, weil sie und ihre Angehörigen den Weg zur Heilung nicht kennen oder aus unbegründeten Vorurteilen nicht betreten mögen. Die Lau- des-Versicherungsanstalt Königr. Sachsen hat der Heilstätte auch 1910 wieder eine große Zahl von Kranken zugewiesen und sie könnte dies noch öfter tun, wenn häufiger der Antrag auf Einleitung eines Heilverfahrens gestellt würde. Es sei daher immer wieder darauf hingewiesen, daß die Landesversicherungsanstalt die Kosten der Kur übernimmt und außerdem noch Unterstützung der Ange hörigen gewährt, wenn ein Alkoholkranker, dessen Behandlung Er folg verspricht, sich in die Heilstätte aufnehmen lassen will — vor ausgesetzt, daß er mindestens 100 Beitrags-Wochenmarken nach- weisen kann. Eine in buntfarbigen Tafeln dargestellte Uebersicht über die Erfolge der Heilstätte seit ihrem Bestehen, sowie Bilder, die ihre Lage und das Leden und Treiben der Pfleglinge dar stellen, werden auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung zu Dresden in der wissenschaftlichen Abteilung „Alkoholismus" ge zeigt werden. Nähere Mitteilungen enthält der demnächst erschei nende Jahresbericht des Vereins Sächsischer Volksheilstätten für Alkoholkranke, dessen Geschäftsstelle sich jetzt Mosczinskystraße 18, Paterre l. befindet. Waldheim. Hier wird der Achtuhrladenschluß eingeführt. Cingabs Oss säcdfifcksn Saattndaber- unv Gastwirts - VsrbanOss an Vas Neicksamt Vss Innsrn bstr. Abänderung Oss Vtsbseucksngssetzss. 8H< Dresden, 26. April. Die bevorstehende Ab änderung des Viehseuchengesetzes vom 20. Juni 1909 hat den geschäftsführenden Vorstand des Landesverbandes der Saalinhaber im Königreich Sachsen veranlaßt, in einer Eingabe an das RetchSamt des Innern darauf hinzu- weisen, daß der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche speziell im Königreich Sachsen zu dem Ergebnis geführt hat, daß das in Geltung befindliche GeseZ sich als unzu länglich erwiesen hat, andernteilS aber auch Härten auf weist, deren Beseitigung dringend geboten sei. Nach den gemachten Wahrnehmungen stehe zweifellos fest, daß daS Königreich Sachsen am schwersten von der Seuche heim- gesucht wurde, daß sich alle Bekämpfungsmaßregeln al- unzulänglich erwiesen haben, daß die seit einem halben Jahre herrschende Seuche ständig weiter um sich greife. Der Saalinhaberverband unterbreitet dem Reichsamt des Innern sodann folgende Vorschläge zur Berücksichtigung: „1. Aufhebung der Bestimmungen, daß wegen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche dem Saal- und Gastwirt verboten wird, seine Räume zu Vergnügungen, Versamm- lungen usw. benutzen zu dürfen. 2. Daß bei Nichtauf hebung deS vorerwähnten Verbotes den hierdurch geschä- digten Wirten eine dem Verdienstausfall entsprechende Entschädigung seitens des Reiches oder Bundesstaates zu teil werde. 3. Strenge Durchführung der Absperrung verseuchter Gehöfte dergestalt, daß die Insassen solche^ Im enWei-enden AugtMiik. Roman von Reinhold Kronheim. 10 (Nachdruck verboten.) Mrestrr>CVnel r war dcr erst« Ort, den da- Detachement zunächst mit der Eisenbahn erreichte, und hier blieben die Re« kruten, um ausgebildet zu werden. Auch Feldberg konnte sich trotz seine» Schmerze« den neuen Eindrücken, die auf ihn einstürmten, nicht verschließen. Mit Interesse betrachtete er da» fremdartig« Leben auf den Straßen, in den Hütten der Eingeborenen, in dem arabischen V ettel und in den engen schmutzigen Häusern der Chinesen. Di« gewaltige Tropennatur mit ihrer jungfräulichen Schönheit und ihrer hin« reißenden Pracht stimmte ihn milde und auch versöhnlich, wenn früher der Schmerz mit brennender Qual sein Herz durchwütete, wenn «r noch auf dem Sch ff- ost wtldbewegt in die schwarzen Fluten geschaut hatte, w-nn jene» geheimnisvoll-, sehnsüchtige Rausch«», namentlich Nacht«, wenn er einsam auf Posten stand, an fein Ohr schlug — ein Sprung in die dunklen Well«» hätte 'hm von allem Unglück befreit — jetzt trug er e« gelassen, nie« mand sah wenigsten« die tiefe Wunde, di« in stimm Herzen ,ne schwermütige Heiterkeit hatte sich seiner bemächtigt, s'st« Wille hindurchstrahlte, auch umer den schütter gsten Verhältnissen zu erringen, die seiner Elis« würdig -r hi«r all«, ettrag«n, krin« Gefahr.» oder btrap t Tag und Nacht tätig sein — einst sollte doch der Tag anb -ch-n, Hn, A.m« schließen durfte, «o « Verzeihung und erhalten sollte sür seinen übereilten Schutt. Donn sollte Qual und die Sorge und die Gefahr vergtssen lächelnde« Auge sollte ihm sagen, daß er fortan glücklich Mit unermüdlichem Eiser warf er sich auf s«i»« D enstob. begenheiten Da« praktische Exerzitium wurde seinem «isenstarken Körper nicht schwer, er -var bald der tüchtigst«, brauchbarst« Soldat srinrr Kompagnie. Unablässig l«rnt« „ «r wollt« in der kürzesten Zeit der holländischen Sprache mächtig sein, «r mußte da« Malay ische verstehen und sprechen können, um avan« irren zu können. Wenn die anderen Soldaten müßig thrrn wüsten Belüfti gungen nachgingen, saß er mit seinem Freunde Winkler einsam in der Kaserne hinter seinen Büchern und beide fertigten hollän dische Uebersetzungen an wie Schulknabrn, freuten sich wie Kin der, wenn einer dem anderen eine» Fehler» überführen konnte. Jhretiutigt Erholung war, wenn sie in den kühleren Nachmittag», stunden gemeinschaftliche Spaziergänge durch dir Dörfer der Eingeborenen machten konnten. Dann sahen sie zu, wie der j Manische Handwerker mit dem primitiven Ha»dwerk»z«ug seine einfachen Terätschäften ver« fertigte, auf den Märkte» sahen sie die javanischen Frauen mjt ihren Früchten fitzen, sie sprachen m't ihnen und lernten so spielend Sitten und Gebräuche de» Linde» kennen. Nur Nacht», wenn Feldberg allein in der lauen Lust noch eine» Spaziergang machte, dann waren dies« Stunden seinen Erinnerungen gewidmet, dann dacht« rr nach Haus«, an s«in« Kamrrad«», an s«in alt«» Kas«rnenzimm«r, wo «» so traulich wa-, wi« sehr er sich auch dagegen sträubte, alle» trat in den H ntergrund, wenn strahlend, wie die Königin einer Sternennacht, da» blendende Bild seiner Elise in seinem Herzen ausstieg, dann dachte er nur an sie mit derselben Innigkeit, wie rr «n jener Nacht gedachte, al» sie ihm da» Geständnis ihrer ewigen Liebe gemacht hatte. Feldbergs ruhiges und bei allen Gelegenheiten tafivolle» Benehmen fiel schließlich auch den O fi,irren sein» Kompagnie auf. Sein Kapitän bevorzugte ihn, wo er nur konnte, die Of fiziere, die wohl wußte», daß er ein früherer Kamerad von ihnen wa'', behandelten ihn mit achtungsvoller Frrundfichkei'. E» rückte die Zeit herav, wo die nunmehr ausgebildeten und einigermaßen akklimatifierten Mannschaften zur eigentlichen Dienstleistung an di« vtrschi«d«nen F-ldbaiaillone v«rt«ilt w«rden sollt««. Dann beginnt für fie erst val wirklich« indisch« Sol. datenleben mit s«in«n Gefahr«» und Strapazen. Gewöhnlich dürfen sich dann Mannschaften m«ld«n, di« für rin« höhere Charge «in Examen ableg«n woll«n. Feldberg und Winkler b«sanden sich unt«r ihn«n und b«id« bestand«« di« Prüfung glänzend. Stolz hob fich Feldberg» Brust, al» er die gelben Aermel« ausschläg« betrachtet«; «r fühlt« «», rr war srinrr Elis« um «inrn Schritt näher g«rückt. Wohl mischt« sich «in w«hmütig«r Tropfen in lein« freudigen Empfindung«« — r» war jrtzt gt. rad« die Zeit, wo er daheim in Deutschland den ersehnten Stern in seinen Epauletten hätte bewundern können, aber doch mußt« er herzlich mitlachrn, al« Winkler mit sehr komischem Patho« deklamiert«: »Wer «» «rst zum Korporal hat gebrach», Der st«ht auf der Leiter zur höchsten Macht!* Etwa» Unangenehme« war mit dem Avancement zum Kor. poral doch für di« beiden Freunde verknüpft, fie mußte« sich trennen. Winkler ging nach Atchm, nach dem Krieg»schauplatze. Feldberg blieb vorläufig noch in seiner Garnison. E« war auf Wunsch seine» Kompagnirchef« geschehen, der den tüchtige«, brauchbare« Korporal nicht entbehren wollte. Am Vorabend de» Tage», an welchem Winkler sein« g«, sährlich« Reis« antrrtrn sollt«, saßro di« bridtn Freund« schwei. gend in «in«r Taverne in der Näh« d«» Strand«». Si« halt«« zur Feier de» Tage» Birr bestellt, sür gewöhnlich ist dies«» G«. tränk für «ine Soldatenbörle in Jndi«n zu t,u«r. Da» Meer rauschte so friedlich in seiner gewaltigen, ewig tätigen Ruh-, die Luft war so mild, so aromatisch durchwürzt, da» Flüstern und Rauschen in den hohen Palmenwipfel« war so feierlich und so geheimnitvoll, daß man unwillkürlich offen, herziger und mitteilsamer wurde. „Vorläufig werden wir rinander wohl schwerlich wieder« srhen, mein lieber Freund/ begann Winkler, „ich glaube, daß Da noch ei«r geraume Zeit hier bleibe» wirst, der Kapitän will Dir wohl, und da» mit Recht." „Und doch glaube ich nicht, daß ich e» hier lange au»hal« t-n werde," entgegnete Feldberg, „hier bei dem ewigen Gama, schendiinst würde ich wohl schwerlich mein Ziel erreichen. Ich muß nach Verlauf einiger Jahre unbedingt Oifizier sein, sonst bin ich unglücklich sür mein Lebenl" .M r ist da» ganz gleichgültig," erwidert« Winkl«», „dir äußersten Ehre od«r de» besseren Leben» wegen rühre ich kein Glied, e» ist mir egal, ob ich nun in weichen Federbetten oder unter freiem Himmel schlafe. Für mich hat ja da« Leben den größten Teil seine» Reize» verloren, und ich freue mich, rin aufregende» Leben beginnen zu könne«, wo ich vergessen kann, wa» mich bedrückt." „Ist denn da» so etwa» Schlimme»?"