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Amts des König!. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz und Zeitung Matt erscheint: Dienstag, Donnerstag ».Sonnabend. Mit -Mustr. Sonntagsblatt», „Landwirtschaft, ticher Vellage» und „§ür Saus und verd». Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins vaus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. §ernsprecher: Nr. 18. VezlrKS-ftNZeiger I'elegr.-Ndr.: Wochenblatt Pulsnitz Inserats kür denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aukzugebsn. vis künk mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 pk., Lokalpreis 10 pk. Neklams 25 pk. Sei Wiederholungen Dabott. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem larik. erküllungsort ist Pulsnitz. 6mtsblattsürden8mtsgerichtsbezirkpuIsnitz,SML°LM°-p->KLlK^ Druck und Verlag von S. c. Lörstsr's Srdsn (Inh.: I. W. Mobr). L^peLition: Pulsnitz. Sismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Nedakteur: I. XV. Mohr in Pulsnitz. Sonnabend, de« 25. Ieöruar 1911. 63. Jahrgang. In dem Konkursverfahren über das Vermögen der offenen Handelsgesellschaft in Firma L. A. H. Schölsel L Sohn in Bretnig wird, nachdem der Zwangsver gleich rechtskräftig bestätigt ist, zur Beschlußfassung der Gläubiger über die Gewährung einer Vergütung an die Mit'* '^r des Eläubigerausschusses Gläubigerversannnlung auf den 6. März 1911, vormittags /«1A - r, bestimmt. Die Gebühr des Konkursverwalters wird auf 2000 M, seine Auslagen werden auf 298^M 95 Pf. festgesetzt. Pulsnitz, den 23. Februar 1911. kömgNcvss »mrsgeriwt. MllNtMllMg, 8 Udr-Ladsnscklutz betrekksnd. Um festzustellen, welche Ausnahmen bei eventueller Anordnung des 8 Uhr-Ladenschlusses von den beteiligten Geschäftsinhabern gewünscht werden, swird der unter zeichnete Kommissar Mtttxvock, den 1. März, abends /r9 Ubr, im Saale des Hotels zum Grauen Wolf eine Versammlung abhalten und die Wünsche wegen Festsetzung von Ausnahmen vom 8 Uhr-Ladenschluß entgegennehmen. Die beteiligten Geschäftsinhaber werden daher hierdurch eingeladen, sich zur Eröffnung ihrer Wünsche und deren Besprechung zu dieser Versammlung einfinden zu wollen. Pulsnitz, am 24. Februar 1911. Oer Kommissar. Bürgermeister vr. Michael. Das Wichtigste. Der Reichstag nahm am Donnerstag mit großer Mehr heit die Heeresvorlage in zweiter Lesung an. Der Reichstag beschäftigte sich am Freitag nach Er ledigung der namentlichen Abstimmung über den I. Parapraphen der bereits am Tage zuvor ange nommenen Heeresvorlage mit der zweiten Lesung des Heeresetats. (S. R.-Stimmungsb.) Das deutsche Kronprinzenpaar wird im April Rom besuchen. In Berlin tagte am Freitag der Gesamtausschuß des , Hansabundes. Die Reichsregierung sendet drei deutsche Aerzte in das Pestgebiet zur Erforschung der Seuche. Caruso erhält für ein zweitägiges Gastspiel an der Münchner Oper 25 000 M. In Weißenfels griffen ausständige Schuhfabrikarbeiter Arbeitswillige an und bewarfen sie mit Steinen, sodaß Polizei- und Gendarmeriemannschaften ein greifen mußten. Der französische Kriegsminister General Brun ist ge storben. Der russische Sänger Chaljapin erhält für ein 40 tä giges Gastspiel in Europa 500 000 M. Nach einer Blättermeldung beabsichtigt Spanien einen neuen militärischen Vorstoß zur Unterstützung Frank reichs in Marokko. MiiW Wochenschau. DaS Interesse der Woche gehörte diesmal dem russisch, chinesischen Konflikt. Wenn man auch schon seit längerer Zett davon sprach, daß Rußland mit China Differenzen habe, die zu einem großen Teile auf wirtschasts-politischen Gebiete liegen sollten, so kam daS von russischer Seite gestellte Ultomatum ziemlich unvermittelt und namentlch die darin geführte scharfe Sprache schien darauf hinzu, deuten, daß die Spannung einen hohen Grad erreicht hätte. Ez mußte auch auffallen, daß Rußland gerade den jetzigen Zeitpunkt zu seinem Vorgehen wählte, wo die Pestepidemie auf China lastet und man kann nicht gerade behaupten, daß die russische Aktion einen sehr fairen Eindruck gemacht Hütte. An der Themse kam so- gar etwas wie Mißstimmung zum Durchbruch, daS Miß trauen regte sich und Man befürchtete weitergehende Pläne Rußlands, die den englischen Interessen entgegen gewesen wären. Aeußerlich sah die Situation recht gespannt aus, indessen tonnte man von vornherein mit ziemlicher Sicher heit darauf schließen, daß China doch nachgeben würde. So ist es denn schließlich auch gekommen, die Pekinger Regierung sah sofort die Unmöglichkeit ein, Rußland irgendwie energischen Widerstand entgegenzusetzen und man beeilte sich ziemlich, die russische Note zu beantwor ten und zwar in einem überaus freundschaftlichen und versöhnlichen Sinne; so versicherte wenigstens die russische offiziöse Stimme, vielleicht um den Sieg der russischen Diplomatie im Brillantfeuer erstrahlen zu lasten. Prioat- melvungen wollen jedoch wissen, daß die chinesische Ant wortnote zwar entgegenkommend, aber doch nicht so kon ziliant laute, wie dies von russischer amtlicher Seite be hauptet würde. Immerhin soll die Antwortnote in Petersburg im großen und ganzen lefriedigt haben. Da- mit dürfte dieser Teil der neuesten ostasiattfchen Affäre ziemlich erledigt sein. Andernfalls ist eS im Hinblick auf die Verhältnisse im fernen Orient nicht angebracht, gar zu optimistisch in die Zukunft zu schauen, denn allem Anscheine nach schlummern weitere Verwicklungen im Schoße der nahen Zukunft. Um den Rusten nichts voraus zulassen, sind englische Truppen an der Grenze von Birma in chinesisches Gebiet vorgedrungen; angeblich soll es sich um Grenzstrettigkeiten handeln, in Wahrheit will man wohl dort allmählich vorgehen, um die englische Interessen-- sphäre zu erweitern. Zu gleicher Zeit hieß eS, daß fran zösische Kolonialtruppen in der chinesischen Provinz Aünnan eingetroffen seinen, eine Nachricht, die zwar als- bald von amtlicher französischer Sette dementiert wurde, die aber doch darauf hindeutet, daß eine ganze Menge Konfliktsstoff vorliegt. Auch muß mit der Stimmung in der chinesischen Bevölkerung gerechnet werden, die ge rade jetzt alles andere als scemoenfreundltch ist und nach alledem erwächst für die leitenden Stellen die Pflicht, der weiteren Entwicklung der Dinge in Ostasten doppelte Auf merksamkeit entgegenzubrmgen Bet uns in Deutschland selbst weist die Situation keinerlei Veränderung auf. In Berlin tagen zu gleicher Zeit nicht weniger als drei Parlamente, freilich, ohne daß Sonderliches von ihnen zu berichten wäre. Im Reichs- tage befaßte man sich zunächst mit dem Justizetat, wobei der. Fall Becker Stoff zur gründlichen Erörterung gab, worauf man zum Militsiretat überging. Große Schwierig keiten bietet auch dieser nicht mehr, nachdem die Kom- Mission kaum irgend we'che Abstriche von Belang gemacht hat. Auch in der Frage der Generalinspekteure und Kom mandanten hat man nachgegeben. Parlamentarische Hochflut hat man jetzt auch in Eng- land. Im Unterhaus« ist nunmehr die Vetobill ringe- bracht worden und sie hat dort die glänzenc-sten Aus sichten auf Annahme. Wurde doch der Premierminister Asquith, als er sich anschickte, das Gesetz kurz zu befür worten, mit jubelndem Beifall begrüßt. Ueber die Pläne, welche die Regierung bei einem abermaligen Scheitern de Gesetzes hegt, ließ der Kabinettchef nichts verlautbaren, und mit gutem Grunde, er wollte wohl seine Karten nicht vorzeitig ausdecken und verschmähte es auch aus diesem Grunde, einen Schreckschuß gegen das Oberhaus I abzugeben. Dort will man die Maßnahmen des Kabi- nettS mit einem Gsg nschachzug parieren, indem man dort selber einen Antrag auf Reform der ersten Kammer gestellt hat. Daß ein derartiger Antrag nicht so gestaltet sein wird, um das Unterhaus und die hinter diesem stehende Nation zu befriedigen, liegt auf der Hand, denn die Lords werden sich hüten, ihre Rechte gar zu sehr zu beschneiden. In aller Stille bereitet sich ein Moment vor, welches geeignet ist, gleichfalls die Dinge in Ostasien ^u beein flussen, freilich in einer Richtung, die man nur begrüßen könnte. Zwischen den Vereinigten Staaten von Nord- amerika und Japan sind HandelSvertragSoerhandlungen eingeleitet, die einen günstigen Verlauf nehmen. Eine der Hauptpositionen ist dabe^ die Aufhebung des Verbotes der japanischen Einwanderung, einer Maßnahme, welche seinerzeit fast zu einem folgenschweren Kriege zwischen beiden Mächten geführt hätte. Eine derartige Regelung, wie sie geplant ist, muß zweifellos zu einer Annäherung zwischen Japan und der Union führen und eine solche ist geeignet, ihre Rivalität im fernen Osten zu mildern oder gar zu beheben. Hierin wurde aber ein gewichtiges Unter- pfänd für die Erhaltung des Weltfriedens liegen, denn was man gerade am meisten gefürchtet, war ein Zusammen stoß zwischen Japan und Nordamerika, der vielleicht auch zu weiteren Verwicklungen geführt haben würde. Im Hinblick hierauf wäre das amerikanisch japanische Abkom men als ein überaus erfreuliches Moment auszusprechen. OertNcdes unv Sücbsiscdes. Pulsnitz. (Sonntagsplauderei.) Morgen be gehen wir den siebenten Sonntag vor Ostern, den Sonn tag Estomihi. Diesen Namen führt der heutige Sonn tag bekanntlich nach dem Anfänge der Messe dieses Ta ges, der da lautet: Lsto miki. ES ist dies der Anfang des dritten Verses des 71. Psalms, der zu deutsch lautet: „Sei mir ein starker Hort." Ein solcher starker Hort war uns unser Gott auch vor 40 Jahren und gerade am morgigen Tage vor 40 Jahren neigte sich das große Werk, für daS unser Volk mit seinem Gut und Blut ein getreten war, seinem Abschlusse zu. Nach schwierigen Unterhandlungen wurden am 26. Februar, abends 8 Uhr zu Versailles die FriedenS-Präliminarien unterzeichnet, waren die Franzosen endlich bereit, die ihnen gestellten Friedensbedingungen, Abtretung von Elsaß-Lothringen und Zahlung von 5 Milliarden Franken, anzunehmen und die neu einzuberufende National-Versammlung in Bordeaux sollte über deren Annahme oder Ablehnung, d. h. über Frieden oder Fortdauer des blutigen Krieges entscheide.'. Sie wählte bekanntlich mit überwiegender Majorität am 2. Mürz 1871 das erstere. Jetzt ist den meisten unter uns, zumal den Jüngeren, die jene große Zeit nicht mit erlebt haben, das Gefühl dafür, wie eS mögl'ch war, dieses herrliche Ziel zu erreichen, fast ge- schwunden. Durch die Tapferkeit unserer Soldaten! So lautet wohl meist d e Antwort auf eine solche Frage. Aber bet aller Anerkennung derselben war sie es doch nicht allein, die zum Ziele führte. Die Diplomatie, die unvergleichliche Staatskunst vor allem eines Bismarcks mußte dazutreten, um solche Erfolge zu sichern. Wäre der große Kanzler nur ein wenig schwankend in seinen Forderungen geworden, Hütte er es an der nötigen Ener gie — man kann vielleicht sagen: Rücksichtslosigkeit — gegenüber den französischen Unterhändlern fehlen lasten, nie und nimmer wären wir das geworden, was wir heute sind: ein geeintes, machtvoll dastehendes Reich! Jede große Tat erhält erst dann bleibenden Wert, wenn ihr die Energie zur Seite tritt. Mancher wohldurchdachte und kraftvoll eingeleitete Plan scheiterte schon deshalb, weil die Ausführenden sich im letzten Augenblicke durch schwächliche Rücksichten leiten ließen. DaS Dichterwort: „Blüte edelsten Gemütes Ist die Rücksicht, doch zu Zeiten Sind erfrischend wie Gewitter Goldne Rücksichtslosigkeiten."