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Pulsnitzer Wochenblatt und Zsitung des l^ünigl. Amtsgerichts und Les StaLtrates zu Pulsnitz Zsiiraubsnder und tabellarischer Satz nach be sonderem stank. LrMlungsort ist Pulsnitz. ?elegr.-^Lr.: Wochenblatt Pulsnitz Inserats kür denselben rag smd bis vormittags 10 Uhr aurzugsbsn. Oie künk mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 pk., Lokalpreis 10 pk. Nsklams 25 pk. Sei Wiederholungen Nabatt. §ernsprecher: Nr. 18. VSZlrKS-NnZSrgSr erscheint: vienstag, Donnerstag u.Sonnabend. Mit »Illustr. Sonnlagsblatt", „Landwirtschaft- licher Beilage" und „§ür Saus und Berd". Nbonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Saus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. 1^! i <! nnift- umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz m. s., Vollung, Orotzröhrsdorf, Bretnig, Sauswalds, Ohorn, Obsrstsina, Bisder- P4iIUPUtUlr lur UoU / üiispgOk iU^tSUoZlr -X PUISlUtz; stsina,Weitzbach,Odsr-uMieLsrlichtsnau,§risdersdorf-rhiemendork,Mittelbach,<Zrotznaundorf,Lia)tenbsrg,l^lsin-Oittmannsdork. Druck und Verlag von C. L. §örster's Srvsn (Inh.: I. W. MoUr). Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Bsdaktsur: Z. XV. Mohr in Pulsnitz. Pas WiMgüe. Der König besichtigte gestern in Berlin die Entwürfe des Architekten Hans Alfred Richter füc den Eis palast in Dresden. Der Sächsische Lehrerverein hat dem Kultusministerium eine Denkschrift zur Frage des neuen Volksschul gesetzes eingereicht Die Krone Preußen ist angeblich bereit, auf ihr Steuer- privileg zugunsten der Wertzuwachssteuer zu ver zichten. Der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften wurden in den letzten Tagen wieder 2 Millionen Mark überwiesen. Dem Staatssekretär des Reichsmarineamts ist der Titel und Rang eines Gioßadmirals verliehen worden. Zwischen österreichischen Gendarmen und russischen Sol daten kam es an der Grenze bei Podwoloziska zu einem Gewehrfetter. Die Pariser Handelskammer befürwortete eine von der Bevölkerung Savoyens eingebrachte Petition, in der eine neue französisch-italienische Bahnverbin dung mit dem Durchstich des Kleinen St. Bernhard verlangt wird. Im Chinesenviertel von Charbin hat die Bevölkerung seit Beginn der Pest um 25 000 Köpfe abgenommen. In Alexandria ist ein Baumwollenmagazin niederge brannt; der Schaden wird auf 2 Millionen Mark beziffert. Die Türkei hat zwei Dampfer des Norddeutschen Lloyd angekauft. politische Uochenschou. Sieben Tage dauerte die Schöpfung der Wertzuwachs steuer im ReichStagSplenum, aber schwerlich kann man nach Schluß der Arbeit sagen: und stehe da, eS war gut. Line ganze Reihe von Abänderungen ist im Plenum vor- genommen worden, fast täglich hörte man aus dem Munde des SchotzsekretärS ein bewegliches Klagelied daß man die Erträgnisse der Steuern nicht noch mehr abschwächen möchte da sonst schließlich für den Zweck des Ganzen, die Deckung der Kosten für die neuen Heeresergänzungen und Jnvalidenfürsorze, so gut wie nichts mehr übrig bleiben würde. Es war keine leichte Arbeit, sich durch die Materie durchzuwinden und die vielen AbänderungS- anträge brachten für die Abstimmung manche Verwirrung, aber man wurde schließlich doch fertig und die Bestim mung über die rückwirkende Kraft wurde schließlich auf Grund eines von den Nationalliberalen ausgehenden Kom promißantrages festgelegt. In der dritten Lesung werden vielleicht doch noch einige Aenderungen vorgenommen werden, zumal auch bei der zweiten Lesung sich mehrere Lücken hcrauSgestellt haben. Im übrigen zeigte sich bei den Abstimmungen oft ein kunterbuntes Bild von Partei gruppierungen, mal so, mal so, der Partcikampf schwieg erfreulicherweise. Zum Durchbruch kommt er leider wie der bei der Verfassungsvorlage für die Rsichslande, die jetzt im Reichstage zur Beratung steht. Der vorliegende Entwurf hat eigentlich niemand befriedigt, auf unbedingte Unterstützung kann die Regierung nur bei den National liberalen rechnen, auf der Rechten ist man gegen ihn, weil man von den neuen Wahlrechtsbestimmungen nichts wissen will, während man auf der Linken hinwiederum den vorgesehenen Wahlmodus nicht für zulässig erachtet und eine Schmälerung der Volksrechte befürchtet. Ange sichts dieser Sachlage ist das Schicksal des Entwurfes ein völlig ungewisses und es wird noch lang andauernder Verhandlungen bedürfen, ehe die neue Verfassung der Reichslande, wo der Entwurf gleichfalls keineswegs be friedigt, zur Einführung gelangen wird. Verkennen läßt sich auch nicht, daß die Bereitwilligkeit, Elsaß-Lothringen entgegenzukommen, durch die Metzer Vorgänge einen starken Stoß erlitten hat. Nicht uninteressant ist es, daß sich bei dieser Gelegenheit auch auS Elsaß Lothringen, und zwar von altdeutscher Seite, Stimmen erhoben, welche einer Einverleibung in Preußen daS Wort redeten. Eine derartige Lösung muß aber als ausgeschlossen gelten, sie hätte sicherlich keinerlei Aussicht auf Annahme und auch Sonnabend, den 28. Januar 191L. der Bundesrat würde unter keinen Umständen seine Zu stimmung geben. Selbst von offiziöser Seite wendet man sich aus diesem Grund - gegen diesen Vorschlag und be merkt, daß vom Standpunkt praktischer und positiver Po litik dringend zu wünschen sei, daß die Forderung der Einverleibung der Reichslande in Preußen bald wieder von der Tagesordnung verschwinde. Auf dem Gebiete der Außenpolitik ist endlich die Er örterung über dis deutsch-russischen Verhandlungen etwas mehr in den Hintergrund getreten, dafür hatte man aber eine neue Affäre: Vlisstngen. Der Plan der holländischen Regierung, in Vlisstngen Küstenbefestigungen anzulegen, erregte in London lebhaften Verdruß, und, um nicht den Anschein zu erwecken, als ob man sich getroffen fühle, wurde der Minister deS Aeußern des befreundeten Frank reich vorgeschickt, um für England die Kastanien aus dem F-uer zu holen. Selbstverständlich tauchte im Hinter gründe wieder einmal das Gespenst von der deutschen Ge fahr auf, indem man durchblicken ließ, daß die Vlisstnger Befestigungen eine treffliche VerteidigungS- und AuSfalls- pforte für — Deutschland wäre, welches nicht zögern würde, im Kriegsfälle die Niederlande zu besetzen. So wenig man sonst im allgemeinen in Holland von den deutschen Vettern wissen will, in diesem Falle zeigte man sich ob jektiv, und blieb gegenüber den französisch-englischen Wünschen durchaus fest. Herr Pichon war bereits auf dem Wege, eine internationale Konferenz anzuregcn, wo bei er freilich in Berlin keine Gegenliebe fand; die Dinge waren schon so weit gediehen, daß man gegen dieses durch aus korrekte Verhalten Deutschlands in der chauvinistischen Presse an der Seine wie an der Themse Sturm zu lau fen begann, als Herr Pichon selber wieder nbwiegsln mußte. Die entschiedene Haltung Hollands, wo man sich unbedingt eine Einmischung in eigene Angelegen heiten verbat, tat ihre Wirkung. Mit einem Male wollte man garntchts getan haben, die Vertreter Frankreichs hatten angeblich niemals eine Anweisung erhalten, den Mächten offiziell die Angelegenheit der Vlisstnger Be- festigungcn zu unterbreiten und sie hätten lediglich Auf klärungen über die Kammerrede Pichons, die auswärtige Politik betreffend, abgegeben. Diese etwas gewundene Erklärung bedeutet zweifellos, daß die französischen Diplo maten den Rückzug anzutrsten beginnen, nachdem sie seh n müssen, daß sie nichts auszurichten vermögen. Sie darf sich für dieses Fiasko bei den englischen Freunden bedanken, die es vorgezogen hatte, lieber lose Drahtzieher hinter den Kulissen zu bilden, als sich herauszustellen. Das war von je her britische Art. Mit dem hecannahenden Frühling dürfte wie all jährlich auch der Balkan wieder etwas mehr von sich reden machen. In Mazedonien gärt es wieder bedenklich, dank der bulgarischen Agitation. ES ist leicht möglich, daß dies auf den Gang der w rtschaftlichen Verhandlungen zwischen Bulgarien und der Türkei nicht ohne Einfluß geblieben ist, wenigstens stehen diese kurz vor dem Ab bruch, und es ist wohl denkbar, daß diese Differenzen sich auch auf politischem Gebiete bemerkbar machen. Eine Verschlechterung der bulgarisch-türkischen Beziehungen kann leicht unangenehme Verwicklungen in sich bergen. Die Bulgaren erheben jetzt um so höher ihr Haupt, als sie sehen daß die Türkei in Jemen in eine recht schwierige Lage geraten ist. Der Ausstand breitet sich dort immer mehr aus, große Truppenmassen müssen dorthin entsandt werden und es liegt nahe, daß die unruhigen Elemente auf dem Balkan diese Situation in ihrem Interesse aus- nutzen werd.n. All das kommt zusammen, um eS ange zeigt erscheinen zu lassen, für die nächste Zeit den Dingen auf dem Balkan große Aufmerksamkeit zuzuwenden. OertNÄdss und Säckslsckss. Pulsnitz. (Sonntagsplauderei.) Wir kommen von der Feier des kaiserlichen Geburtstages, die Brust auch geschwellt von Hochgefühl in der Erinnerung des vor 40 Jahren eingetretcnen folgenschweren Ereignisses der Falles von Paris, denn am 28. Januar 1871 war eS, da ein dreiwöchentlicher Waffenstillstand abgeschlossen wurde, die Pariser Forts den Deutschen ausgeliefert wur den. Mit diesem letzten großen Erfolge war der Krieg, der nvch auf einigen entfernten Gebieten weitertobte, in der Hauptsache beendigt und aus der Ferne klang schon das harmonische Geläut der FriedenSglock-n an un ser Ohr. O waren daS beseligende Klänge! Auch für uns, die Sieger, wie vielmehr für sie, die Besiegten, deren 83. Jahrgang. Opfer die unsrigen weit übertrafen. Bei solchem Geden ken sind unsere Wünsche für unseren kaiserlichen Herrn nur um so inniger und aufrichtiger. Wohl mag der und jener grollend abseits stehen, west er im Kaisertum?, wie in der Monarchie überhaupt eine Staatsform sieht, die sich nach seiner Meinung überlebt hat und nicht mehr in unsere moderne Zeit paßt. Wirklich? Wie kommt es aber denn, daß, als vor nicht zu langen Jahren das nor- wegische Volk über seine zukünftige Staatsform entschied, sich 258 000 Stimmen für die Monarchie und nur 69 000 für die Republik aussprachen? Jedenfalls hat die Mo narchie vor letzterer vor allem den Vorzug größerer Be ständigkeit und Dauerhaftigkeit ihrer Einrichtungen, die durch die wechselnden Parteiströmungen in der Republik und die leidenschaftlichen Kämpfe der um die Macht rin genden Parteien fortwährend erschüttert werden und wech seln. Das gleiche gilt von dem beständig wechselnden Oberhaupte der Republiken, zudem ein wahrhaft hinge- bendes Vertrauensverhältnis garnicht denkbar ist. Wir sind der Ansicht, daß die Frage: Monarchie oder Repu blik? vor allem vom völkerpsychologischen Standpunkte zu beantworten ist. Sie liegt im Charakcer eines Volkes begründet. Der germanische Volkscharakter mit seinem bedächtigen Sinnen und ruhigen Wägen neigt zweifellos zur Monarchie: leichtblütige, bewegliche Naturen mögen an der Republik Gefallen finden, vielleicht eine Zeit lang, dann werden sie deren auch überdrüssig und sehnen einen Wechsel herbei . . . Im übrigen bleibt auch hier die Zeit die beste Führerin. So lange unser Vaterland Mo narchen hat, die sich der aus ihrer Stellung hervorgehen den Pflichten bewußt sind, so lange ist es auch um un ser Volk gut bestellt: der Monarch sei erster Diener des Staates! Und je höher die Stellung, um so größer die Verantwortlichkeil! Pulsnitz, 27. Januar. (Stadtschule.) Vormittags 9 Uhr feierten die einzelnen Unterklassen unserer Schule Kaisers Geburtstag, um 10 Uhr fand der öffentliche Aktus statt. Dem gemeinsamen EröffnungSgesange: „ES braust ein Ruf —" folgte ein Gedichtsvortrag, diesem ein klangvoller Kinderchor: „Dem Land, wo meine Wiege stand" comp. von Herrn Kantor Bartusch. Nun ergriff zur Festrede Herr Wiemann das Wort. Nach einem Hin weis auf die Bed.utung de§ Tages, einem Hinblick auf den Mann, der allzeit ein Mehrer des Reiches ist, im Sinne seines Großvaters, der reges Interesse und volles Verständnis allen Fortschritten auf dem Gebiet der Wissenschaft entgegenbringt, sprach der Herr Redner zu seinem Thema: Die Eroberung der Luft. Wie der Knabe, der sinnend seinem Drachen nachschaut und träumend flüstert: Ach, wer das doch könnte!, nämlich, da oben in der Luft Herumschweben, so denken seit langem die Menschen. — Zwei Vorbilder boten sich ihnen, der Rauch und der Vogel. So kam eS, daß sie 1. etwas schaffen wollten, was leichter war als die Luft, was sich hob und schwebte. Schon 1670 plante man ein Luft- schiff. Aus dieser Zeit stammen phantastische Berichts über die Luftfahrt eines JssuitenpaterS von Portugal nach Wien. Bahnbrechend sind die Versuche der Brüder Etienne und Joseph Montgolfier, die ja auch erreichten, daß man Menschen durch die Luft beförderte und zwar durch heiße Luft, während Profcffor Charles zu dem selben Ziele kam durch Verwendung von Wasserstoffgas. Ihre Ballons stiegen 1783 aus Paris auf. Eben da selbst unternahmen 1870 zwei Männer daS Wagnis, wichtige Depeschen aus der belagerten Stadt im Ballon nach Belgien zu bringen. Sie landeten ohne Unfall in Nor wegen! Obwohl das ein beredtes Zeugnis von dem Erreich ten ist, so behielt doch Benjamin Franklin recht, der da sagt: „Der Ballon ist ein Kind, man weiß nicht, wie eS sich entwickeln wird. Weiter versuchte nun die Menschheit, den Ballon lenkbar zu machen. Nach mannigfachen phantastischen Versuchen und erst als die Wirkung der Luftschraube erkannt und der leichte Benzinmotor ersun- den war, gelang die Lösung des Problems. Wir haben jetzt Luftschiffe starren, Halbstarren und unstarren Systems. 2. Die Flugmaschinen dagegen ahmen das Beispiel des Vogels nach, sie sind schwerer als die Luft, heben sich also durch einen Kraftaufwand. Sie entwickelten sich vom Gleitflieger bis zum modernen Drachenflieger. Je denfalls gilt: DaS Problem ist ziemlich gelöst; wir dür- fen nicht lächeln über die plumpen Versuche und primi tiven Apparate älterer Erfinder, daS lag an ihrer Zeit, die sie nicht unterstützte. Freuen wir uns unserer Zeit, der Männer, die die Flugkunst vervollkommnen, freuen wir