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Diebolder: Das Wachstum deutscher und ausländischer Baumschulenerzeugnisse. Seit Jahren ist der Deutsche gewöhnt, seine Waren vom Ausland kommen zu lassen. Glaubt doch nicht nur manche Hausfrau, daß ausländisches Obst billiger und schmackhafter ist, sondern auc gar mancher Gärtner ist heute noch der Ansicht, daß ausländische, namentlich holländische Ware nicht nur billiger und besser ist, sondern entsprechend der Reklame, die der Holländer zu machen imstande ist, diese Ware auch bedeutend besser wächst, so daß man noch nach Jahren seine Freude an der= selben hätte. Daß viele Baumschulenerzeugnisse in früheren Jahren, wo es auch dem deutschen Baum= schulisten noch besser ging, von Deutschland oft nach Holland oder ins andere Ausland wanderten und von da ihren Weg wieder zurück ins Vaterland kamen, soll nur nebenbei erwähnt werden. Heute versündigt sich jeder am Vaterland, der nur einen Pfennig ans Ausland abgibt, wenn dieses nicht un= bedingt nötig ist. Schon seit Jahren habe ich Versuche unternommen, inwieweit am Wachstum der Pflanzen, wie Baum und Strauch, zwischen einheimisch gezogener Ware und ausländischer, namentlich holländischer, ein Unterschied zu sehen ist. Es ist nun ohne weiteres für den Fachmann klar, daß einheimische Ware das Klima und die Bodenverhältnisse in Deutschland besser verträgt als die aus» ländische. So erhielt ich im Frühjahr eine Sendung von Holländer Ware und gleichzeitig dieselben Sorten in gleicher Anzahl von einer Fellbacher Firma. Es war dieses im Jahre 1928. Zunächst wuchsen beide gleich. Im Juni herrschte große Trockenheit, so daß trotz bester Bewässerung von der deutschen Ware nur 2 Prozent eingingen, von der holländischen aber 15 Prozent. Die übriggebliebenen Pflanzen entwickelten sich bis zum Herbst im gleichen Rahmen. Da kam ein ungemein strenger Winter, dem die holländischen zu mehr als 60 Prozent zum Opfer gefallen sind. Von der deutschen Anpflanzung haben die immergrünen Gewächse, wie Taxus und Bux, auch etwas gelitten, sich aber im folgenden Frühjahre wieder bald erholt. Die holländische Anpflanzung ist somit teuer zu stehen gekommen. Es ist daher nicht nur vaterländische Pflicht, deutsche Jungpflanzen zu kaufen und somit das Geld im Inlande zu belassen, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Oft werden auch von Hol» land Neuheiten in den Handel gebracht, die sich in unserm Klima durchaus nicht bewähren, wie nament» lieh Rosen. Jene Ware, die nun in unserem trockenen Klima aufgewachsen ist, gewährleistet auch das Anwachsen und die Weiterkultur in normalen Jahren besser als holländische Ware, welche auf Moor» boden in direktem Seeklima aufgewachsen ist. Alle zehn Meter finden wir in den holländischen Baum» schulen einen Wassergraben, während wir in den unsrigen oft tief nach Wasser graben müssen. Da schreibt mir einer der größten Baumschulenbesitzer Süddeutschlands, dessen Ware infolge ihrer Schönheit Weltruf besitzt, dieser Tage u. a.: „Die Lage der deutschen Baumschulen ist nicht beneidens» wert. Wenn man bedenkt, daß die deutschen Baumschulen durch den langanhaltenden Krieg, durch die langanhaltende Geldentwertungszeit schon so sehr gelitten haben, so ist jeder Landschaftsgärtner, Friedhof» und Stadtgärtner dringend darauf aufmerksam zu machen, daß diese nur deutsche Waren kaufen, die besser und billiger als holländische Erzeugnisse sind." Es wird nun die Ware aufgezählt, die der betreffende Baumschulenbesitzer in Menge und jeder Höhe hat. Es heißt dann weiter: „Außer dieser Überproduktion habe ich noch reichlich viel an Obstbäumen, Alleebäumen, Schlingpflanzen usw. Es ist Tatsache, daß der deutsche Baumschulist eine Menge Ware vernichten muß, wenn diese nicht abgesetzt werden kann. Dabei müssen wir zusehen, wie der reiche Hofländer Deutschland im Jahre zwei» bis dreimal bereist und wegen seiner Aufdringlichkeit immer wieder verkauft. Es ist eine weitere Tatsache, daß ein Baumschulenbetrieb nicht ohne weiteres geschlossen werden kann wie ein Fabrik» betrieb. Es wäre dieses unser Untergang." Angesichts dieser erschütternden Anklagen kann man heute noch Kaufabschlüsse in großer Anzahl mit holländischen Firmen sehen, und Tausende von Prospekten und Katalogen durchschwimmen unser deutsches Vaterland. Meistens läßt der scheinbar billige Kauf manchem die Ware leicht aufschwätzen. Kommt sie dann an, ist man nicht wenig enttäuscht, wenn man dieselbe sieht und noch die hohe Fracht und den Zoll zu bezahlen hat. Deshalb muß sich jeder Deutsche nun selbst besinnen, bevor es zu spät ist. Wie es mit den Baumschulenerzeugnissen ist, so soll es auch mit den Blumenzwiebeln sein. Kein Pfennig Geld ins Ausland muß heute die Losung sein, solange noch eine Überproduktion in unseren deutschen Gärtnereien vorhanden ist. Jener, der das nicht tut, gehört an den Pranger. Auch unsere Rhododendron und Azaleen bekommen wir bei deutschen Firmen nicht teurer aber besser als bei holländischen. Für das Ausland zu schwärmen, liegt heute kein Grund vor, noch viel weniger denn je.