10 SSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSS»» Das Veilchen, sagt Nikander in den Gevrgieis, sei „ion" genannt, weil gewisse ionische Nymphen diese Blume als erste dem Zeus zum Geschenk angeboten hätten, als er seine Herrschaft antrat. Anderseits meint Hermolaus Barbarus, es habe seinen Namen, weil einst die Erde diese Blume als Futter der zur Kuh verwandelte» „Io" hervorsprießen ließ. Verleitet durch die Aehnlichkeit der Worte, haben auch noch neuere Etymologen das Veilchen mit Unrecht in Beziehung zu dem Lande „Uouwn" gebracht. Dazu kam, daß das Blümchen in Ionien und besonders in der Umgebung Athens so zahlreich wuchs, daß die Mutter stadt griechischer Bildung und Külter von Pindar geradezu io8töxbuuo8, die veilchenbekränzte, genannt werden konnte. Nach Pindars Vorgänge nennt unser Goethe auch sein Ilm-Athen die „veilchenumkränzte" Stadt der Musen. Er trug übrigens bei seiner Vorliebe für die blaue Blume') selber sehr viel bei, sie dazu zu machen. Ueberall streute er bei seiuen Spaziergängen den Samen der Pflanze am Wege aus, „und die Erde nahm die Dichtergabe willig auf nud wob der Stadt das Veilchenkleid, sie alljährlich im Lenz zu Ehren des großen Dichters damit schmückend". Noch heute nennt der Weimarer diese an den Wegen wachsenden Blümchen stolz: Goetheveilchen. Von der allgemeinen Beliebtheit des Veilchens in Hellas zeugen auch die Dichter des klassischen Volkes und seine religiösen Bräuche. Veilchen waren es, mit denen man die Bilder der Hausgötter schmückte. Veilchen aber auch waren es, mit denen man den Grabhügel zierte, der teure Tote barg. Paul Fleming will in seinem Klaggedichte vom unschuldigen Leiden Christi selbst des Herrn Grab „bespreiten mit blauen Veiligen", und auch auf unsern Gräbern blüht das Veilchen. Die Sitte der Anpflanzung des Veilchens auf Gräbern hatte bei den Griechen ihren Ursprung darin, daß es bei ihnen wegen seiner dunklen Farbe eine der Totenblumen war, die (im Verein mit der Narzisse) der Sage nach Proserpina im Augenblicke ihrer Entführung in das „Reich der Schatten" durch Pluto in den Händen getragen. Im Schrecke des Augenblicks entfielen diese Blumen zwar ihren zitternden Händen, wurzelten sich aber in der Erde fest und wurden — eine zweite Schöpfungsgeschichte des Blümchens! — die Stammeltern aller seit jener Zeit hervorsprießenden Veilchen. In unserer Zeit ist besonders Italien und die Riviera überreich an Veilchen; Cannes und Nizza führen geradezu den Namen il xaruäi8o äelw violsttost. Auch das übrige Frankreich, besonders Hyöres, Frogus, Grasse lind Cagnes, hat der Veilchen die Fülle, ja sie sind für das Land sogar von einer gewissen politischen Bedeutung geworden. Das Veilchen ivurde zur Parteiblume der Bonapartisteu. Voilä! voilä! Is pöro Io Violetts! riefen die alten Garden dem von Elba zurückkehrenden Kriegsheros zu, und seitdem ist die kleine Blume das Abzeichen der Partei geblieben st. Auch unseres unglücklichen Kaisers ') Sein Gedicht: Das Veilchen. In Nizza und Cannes sollen jährlich 2.'»ooo Kilogramm Veilchenbliiten allein zur Her stellnng von Riechwasser (Parfüm i-verwandt werden. b) Vgl. dazu die liebliche Erzählung: Die Veilchen der Kaiserin von Clise Pollo.