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Aus der Innenarbeit der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft. 38 Aus der Innenarbeit der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft. Besichtigung der Obstanlagen des Städtischen Gutes Blankenburg bei Berlin und des Gartenbaubetriebes Spielberg ® de Coene, B e r 1 i n =B u <h h o 1 z im August 1925. Eine größere Anzahl von Mitgliedern der D. G.-G. trafen sich mit ihren Angehörigen am 23. August des vergangenen Jahres auf Veranlassung unserer Obst= und Gemüseabteilung am Bahnhof Blankenburg. Herr Gartendirektor Hempel, der Leiter der gesamten städtischen Obstanpflan zungen von Groß-Berlin zeigte uns dort manches Sehenswerte. Zuerst ging's durch eine Pflanzung von reichtragenden Pflaumenbäumen. Ganz besonders mundeten uns die Sorten Bunter Perdrigon und Italiener-Zwetsche. Der bekannte Formobstgarten war wie immer in bester Kultur. Die Äpfel- und Birnenpyramiden=Q.uartiere, ursprünglich zu eng gepflanzt, wie fast überall, sind durch Herausnehmen einzelner Reihen jetzt zum größten Teil in gute Abstände von einander gebracht. Gartendirektor Hempel hat dabei 15 —zo jährige Obstpyramiden mit so großem Erfolg verpflanzt, daß davon 970/0 auf ihrem neuen Standort weiter gewachsen sind. Ebenso wie bei den Obstpyramiden hatten die Spalierwände der Birnen auch dort, wie fast überall, in diesem Jahr wenige Früchte angesetzt. Interessant ist dort auch die Weiden-Versuchskultur, in der 120 Sorten Weiden auf sehr schlechtem, naßkaltem, nicht drainiertem Boden angepflanzt worden sind. Besonders fiel uns dort die »Freiburger Hanfweide« auf, die in zweijähriger Kultur 3 m lange, astlose Jahrestriebe gebracht hatte. Der Vorsitzende unserer Obst- und Gemüseabteilung, Herr Paul Kaiser, ist bekanntlich zugleich auch der verdienstvolle Vorkämpfer für deutschen Nutzweidenbau. Er wies auch bei dieser Gelegenheit mit Recht darauf hin, daß wir in Deutschland noch viel mehr Nutzweidenkultur treiben müssen, anstatt alljährlich noch viele Weiden aus dem Auslande zu kaufen. Dann zeigte uns Herr Gartendirektor Hempel die dortigen großen, vorbildlich eingerichteten Obst lager und Verkaufsräume. Rund 280000 Obstbäume auf den verschiedenen städtischen Obstanpflanzungen Berlins unterstehen der Obhut des Herrn Gartendirektor Hempel. Die städtische Verkaufsstelle in Blankenburg verkaufte im letzten Jahr allein 6000 Ztr. Äpfel. Die Großstadtbewohner haben dort Ge legenheit, gut sortiertes Obst direkt vom Erzeuger in vorzüglicher Beschaffenheit und preiswert zu er halten. Sämtliche Teilnehmer waren von dem Gesehenen höchst befriedigt und dankten dem liebens würdigen Führer, Herrn Gartendirektor Hempel, herzlichst. Die Gärtnerei Spielberg @ de Coene, deren alleiniger Inhaber unser altbewährtes Präsidialmitglied, Herr Viktor de Coene ist, erregte das ganz besondere Interesse der Besucher, weil, ganz abweichend von sonstigen Gartenbaubetrieben, dort als besondere Spezialität die Kultur der Weinreben und Feigen in Töpfen ihre Stätte findet. Herr de Coene und sein Schwiegervater, unser verdienstvolles Ehrenmitglied Herr Mehl gaben uns interessante Angaben über diese in Deutsch land selten vorhandenen Kulturen. In Nord- und Mitteldeutschland sollte man viel mehr als bisher Weintrauben unter Glas ziehen und auch Feigen dabei. Es gibt in den Privatgärten und auf Gütern noch so viel bisher unbenutzte Südwände, die man mit den allereinfachsten und nicht kostspieligen Einrichtungen als Talutmauern oder durch Anbringung einfachster Glaswände zu sogenannten »kalten« Weinhäusern, ohne all zu große Kosten ausbauen könnte. Weitere Betriebskosten sind dann damit fast gar nicht verbunden. Und dieser einfache Weinbau unter Glas bringt seinem Besitzer so viel Freude. Herr de Coene stellt sich nun als Aufgabe, für Freiland und Glaskultur in Mittel- und Norddeutsch land geeignete Rebensorten und Feigensorten in bester Weise zu kultivieren und für diese Zwecke vorzubereiten. Sämtliche Reben, auch die Freilandsorten, werden dort in Töpfen kultiviert, damit sie auf jeden Fall gut weiter wachsen. Es werden von Herrn de Coene an Wein zo der besten Gewächs haussorten und zo der besten Freilandsorten kultiviert. 60 Stöcke Mutterpflanzen der zo Gewächshaus sorten sind in einem 30 m langen und beinahe 6 m breiten Gewächshaus ausgepflanzt und hingen bei unserem Besuch, voll der köstlichsten Trauben. Aus diesem Gewächshaus wurden im Jahre 1925 iz Ztr. Weintrauben verkauft. Eine reizende, zugleich eßbare »Tafeldekoration« bilden die in Töpfen gezogenen Weinstöcke. Als dreijährige Weinreben waren diese Topfpflanzen ebenfalls mit prachtvollen Trauben behangen. Für die Topfkultur verwendet Herr de Coene besonders die Sorten: Black Hamburgh (syn. Frankenthaler und blauer Trollinger), blau, frühreif,- Black Alicante, blau, spätreifend,- Bucklands Sweetwater, grünweiß, früh,- Cadarka, grüngelb, mittelfrüh,- Foster's white Seedling, grünweiß, sehr früh, Gros Colman, blau, spät. Von Feigen waren dort große Mengen in Töpfen kultiviert zu sehen in 14 verschiedenen Sorten. Besonders empfehlenswert sind die Sorten: Black Ischias, Brown Turki, Bourjasotte noir, Dalmatiner, Japanische, Frühe von Argenteuil, Osborn prolific. Außerdem sahen wir auch umfangreiche Freilandkulturen von Tomaten dort. Besonders war es die bekannte Sorte Tuckswood mit ihren Abarten. Nach dieser höchst interessanten Besichtigung ließen es Herr de Coene und seine liebenswürdige Gattin sich nicht nehmen, uns durch Speise und Trank und gute Zigarren reichlich zu erquicken. Dann schieden wir mit herzlichem Händedruck, erfreut über das Gesehene, und mit herzlichem Dank für die freundliche Aufnahme, die wir dort gefunden. Ludwig Lesser.