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Die Politik der Sammlung aller produktiven Stände, die der Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums, Dr. v. Miquel, im Juli in Solingen angekündigt hatte, ist in verheißungsvoller Weise eingeleitet worden. In der im Reichsamt des Innern zur Vorbereitung der Handelsverträge abgehaltenen Konferenz ha ben sich die drei großen Erwerbsgruppen: Land- wirthschaft, Industrie und Handel entschlossen, möglichst einig vorzugehen. Nebensächliches und alles das, was einen trennenden Einfluß ausüben könnte, soll im Interesse unserer wirthschaftlichen Zukunft beiseite gelassen werden. Es soll die Thatsache in die Praxis übersetzt werden, daß die Interessen der drei großen Erwerbsgruppen im wesentlichen dieselben sind. Ein solches Zusammenarbeiten von Landwirth- schaft, Industrie und Handel gewinnt angesichts der nächsten Reichstagswahlen eine besondere Be deutung. Die produktiven Stände können sich, wenn sie sich verständigen, endlich den Einfluß auf die Gesetzgebung verschaffen, der ihnen ge bührt. Wegen ihrer Uneinigkeit hat es ihnen bisher daran gefehlt. In den Parlamenten füh ren viele das große Wort, die an der nationalen Arbeit nicht betheiligt sind. Den Ausschlag geben vielfach nicht die Bedürfnisse des praktischen Le bens, sondern Fraktionsinteressen. Daß diese Zu stände nicht das allgemeine Wohl fördern, davon hat die Geschichte unseres Reichstages manches Beispiel aufzuweisen. Ein Wahlbündniß zwischen Landwirthschaft, Industrie und Handel würde hier Wandel schaffen. Grundsätzlich erscheint es bereits jetzt als gesichert, nachdem von ihren Vertretern der ernste Wille bekundet ist, über Meinungsver schiedenheiten hinwegzusehen und das Gemein same, Verbindende in den Vordergrund zu stellen. Der Berührungspunkte giebt es wahrlich ge nug. Die Industrie wünscht vor allem die Er haltung des Weltfriedens und eine normal fort schreitende Entwicklung des nationalen Lebens. Auch Landwirthschaft und Handel können in Kriegszeiten und bei Störungen in der innern Politik nichts gewinnen, wohl aber viel verlieren. Industrie und Landwirthschaft vertreten haupt sächlich die nationale Produktion; der Handel ist nothwendig als Vermittler zwischen Produzenten und Konsumenten. Alle drei sind deshalb An hänger und natürliche Vorkämpfer einer wahrhaft nationalen Politik. Die Bestrebungen ihrer Gegner dagegen sind nicht den nationalen Daseinsbedingungen ange- paßt. Man gebe ihnen die Bahn bei den künf tigen Wahlen frei, und man wird es erleben, was für Rückwirkungen ein weiteres Hinabgleiten unserer Verfassungszustände auf der schiefen Ebene zu einer Parlamentsherrschaft ausüben muß, die dem maßgebenden Einflüsse einer weder monarchischen noch reichsfreundljchen Reichstags mehrheit gehorcht. Daß der Friede nach innen so wenig wie der Friede nach außen dabei ge winnen können, liegt in der Natur der Sache. Zum Schutze dieser unschätzbaren Güter sind nicht diejenigen Parteien berufen, deren Schwer punkt außerhalb der Grenzen des nationalen Gedankens liegt. Hier müssen vielmehr jene Volkskreise heran, welche mit allen Fasern ihres Lebens im Boden des Vaterlandes wurzeln und welche wissen, daß sie ihr eigenes Interesse wahr nehmen, indem sie die Interessen vom Kaiser und Reich fördern. Wir begrüßen das Zusammen gehen der produzierenden Stände in der Hoff nung, daß bei den nächsten Wahlen jeder mit allen Kräften dafür sorge, daß eine national gesinnte Mehrheit ihren Einzug in den Reichs tag halte. Rundschau. Berlin. 30. Sept. Der Kaiser trifft am 5. Oktober Vormittags, von Rominten bezw. Danzig kommend, in Eberswalde ein und be- giebt sich sofort nach Jagdschloß Hubertusstock, wo er bis 15. Oktober zu bleiben gedenkt. Zur Reise des Kaisers nach Jerusalem wird dem „Hamb. Korr." entgegen der „Franks. Ztg." aus Berlin mitgetheilt, daß die Kaiserin an der Reise nicht Theil nehmen werde. Berlin, 30. Septbr. Zu den Meldungen über die Frage der Staffelung der Brausteuer ist die „Post" in der Lage, mitzutheilen, daß in Preußen hierauf bezügliche Umfragen nicht statt gefunden haben. Das genannte Blatt meldet auch noch aus bester Quelle, daß anläßlich der Durchführung der Marinepläne eine Steuerer höhung überhaupt nicht beabsichtigt sei. Berlin. In einem Erlaß des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten vom 26. September wird den Königlichen Eisenbahndirektionen und den Vorständen der Eisenbahnbetriebs- und Maschinen inspektionen die strengste Beobachtung der Vor schriften über die tägliche Dienstdauer des Ve- triebspersonals wiederholt eingeschärft. Gleich zeitig wird, wie die „Berl. Corresp." meldet, Bestimmung getroffen über die Beseitigung der Abweichungen von diesen Vorschriften, sowie über die Bereithaltung einer ausreichenden Anzahl von solchen Aushilfskräften, welche den Befähi gungsvorschriften voll entsprechen, und über die Grenzen einer zeitweiligen Heranziehung von Personal aus anderen Dienststellen. * Wie der „Post" von unterrichteter Seite gemeldet wird, liegt es in der Absicht der König lichen Staatsregierung, an allen in Frage kommenden Orten, an denen sich aus dienstlichen oder sonstigen Gründen ein Vedürfniß dafür er geben sollte, für die Beamten größerer staatlicher Betriebe eigene Wohnhäuser zu errichten. Ins besondere wird die Erbauung solcher Wohnhäuser seitens der Eisenbahnverwaltung angestrebt und zwar hauptsächlich für die größeren Stationen. — Nach dem von Herrn Pastor v. Hartung- Leipzig erstatteten Jahresbericht bei der am Mittwoch in Berlin eröffneten 50. Hauptver sammlung des Gustav Adolf-Vereins ist die Zahl der Zweigvereine von 1849 auf 1862, die Zahl der Frauenvereine von 538 auf 549, die Ge- sammteinnahme von 2 056193 auf 2198104 Mark gestiegen. Die Gesammtsumme der Ver wendungen betrug 1254 998 Mk., 32 Kirchen, Bethäuser und Kapellen sind geweiht worden, 79 Gemeinden traten neu in Pflege, 63 schieden aus der Pflege des Vereins. Die Gesammtzahl der unterstützten Gemeinden betrug 1870. Seit Begründung des Vereins sind überhaupt unter stützt worden 4457 Gemeinden mit 31826 945 Mark. Kirch-, Bethaus- und Thurmbauten wur den 1805, Schulhausbauten 813, Pfarrhausbau ten 753 ausgeführt. — Das „Dresd. Journal" ist gegenüber der Meldung, daß die Einführung von Staffelsätzen für die Brausteuer und eine Erhöhung der jetzi gen Vrausteuersätze geplant sei, zu der Erklärung ermächtigt, daß in dortigen maßgebenden Krei sen von einer solchen Absicht nicht das mindeste bekannt ist. Ein durchaus irriger Weise in die sem Sinne gedeuteter Erlaß der Dresdner Zoll- und Steuerdirektion an die ihr untergeordneten Hauptzoll- und Hauptsteuerämter hat lediglich den Zweck verfolgt, Unterlagen für die Beurthei- lung zahlreicher noch unerledigter an den Reichs tag gerichteter Petitionen von Brauereibesitzern zu gewinnen, von denen der eine Theil die Ein führung von Staffelsätzen lebhaft befürwortet, der andere eine solche Maßregel heftig bekämpft, während beide Theile vermeintliche Wirkungen der bayerischen Staffelsätze als Beweismaterial für ihre Ansichten zu verwerthen suchen. Zu der bereits dementirten Nachricht, be treffend die Verdreifachung der Brausteuer, schrei ben die in Finanzangelegenheiten meist aus amt lichen Quellen informirten „Berl. Pol. Nachr." Folgendes: „Man wird gut thun, solchen Be hauptungen das äußerste Mißtrauen entgegenzu setzen. Die Biersteuer hat einschließlich der Ueber- gangsabgabe im Iahre 1896/97 28 Millionen erbracht. Eine Verdreifachung der Steuer würde, da bei der demgegenüber geringen Preiserhöhung schwerlich eine bemerkbare Verminderung des Con sums zu erwarten ist, einen Mehrertrag von 55 Millionen Mark erbringen. Zu dieser Summe würden die Averse der nicht zur Brausteuerge meinschaft gehörenden Staaten mit 16 bis 17 Millionen treten. Die Verdreifachung der Brau steuer würde daher eine dauernde Mehreinnahme von etwa 72 Millionen Mark zur Folge haben, und zwar eine Mehreinnahme von stark steigen der Tendenz.' In den sieben Jahren von 1890 bis 1891 ist der Reinertrag der Brausteuer von rund 25 Millionen auf über 28 Millionen Mk., also um 12 pCt. gestiegen. Nach Ablauf der sie ben Jahre, welche für die Durchführung der noth wendigen Schiffsneubauten in Aussicht genommen sind, würde man daher mit einer Mehreinnahme von über 80 Millionen Mark zu rechnen haben. Wie hoch der dauernde Mehrbedarf des Marine- Etats in Folge der geplanten Schiffsbauten sein würde, erhellt noch nicht mit Sicherheit. Aber selbst die am meisten schwarz in schwarz malenden Gegner der Marineforderungen rechnen nur mit einer Erhöhung des Marinebudgets um 15—20 Millionen Mark bis zum Schlüsse der sieben jährigen Periode. Die Mehreinnahme würde daher das 4—5fache des Höchstbetrages der dauernden Mehrausgabe ausmachen." Hamburg, 30. Sept. Zweihundert Mit glieder des hier tagenden 10. evangelischen Schul- congresses unternahmen heute einen Huldigungs ausflug nach Friedrichsruh. Ein offizieller Em pfang im Schlosse fand nicht statt, dagegen hat ten die Mitglieder Gelegenheit, den Fürsten Bis marck bei seiner nachmittäglichen Ausfahrt am Garthenthor begrüßen zu können. Der Fürst, neben welchem Professor Schweninger saß, dankte herzlich für die ihm dargebrachten Ovationen. Budapest, 30. Septbr. Zu den gestrigen Trinksprüchen des Königs Franz Josef und des Königs von Rumänien schreibt der „Pester Lloyd": Rumänien sei heute nicht Mitglied des Dreibundes; allein wenn König Franz Josef in so bestimmter Weise ausspreche, daß auch Rumänien zu einem Elemente der europäischen Ordnung und des europäischen Friedens gewor den ist, sei es keine allzukühne Voraussetzung, daß auch Rumänien dem Dreibunde keineswegs gleichgiltig gegenüberstehe. — „Nemzet" führt aus: Die Trinksprüche besiegeln das durch jahre lange, andauernde schwere Arbeit zu Stande ge brachte herzliche Einvernehmen zwischen Öster reich-Ungarn und Rumänien. Mehr als dies konnte Niemand erwarten. Nach diesen Worten kann Niemand mehr zweifeln, welche Orientpo litik auf die Unterstützung Rumäniens rechnen könne. Paris. Der „Gaulois" läßt sich von an geblich diplomatischer Seite Folgendes berichten: An dem Tage, da Kaiser Wilhelm in London den Sieg seiner Kaiseryacht „Meteor" feierte, am 2. August 1893, meldete ihm der Botschafter Graf Hatzfeldt, daß die englisch-französische Diffe renz bezüglich Siams in ein akutes Stadium ge treten sei, infolge Mobilisirung der englischen