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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 02.07.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191607020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19160702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19160702
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-07
- Tag 1916-07-02
-
Monat
1916-07
-
Jahr
1916
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 02.07.1916
- Autor
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wurzelung lohnen die Arbeit nicht, weil sie wochenlang braruhen, bis sie anwachfen. *— Erhöhte P o st g e b ii h r e n — neue Briefmarken. Die Erhöhung der Post« und Telegraphengebühre» tritt erst vom 1. August ab in Kraft, und zwar kosten von diesem Zeitpunkt ab Postkarten 7)4 Pf., Briefe im Ortsverkehr 7)4 Pf- und Briefe noch auswätzrts 15 Pf. Infolgedessen gelan gen folgende neue Briefmarken zur Ausgabe: Freimarken zu 2)4 Pf., 7)4 Pf. und 15 Pf. Postkarten zu 7)4 Pf-, Postkarten mit Ant wortkarte zu 15 Pf. und Freimarkenheftchen mit 30 Freimarken zu 2)4 Pfg (Verkaufs- preis 75 Pf.). Diese neuen Wertzeichen wer den vom 28. Juli ab bei den Postanstalten verkauft. Die alten Wertzeichen können vom Publikim, weiter verwendet werden. Postkarten sind also noch init einer Marke zu 2)4 Pf- zu bekleben. Zu dieser Erleichterung sollen die neuen Freimarkenheftchen dienen. Freimarken- Heftchen mit Marken zu 7)4 Pf- und 15 Pf werden erst später nach Aufbrauch der jetzigen Heftchen mit 5 und 10 Pf.-Marken zu 2 Mk. l-ergeftellt werden, lieber die Höhe des soge nannten Strafportos siir unzureichend frankierte Miefe mrd Postkarten hat die Postverwaktung eine Entscheidung noch nicht getroffen. — Die übrigen vom Reichstag beschlossenen Erhöhun gen der Gebühren für Pakete und Telegram me, sowie der Fernsprechgebühren treten eben falls evt an 1. August in .Kraft. * — (K. M.) Keine unnötig e n Liebesgaben ins Feld senden! Verpflegung und Ausrüstung dss Feldheeres sind reichlich und gut. Anderseits müssen die beimischen Vorräte zweckentsprechend und spar sam verwendet werden. Dem widerspricht, wenn, als freiwillige Gaben, sei e? in Privat paketen oder als Spende für die Allgemein' eit, den Truppen in groster Menge Lebensmittel, Biekleidungsstiicke usw. zugeführt werden, die zwar von den einzelne» Soldaten als ange nehme Zugabe mit Freuden angenommen wer den, aber nicht unbedingt notwendig sind. Dringend erforderlich ist, daß auch mit Liebes gaben für das Feldheer gespart lind voll al len Liebesgabensammlungen, Sendungen usw. abgesehen wird, die nur den Zweck haben, be stimmten, dem Spender nalestel enden Trup penteilen oder Personen Zeichen treuen Ge denkens zn geben. Da die Heeresverwaltung schon selbst jeden Soldaten mit allen erforder lichen Wollfachen ausstÄftt, mich in Zuksinft zur Schonung der Ho^wffe, insbesondere auch auf die Zuführung wn Wollsachen im Wege derLieftggo untätig, eil grundsätzlich vcrzichtetwer den. Soweit jedoch noch Wollsachen als Lie besgaben in Ausnahmefällen und in Gestalt bestimmter Stücke erwünscht sein sollten, wer- Her Tag der Abrechnung. Roman von A. v. T r y st e d t. 11. Fortsetzung tNachdruck verboten). „Gib mir einen Kutz, Lieb, und hab' dich nicht lo seltsam! Die paar Scheine können dir meine Liebe noch nicht beweisen. Das Leben wird ganz andere Prüfungen senden, dir so wohl wie mir. Wir werden sie, davon bin ich überzeugt, beide glänzend bestehen, daun aber erst bewiesen haben, das; wir des Glückes, welches der Himmel uns schenkt, würdig sind." Zu jeder anderen Zeit würde dieser selt same Kauf Trinöve doch befremdet, auch wohl die Bitte, dergleichen nickt wieder ohne sein Wissen zn tun, im Gefolge gehabt haben. Aber es lfaftete Lona in dieseir Tagen et was so rührend Hilfloses an, was den Mann mit stiller Besorgnis erfüllle. Er hielt sein Weib für leidender, als sie sei'st es sich eingestehen mochte. Dazu kam das unbeding te Sicherheitsgefühl, das) weder in seiner eige nen noch in Lonas Vergangenheit sich ehren rührige Tinge abgespielt hatten, über die man fort und fort noch in der Erinnerung erröten muhte. Dieses Bewußtsein erfüllte den stolzen Mait» mit einer unbändigen Genuglrmng, machte ihn nachsichtig und freigebiger, als er es sonst zu sein pflegte. Lona unlkrampftc die Scheine mit ihrer Hand, als fürchte sie, dieselben könnten ihr wieder entrissen werden. „Ihre Waffe" nannte sie heimlich da-s Geld, „die Macht", mit welcher sie ihren Herzensfrie den, ihr Mück, das in Scherben zu zerschellen drohte, zurückerobern, von neuem festigen wollte. Sie hob das Gesichtchen, durch ihres Man nes gütige Worte zu neuem Mut beseelt, »«he daran, ihm rückhaltlos zu gestehen, was sie so schwer bedrückte, nnd was sie ohne seine Hilfe ja doch nicht überwinden konnte. Nock) einmal war die Gelegenheit dazu ge geben, ihr Gatte in weicher, opsermütiger Stimmung, auch noch nicht zu spät, einen geldgierigen Gesellen in seine Schranken zu weisen, ihm das Wiederkommen ein für alle mal zu verleiden. Schon drängte sich das erste, erlösende Wort über ihre Lippen, da sagte Trinöve: „Was nützt den Hochfels ihr Adel und ihr Adelsstolz, in der Stille werden sie das De müttigende, einen Die in der Familie zu ha ben, bitter genug empfinde». Nu» la»» ich mir auch das gedrückte Wese» des Herr» vo» Wellnitz erkläre». Er wagt nicht, die Augen klar nnd stolz zu bebe», in dem drückeirden Bewusstsein, das; sein Vater das Vertraue» seiner Vorgesetzte» täuschte und dann Selbst mord verübte. Ich möchte mit einem solchen Makel auf meinem Dasein überhaupt nicht eristterem Lieber eine Kugel! Blos, nicht das zermürbende Bewusstsein mit sich bcrumschlep- den von der Heeresverwaltung besondere Mit. teiluugen an die zur Sammlung berufene Stelle, den Kriegsausschutz für warme Unter kleidung in Berlin (in Sachfen Kriegsausschutz für Truppenbedürfnisse im Königreich Sachsen) ergehen. Die Heeresverwaltung bittet daher, alle Liebesgaben und auch Geldspenden zur Be schaffung von Liebesgaben Ausnahmslos den staatlichen Abnahmestellen freiwilliger Galen am Sitze der stellvertretenden Generalkomman dos, deren Verzeichnis in jedem Postamt tauS- hängt, zuzuführen. Don hier werden die Spenden nach den Weisungen,, des Kriegsmi nisteriums den einzelnen Armeen zugeleitet, wobei berücksichtigt wird, dah die Gaben nach Möglichkeit an besonders bedürftig« Truppen teile der aus dem betreffenden Kovpsbezivk stam menden Armeekorps oder Reservekorps getan- gen. Auch die Lazarette des Operations- und Etappengebietes sollen mit Spenden bedacht werden. * — Billige Kirschen. Wie man chs Genreinden für die Bürger sorgen, bewei sen die Anordnungen vieler Städte. So ist den Käufern des städtischen Kirschanhanges zu Sangerhausen die Bedingung auserlegt wor. den, in den nächsten drei Wochen an jedem Mittwoch und Sonnabend je zehn Zentner Kirschen zum Verkauf an die Einwohner zur Verfügung zu stellen. Ler Preis für 1 Pfd. Sützkirschen darf 20 Pst, für 1 Pfd. Sauer- kirschen 25 Pf. nicht übersteigen. In Mühl hausen i. Thür dürfe» die Pächter des städti sche» Kirschanhanges die Kirschen nur in der Stadt und nicht teurer als das Pfund zu 25 Pf. verkaufen. * Meerane, 30. Juni. Die erste reife Gerste wurde vorgestern auf einem unmittelbar an der Stabt gelegenen Felde geschnitten. * Zwicka», 30. Juni. Der 62jährige Gerichts- Vollzieher Dreßler vom Amtsgericht Crimmitschau wurde heute vom Schwurgericht wegen Unter schlagung amtlicher Gelder, deren Höhe sich nicht mehr genau feststrllen ließ, die sich aber nach An gaben des Angeklagten auf etwa 13000 M. be ziffern sollen, sowie wegen schwerer Urkunden fälschung und wegen falscher Beurkundung zu 1 Jahr 1 Monat Gefängnis verurteilt. Dreßler hatte fortgesetzt mit Zahlunotzfchwierigkeiten zu kämpfen und benutzte Lie veruntreuten Gelder immer wixder, um alte Unterschlagungen zuzu- «ecken. * Wies«, 30. Juni. Als eine in den 30er Jahren stehende Frau aus Chemnitz, die bet ihrer Mutter hier zu Besuch weilte, die Heimreise wie der antreten wollte, wurde sie plötzlich von Un wohlsein befallen. Die Frau wurde in ein nahe liegende« Gehöft gebracht, wo sie nach wenigen Augenblicken starb. * Leipzig, 30. Juni. In der Küche einer pcii, „wemi dieser oder je»er wüsste, was du zu verberge» l)ast", nur nicht fürchten müssen, datz jede Stunde Staub auswirbeln kann, der auf uns haften bleibt, so datz jeder gute Be- lannte sich beflissen fühlt, mit der moralischen Beileidsbürste bereitzustel e». Das mutz die Höll« sein!" Lona harte den Mick wieder gesenkt, ihren Kummer in einer 'Hcrzenssalte versteckt, wie der Mörder ein blutgetränltcs Bündel, das er gelegentlich zu reinigen oder aus der Welt zu schafft» gedenkt. „Die Hochfelds find gute, hochherzige Men- scheu," sagte sie, es empörte sich etwas in ihr gegen den bewußten Stolz ihres Mannes, er kam ihr hochmütig und überhebend oor, „und wenn ein Familienglied sich vor Jahrzehnte» etwas zuschulden kommen ließ, so wird gewiß keiner so unvernünftig sein, darum de» jetzigen Majoratsherr» auch nur um eine Linie weni ger zu schätzen." „Da keimst du a'er die Leute schlecht, Kind," äußerte Trinöve, sich eine Zigarre an zündend und langsam das Zimmer durchmes send, „ein Loblied wird so leicht keinem ge sungen, im Gegenteil, man ist stets bereit, je der gute» Tat ei» entstellendes Motiv unterzu schieben. Tas Raunen und Tuscheln über jene der Vergangenheit angehörende Affäre nimmt kein Ende, wie ich aus den Bemerkungen mei ner Bekannte» e»t»ehme, man geht mit Per- mutungen aber »och viel weiter. Ter jetzige Majorattzherr soll »och besondere Ursache ha ben, Herrn von Wellnitz an seine Familie zu fesseln, daher die seltsame Verlobung zwischen dem unbemittelten und unbedeutenden Ingenieur und der Baronesse." „Wie kommt es, daß du früher nichts von diesen Tinge» gehört last?" fragte Lona fast schroff. Tri»övk strich langsam die Asche vo» seiner Zigarre. Das kommt wohl daher, weil meine Braut im Hause des Barons lebte. Ta hat man sich vor mir in acht genommen. Neuerdings gilt das ausfallend gedrückte Wesen des jun gen Herr» wn Wellnitz Aulaß zu allerhand Vermutungen und Bemerkungen. Er läßt sich auch geschäftlich dies und jenes zuschulden komme». Wo die Wahrheit aufhört und die Verlcirmdlmg in diesem Falle beginnt, das entziehst sich ganz meiner Beurteilung. Jeden falls hast du von neuem den Beweis, daß alte Geschichten nicht totgeschwiegen, sondern mit Vorliebe wieder ans Tageslicht gezogen werden." „Aber das ist ja abscheulich, unerhört!" rief Lona »erbittert, sie wußte genau, was Well nitz mißmutig machte, cs war die Ablehnung seiner Preisarbeil. Er selbst al er l)atte sie gebeten, über diese Sache mit Trinöve nicht zu sprechen, der ja sein Vorgesetzter war. Ihr war also die Zunge gebunden. „Ich glaube von all dem kein einziges Wort'', äußerte sie, „Wellnitz wurde im Hause hiesigen Herrschaft wurde am Mittwoch in den frühen Morgenstunden ein 16 Jahre alle« Dienst- Mädchen tot ausaefunden. Wahrscheinlich chatte daS Mädchen bei einem Schwächeanfall den Schlauch der Gasleitung abgerissen und daS aus- strömende GaS hatte sich an einer Flamme ent- zündet, wodurch eine Explosion entstand, der daS Mädchen zum Opfer fiel. * LiedertwoUwitz, 30. Junk. Tine freudige Ueberraschung erlebte dieser Tage die in wenig günstigen Verhältnissen lebende Frau F., deren Sohn bei der Kaiserlichen Marine dient und in der Seeschlacht am Skagerrak schwer verwundet worden ist. Beim Besuche de« Lazarette« in Wilhelmshaven, wo F. liegt, hatte die Kaiserin sich für ihn besonders interessiert, und ihn nach seinen Angehörigen besragt. Jetzt ist nun von der Kaiserlichen Kabinettsverwaltung ein grö ßerer Geldbetrag für Frau F eingetroffen, der ihr mit der Mitteilung überreicht werden konnte, daß die Kaiserin ihren Sohn gesprochen habe. * TsSWtg, 30. Juni. Die hiesige Automo bilfabrik C. Nake hat die Absicht, für ihr Per- sonal Lebensmittel zu kaufen, weshalb sie hierauf bezügliche Anzeigen erlassen hat. Au« den An geboten, die der Fabrik gemacht worden sind, geht hervor, daß noch ganz bedeutende Posten von Lebensmitteln bei den Händlern ausge- speichert sind. Der Firma wurden unter anderem angeboten: einige Waggon« Schmalz, 200 Zentner geräucherte Fletschwulst, 8000 und 15 000 Kilogr. Sülze, 5000 Dosen Leberwurst, 2500 Kilogr. reine« Schweinefett, 2500 Kilogr. Speck, 10000 Kilogr. Schinken, 50 OM Kilogr. Grützblutwurst usw. Außerdem wurden der Firma noch zahlreiche kleinere Posten ausländi scher Fleischwaren angeboten. * Treue», 30. Juni. Tin schwerer Unglück«, fall ereignete sich im Hofe de« Konsumvereins- grundstück« in der Bahnhofstraße. Man war dort mit Ausladen eine« Fasse« mit 10 Zentner Sirup beschäftigt. Dem dabei mit behilflich ge- wesenen 63 Jahre alten Buchhalter Arthur Rich ter ist durch da« in« Rollen geratene Faß da« linke Bein unterhalb de« Knie« zerschmettert worden, sodaß er nach dem Stadckrankenhause Plauen gebracht werden mußte. — Bei der gestrigen Ersatzwahl zur Zweiten Ständekammer im 22 städtischen Wahlkreis wurde an Stelle des ver storbenen StadtrateS Merkel, Mylau, Kommer zienrat Otto Zimmermann, Netzschkau (natl.) ge wählt. Ein Gegenkandidat war nicht aufgestellt. * OelSuitz t. v, 30. Juni. Infolge eines schweren Nervenleidens, von dem er in einem thüringischen Sanatorium vergebens Heilung ge sucht hatte, beging Kommerzienrat Korsettfabrik besitzer Friedrich Okcar Steeg hier Selbstmord. Der Verstorbene stand im 58. Lebensjahre und genoß infolge seines Wohltätigkeitssinne« in den weitesten Kreisen große« Ansehen. des Bärons erzogen, alle Erimiermigen aus seiner Kindheit, den glücklichen Jugendjahren, verknüpfe» ihn mit 'Edith. Er liebt sie zärt lich und schwärmerisch. Ter Baron halte seit Jahr nnd Tag beobachtet, wie es um das Herz seines Pflegesohnes bestellt war; in fei ner großen Güte ermutigte er Wellnitz, um Edith zu werben. Bestimmend war dabei der Wunscki, sein einzigles Kind glücklich zu wissen. Von den modernen jungen Männern HM der Baron nicht viel. Wellnitz ist ein Ehrenmann, so schlicht und gediegen wie du, Bernd; ist es nicht sehr natürlich, daß Baron Hochfeld ihm Edith zur Frau gibt?" Trinöve schüttelte den Kops. „Je mehr ich mir Hochfelds Wesen vergegenwärtige, um so mehr komme ich zu der Überzeugung, daß ein schwerer Truck auf ihm lastet Nicht die Schuld des Bruders, londern eigene Schuld. Der Baron leidet Gewissensftualen, das verraten die tiefliegenden, umschatteten Augen, die bö sen, entstellende» Falten Mn seinen Mund. Solche Zeichen meißelt fremde Schuld nicht, er scl st hat kein gutes Gewissen." Lona schaute sinnend vor sich hin, lang sam umwöllte sich ihre weiße Stirn: „Solch ei» heimlicher, scharfer Beobachter bist du?" „Es liegt mir im Blut. Eine besondere A.sicht ist nicht da'ei. Es kommt wohl daher, daß ich früh auf mich selbst angewiesen war. Aber so leicht täuscht mich keiner. Nein in stinktiv wittert «nein Feingefühl an anderen Konflikte, Verteilung und dahinter vorborgcne Abgründe." „Demnach unterziehst du jeden einzelnen ge wissermaßen einer Taxe! Da würde dir sicher so mancher aus dem Wege gehen, wenn er darum wüßte!" entgegnete Lona gereizt. Trinöve legte seine Zigarre fort und zog seine junge Frau neben sich aulfs Sofa- „Wie man sich bettet, so schläft man. Wenn der Herr Bäron in seiner Jugend etwas getan, Ivas sich mit unseren Ehrbegriffen nicht vcrein- .'aren läßt, muß er es sich auch gefallen laßen, daß die öffentliche Meinung ihm das Urteil spricht. Um so mehr wollen wir uns freuen, Kind, daß wir nichts, absolut nichts vor der Welt zu verbergen haben." Lona wand sich aus seine» Armen. Ihr Atem ging schwer. „Eine solche Bornievtheit!" stieß sie zwischen den Zähnen hervor. Erschreckt, nicht wissend, was er von einem solchen Verhalten denken sollte, ging Trinöve ibr nach, zog ihren kleinen geliebten Kopf an sich. „Du bist nervös, mein Kleines! Ich brü ste mich dock) nicht vor Fremden, sondern spre che im Vertrauen zu meiner' Frau, von der ich erwarten durfte, daß sie meinen Stolz teilt und mich versteht. Warum soll ich leugnen, daß ich ehrgeizig bin? Habe ich es doch nur meinem Ehrgeiz zu danken, daß ich eine so hervorragende Stellung' einnehmc, meinem Skolz, der mich zwingt, Hochgestellten mit Ueberlcgenheit zn begegnen." * Elsterberg i. v., 30. Juni. Ein verheeren - de« Schadenfeuer entstand gestern nachmittag in einer Scheune de« Rittergute« Thürnhof und breitete sich schnell über sämtliche WirtschaftSge- bäude auS. DaS Vieh konnte zum größten Teile gerettet werden, die Gebäude sind aber bis auf daS schwerbedrohte Herrenhaus ringe- äschert worden. Die Feuerwehren von zehn Nachbarorten waren noch am Abend an der Brandstätte tätig. * Plaaen, 30. Juni. Bon einem plötzlichen Tode ereilt wurde während einer Verhandlung im Saale des Landgericht« in Greiz der hier wohnende 52 Jahre alte Agent Ernst Albin Dietz. Der Mann wurde, während er al« Zeuge vernommen werden sollte, vom Schlage getroffen und fiel tot zu Boden. — Der au« Chemnitz stammende Soldat Walter Koch, der dem 2. Ersatz-Bataillon de« Leib Grenadier-Regiment« Nr. 1M in Dresden angehörte und von dort fahnenflüchtig geworden war, ist gestern abend hier verhaftet worden. Ec hat sich in den letzten Wochen hier Herumgetrieben und hat etwa zwölf Einbrüche in Keller verübt, au« denen er in der Hauptsache Lebensmittel stahl * Olbernhs», 30. Juni. Der hier wohnende Portier Kaulfuß, Veteran von 1870/71, welcher sich zwecks einer Operation auf der Fahrt nach Chemnitz befand, wurde im Zuge zwischen Borstendorf und Grünhainichen vom Tode ereilt. * JehaavgeergeaftaSt, 30. Juni. Nachdem schon vor längerer Zeit die k. k. Regierung die Ausfuhr von Milch, Eiern und Butter im kleinen Grenzoerkehr sreigegeben hat, sind darin nun auch die böhmischen Grenzgemeinden gefolgt, so daß jeder Sachse sich täglich 1 Liter Milch, 'ft Pfund Butter und 3 Eier holen lasten kann. Selbstverständlich ist die sächsische Grenzbevöl kerung darüber sehr erfreut. * Geb«itz, 80 Juni. Eine Diebesbande ist von der hiesigen Polizei ermittelt worben, deren Mitglieder fünf hiesige, noch nicht 12jährige Jun gen sind. Die so früh verdorbenen Früchtchen hatten es auf Ladenkassendiebstähle abgesehen, wobei ihnen Geldbeträge bis zu 20 Mark in die Hände gefallen sind. Bet ihren Raubzügen standen immer einige Burschen „Schmiere". Schließlich mochte ihnen der Boden unter den Füßen heiß geworden sein, denn sie „reisten" nach Dresden, wo die barfüßigen Burschen Verdacht erweckten und von der dortigen Polizei festgenommcn wurden. * Zitta», 30. Juni. Im grellen Gegensatz zu dem Ernste der Zett steht die Tatsache, daß jenseits unserer Grenze, drüben im Bühmerlande, noch immer lustig getanzt wird. Bald in dieser, bald in jener Ortschaft finden Unterhaltungen mit Tanz statt, wozu die Besucher oft von weiter Ferne herbeikommen. Ja, nicht allein das, sondern auch öffentliche Ballmusiken werden Was hätte Lona wohl darum gegeben, Iven» es ihr möglich gewesen wäre, ihrem Manne aus tiefster Seele zuzustinnnen, teilte sie doch seine ehrgeizigen Bestrebungen, ohne hochmütig zu sein, besah sie ebenso wie er Stolz und Selbst.wwustsei». „Verzeih," sagte sie, „ich sehe ei», daß mein Verhalten dich kränken mußte." Aber sie Hirn, nicht an seinem Halse, um Äug' im Auge ru hen zu lassen, sondern verbarg den dunklen Kops an seiner Must. Ihre Bitte klang so rührend, daß Trinöve in schrankenloser Zärtlichleit wieder und wieder die Lippe» aus ibr duftiges Haar presste. Bis vor kurzem war Lona glücklich gewe se», wem, Trinöve ihr nach Tisch noch eine Stunde Gesellschaft geleistet hatte, ost hatte sic förmlich darum gebettelt, und konnte ausgelaß sen wie ein Backfisch sein, wenn er nachgia'- und ihr noch einen Teil seiner kostbaren Zeit scherckte. Jetzt atniete sie förmlich aus, wenn ihr Mann sich zum Fortgehen ri stete, kein Wort, kein Wick suchte ihn mehr zu fesseln. Noch war ihm dies nicht ausgefallen. Lo nas Umvohlsein, ihr verändertes, leidendes Aussehen hatte ihn beunruhigt. Seine ganze Sorge war, sie wieder blühend frisch undfröh- lich zu sehen. Er konnte nichts anderes den 7en und sinnen. Er flüsterte und schäkerte endlos mit ihr, mid Lona ging scheinbar auf jeden Scherz ein. Aber als er nun endlich gegangen, lrack sie fast zusammen. „Gottllob, gottlob und Tank>:" Und liebte ihn doch hingebender, inniger noch als früher, sorgte um seine Rube, sei» Wohl mehr noch als um das eigene. Es duldete sie auch nicht im trauliche» Winkel, wo sie sich so beguem in die Kissen buscheln und schicken konnte. Nein, die Minute» dehnte» sich ihr zu Ewigkeiten, die seinen Bronzezeigcr aus dem Zifferblatt der reizenden Standuhr schienen still- zustehen. Es duldete sie nirgends, alle Augenblicke sprang sie aus und eilte an das Fenster. Ihr brennender Blick hastete mit fieberirrem Aus druck auf dem in der Sonne weiß schimmern den Kies der Gartenwegc, die sich hier in der Nähe des Hauses vereinigten und eineu Stern ikdeten. Sie starrte und lauschte, und »von» sich dann nichts regte, schlich sie erleichtert vom Fenster fort, b-is sich nach wenigen Minuten dieselbe Szene wiederholte. Sie zitterte vor den: Nachhausokommcn ihres Gatten, sehnte sich aber mit jeder Faser ihrer Seele nach ihm. Daß dieser Zwiespalt sic krank machen, ihre Kräfte ausreiben mußte, kam ihr selbst zum Bewußtsein. Und doch sann sie vergeblich aus Rettung und Mfreiung aus diesem Konflikt. (Fortsetzung folgt.)
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