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Großherzogliche Hoheit. Novelle von Horst Bodemer. ras Edmund Solcnscbwanq fas; vor seinem Lclwcibnscb im Schtojic Erünhag. Die Polt war gerade gekommen. Zeitungen, Drucksachen, Geschäftsbriefe legte er auf ein kleines Tischchen neben seinen Lessel. Dann öffnete er die Privatbricfc. Einige schob er rechts von sich, andere links. Jetzt biclt er einen Brief in der Dand, der ibm offenbar zu denken gab. Leine Finger glitten nachdenklich über den langen, weißen Voll bart, er zog die buschigen Augenbrauen doch, Falten bildeten sich auf seiner hohen, eckigen Ltirn, dann legte er daS kurze Schreiben vor sich hin und leimte sich in seinen bequemen Lessel zurück. Der Rcicbsfrcibcrr Alfred v. Batlaw batte an ibn geschrieben, in kurzen Worten ungefragt, ob er willkommen sei zu dem Gartenfest am nächsten Don nerstag, dem Jbrc Großherzog liche Hobeit die Prinzessin Irm gard bcizuwobncn gedenke. Er batte Batlaw absichtlich nicht ringelnden. Aus verschie denen. Gründen batte er cS nicht gekonnt. Und jetzt setzte ibm dieser Batlaw, einer der reichsten Großgrundbesitzer des Groß- berzogtumS, der da drüben in den Bergen auf seinem alten, wundervollen Schlösse wohnte, einfach die Pistole auf die Brust. WaS blieb ihm anderes übrig, als zu antworten: Herzlich willkommen! Dieser Batlaw war ein Sonderling. Es wußte niemand recht, was er von ibm denken sollte. Bei den Nachbarn ver kehrte er nur wenig, bei Hofe ließ er sich überbaupt nicht sehen. Der Großherzog batte sich noch neulich scbr abfällig über Batlaw geäußert, soweit das regierende Herren über haupt zu tun pflegen. Der bobe Herr batte gelacht und gesagt: „Lieber Solcnscbwang, Sic sollten sich BatlawS ein wenig anncbmcn. Er bat früb seine Eltern verloren, die ich scbr hoch geschätzt habe, und mir scheint, ganz abgeschlossen ist seine Erziebung damals nocb nicht gewesen!" Regierenden Herren widerspricht man nicht. Er hatte sich verneigt und an Batlaw gcrübmt, was zu rüh men war. Er verwalte seine große Herrschaft tadellos, im übrigen sei er wobl ein bißchen menschenscheu. Aber die Ant wort battc< der Großherzog nicht gelten lassen wollen. „Menschenscheu? O nein, das glaube ich nicht! Aber ein barter Schädel und recht stolz, der lieber in einem Gcbirgsdorf der Erste als in Rom der Zweite sein will. So ungcfäbr soll sich ja vor fast zweitausend Jabren Julius Cäsar geäußert babcn. Nun, ich zwinge ibn nicht, aber icb möchte, Lie ließen ibn meine Äußerung wissen !" Da batte er sieb stumm verneigt und war zu Batlaw gefahren. Reicht war ibm das nicht geworden, denn vor drei Jabren war Batlaw eines Tages vorgcfabren und batte in aller Form um die Hand seiner Tochter, der Gräfin Adele, angcbalten. Die war wenige Eagc vorder aus Berlin zurückgekebrt. Dort batte sie sich mit dem Grafen Dörrcnscblag, der bei den Gardcdragonern stand, verlobt. Batlaw war aus allen Wolken gefallen. Er aber batte ibm sagen müssen: „Ja, mein Bester, von uns hat eben niemand etwas davon bemerkt, daß Sic sicb um mcinc Tochter bemüht babcn!" Da war Batlaw' sofort wieder wegge fahren, hatte als Hochzcitsge- schcnk eine wundervolle Bronzc- statue geschickt und bedauert, der Feier nicht beiwohnen zu können, da er nach Italien zu reisen gedenke. Die Ebe war nur von kurzer Dauer gewesen, denn bei einem Rennen war Graf Dörrenschlag schwer gestürzt und batte noch zwei Monate lang qualvoll leiden müssen, bis er seinen inneren Verletzungen erlag. Die kinderlose Witwe kcbrtc ins Varerbaus zurück und stand nun bier wie frübcr dem Haushalte vor, da ibrc Mutter schon vor Jabren gestorben war. DcSbalb wurde dem Grafen Solenschwang die Fabrt zu Batlaw so schwer. Aber der batte, nachdem er rubig zu- gebört, nur geantwortet: „Herr Graf, niemand kann aus seiner Haut heraus! Ich mache mir nun einmal nichts aus höfischen Festen und füble mich in meiner Einsamkeit sehr wohl. Aber wenn Seine Königliche Hobeit geruhen sollte, wieder einmal das Gespräch auf mich zu bringen, wollen Sie dann die Güte baben und meinen unter tänigsten Dank zum Ausdruck bringen für das wohlwollende Interesse. Und der gnädigsten Frau Gräfin bitte ich meine an gelegentlichsten Empfehlungen zu übermitteln." Der alte Herr war dann recht bald wieder weggefahren, froh, den heiklen Auftrag erledigt zu haben. Vor acht Ta^cn nun hatte die Prinzessin Irmgard, die Nichte des Großherzogs, an seine Tochter geschrieben, die ein paar Jahre mit der Prin- Karl Franz Joseph, Kaiser von Österreich, König von Ungarn (L. z). 'tNwi