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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.01.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191601210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19160121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19160121
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-01
- Tag 1916-01-21
-
Monat
1916-01
-
Jahr
1916
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.01.1916
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-er Verhaftung der Konsulat-Vertreter daselbst, äußerte er sich wie folgt: ES tut mir sehr leid, daß solche Uebergriffe vorkommen konnten, die außerdem meine- Erachten- auch vom militärischen Standpunkt au- ganz falsch waren. Die Maß nahmen, die gegen Griechenland getroffen wurden, werden immer unerträglicher. Ich bin vollkommen stet, mich bindet kein persönliche- Interesse und daher kann ich mit ganz reinem Gewissen sagen: ich hab« nur da- Wohl meine- Volke» vor Augen Wenn unsere Freiheit bedroht würde, würden wir unseren Mann Kellen. Es ist ge sagt worden, wir fürchteten die Bulgaren. Da» ist falsch. Bedrohten diese unsere Interessen, so würde ich nicht zögern, mich zu wehren, doch scheint mir, daß die- zurzeit nicht der Fall ist. AIS kleine stete Nation haben wir vor allem die heilige Pflicht, da- wenige, was wir besitzen an Gebiet, und unsere Freiheit zu schützen. Diese Realpolitik habe ich und haben die verantwort lichen Männer im Staate nach bestem Wissen und Gewissen befolgt. Selbstverständlich ist die militärische Lage am Balkan für meine Politik mttbestnmnend. Ich lasse mich durch keine Svm- pathien und Antipathien und durch keine Gefühle letten, ich habe nur die Pflicht, die Interessen meine» Volke» mit ganzer Kraft »u verfolgen. Ueber seine politische Beziehungen zu den kämpfen den Mächtegruppen fagte der König: Deutschland und Oesterreich-Ungarn haben bisher Griechenland gegenüber ein korrekte» Verhalten und Freund schäft gezeigt. GS liegen also durchaus keine Gefühlsgründe vor, die uns vorschreiben könnten, gegen Oestereich und Deutschland zu gehen, doch spielen Gefühlsgründe in der Politik eine unter geordnete Rolle. Ich will den Krieg nicht. Ich will meine Armee verstärken und ich hoffe, daß sie am Ende de» Krieges stark und vollständig frisch bastehen wird- Daher werde ich an meinrr Politik festhalten, die Interessen und die Freiheit meine» Volkes wahren, ohne sein Blut zu ver gießen. Ich habe hierin die volle Unter stützung meine» Volkes, und weder Liebeswerben noch Gewalttätigkeit von außen, von welcher Sette sie auch kommen mögen, sollen mich darin beirren. «» GtaatSßreich »er Venizeltsttn? Wie der Vertreter der „B. Z " in Amsterdam erfährt, ist in London eine Meldung aus Paris eingetroffen, wonach Venizelos mit der sranzü sischen Regierung zusammenarbeitet, um einen Staatsstreich in Griechenland herbeizuführen. Nach einer Privatmeldung au« der Umgebung de« belgischen Königs hätten sich die inneren Verhält nisse In Griechenland dermaßen zugespitzt, daß die Venizelisten zu einem Staatsstreich, der Griechenlands Zukunft entscheiden solle, bereit« die erforderlichen Vorbereitungen getroffen hätten. Große Trnppeolaadusge« i« »er Orfaaobvcht. Die Londoner „Daily Mail" erfährt aus Saloniki, daß die Engländer am 11. Januar in der Orfano-Bai östlich von Saloniki ansehnliche Verstärkungen gelandet hätten. Deutsche Flieger besuchten täglich das Lager bei Zeiteltk und ließen Bomben fallen. Elf Personen seien verwundet worden. vulgaritir letzat die Kreilaff««, »er französische«» Koasutarbeawte» ab. Die „Franks. Ztg." berichtet au» London, daß die „Agence HavaS" meldet: Der holländische Gesandte in Sofia hat von Radoslawow die Freilassung der französischen Konsularbeamten verlangt. Radoslawow oll geantwortet haben, Bulgarien werde sie freilassen, sobald die Entente das Personal der bulgari chen Gesandtschaft frei- gelassen habe. Str Sstmüchssch-W-rffcht StnmlWsberi-t. (W.L.B.) Wie», 19. Januar. Amtlich wird verlautbart: Russischer Krieg» sch «»platz. Der gestrige Tag verlief ruhig. Heute in den frühesten Morgenstunden entbrannte an der Grenze östlich Czernowitz bei Toporoutz und Bojan eine neue Schlacht. Der Feind setzte abermals zahlreiche Kolonnen an und führte an einzelnen Stellen vier Angriffe nacheinander. Er wurde jedoch überall von den tapferen Ver teidigern zurückgeworfen. Sonst keine besonderen Ereignisse. Tt«lie«tscher Kriegsschauplatz Angriffe schwächerer feindlicher Abteilungen bei Lusern und nördlich des Tolmeiner Brücken. kopfeS wurden abgewiesen. «»»»sittcher Kriegsschauplatz. Bei der Besetzung von Vtrpazar haben unsere Truppen, wie nachträglich gemeldet wird, 20 Gtahlkanonen erbeutet. Der Stellvertreter de» Chef» de» Generalstabes. v. Höser, Feldmarschalleutnant. Sie Kämpfe G Oste«. Russische» Et«geftä»d»tS »er Nte»erla»eu. Die Russen gestehen nun selbst ein, daß die Offensive an der Bukowina-Front gescheitert ist. Der Kriegsberichterstatter eines Petersburger. Blattes stellt fest, daß die hartnäckigen Kämpfe jetzt verstummt seien. Die Kriegsautoritäten meinen, so sagt der von der Zensur unbarmherzig zerzauste Artikel eines Blattes, die russischen Operationen in der Bukowina und in Galizien hätten außer der politischen Aufgabe, mit einem starken Schlag auf Rumänien einen Druck auk- zuüben, die Sicherung der linken Flanke im Auge gehabt und die Eroberung neuer guter Stellungen. Nach Wiener Meldungen füllten die Ruffen m kürzester Zeit über die Karpathen Vor dringen. Diesen Traum haben sie wohl auSge- träumt, denn sie gestehen selbst ein, daß sie durch den Verlauf der Schlacht gezwungen wurden, die Offensive auf „kurze Zett" einzustellen. »er Zar a» »ie betzaradtsche Krönt. Nach einer Bukarester Drahtung dr» „Pester Lloyd" wird au» Ungeli gemeldet, daß man dort die Ankunst de» Zaren an der beßarabischen Grenze erwartet. Militärische vor»erett»«g »er rassische» Gch«Ut«»er. Die „Berlinske Tidende" meldet au» Peters burg : Der Unterrichtsminister verfügte durch ein Rundschreiben an alle höheren Schulrn de» Landes, in den beiden obersten Klaffen sofort militärische Uebungen etnzuführen. Da der üb liche Unterricht hierdurch stark eingeschränkt wird, verfügt der Minister, daß die gewöhnlichen Examen in diesem Jahre fortgelassen werden, und daß allen Schülern ein Abgangszeugnis auf die Grundlage der jährlicher^ Zeugnisse ausgestellt werden soll. * * Ser Mkische Krieg. An den Dardanellen herrscht Ruhr. Die feindlichen Streitkräfte haben auch dort von der See aus neuerliche Angriffe und Störungen nicht mehr zu unternehmen gewagt. Auch in Mesopotamien hat sich nichts Wesentliches seit den empfindlichen Niederlagen der Engländer mehr zugetragen. An der Kaukasus-Front wurden die Russen, die infolge der heftigen tür kischen Angriffe bedeutende Verluste erlitten, durch die Verstärkungen, die viele Truppen unseres Verbündeten jüngst erhalten haben, gezwungen, ihre Angriffe auf der ganzen Front einzustellen. Trotz der acht Tage andauernden sehr heftigen Angriffsbewegung weit überlegener feindlicher Kräfte bleibt die Lage mit unbedeutenden Aende- rungen für die Türken günstig. Die Beute vo» Gallipoli. Der „Nieuwe Rotterdamsche Courant" ver öffentlicht einen Bericht seines Berichterstatters in Konstantinopel über die von den Türken auf Gallipoli bei den Einschiffungsgefechten gemachte Beute. Danach erbeuteten die Türken 1000 Pferde und Maulesel, 10 brauchbare und 18 unbrauchbare Geschütze, 61 Maschinengewehre, 1400 Gewehre, 21 Munitionskarren und 40 Geschützwagen, 64000 Kisten Artilleriemunition, 650000 Kisten Jnfantrriemunition, 2055 Bomben, 2500 Jnfanterieschutzhelme, 2200 Zelte, 550 Tragbahren, 6500 Fahrzeuge, 6200 Mäntel, 3500 Stück wollenes Unterzeug, 15 550 Kisten Fleischkonservenbttchsen, mehrere hunderttausend Büchsen sonstige Lebensmittel, 280 Automobile, 18 Stationen drahtlose Telegraphie, zwei voll kommen ausgerüstete Feldlazarette usw. Die Zahl der Gefangenen beträgt auf englischer Seite 12000, die der Toten 8000. G G G Der See-Krieg. England will seine Blockade gegen uns ver- schärsen. Die amerikanische Regierung wird Londoner Meldungen zufolge die Erklärung einer regelrechten Blockade billigen; eS sei aber notwendig, daß die Blockade gesetzlich sei, d. h. eS müsse bewiesen werden, daß die britischen U-Boote in der Ostsee wirkltch den Handel in diesem Meere verhindern können. Der Handel mit neutralen Ländern müsse frei bleiben. Von einer effektiven Blockade der deutschen Oftseeküste durch England kann natürlich keine Rede sein. Zu »e« «mertkenischen K»r»«rn»,e« «« Evgl««» in Bezug auf die Sicherheit des neutralen Handels wird Londoner Blättern aus Washing ton gemeldet, in dortigen RegierungSkceisen hoffe man, daß die englische Regierung den amerikanischen Wünschen und Forderungen früh genug Rechnung tragen werde, damit ernste Schwierigkeiten vermieden würden. Die ameri kanische Regierung stehe auf dem Standpunkt, daß eS ihre Pflicht sei, alle Schritte zu tun, um die kriegführenden Länder zur Beachtung des internationalen Rechtes zu veranlassen. Diese Hoffnung kann leicht genug zu Wasser werden, hat sich in Paris doch schon eine Kommission zur Kontrolle der für neutrale Länder bestimm ten Lebensmittel gebildet. Man will danach die Drangsalierung des neutralen Handels nicht nur fortsetzen, sondern auch noch besonder» organisieren. A» „Perfia" Unter,aag lei» »««Ische- N-Voat beteilt,t. Der amerikanische Botschafter in Berlin, Gerard, meldet, daß Deutschland alle Führer der deutschen U-Boote im Mittelländischen Meere befragt habe, diese aber ausnahmslos erklärten, sür die Versenkung der „Persia" nicht verant wortlich zu sein. Sächsischer Landtag Erste Kammer. Dresden, 19. Jan. -- Oberbürgermeister Tr. Dehne-- Plauen berichtet zuerst über Etatiapitel 88, Ministerium des KMus und öffentlichen Unterrichts, und einige weitere Ka- Mel und beantragt die eingestellten Betröge in Ue'.ercinstinunung mit der Zweiten Kann wer zu bewilligen. Verbunden wurde mit dieser Beratung die allgemeine Etatdeoalte. Ol erhosprediger Dr. Dibelius ging aus die Arbeiterkirche im Knege ein. Sie hat sich als ei» wertvolles Nationalvermögen gezeigt, aber mit dem Gefühl Dankbarkeit verbindet sich das Gefühl der Notwendigkeit, die Kirche dem Ideal der Voltskirche naher zu bringet«. Und wenn jetzt manäse pessimistische Stimme sich bemerkbar macht, so darf uns das nicht in unserem Optimismus- wankend machen. Un ser Volk wird sicher geläutert aus den« Kriege hervorgehen und auch bleibende ethische Werte gewinnen. Bezüglich des Kriegsdienstes der Geistlichen hat die Landeskirche keine Bedenken gehabt, sondern sie begrüßt daß auch Geistli che mit anderen Volksgenossen in den Schüt zengräben Schulter an Schulter kärnpsen. 33 Geistliche haben die Waffen ergriffen neben dielet, Kandidaten und Studenten der Theolo gie. Auch) das Pfarrhaus hat sich glänzend bewährt. 126 Sohne von Pfarrhäusern erlit ten den Heldentod fürs Vaterland. Für Ver mehrung der Feldgeistlichen hat die Landeskir che ebenfalls gesorgt. Besonders erfreulich ist das Zusammenar eiten evangelischer und katho lischer Geistlichen. Möchte doch dieses Zusam wenwirle» auch nach dem Kriege so bleiben. Die bewiesene Opfer'reudigleit in dieser schwe ren Zeit bleibt das Herrlichste für unser Volk. Wir können die Zuversicht haben, daß die Ar- l eiterkirche auch nackt dein Kriege nicht verlo ren geht, und das Wort zur Ge'tung kommt: Ltristentum ist nicht nur Lehre, smdern Leben und Kraft. Superintendent Tr. E o r d e s: Man dürfe von der Kirche nichts Unmögliches verlangen. Besonders nicht ein Aufgehen in Glaubenssät zen zugunsten eines anderen Glaubens. Wir 'önnen auf dem Wege religiöser Vertiefung nur dann weiter kommen, wenn die einzelnen Lon deslirchen Gesellschaften ihre Glaubenssätze schärfer hera.lsarbeiten, aber die jetzt bewährte tonfessionelle Friedens', etättgung auch in den Frieden hinüberretten. Tie verschiedenen evan gelischen Strömungen können unmöglich, solan ge sie im Rahmen der Kirche bleiben wollen, sich in ein dogmensreies Christentum auflösen. Tas kann es ebenso wenig geben wie eine Partei p ne Programm. Wir wollen vielmehr in echter christlicher Lie e und Gottesfurcht an vem Teutschland der Zukunft weiter arbeiten. Vizepräsident Oberbürgermeister Dr. Titt r i eh - Leipzig: Es wäre nicht möglich, den diesmaligen Etat mit einen, gewissen Optimis mus au znstellcn, wenn wir nicht auf dem Bo den einer gesicherten Finanzwirtschast ständen. Tie geforderten Stenerzuschläge ließen sich er tragen, wenn sie sich hauptsächlich nur aus das Jahr 19l7 beschränkten. Voraussetzung bleibt in erster Linie, daß die Quellen, aus denen die Gemeinden ihre Einnahmen schöpfen, nicht verstopft werden. Erfreulich ist die Einstellung eines höheren Betrages zur Gewährung von Darlehen an gemeinnützige Ballgesellschaften, weil die Frage der Vesck)afsung von Heinen Wohnungen nach den, Kriege dringend werden dürste. Dem weiteren Erwerb von Kohlenfel dern kann inan zustimmen. Aus den, Gebiete des Eisenbahnwesens ist es erfreulich, daß man auch während des Krieges nicht rulte. Erwä genswert wäre eine stärkere Beschäftigung von Frauen im Eisenbahndienste. Bei staatlichen Darlelstnsgewährungen könne man möglichst ent gegenkommend sein. Kammerherr Tr. S a brer von S a h r stellt fest, daß der Etat lein unerfreuliches Bild liete. Für Kutturzwcckc seien reichliche Sum men angesctzt; ebenso für Eisenbahnbaitten. Weniger er reulich sei die Ankündigung deS Steuerzuschlages, den man aber diesmal hin- nehmen müsse. In voller Uebcreinstimmung mit den Vorrednern wendet er sich gegen die direkten Reichssteneni; auw die Rcichscisenbah« ne» lehnt er ab. Zum Schluß bringt er seine unerschütterliche Zuversicht am Sieg und Frie den zum Ausdruck. Finanzminister Tr. F r e i l e r r v o n Seydewitz: Ich bin zu meiner Verwun derung der Auffassung begegnet, daß wir in der Finanzperiode 1916 17 keine Einkommen- steuerzuschläge brauchten, und daß es sich ver treten -asten würde, das Defizit im Staats daushaltsetat sür 1916 17 einstweilen ungedeckt zu lassen. Diese Auffassung oennag sich die Regierung unter gar keinen Umständen zu eigen zu machen. Wir sind mit gesunden, gefestigten Finanzen in den Krieg eingetreten. Seit den, Beginn des Ützricges bis zu der Finanzperiode 1914 15 bat sich der Status der Finanzhaupt lasse um fast 100 Millionen Mark verschlechtert. Sehon diese Tatsache würde die Erhebung ei nes Steuerzuschlages in der Finanzperiod« 1916 17 rechtfertigen. Die sächsische Regierung bat davon abgeseten, das im Etatsjahr 1914 entstandene Defizit nachträglich durch Steuer zuschläge zu decken. Sie will auch das rech nungsmäßige Defizit des Jahres 1915, obwohl es noch wesentlich höher sein wird, als das des Jahres 1914, nicht durch nachträgliche Steuerzuschläge beseitigen. Die sächsische Re gierung richtet jedoch ihre Blicke in die Zu kunft, indem sie vorschlägt, das in den Jabrcn 1916 und 1917 schon nach dem Etat zu, er wartende Defizit durch Steuerzuschläge auszu gleichen. Dieses Defizit ist auf 11,68 Millio nen Mark für Pie ganze Periode veranschlagt, mithin auf einen wesentlickp niedrigeren Betrag als das Defizit jedes der beiden vorhergegange- neu Jahre tatsächlich betragen hat. Das ist nur dadurch nröglich gewesen, daß große Aus gabeposten in den außerordentlichen Etat ver wiesen worden sind. Ich habe die Meinung äußern hören, der Staat solle mit der Elit- chließung über den Einkommensteuerzuschlag warten, bis das Reich und die Gemeinden ihren Steuerbedarf befriedigt hätten. Da muß ich a'er doch fragen: Wodurch lat es denn der sächsische Staat verdient, sich als Aschen puttel behandeln zu lassen? Nach alter politi scher Tradition gehören die direkten Steuern zum Finanzgebiet der Bundesstaaten und der Gen,ei»den. Nur durch den einmaligen außer ordentlichen Wehrbeitrag und durch die Reichs- vottnögenszuwochsstsuev (Besitzstauer) ist die Tradition bisher durchbrochen worden. Eine weitere Ausnahme bildet die noch angeborene Kriegsgewinnsteuer. Die wichtigsten direkten Steuern aber, die allgemeine Einkommensteuer und die allgemeine Vermögenssteuer, deren Stelle in Sachsen die Grundsteuern und die Ergäiyzungssteuern einneh-men, sind im aus schließlichen Besitz der Bundesstaate» und der Gemeinden. Es ist eine volkswirtschaftlich ein seitige Betrachtungsweise, immer nur die Nach teile der indirekten Steuern zu betonen, die Schäden der direkten Besteuerung aber ganz zn übergehen. Und doch ist eine Uebcrstxmnung der direkten Steuern höchst schädlich. Lähmt man durch übermäßige direkte Steuern den Er werbssinn, so schwächt man damit zugleich de» Spürsinn und die Kapitalsbildung und damit die notwendige Vorbedingung jedes blühenden Wirtschaftslebens. Nach alleden glaubt die Regierung aus dem rechte» Wege zu sei», Iven» sie nach wie' wr energisch sür die u ,, g e - schmälerte Belassung der direk ten Steuern von Vermögen und Ein- kommeii bei den Einzelstaaten eintritt. Sie setzt sich damit keineswegs in Gegensatz zu den nias gebenden Persönlichkeiten der Reichsleitung. Der Reichsgründer, Fürst Bismarck, hat sich immer sür eine reinlich: Scheidung der Sten- crgetäetc des Reiches und der Einzelstaaten eingesetzt und auch die Nachfolger des Fürste» Bismarck haben sich auf den Standpunkt ihres Ministers gestellt Es wird jetzt vielfach mit dem Gedanken einer Reichsvermögens- oder viel leicht auch einer Neichseinkommensteuer grlieb- äuoclt. Tas ist gar nicht bismarckisch gc- dah:. imd ich warne dringend davor, diese» Weg s'-> betreten. Im System der Finanz wirtschast würde sich die Sache vielleicht ganz gut machen: eine einheitliche Neichsvermögcns steuer, zu der dann die Bundesstaaten Zuschlä ge erhebe» könnten, und das Reich würde be stimmen, >vie hoch diese Zuschläge sein dürf te». Das wäre so eine Art v.m Kommnnali sierung der Einkommensteuer: aber dafür wer den sich die Einzelstaaten mit Fug ,md Recht bedanken. Und woher wollen Sic dann in den Einzelstaaten und auch in den Kommunal Vertretungen das Geld für die Er-füllung dsu Kulturausgaben nehmen? Ter Standpunkt der sächsischen Regierung hat auch durch den Krieg -nichts von seiner Bedeutung verloren, und ich möchte mit Genugtuung in Erinnerung brin gen, daß der gegenwärtige Reichsschatzselretär Tr. Helfferich »ach seiner Reichstagsredc vom 30 November v. I. sich ganz zu dein gleiche» Standpunkt bekennt. Und nun lenke» Sic ' itte Ihre Micke auf die künftigen Friedens- zcitcn. Welche gewaltige» Aufgaben deutscher Kulturpolitik stehen den Einzelstaaten bevor. Aus allen Gebieten gilt es, aufzubaucn, was der Krieg zerstört bat. Keime zur Entwicklung zu bringen, die der Krieg gehemmt hat, neues Lebe» überall ersprießen zu lassen. Zu alle dem bedürfen die Einzelstaaten reicher Mittel. Tie Quelle aber, aus der sie schöpfen müssen, nachdem das Reich die erheblichsten indirekten Servern mit Beschlag belegt hat, sind und bleiben die direkten Steuern. (Starker Bei fall.) Geheimer Kommerzienrat Waentig - Zittau hebt hervor, daß der Etat nicht nach kleinlichen Gesichtspunkten aufgestellt sei. Der Landwirtschaft sei zu danken, daß wir nicht ausgehungert werden können. Die deutsche Industrie habe den Beweis für höchste Leistungsfähigkeit erbracht. Wir müßten nun aber einen Weg suchen, der eS uns ermögliche, die wirtschaftliche Bande mit Oester reich-Ungarn enger zu knüpfen. Oberbürgermeister Keil- Zwickau wendet sich zunächst dem Rechenschaftsbericht für 1912/13 zu und erörtert die Grundsätze, die bei Ausstellung des Etats angewandt werden. Der Ansicht des Vorredners, daß der neue Etat besonder» vor sichtig aufgestellt sei, könne er nicht beistimmen. Zum Schlüsse führt Redner Klage über anmaßen des Auftreten von Kriegsgefangenen in Zwickau. Diesen und anderen kleinen Widerwärtigkeiten stehe aber die Tatsache gegenüber, daß unser Volk Herrliches geleistet habe, als eS sich in heiliger Einigkeit zusammengefunden habe zur Abwehr der Feinde. Eine gewisse Bürgschaft dafür, daß dieser große Geist in den Frieden hinübergerettet werde, sei vorhanden. Oberbürgermeister Dr. Sturm-Chemnitz bittet um Bereitstellung noch reichlicherer Mittel zur Unterstützung der Gewerbetreibenden und der kleinen Hausbesitzer. Minister deS Innern Graf Vitzthum von Eckstädt: Die Beihilfen deS Reiches fürKciegS- unterstützung werden der BevölkerungLziffer ent sprechend verteilt. Die staatlichen Beihilfen sind nach der Bedürftigkeit der Gemeinden abgestust. Wie eS kommt, daß Preußen in großen Gemeinden höhere Beihilfen gewähren kann, unterliegt noch dem Gedankenaustausch mit Preußen. Kammerherr Dr. v. Frege - Weltzin em pfiehlt, die heutige Rede deS FinanzmtnisterS möglichst weit »u verbretten, weil sie grundle gende Tatsachen über direkte und indirekte Steuern enthalte. Auf dem Gebiet der Steuer müsse mit den alten Ueberbleibseln von Theorien, die nicht m«hr in die Gegenwart passen, aufgeräumt wer- d«n. Redner wendet sich dann gegen die direkten ReichSsteuern und gegen Reichseisenbahnen. Mit einer Anerkennung der sächsischen Soldaten im Felde, der sächsischen Eisenbahnbeamten, deSGe- meinsinn» der ganzen Bevölkerung und mit einer Absage an den UnitariSmuS schließt er. Oberbürgermeister Dr. Dehne-Plauen ersucht um energische Schutzmaßnahmen für die vogtländisch-erzaebiraische Stickerei-Industrie. Wirklicher Geheimer Rat Dr. Waentig erkennt rühmend an, daß unsere akademische
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