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01-Ausgabe Erzgebirgischer Volksfreund : 23.12.1944
- Titel
- 01-Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1944-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-19441223014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-1944122301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-1944122301
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1944
-
Monat
1944-12
- Tag 1944-12-23
-
Monat
1944-12
-
Jahr
1944
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der Sternhimmel zur Wintersonnenwende i Lieber Schneeberger Glückausvereln. In harter und schwerer Zeit kannst du deinen 60. Geburts tag feiern. Du hast recht daran getan, diesen Tag in der zeit- gemäßen Einfachheit aber nicht minder tiefen Innerlichkeit, die deinem Wesen entsprechen, zu begehen. Wenn auch viele deiner Mitglieder und Freunde an den Fronten stehen, so waren dafür zahlreiche Gäste aus anderen Gauen, in denen man kein so ausgesprochenes Weihnachtsbrauchtum kennt, ge kommen. Und wenn in diesem Jahre die stilleuchtenden Ker zen fehlten, die sonst deine große Weihnachtsstube so anhei melnd und warm machten, brannte in unseren Herzen mehr Wolfgang, andächtig »inen Klang der Turmgesänge zu vev iS das Schicksal kill —werden wir wieder Weihnachten K Mutter feiern im neu erbauten Vaterhaus, wie emst. sich. Ihre Augen suchen die Turmhaube von St. andächtig lauschen sie in die heilige Nacht, um doch mehmen. Mit ihren Ge-' danken sind sie am Weihnachtsmorgen in der Metten zu St. Wolfgang. Die anmutige Musik der Weissagung schmeichelt um ihr Ohr, ja, vielleicht vergessen sie auf kurze Zeit den Kampfs aber nur für einen kleinen, köstlichen Augenblick, denn sie müssen wach und bereit sein, sich des Gegners er wehren. Sonst wäre es aus mit dem heimatlich-weihnacht lichen Brauchtum, das du, lieber Glückaufverein, nun schon zwei Menschenalter lang hütest und bewahrst. An deinem Geburtstag wurden wir dessen ganz inne, wie schön, wie groß aber auch deine Aufgabe ist. Aber nicht nur deine Söhne sind in Gedanken bei dir, auch die Ungezählten, die einmal die wundersame Innigkeit und Tiefe deiner Glückaufabende er leben durften und das nicht vergessen haben. Wenn die Schneeberger Weihnacht von besonderer Art ist und das Weih nachtsbrauchtum der Mette, das Turmsingen, die Weihnachts ausstellungen im Heimatmuseum schier einmalige Erlebnisse sind, die man als köstlichen Besitz durchs ganze Leben trägt, so ist das dir, lieber Glückaufverein, zu danken. Daß du da mit eine ganze Stadt erfüllt hast, zeigte die unvergeßliche, große Weihnachtsschau 1938, in der das liebe Schneeberg ein einziger, großer Weihnachtsberg war. So behütest du dieses Weihnachtsbrauchtum Jahrzehnte hindurch bis in unsere Zeit. Aus dem bergmännischen Leben unserer Stadt erstan den, sahst du in deiner Jugend seine Glanzzeit, überbrücktest mit deinen Liedern die Zeit, in der die Haldenglöcklein nicht mehr schlugen und kannst nun im Alter wieder neuen An- Ein Lied klingt in die Nacht. Ueberm Bergtal steht die Nacht der klaren Stern«.,, Wohl brennen hinter den verschlossenen Fensterläden auch jetzt wieder die Kerzen an den Tannenbäumen und glitzern bunte Glaskugeln im zaubervollen Glanz des Licht». Aber seit der Schönwald Hannes nimmer heimlommt, fehlt der dörf lichen Gemeinde etwas. Ja, der Schönwald Hanne»! Da» war einer, dessen Name nie erlöschen wird, solange eine Zunge in diesem Bergdorfe erzählen kann... Taö weiß auch der Soldat, der in dieser weihevollen Nacht des Jahre», au» einer fernen Stadt bi» in das abge legene Bergdorf hergekommen ist, um da» Vermächtnis seine» toten Kameraden zu erfüllen. Immer in der Weihnacht hatte Hanne» Schönwald hier auf dem Weißtannhügel gestanden, uni auf seiner Geige dann zu spielen und seinem Dorfe, das er über alle» liebte, eine besondere Freude zu bereiten. Und der Wind hatte die Weis« bis weit hinunter in dar Tal getragen. Nie war der große und trotzdem bescheidene Künstler glücklicher gewesen als in dieser Stunde, da er so viel Freud« schenken durfte, durch die Gnade, die ihm widerfahren war. Jürgen Kienau, der Soldat, der einstmals mit dem Meister Hannes Schönwald auf der Akademie der Tonkunst beisammen gewesen, bleibt am Wege stehn.. Er weiß, er ist am Ziel, und setzt die Geige an. Da klingt da» Lied, da» Hannes Schönwald einmal selbst geschrieben hatte, zum Preise seiner Heimat. Freilich können es die Leute an» dem Dorf nicht faste«, als plötzlich diese zauberhaften Töne einer Geige aus der Nacht erklingen. „Habt ihr das gehört?" „Tas muß ja eine Geige sein!" ! „DaS muß der Hannes sein!" „Der Hannes spielt!" So geht es von Haus zu Hau», von Mund zu Mund! Und wahrhaftig sehen sie von weitem einen bei dem Weiß tannhügel stehen. Einen feldgrauen Soldaten, der auf einer Geige spielt. Vor ihm brennt ein Lichterbaum, und e» ist fast wie ein Wunder, wie daS alles nur geschehen konnte. Den Dörflern ist'S, als ob der tote Sanne» wirklich selber oben stände, um ihnen allen in der Nacht der Wunder daS seiner reifen Kunst darzubringen, „Er hat uns nicht vergessen — unser Hanne»!" sagen sie and lauschen ergriffen jenen Tönen, die immer jubelnder und inniger zu ihren Herzen sprechen und ihnen von der Lieb« künden, der sie leben sollen. Die Zeit scheint still zu stehen überm Winterwald. Und doch, was geschieht! Unvermittelt, wie diese» seltsame Geschehen über st« gekommen ist, bricht es ab. Die Lichter löschen au». Der Mann am Hügel oben geht seinen Weg zurück. In Nacht und Einsamkeit verliert sich seine Spur... Die Dörfler wissen nicht, wer e» gewesen ist. Für st« war es der Hannes Schönwald, der einmal au» ihrer Mitte kam und ein berühmter Künstler auf der Geige wurde, hi er eines Tages fern der Heimat für das Vaterland gefallen ist. Was von ihm übrig blieb, war die Erinnerung an ibn und diese Stunde, die er seinem Dorf geschenkt, alljährlich in der Nacht der klaren Sterne... --- . Wer zur Winters onnenwende den nächtlichen Himmel be trachtet, glaubt unzählig« Stern« zu sehen. Aber dieser Schein trügt. Höchstens 3000 Stern« stehen über dem Horizont, mehr nicht für das unbewaffnete Auge. Phantasiereich« Menschen haben in grauer Vorzeit Stern mit Stern verbunden, Figuren und Gestalten aus ihnen gemacht, di« zu ihren inneren Erleb- nisten in Beziehung standen. Diese Erlebnisse sind heute schwer nachzufühlen, «wer di« Sternbiloevbezeichnungen fanden hier ihren Ursprung. Mr sehen nach Norden. Dort fährt der groß« Himmels wagen mit seinen sieben Hellen Sternen rückwärts um den Pol der Welt herum, den ein Stern zweiter Größe, der Polarstern, bezeichnet. Dem Wagen oder Bären gegenüber, auf der anderen Polseite, glänzt ein Sternbild, das wie ein lateinisches IV aus steht, die Kassiopeia. Unser Blick geht nach Osten. Ein dunkelgelber Stern er hobt sich aus der Tiefe des Horizonts, der Arkturus im Bilde des Bootes, des Bärenhüters. Weit südlich unter dem Großen Bären liegt das schöne Sternbild des Großen Löwen mit dem Stern erster Größe Regulus. Aus seiner Nachbarschaft kamen im November viele Sternschnuppen. Wir wenden uns dem Südhimmel zu. In großer Hohe zieht über den Himmel im nebligen Schimmer die aus Milli onen von Sternen bestehende Milchstraße. Herrliche Stern bilder sehen wir im Süden. Der Jäger Orion ist durch zwei Sterne zweiter Größe, einen rötlichen und weißlichen, ausge- zeichnet und in der Mitte von einem Hellen Sternbande durch zogen. Verlängern wir diese Linie nach links unten, treffen wir auf den hellsten Fixstern des Himmels, den funkelnden Sirius im Bilde des Großen Hundes. Er ist neun Lichtjahre von der Tode entfernt (9,5 Billionen Kilometer mal 9). Dem bruch schauen. So verbindest du die Vergangenheit mit der Gegenwart und bist doch der Alte geblieben. Denn wie ehe dem verlaufen heute deine Abende heimatlich, bergmännisch. Nicht einmal die Form deiner „Hauptversammlungen" hat sich geändert. In wenigen Minuten erzählt dein Vorstand von den vereinseigenen Dingen, gedenkt der lieben Gefallenen und Toten des abgelaufenen Jahres, berichtet Uber die in einer Gemeinschaft eben unentbehrlichen geldlichen Dinge, um mit einem zuversichtlichen Ausblick und einem dankbaren Gruß an unsere Soldaten mitten hincinzuführen in die Welt deiner schönen Weihnachts- und Berglieder. Wie lebensnah erstan den in den Erzählungen liebe, alte „Glückaufer"! Es war da her nur billig, wenn an deinem Geburtstag ein Heimatfreund dir und deinem Vorstand Arthur Günther in besonderer Form und im Namen deiner vielen Freunde den Dank der Heimat uussprach, die Stadt deine großen Verdienste um die Er haltung heimatlichen Brauchtums würdigte und auch die Heimotzeitung in einem besonderen Aufsatz von deiner heimatverbundenen Tätigkeit berichtete. Der stille Glanz in den Augen deiner Gäste, Urlauber wie Umquartierte, und das treue Gedenken deiner Soldatensöhne, wie die Gewißheit über den Bestand der Kulturarbeit aber waren dir zur Geburtstagsfeier bestimmt die schönste Anerkennung. Das, lieber Glückaufverein, mußte ich dir als alter Freund einmal vor einer größeren Oeffentlichkeit sagen. , - LurtUnger. Vaterhaus am Weihnachtsabend. Im tollen Wirbel tanzen die Schneeflocken und decken mehr und mehr da» erstarrte Land. Ich schreite durch die Straßen der Stadt. Scharfer Wind peitscht mir da» Gesicht. Jetzt wende ich mich nach der Siedlung, zu der vor wenigen Jahren der Grundstein gelegt worden war. Einige Reihen kleiner schmucker Häuser wurden bereits erbaut. Der unerbitt liche Krieg hat das Werk jäh unterbrochen. Da und dort sind noch mehrere Häuser unvollendet, und die Straßen ziehen sich holprig und ungepflastert dahin. Auch mein Vater hatte kurz vor seinem Tode da gebaut. Aber das Hau» ist nicht mehr. Wo es freundlich in einem blumenübersätcn Garten stand, erhebt sich nichts als ein Hügel, von Schnee bedeckt: die Trümmer oes Vaterhauses, das die Mordbrenner im Sommer in Schutt und Asche legten. Wie still ist e» geworden! Ehedem tummelten sich hier die Enkelkinder, bauten zum Kriegsspiel eine Trutzfcste und be warfen sich gegenseitig mit Schneebällen. Da war die Terrasse, wo Mutter mit ihrer großen Familie im Sommer oft zu Tisch saß. Und hinter dem Haus, umgeben von Fliedergebüsch, gab es ein lauschiges Plätzchen, an das sich die Mutter zuweilen zu rückzog, um ihren Gedanken nachhängen zu können. Schon breitet sich die Abenddämmerung sachte über den Ruinen auS. Am Heiligen Abend kehrten früher alle bei Mutter ein, um daS ewig alte und ewig neue Weihnachtswunder ge meinsam zu erleben. Dann leuchteten die Kerzen des Tannen- bäume» bi» auf die Straße, und aus dem Haus drangen die Stimmen: „Stille Nacht, heilige Nacht!" Dann war das HanS erfüllt vom Jubel einer spielenden Kinderschar. Und Groß mutter sonnte sich in dem Kinderglück. Und heute? Mutter ist von ihrer schweren Verletzung ge nesen, die sie bei der Verschüttung davontrug, und aufs Land gezogen, um sich dort unter Bauern für die Dauer des Krieges neu einzuleben. Gewiß ist es bloß ein Notbehelf, kein Heim, das sie jetzt bewohnt. Aber in der ruhigen und behaglichen Stube weih sie sich sicher vor den Mordanschlägen der Verbrecherfeinde. Ihre Söhne stehen draußen, die Schwiegertöchter sind mit ihren Kindern ebenfalls aufs Land gezogen, unverheiratete Mädel der Familie arbeiten als Schwester an der Front oder in kriegs wichtigen Betrieben. So hat der Krieg die Familie auseinandcr- gerissen, ES ist eine Zeit des schweren Kampfes, äußerster Kraft- instrengung und des Verzichtes auf die gewohnten Bequemlich keiten. Aber mit der Dauer des Krieges sind sie alle härter geworden. Ich stehe noch im tiefen Sinnen vor der totenstillen krümmerstätte. Doch — was höre ich? Ist es nicht die Stimme der Mutter? „O du fröhliche, o du selige Weihnachtszeit!" sind nun fallen sie alle ein. Aber wo sind sie denn? Nur der Keller ist vor der Zerstörung bewahrt geblieben. Sollten sie da anten Weihnachten feiern? „Hallo, hallo! Nun steh' aber endlich auf. ES ist höchste Zeit, daß wir den Baum anzünden!" Jäh fahre ich empor und reibe mir die Augen, Meine Frau steht vor mir. , „Ach so!" Ich hatte mich kurz vor dem Heiligen Abend hingelegt, nm von des Tages Arbeit etwas auszuruhen. Dabei war ich ein geschlafen und hatte g-träumt. ,Hetzt stand ich grad draußen am HauS", berichte ich. „ES war ganz still — wen und breit. Plötzlich hörte ich Mutter singen. Und dann alle zusammen." ' Dieser Traum ist mir Sinnbild für die Zukunft. Auf Ruinen wird einmal neues Leben ersteben. Und dann — wenn denn je die Liebe zur Heimat, das Weihnachtsglück, um das so viele deiner Söhne draußen stehen und um dessen Erhal- tung sie schließlich ihr Leben Hingaben. So waren diesmal die Grüße von den Fronten herzlicher, zahlreicher als je zuvor. Wieviel Sehnsucht, Hoffnung und Glaube sprach aus diesen Briefen, wie einmütig der Wille, diesen Kampf um die Hei- mat, um deutsches Leben, deutsche Zukunft und deutsche Kul- tur siegreich zu bestehenl In diesen Tagen der sechsten Kriegs wethnacht sind die fernen Söhne der Erzgebirgsheimat fester denn je mit uns verbunden. Sie sehen die Glückaufabende einer glücklichen Friedenszeit mit Kerzenschcin und Heimat lied vor sich. Ihre Augen suchen die Turmhaube von St. Damals . . . Von Hermann Elaudiu ». Sobald der erste Schne« fiel — es ist mir gar nicht er- innerlich, daß kein Schnee gefallen sein könnte —, fing mein Vater vom Weihnachtsabend an zu munkeln. Er machte dabei eine geheimnisvolle Miene, als ob irgend etwas dazwischen- treten könne, und die ganze Herrlichkeit wäre aus und vorbei. Wir vier Jungen von drei bi» dreizehn Jahren wußten bas schon lange und lagen richtig auf der Lauer. Und ein«s Abends bei der Heimkehr des Vaters ging es wirklich los. Der Vater sagt« mit gutgespielter Trübseligkeit: „Kinder, es ist nichts dabei zu ändern. Der Kaiser hat es verboten, es gibt keinen Tannenbaum." Wir vier Jungen — nein, wir drei Aeltesten — taten, als glaubten wir es wirklich, und kriegten schließlich den Vater ko weit, einen Bittbrief an den Kaiser zu schreiben (es war in meine» Vaters Gedanken immer noch der alte Kaiser Wil- Helm I.), der Kaiser möge das Verbot zurückziehen. Danach gingen einige sonderliche Tag« hin. Wir Jungen lächelten ein- ander heimlich und ein wenig listig zu. Dann kam der Vater eines Tages triumphierend nach Hause mit der Nachricht, der Kaiser habe es erlaubt. Wir fragten nicht weiter nach dem kaiserlichen Briefe, um den der Vater sehr geheimnisvoll tat. Mr wußten doch nur zu gut, baß gar kein Brief gegangen und keiner gekommen war. Und auch der Vater mochte wissen, daß wir alle miteinander nur Verkappung spielten. Aber das tat der Freude keinen Abbruch. Und dann raschelt« es eines Abends, und wir durften durchs Schlüsselloch in die beste Stube blicken. Nur einen kurzen Augenblick, sonst würden wir blind, sagte der Vater. Ja: dann war der Baum auf einmal da, und keiner von uns hatte je gesehen, wie er in die Wohnung gekommen wäre. Ich weiß mir nichts Schöneres und Seligeres aus meiner Kindheit als jene Vorabende um Weihnachten, wenn wir zu Bett waren, wach lagen und horchten, wie nebenan die Eltern saßen und den Baum herrichteten — und wenn der Vater ab und an mit der Goldpapierfahne raschelte, die oben in der Spitze des Baumes prangte, oder ganz vorsichtig eine der kleinen Dilberglöckchen klingeln ließ, die schon am Weihnachts- baum der Sahmser Pastorenstube geläutet hatten. Draußen fiel der Schnee. Ja, draußen fiel der Schnee in der dunklen Nacht lautlos und feierlich. Und wenn er nicht wirklich fiel, so war es doch in unserer Einbildung so. Und wie der Schnee langsam niedersank, so sank auch eine süße, singende Müdigkeit über uns immer noch heimlich Horchenden in der füllen Echlafkammer, bis wir, Weihnachtslieder auf den Lippen und Weihnachtswünsche im Herzen, endlich selig einschltefen und im Traum alle Bescherung vovwegnahmen. Die Bescherung, ja — rückschauend muß ich wohl lächeln, wenn ich denke, was uns Kindern — es war vor 1914 — am Heiligen Abend alles beschert ward. Damals war es gering: «in Pferdchen, aus Holz geschnitzt und rot bestrichen: ein Voß — oder weih: ein Schimmel — oder mit Tupfen darüber: ein Apfelschimmel — oder gar ein gelb bemaltes: eine Isabella! Mit Namen wußte mein Vater gewaltig aufzutrumpfen. Sie standen in seinen Augen geschrieben, wenn er uns dabei ansah. Unter seinen Augen wuchs olles und war lebendig und leibhaftig. In solcher Abventszeit — weiß ich mich gut zu ent sinnen — saß der Vater mitten in der Nacht (ich schlief bei ihm und erwachte) aufrecht im Bett und hatte die borkigen Hände gefaltet und redete mit seiner Baßstimme laut vor sich hin: Lieber Gott, du weißt besser als ich, daß ich den Vetter gebeten habe um Geld wegen Weihnachten. Gib seinem Herzen einen Stoß! Ach, du hast es ja schon getan, lieber Gott. Ich danke dir, Amen. Und es war gewiß, daß der Briefträger Hoffmann am nächsten oder übernächsten Tage mit besonderer Miene in die Haustür kam und an den Stubentisch trat und zwei oder drei blanke Goldstücke auf den Tisch schob, ja, manchmal noch wie der aufnahm und wieder fallen ließ, damit es hell klingen sollt«. Wenn mein Daler danach von der Arbeit heimkam, war es das Natürlichste von der Welt, daß das Geld do war, und der Vater erging sich in gewaltigen Reden, was alles geschehen werde, und steckte sein« lange Pfeife an und schmauchte dicke Wolken in die Stube unter der Lamp« hin. Und dann kam die alte Geschichte zutage, die wir alle schon kannten, aber geduldig zuhörten, wenn der Vater sie nun er zählte, als ob sie uns vollkommen neu wäre: die Geschichte vom Silvesterschiff, das von ferner Küste unterwegs sei und bald landen müsse. Und dann habe alle Not ein für allemal ein Ende. Sirius schräg gegenüber, auf der anderen Seite der Milch straße, aber nöh»r, strahlt der Stern erster Größe Procyon tm Kleinen Hunde, fEr bildet mit Sirius und dem rötlichen Orion stern ein großes, gleichseitiges Sterndreicck. Die Milchstraße aufwärtsgehend finden wir das längliche Sternbild der Zwil linge mit Kastor und Pollux und recht» über dem Orion das in einen spitzen Winkel auslaufend« Bild de» Stier» mit dem röt. lichen Stern Aldebaran und den kleinen Sternhaufen der Plejaden. Aus den Himmelspol zu erblicken wir an der Milch straße einen weiteren Stern erster Größe, die Kapella im Fuhr mann. Am Westhimmel wandert Perseus dem Veränderlichen Stern Algol (unten rechts). Zum Untergang« neigt sich ein schwach gekrümmter Sternbogen unterhalb von Kassiopeia, da» Bild der Andromeda, dem sich das schon unter den Horizont sinkende Bild des Pegasus anschließt. Der Stern, den nach der biblischen Geschichte die Weisen vom Morgenland« sahen, war kein Komet, sondern e» handelte sich um ei re Zusammenkunft mehrerer Heller Planeten in einem wichtigen Tierkreiszeichen. Ein Komet hätte sich durch sein« eigene Bewegung schneller als jene Hellen Planeten bewegt, auch ist in den Annalen von einem derartigen Himmelskörper nichts zu finden, sonst hätten die SternkuÄigen de» Orient» darüber berichtet. Dns alte Jahr sinkt in das Meer der Ewigkeit. Wieder hat die Erde Ihre 950 Millionen Kilometer lange Bahn durch laufen. Mit einer Geschwindigkeit von 30 Kilometern in d«r Sekund« saust sie dahin. Unzählig« Male hat sie di« Reis« vollführt und ist immer wohlbehalten zurückgekehrt. Sie wird auch in Zukunft ihren Weg vollenden. Dr. Rudolf Wegner. gewesen sein mochte, und da wurden st» all« still und schauten v beiseite. Der Mann aber barg da» klein« Schnttz-werk behutsam, da» nun geheiligt war durch dir Entsagung eine» Kinder- Herzens, und als er im Brief der Frau berichtete, welchen Fund er in seinem Rucksack gemacht habe, legte er einen Zettel für bas BUblein bei, in dem er sich herzlich für die große Freude bedankte. Me Frau las den Zettel vor, und der Bub horchte aufmerksam zu. Dann sagt« er beiläufig, er hab« wohl gewußt, baß «r dem Vater damit ein« groß« Freude machen wevde. Und lnde in den Taschen, au» d«r Stube, damit di«
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