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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.06.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-192106235
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19210623
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19210623
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-06
- Tag 1921-06-23
-
Monat
1921-06
-
Jahr
1921
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.06.1921
- Autor
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sK Wieder 2 Psund Einmachtzucker. Die zunächst für August geplante zweite Ver teilung von Einwachezuckcr beabsichtigt das Wtrtschastsministerium mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Obst.rnte kcretls Anfang Juli vorzunehmen. Es werden wiederum 2 Psu d zur Velteittmg gelangen *— Io hannesfeter. Bei günstiger Wit terung singt der K rchcnchvr zu St Dinitatis am Freitag cv enbs '8 Uhr ans dein alten Friedhof. Anschließend findet eine IohanneLseiec uns dem neuen Friedhof statt, wobei der Posauncnchor des ev.-iuth Männe - ur-d Iüngttngsvereins St. Trinita'.is zum Gedächtnis der Verstorbenen einige Choräle zum Vorttug dringen wird. b—. Die Sammlung für die Mis si o n s n o t h i l f e ist in unserer Stadt von bestem Erfolg gewesen, hat sie doch die Summe von über 11000 Marl! erbcacht. D'e Opfer Willigkeit war besonde s in der T'initatkpeweinde groß, die zu diesem H'lfsweib über 6000 Wark bet- gesteuert hat. Gewiß ein erfreuliches Zeich-n dafür, daß noch Sinn und Verständ-ts auch für christliche Liebcswcrke, die letzten Endes allen wieder zugute komm n, vorhanden ist Der Trinttatisgemeinde gereicht das Ergebnis zur Ehre und den Sammlern wie den Schenkgebern ist es der schönste Lohn für ihre Mühe und ihren Opsersinn. Die gespendeten Gelder sind dem Direktorium des Glauchauer Kcriovereins für innere Mission überwiesen worden. *— Ueder die Leiden der Kriegs gefangenen in Avignon berichtet am Sonnobrnd abend im Schützenhaus in einem öffentlichen Doruageabend der ehemal. Kriegs- gefangene Lünemann aus Chemnitz Bekannt lich werden im Zuchthaus- zu Avignon (Frank reich) noch rtwa 115 deutsch- Kriegsgefangene fcstgehalten Das Interesse für diese Unglück lichen zu wecken und durch eine große Protest aktion auf ihre Freilassung hinzuwirken, gilt dieser Vortragsabend, zu dem ein Massenbesuch erwartet wird. Die Geschwister Schmidt werden dabei m>t Gcsongsvorträgen aufwaten. (Näheres in der Anzeige.) *— Der Bunte Abend des Erzgebirgs- verzins wird infolge des Ablebens des Ehren mitgliedes Privatmann Carl Scheer auf Dienstag, den 28 Juni, verschoben. *— DerFilm gegen die Geschlechts krankheiten in den Kummec-Licht-Sotclen hatte großen Erfolg. Dr. med. Lange hielt hierzu einen erläuternden Begleitoortrag. Stadt- rat und Schulen hoben beschlossen, den Film später auch der schulentlassenen Jugend vorsühren zu lassen. t. Oberlungwitz, 23. Juni. Die prio. Schllyrn- gestllschajt in Oberlungw tz beabsichtigt in diesem Jahre das Schützenfest wieder auflebcn zu lassen und wird nicht Mühe und Kosten scheuen, es zu einem wahren Volksfest zu gestalten. Dasselbe wird an den Tagen des 9,10, II. und 12. Juli im Gasthof »zum Lamm* abgeha'ten und am Sonnabend mit einem Zapfenstreich eingeleitet werden Am Sonntag mittag ist Beginn des PttUschießens; Montag mittag Abholung des Königs und Fortsetzung des Schießen» auf Preis- sch tbe, während dieser ZF? konzertiert die Stadt- Kapelle Hohmüe n-Ecnitthai auf d m Festplatze Diensia^ mittag Beginn d s Könj^gch'eß.ms, abends Köni pb.ll nur für Mi'gliedcr und Los- inbccker. Für V iusti iungrn für jung und att auf dem Frstplvtze hat dec F stausschuß genügend Sorge getragen und ist bemüht, Schau, Schieß- und Spielbuden heronzuschaffm Hoffittl-ch findet die Veranstaltung auch die Unterstützung des Publikums, um ein althergebruchies Fest wilder zur Blüte zu bring'n ):( Oberlungwitz, 23. Juni. Das 25j ihrige Mielerjabiläum konnte am Dienstag Schuh- mochermeister Edua-d Nick sch hier feiern. Der Jubilar wohnt 25 Jahre ununterbrochen im jhause Nr. 53 bet dreimaligem Wechs-l des Anusm-ttes, allerdings innerhalb der Fcmil-e: O wald Walther, dessen Ehefrau Anna Walcher und jetzt deren Sohn Kail Wilcher. In der heutigen Zeit der Zuspitzung der Gegensätze zwilchen Vermieter und Mieter verdient dieses Jubiläum erwähnt zu werden. 8 Gersdorf, 23 Juni. Die Vorgänge Ende März d. I. ou! verschiedenen Gruben des Kodier »vier r hatten j tzt ein abermaliges Nach spiel vor dem außerordentlichen Gericht zu Dresden. Die Anklage betraf Landfriedensbruch sowie da mit zusammenhängende Delikte und richtete sich gegen 16 Bergarbeiter, sämtlich in Oelsnitz und Stollberg wohnhaft. Es wurde auf folgende Gefängnisstrafen erkannt: Bruno Max Hahn, 1 Iah-', außerdem 5 Jahre Ehrverlust; Richard Max Scheibner, 8 Monate; Hugo Bruno Udlig, 8 Monate; Albert Lippold, Kurt Willi Scheit hauer, Oswald Walter Kretzschmar und Paul Willi Ficker, je 7 Monate; Willi Kurt Gebhardt, Willi Lippold, Paul Alfred He nrich, Kurt Paul Kreuztr-r, Ernst Lippold, Kurt Heinrich Bochmann, Max Richard Dörrer und Emil Walter Härtel, 6 Monate; Hermann Erich Mehlhorn, 5 Monate Das Verfahren gegen Richard Paul Laux wurde abgetrennt, während gegen die nicht zum Termin erschienenen Bergarbeiter Josef und Friedrich Schickel Haftbefehl erlassen wurde. Die meisten Angeklagten standen im Alter b s zu 25 Jahren * Grüna, 23 Juni Im Alter von 85 Jahren starb hier nach nur 3tägtgem Kranksein Sanitäts rat Mäcke, ein weitbekannter Arzt. * Chemnitz, 23 Juni. Im Kamps gegen die polnischen Insurgenten in Oberschlesien siel der Student Kurt Philipp von hier * Stollberg, 23 Juni Anstelle des am 1 August in den Ruhestand tretenden Geheimrats Obemmtsgerichtsdirektors Keller ist Amtsgerichts rat Rotte aus Zwenkau zum Nachfolger ernannt wo'den. * Dresden, 23. Juni. Zwei Ruderer unter nahmen in einem Dopprldoot eine Aasfahrt auf der Elbe aufwärts und wollten bei Laubegast ihr Boot an einen Kettenschlepper anhängen. Die Ruderer fielen aber dabei in die Elbe Der eine war des Schwimmen» kundig und versuchte seinen finkenden Gefährten Han» Kurt Wieden zu retten, doch verließen ihn einige Meter noch vor dem Ufer die Kräfte und er mußte den Gefährten seinem Schicksal überlasten, so daß er er.rank sz Meißen, 23. Juni. Im Zusammenhang mit der 7OO'Iah:fei>r des Domkapitels St P.tri zu Bautzen wird die Wiedererrichtung des Bis tums Meißen durch den päpstlich.n Nuntius Pocellt erfolgen. * Leipzig, 23. Juni Die nunmehr geschlossene 28 Wanderausstellung der Deutschen Landwirt- schasksmsellschaft wurde von rund 225000 Personen aus saft allen Gauen Deutschlands besucht. Auch das Ausland stellte eine beachtenswerte Anzahl von Vertretern. Die Umsätze, welche die Aussteller erziel m, entsprechen durchaus den Erwartungen. * Zwickau, 23 Juni Der Kriminalpolizei gelang es, den 37 Jahre alten Händler Drechsel aus Gera festzunehmen, dec mehrere Ballen Schafwolle auf dem hiesigen Bahnhose abholen wollte, die ec falsch deklariert tatie. Die ange- stellten Erörterungen haben ergeben, daß er die Wolle mit einem anderen Händler in Gera ge» Mlinsam in der Kammgarnspinnerei Liebschwitz gestohlen hatte * Schwarzenberg, 23. Juni. In der letzten Stadtvrrordnetensitzung, die, wie die vorher gegangenen, durch das Fernbleiben der bürger lichen Vertreter nicht beschlußfähig war. beschäftigte sich die sozialistisch-kommunistische Mehrheit mit der Mandatsniederlegung der bürgerlichen Wit- gl'eder und erklärte dieselbe für gesetzlich un begründet und unstatthaft. Tmes SM «st Syiei. — Gegen die Besteuerung der Turn- »nd Sport-Bewegung hat der Deutsche Reichsdund für Leibesübungen erneut an das Reicksministerium des Innern den Antrag ein» gereicht, vor der Vollendung der geplanten Steueroorlage eine Konferenz gemeinsam mit den zuständigen Reichsstellen herbcizusühren. Hsvdtl M Msstrk. — DevUenrurlt 22 Juni Amst-rdam-Rorr«, da.n 2888,65 B., 2848 'S BrcH-l.Antwrrpe.i 562,40 S. 563,60 B.. Tbeifttama 1t 06,45 D., 1008,55 Kopenha^ 1127,80 S., 1200,20 B., «tockbolm 1570,00 G,, 1574,10 S, HelftnaforS 105 85 B., 106,15 B., Italien 851,60 S 852,40 B., London 264,15 G., 265,05 B., Newyvrk 70 62 G., 70,68 K . Poris 566,40 S., 567,60 B.. Schweiz 11^3,80 G., 1!S6,20 d, Spanien SS-,05 G., S40.S5 0., ÄN-n (alt) —,— G., —B., Wien (Deuttchyperr pM 18,28 G., 18,27 B., Prag 06 20 G., 66 40 k».. Budapest 28,07 L., 28 13 S. Beemer BanmwoadSrf«. Notierung am 22. Juni. Fully middling american g o 28 mm lcko per 1 »iUo 10,80 i18,50i. — Sind rohe seidene Strümpfe oder ungeformte gärnige seidene Strümpfe luxus- steuerpflichtig? Die Wirkwaren-Zavrikamen- Vereinigung E v Chemnitz teilt folgende» mit: Nach eingehenden Verhandlungen mit dem Retch«- finanzmintsterium hat uns dieses jetzt folgenden Beschluß zugehrn lafs-n: »Rohr Strümpfe au» Seide (d h rohe Strümpfe, die noch gefärbt, appretiert und geformt werden müssen) und gär- ntge Strümpfe aus Seide (d. h solche Strümpfe, die noch appretiert und geformt w iden müßen), bedürfen, um gebrauchsfertig zu werden, noch einer wetteren Bearbeitung in Form des Färbens, Appretierens und Formen oder des Appretierens und Formens. Soweit der Färber und Appreteur das Färben, Appretieren und Formen seidener Strümpfe nicht im Lohirbetriebe, sondern für eigene Rechnung oornimmt, übt er die gleiche Tä-.igkeit aus, wie diejenigen Industriellen, die die rohen seidenen Strümpfe oder die gärnigen Teidenftrümpfe in Sirumpffabriken aufkaufen, um sie särbrn, appretieren und formen bezw. appretieren und formen zu lassen und sie dann in den Handel zu b-ingen. In diesen Fällen würden Färber und Appreteur als Hersteller der seidenen Strümpfe zu gelten und für die Entrich tung der Lux ossteuer sür die fertigen Strümpfe im gleichen Umfange aufzukommen haben, wie die Industriellen, die seidene Strümpfe in voll kommen gebrauchsfertigem Zustande (d. h. also gewirkt, gefärbt, appretiert und geformt) in den Handel bringen' Letzte M-rl-tes. Breslau. Die Verhandlungen zwischen dem General Höfer und dem englischen General Hen- nicker haben nach einer offiziösen Meldung voll ständige Uebereinstimmung über den Räumung»» plan ergeben. Die Mitglieder des Zwöiferaus- schufses verhandelten am Mittwoch gemeinsam mit den drei nach Oberschlesien entsandten Reichs» tagsabgeordneten der Regierungsparteien über den neuen Räumungsoocschlag. Sowohl die Mit glieder des Iwölferausschusses wie die Reichstags abgeordneten Pohlmann, Schulte und Ksester kamen dabei zu dem Ergebnis, daß dieser Plan die beste Lösung zur Erzielung der baldigen Räumung Oberschlestens in Uebereinstimmung mit den Alliierten sei und daß von deutscher Seite nur zu wünschen übrig bleibe, daß mög- lichst rasch an die Durchführung herangetreten werde. Verantwortlich für die Schriftleitung: Dagobert Lulp, für und Anzeiaen: Brun» Preiß. Verlag und Orwik: Gustav Hohenstein, Hohcnstetn-Grnstthal. MA8KI «ün-vZ killst In cker liüekv »Pirker». ViftMtltulei' >i «z I» zrin-i Ir. 8. Lchloß Damerow. Ein Familienroman" von Erich Knopp. (Nachdruck »trboien). (Fortsetzung.) „Hahaha! Beneidenswert! Als Ehe frau des Inspektors Kohlrausch!" „Ter auch mal Gutsbesitzer werden uu." „Ja, durch seine Frau. Denn du selbst als zweitgeborener Sohn besitzt doch ein eigentliches Vermögen nicht, wie dtt mir ge sagt hast." „Tas möchte ich nicht so bestimmt be haupten" „Dich sollte nicht auch der große Grund besitz gereizt haben, als du nm mich warbst ?" „Nein. Er hat mich nicht gereizt, konnte wich wirklich nicht reizen," kam eS klar und jest von seinen Lippen. „Das glaube ich nun doch nicht." „Wenn du die Bcrhältnissc so kennen windest, wie ich sie kenne, würdest du es glauben müssen." „DaS verstehe ich nicht. Bon weichen Berhältnissen sprichst du?" „Bou den BeimögensverlMtuissen des Rittergutes Damerow." „Die halst du sür schlecht?" Agnes sag!e eS förmlich wütend. „Nun, gnt sind sie keineswegs. Dawit woben wir aber diesen Gegenstand ver lassen. Uebrigeus must ich jetzt fort. Da hinten ist ein Gcwittci im Anzug, Ich habe es schon längere Zeit beobachtet. Es will mir nicht gefallen." .Kohlrausch war von der Bank ausge- sprungcn und eilte in laugen Sätzen ans dem kürzesten Wege qner über den Nasen direkt nach dem niedrigen Janne, den er ge wandt überkletterte. Gleich darauf Hörle mau seine Kvmmandvstimme aus dem Hof und iu den Ställen. Agnes hatte sich gleichfalls erhoben und schritt dem Schlosse zu, denn der Himmel verdunkelte sich zuseheuds. Nein! Was ihr Mann da augedeutet hatte, konnte nur ein Schrectschnst sein, nm sic zu demütigen. Es war ja unglanblich. Papa hatte doch erst unlängst die grvste Summe aus den Land- vcrtäuseu vereinnahmt und damit viele Schnlden beglichen. Das war doch eine Ber- bessernng der Bermögcnslagc und keine Berichlechtcrinig. Hinter ihr, neben dem Parkgitter, kam ein Reiter dahcrgesprengc. Es war der Baron. Agnes konnte ihn gut beobachten. Seine angstverzerrten Züge verrieten nichts Gul cs. „.-llohlransch/ rief er schon von wenem, glaube, Henle ist der Deibel los. Vier icu i-ste nicht auch, wie kalt es pivblub u>i-b? Da liegt Hagel in dci Luit. Basten Sie auf." Er sprang schnell ab. Tas Pferd wurde iu den Stall geführt. „Freilich gibtö Hagel, Herr Baron." „Großer Gott! Und meine Saaten, meine Saaten! Hätte ich doch nur Ihren Rat befolgt." „Ja, es wäre besser gewesen. Aber vielleicht läufts doch noch mal gnädig ab." „Nein, Kohlrausch, diesmal nicht. Ich babe so etwas wie eine böse Bvrahnung. Mhon die ganzen Tage lästts mir keine Ruhe. Kommen Sie näher, ich must mich uns Sie stützen. — Ta, da, da — nun fängts sa auch schon an. Horen Sic das Sanson? Unheimlich, teuflisch, nicht? Ui, ui, wie cs prasselt!^ Allmächtige!, welche Schläuen! Ich kann — es nicht mit — ausehon. Brin > en Sie mich hinauf. Ich - ich — werde u. .ouh." Nur mit Mühe tonnte ihn Kohlrausth u seinem Arbeitszimmer geleiten. Hier Hgtc sich der Barco anfs Sosa und schloß Mo Augen. Draust.m aber bombardierte der Himmel die Fenuerschoioeu unaufhörlich mit Hagelkörnern, Oie häufig die «tröste von Haselnüssen hatten. ES war eine grausige Musil für die Ohren des Lchloßherrn, denn er hatte in diesem Jahre tröst Anratens von e: o hl rau sch keine Versicherung gegen Hagol- uhadou abgeschlossen, hatte üvordies oon u-etrcideban ans den grössten Teil feiner Ländereien ausgedehnt, um durch den späteren Mehlverkauf einen noch erheb licheren Gewinn zu erziele», ivie ihn das verflossene Jahr gebracht. Bou beiden Pro jekten hatte Kohlrausch den Varon abzu- bringou versucht, aber es war ihm nicht ge lungen. Und nun ivar das Unglück da. Eine Viertelstunde hielt das Unwetter an. Dann klärte sich der Himmel wieder auf. „Koblrausch," rief der Baron schwach, „reiten Sie die Felder ab und bringen Sic mir Bericht. Ich selber kann es nicht. Ich glaube, mich rührt der Schlag, wenn ich die schöuen Saaten alle am Boden liegen sehe." Als Kohlrausch nach einer Stunde zu- lücklehrte, war aus seinem Gesicht alle Farbe gewichen. Wie ein Bankerotteur stand er vor dem Varon und meldete mit heiserer 'Stimme, daß die Befürchtuttgcu mugetrossen, die sämtlichen Saaten er schlagen seien." „Mein Ruin, mein Ruin!" wimmerte der Varon. „Lassen Sie sich vor meinem .ctinde, vor meiner Tochter, nichts merken, wie furchtbar mich Gott gestraft hat. Ich weiß gar nicht, wofür." * Der Hagelschlag war der unheilvollste ' seit Jahrzehnten gewesen nnd hatte einen borartigeu Schaden in einzelnen Landkrei sen verursacht, daß die Provinz sich genötigt sah, dou besonders Bedrängten, namentlich Rn Unvotstchoi ton, erhebliche Unterstütznn- uon zu gowastirn Auch das Gut Damerow mbioll einen bobouwnbou Betrag angowie sen so daß der Verlust für den Baron nicht so erheblich war, wie er von vornherein hatte befürchten müssen. Aber er hatte von jostt an kein Vertrauen mehr zu seinem Ur teil und unternahm nichts, was nicht auch von Kohlrausch gutgeheißen wurde. ** Agnes war durch diesen Vorfall aus ihrer ruhigen Sicherheit aufgerüttelt wor- don. Wenn sie auch von dem wahren Stand der Dinge unmittelbar nichts erfuhr, sc hauen doch die Andeutungen ihres Mannes und daö hinfällige Wesen ihres Vaters, das sie seit dem Hagelschlag beobachten konnte, ihr in gewissen Grenzen die Augen goönnet. Teunvch vermochte sie sich nicht in ihre Rolle als Kran des Inspektors Kohlrausch hin- euizusindeu. Der Mangel an hänslichen Pflichten ließ ihr nach wie vor viele Stnu- Mn zur Muße übrig. Gab es keine Möglichkeit, die UeUen nieder abzuschüttoln, an die sie geschmiedet ivar? Gewiß, eine Scheidung hätte sie von ihrem Manne befreit; eine solche würde unter normalen Verhältnissen auch auf irgend eine Weise durcyzusetzen sein. Aber bei ihr lagen eben keine normalen Verhält nisse vor. Es stand das an Hinrichsen be gangene Verbrechen dazwischen, das sic an- gestistet hatte, nnd dessen Mitwisser ihr Mann geworden war. Nur unter Preis gabe dieses Geheimnisses konnte sie die Sesseln lösen, die sie mit ihrem Manne ver- inüpften. Sie mußte sich selbst brandmar ken als Anstifterin eines Mordes, wurde womöglich mit einer entehrenden Freiheits strafe bedacht und war dann eine Geächtete, von der sich die Welt schaudernd abwandle. Ihrem Vater würde sie damit den Todes stoß versetzt haben. Diese Lösung war mit hin nicht gangbar für sie. Wenn eine solche überhaupt möglich schien, mußte sic auf anderen Wegen gesuchi werden. Aber aus welchem? Nun? Konnte sie nicht selbst — Ihre Hände zitterten, ihr Gesicht nahm einen dämonischen Ausdruck au. Nein! Das nicht! Niemals! rief cs in ihr. Dn willst in den Augen der Welt besondere Achtung beanspruchen und schreckst nicht davor zurück, im geheimen, wo es nie mand gewahr wird, dich abermals mit sol chen teuflischen Gedanken zu befassen, die dich entehren ? Die dir erneutes Unglück, erneute Schlach, ja gerechte Sühne bringen könnten vor dem weltlichen Richter? Ist es schon so weit mit dir gekommen, daß du solch perfide Handlnng in den Vereich deiner Erwägungen ziehst? Gift wolltest du . . . Aber ihre bösen Instinkte ließet« sich nicht so schnell verscheuchen, wie sie gekom men x. Sie raunten ihr zn: Hast du nicht ichvn ciu Verbrechen aus deinem Gewissen? Haben dich die Leute darum weniger ge achtet? Es kommt doch nur daraus an, daß uHst.s cn:Mstt wird Deshalb sei vorsichtig nno jcyiau. Kuhre aus, was dir für richtig hältst; befreie dich von dem Tyran»'.»; jchüttle deinen Mitwissere und Bc.orüctcr ab. Er hat es verdient, denn nur mit Arg list hat er dich an sich gebracht. Unaufhörlich bekämpften sich iu ihr zwei Strömungen, von denen zeitweise die ciiic nnd dann die andere die Oberhand behicU, je nach der Stimmung und Verfassung, in der sie sich gerade befand. Die Aussicht, viel leicht in nicht allzu ferner Zeit wieder voll ständig willenssrei zu jein, erhöhten ihre» Widerstand, den sie ihrem Manne in ent scheidenden Augenblicken von jetzt an ent gegensetzte. S« wurde das Ebeleben für beide Teile n»erquicklich. Möglicherweise hätten bci Agnes in der Folgezeit die böfeii Instinkte den Sieg davvngetrngen, wenn nicht ein Er eignis eingetrete» wäre, das alle» über raschend kam und das Seelenleben der ehe maligen Baronesse aus eine ganz andere Bahn drängte. Es war wieder Herbst geworden. In Picisenstein, in der Nähe des Jwieselfalles, ivurden die großen Fabrikbanten in Angriff genommen, die die Firma Overdiek ». Cic. zu Hamburg ausflihren ließ. Sie hatte an dem Projekt der industriellen Ansnütznng des Wasserfalles jestgehalten, einmal, weil die Kaufabschlüsse ihres Vertreters Hinrich sen mit der Hälfte der gesamten Inter essenten, nämlich den Meiscnstemer Bauern, alle rechtsgültig waren, das andere Mal aber, weil das Unternehmen, trotz der er littenen Einbuße, ihr immcr noch lukrativ genug erschien, nm aus der Ausführung zu beharrem Kür die Banhandwerter: Maurer und Zimmerleute, wäre» im Steinbrnch Va- racteu errichte! worden, die zur Unterkunft und Beköstigung dienten. In der freien Zeit, a» den Keiertagen, sah man deshalb häufig größere oder kleinere Trupps von Handwerkern, die alle von auswärts stamm ten, am Wasserfall oder im Steinbrnch ihr Wesen treiben. Wo seil Jahre» leine Menschenseelc sich hinverirrl hatte, da tanch- len jetzt einzelne Waghalsige nnd sehr Vor witzige ans, um ihre Neugierde zu befriesi gen oder sich von ihre» Genosse» bcwnttd.'rn z» lasse» Durch de» Wetteifer angcjpornt, gelang- tc» einige jüngere Leute auch ans den Grund einer duntlen Schlucht, die sich etwa l-'O Fuß fast senkrecht znm Himmel svrt- seytc. Aber hier wurde ihr toller Uedermut durch eine Wahrnehmung gedämpft, die stc erschauern machte. Sie standen ganz plötz lich oor der Leiche eines Mannes, die tief in dcn Schlamm der Sohle eingedrückt lag nnd an Gesicht nnd Händen schon in Bek» wcjnng nbcrgegangen war, daß an verschie» denen Stellen die Knochen bloß lagen. Boli Entsetzen wandte» sie diesem »»heimlicheu On*dc» Rücke» und machten über ihr« grausigen Knnd Anzeige beider Poliz^.
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