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Redaktioneller Teil. pH 163, 17. Juli 1913. feier zur Eröffnung der Klassen 11 und 12, Buchhandel und Buch druck, die von den Präsidenten, Verlagsbuchhändlern Vandeveld, Brüssel, und Hoste, Gent, in Anwesenheit des Gouverneurs der Provinz Westslandern, Baron de Kerchove d'Exacrde, und des Generalkommissars der Ausstellung, Jean de Hemptinne, voll zogen wurde. Diese Ehrengäste ließen es sich nicht nehmen, jeden einzelnen Stand zu besichtigen und sich die einzelnen Aus steller vorstellen zu lassen. Sie zeigten zudem für alles, was mit dem Buchgewerbe zusammenhing, ein anerkennenswertes, einge hendes Interesse. Hiermit wären wir bei den buchgewerblichen Abteilungen der einzelnen Länder angelangt, denen in folgendem eine gedrängte Übersicht gewidmet sein soll. Eine eingehende Darstellung des Ausgestellten dürste sich erübrigen, nachdem wir eine solche sowohl bei Gelegenheit der Lütticher Ausstellung von 1905, als vor allem zur Brüsseler Weltausstellung von 1910 in einer ganzen Reihe von Artikeln gegeben haben; der Verlagsbuchhandel hat in den letzten Jahren keine so wesentlichen Fortschritte aufzuweisen, als daß eine neue Charakteristik seiner Erzeugnisse in den verschie denen Ländern gerechtfertigt wäre. Es haben in der Hauptsache die gleichen Firmen ausgestellt wie damals, so daß wir uns darauf beschränken können, zu zeigen, wie und in welchem Um fange ausgestellt worden ist. Das belgische Buchgewerbe ist mit der bisher nicht er reichten Zahl von 60 Ausstellern vertreten. Die von ihnen besetzten zwei Salons befinden sich in der ersten belgischen Halle, gleich links vom Haupteingang. In geschickter Weise ist diesmal auch die Ausstellung der Druckpressen und andern buchgewerblichen Maschinen im anschließenden Raume untergebracht; die Abtei lungen für die Papierindustrie und die Photographie befinden sich nebenan, so daß man sich ohne Mühe ein Gesamtbild von der graphischen Industrie Belgiens verschaffen kann. Was nun spe ziell die Auslagen des Buchhandels betrisst, so müssen wir leider gestehen, daß Belgien im Jahre 1910 absolut nichts gelernt hat. Dieselben traditionellen, banalen Schaukästen und Schränke, die selbe Anhäufung von Verlagsprodukten fast ohne jegliche Aus wahl. Als geringstes Zugeständnis an die Forderungen des Tages einige Schränke offen, aber kein Plätzchen, wo man sich in die Besichtigung oder Lektüre versenken könnte, keine »bequemen Klubsessel«, von denen man mit Neid bei den deutschen Aus stellungen immer wieder liest, kein Kunstwerk, das, wie aus der Brüsseler Ausstellung des Deutschen Buchgewerbebereins, die Eintönigkeit der ausgestellten Ware angenehm unterbrochen hätte, keine irgendwie individuelle, charakteristische Darstellung des allerwichtigsten, folgenschwersten Produktes der menschlichen Tätigkeit.... das Wasser läuft einem im Munde zusammen, wenn man in dieser Einöde an die wundervollen Demonstrationen denkt, die uns die Bugra in Leipzig fürs nächste Jahr verspricht. Das holländische Nachbarland hat sich auch diesmal wieder durch einen stilgerechten Pavillon in Backstein-Nachahmung ausge zeichnet, dessen Äußeres angenehm gegen die ihn umgebenden, weiß getünchten Hallen absticht. Er ist weniger groß als der des Jahres 1910, und auch die Beteiligung des niederländischen Buchgewerbes hält sich in sehr bescheidenen Grenzen. Sie beschränkt sich aus eine Kollektivausstellung der Vereinigten »bleäerl. Citgeversbonä« und »VereeniAinA tor üevorckcrinA van cks HelanAkn ckos Rosk- banckels«, für welche die von unserm Kollegen Smeding geleitete Niederländische Buchhandlung in Antwerpen ein einfach und geschmackvoll ausgestatletes Kontor eingerichtet hat, in dem die neuere Literatur, nach Wissenschaften geordnet, in Fächern, auf Bücherborden und einem Tisch aufgelegt ist, und auf die Einzel- ausstcllungen von C. A. I. van Dishocck in Bussum (mit schönen Bilderbüchern), vitZevers Vonnootsekan »kutura« in Leiden (populäre Wissenschaft, Soziologie, Politik, Religion) und der weltberühmten Druckerei und Schriftgießerei Enschedä L Zoonen in Haarlem. - Wie im Jahre 1910 hat auch diesmal der »Vlxs- meen Verkamt« die Gelegenheit benutzt, für die »Flämische Bewe gung« zu agitieren, indem er Probeexenchlare der in flämischer Sprache in Belgien erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften nuslcgt. Der Erfolg der unermüdlichen flämischen Werbetätig keit wird durch folgende Ziffern veranschaulicht: Im Jahre 1840 besaß Belgien 25 derartiger Blätter, 1855 waren es 72, 1899 be reits 363, und im Jahre 1913 sind sie gar auf 893 angewachsen! Leider schaden die häufigen Übertreibungen der »Flamin- gants« der flämischen Sache mehr, als jahrelange, vernünftige Werbearbeit sie fördert. Ein neues Beispiel hatten wir an dem der Generalversammlung der Buchhändler vorausgegangenen Sonntag. Bei Gelegenheit des feierlichen Einzugs der könig lichen Familie in Gent hatte die französische Abteilung ein her vorragendes Konzert veranstaltet. Französische Künstler sangen in französischer Sprache — in der flämischen Stadt Gent. Welcher Landesverrat in den Augen der Flamingants I Sie schlugen Lärm, und beinahe kam es zu einer regelrechten Keilerei. Das wäre allerdings echt flämisch gewesen; man denke nur an die Jahrmarktsszenen der flämischen Meister. Schließlich wurden die Ruhestörer an die Lust gesetzt, und die Folge davon war eine große »Ovntre älanikestation kisn?»ise« in der belgischen Presse, die sich nicht scheute, das intellektuelle Niveau dieser Sorte von Flamin- gants mit dem gewisser englischer Frauenrechtlerinnen auf eine Stufe zu stellen. Und mit Recht! Die Ausstellungen der großen Staaten, in erster Linie Frank reichs, dessen glänzende Beteiligung bekanntlich den Erfolg der Weltausstellung gesichert hat und neben dem Deutschland und Großbritannien nur eine bescheidene Rolle spielen, sollen den Gegenstand einerzweiten,Schluß-Betrachtung bilden, doch soll heute noch aus die aktuelle Bedeutung Gents als Kongreß st adt hingewiesen sein. Wie bei allen derartigen internationalen Aus stellungen der letzten Jahrzehnte haben sich auch in Gent eine große Anzahl von nationalen und internationalen Kongressen Rendezvous gegeben. Von einigen der letzteren ist das Pro gramm im Börsenblatt schon bekannt gegeben worden, und wenn wir es uns auch versagen müssen, sie alle in dieser ausführlichen Form hier zu behandeln, so sei in folgendem wenigstens die voll ständige Liste mitgeteilt, die wir einer schmucken kleinen Fest schrift »I-cs Oongres a I'Lxxvsition« entnommen haben, die allen nach Gent kommenden Kongresststen zugleich mit einer vorzüglich illustrierten Beschreibung der Stadt als Erinnerung mitge- gebcn wird. Internationale Genossenschaft für Rentenpapiere <17.-18. Mai) — Landwirtschaft (8.-13. Juni) — Pächterinnen-Vereine (12.—15. Juni) — Haushaltungsunterricht (15.—19. Juni) — Weltkongreß der internationalen Vereinigungen (15.—18. Juni) — Verband der Flachs- und Wergspinner <16.-18. Juni) — Ge flügelzucht (19.—21. Juni) — Verband der Eisen-und Kurzwaren- händlcrveceine (7.-8. Juli) — Zivil-Ingenieure <19.-22. Juli) — Kunst (19.—23. Juli) — Panzeltischer Kongreß (22.-24. Juli) — Kinderschutz (27. Juli) — Städtebau und Städtewesen (27. Juli bis 1. August) — Nahrungsmittelfälschung (1.—3. Aug.) — Augenheilkunde (2.-3. Aug.) — Kinematographie <3.-6. Aug.) — Lustschisfahrt (4.-8. Aug.) — Mittelschulwesen (10. bis 13. Aug.) — Esperanto (14.—20. Aug.) — Gemcindesekreläre (14.—18. Aug.) — Neurologie und Psychiatrie (20.—26. Aug.) — Nudervereiue (22.-24. Aug.) — Scouting (24.-26. Aug.) — Metall-Institut (28.—30. Aug.) — Ausbreitung und Pflege der französischen Sprache (31. Aug. bis 3. Sept.) — Verband zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit <3.-6. Sept.) — Gartenbau (8. Sept.) — Obstbau (8.-9. Sept.) — »kour inieux so cvnnaitrv« (Französisch-Deutsche Annäherung der Intellektuellen) (9.—13. Sept.) — Bergwerksbesitzer (15.—17. Sept.). Hierzu kommt noch der soeben angekündigte 3. Internationale Kolonialkongreß, einer der wichtigsten, der von der belgischen Regierung (Kolonialministerium) mit Hilfe des Institut kolonial International in Brüssel organisiert wird, nachdem sich bereits zwei belgische Kongresse mit Kolonialfragen beschäftigt haben (donxres pour lo perkectiounement äu materiel colonial, 22. bis 25. Juni und VonAiös äes »ckournees coloniales« 7.-9. Juli). Die Liste ist nicht ganz so lang wie diejenige der zur Brüsseler Welt ausstellung 1910 veranstalteten Zusammenkünfte, doch müssen wir zu der immerhin stattlichen Zahl noch 60 »nationale«, d. h. bel- lstortfctzung auf Teile 7347.)