Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 15.11.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191911151
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19191115
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19191115
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-11
- Tag 1919-11-15
-
Monat
1919-11
-
Jahr
1919
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 15.11.1919
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«ein «e«t ans «rbeitteinstellnvß. Nach einer Meldung aus Saarbrücken erlies; General Andlauer, der oberste militärische Ver walter des Saargebiets, eine Proklamation an die Bevölkerung, wonach das Recht aus Arbeits einstellung aufgehoben wird. Für den Fall eines Streiks wird ein Sondergericht in Saar brücken errichtet, das mit weitgehenden Straf befugnissen gegen zuwiderhandelnde Arbeiter aus gestattet ist. — Dar britische Kriegsgericht in Düren hat einen angesehenen Dürener Bürger zu sechs Monaten Gefängnis verur- teilt, weil er in seinem Hause das von einem alliierten Offizier bewohnte Zimmer nicht genügend geheizt hatte. Eine Kampforqanisation hat sich in München gebildet. Sie ist zum Schutze gegen die Vereinheitlichung Deutschlands nach dem Muster Frankreichs gedacht. Sie nennt sich „Deutscher Bund" und bezeichnet sich als Auf- klärungsbund deutscher Födera- listen für e"ln einiges freies Deutschland mit Anschluß Deutsch- österreichs an das Reich. Das Bureau des Bundes ist in München. Er besitzt Landes- crganisationen in ganz Bayern, Württemberg, Baden, Oesterreich, Vorarlberg, Tirol und Nie dersachsen. Warenaustausch mit England. Während der ersten 10s^ Monaten der Unter zeichnung des Waffenstillstandes haben die Ver einigten Königreiche von Großbritannien nach Deutschland Waren im Werte von 16 Millionen Pfund Sterling ausgeführt, während sie von Deutschland nur für 217 000 Pfund erhielten. Durch Streit ftillaeleqt. Durch die technischen Schwierigkeiten, die sich infolge deS Angestelltenausstandes ergeben, hat sich die Firma Heinrich Lanz in Mannheim ge zwungen gesehen, ihren gesamten Fabrikbetrieb einzustellen. «tue retzulutiouSre Arbeitsgemeinschaft. Die Mitglieder des aufgelösten roten Voll- zugsrateS in Berlin beschlossen gestern in der Bötzow-Brauerei die Bildung einer revolutionären Arbeitsgemeinschaft für Groß-Berlin, die die wei teren revolutionären Maßnahmen vorbereiten und leiten soll. Der Vorsitzende der neuen kommuni stischen Zentralstelle, VollzugSrat Rasch, ist in zwischen in der letzten Nacht bereits aus militä- rische Anordnung hin festgenommen worden. Bo« europäische« Kriegsschauplatz. Ein Funkspruch aus Kamenez-Podolsk mel det, daß die Truppen Petljuras inKiew gestern eingezogen sind. Denikin ist vollständig geschlagen. Die ukrainischen Truppen haben 8000 Gefangene gemacht, darunter 1250 Offiziere, 60 schwere und 18 leichte Geschütze sind durch Petljura erbeutet worden. Die „Times" meldet, daß der englisch« Ad miral Beatty den Oberbefehl der alliierten Kriegs schiffe von Kronstadt und Petersburg übernom men habe. Auf den Forts von Kronstadt und auf den befestigten Inseln vor Petersburg liege seit drei Tagen wieder das Feuer der Schiffs geschütze, was den Beginn einer neuen Offensive gegen die Bolschewisten ankUndige. Aus HelsingforS wird gemeldet: daß Gene ral Judenitsch Jamburg geräumt habe. Kube de» Mesenftr-ik- i« Amerika. „Newvork Times" melden, däß die amerika nischen Bergarbeiter den Befehlen ihrer Führer gehorchen werden und daß den cinlaufenden Be richten zufolge in den meisten Bergwerken Ende dieser Woche die Arbeit wieder ausgenommen wird. Eine zeftSrte Siegesfeier. Bei einer zur Erinnerung an den Abschluß des Waffenstillstandes in Centralia (im Staate Washington) veranstalteten Parade feu erten Leute, die angeblich Mitglieder der Ver einigung „Industriearbeiter der Well" sind, auf die Vorbeiziehenden. Vier frühere Soldaten wurden getötet, zwei tödlich und mehrer« Zander« weniger schwer verwundet. Ein Mann, der auf' den Zug gefeuert hatte, wurde gehenkt. Acht Verdächtige sind verhaftet worden. «tmltizt SAttpiirm. Der Schneesturm in Norddeutsch! a n d dauert an. Von westlich Hamburg bis östlich von Memel fiel seit 48 Stunden ununterbrochen Schnee, der das ganze Land fußhoch bedeckt und vielfach Verkehrsstörung geschaffen hat. Die Lchiffahrt ist durch die Schneestürme besonders behindert. Die Kälte hat sich in Nordostdeutsch land bis zu 12 Grad, im nördlichen Schweden bis zu 20 Grad gesteigert. In Hannover hat der Schneesturm schwere Schäden verursacht, besonders im Ver lehr. Bei der Eisenbahn sind zahlreiche Weichen eingeschneit und eingefroren. Mehrere Kohlenzüge blieben stecken. Die Schneemassen und der starke Ostwind haben in den Waldungen des Deisters und am Gehrdener Berge, ferner im Süntel und in den Weserbergen, sowie an den Obstbaum plantagen und an den Obstbäumen auf den Landstraßen schwere Schäden durch Schneebruch angerichtet. Auch der Fernsprech- und Telegra- phenverkehr wird auf Tage hinaus erhebliche Un terbrechungen erleiden, denn zahlreiche Drähte sind zerrissen. Die Kartoffelzufuhr hat 'seit vier Tagen ganz aufgehört, da die Landstraßen ver schneit sind. Auch in der Frankfurter Ge gend sowie im Maintal ist heftiger Schneefall niedergegangen. Aus Toronto wird der „Franks. Ztg." zufolge berichtet, daß an der Küste Neuschott lands ein gewaltiger Orkan großen Schaden ungerichtet hat. Alle Telephon- und Telegraphcn- leitungen seien zerstört und sehr viele Schifft auf den Strand gesetzt worden. ^ertliches und Sächsisches. e.— Erhöhung der Wagen st and- gelber. Die bei der gegenwärtig außerordent lich schwierigen Betriebs- und Verkehrslagc dring lich erforderliche Beschleunigung des Güterwagen umlaufs wird in den meisten Fällen dadurch be einträchtigt, daß die Güterempfänger nicht be strebt sind, mit allen Mitteln für fristgemäße Entladung zu sorgen. Von dieser Säumigkeit konnten die Beteiligten auch nicht durch die von den Eisenbahnen schon bisher durchgefiihrten Er höhungen der Wagenstandgelder abgebracht wer den. Um eine weitere Gefährdung der Lebens mittel- und Kohlcnversorgung zu verhüten, sieht sich die Sächsische Staatseisenbahnverwaltung deshalb gezwungen, bis auf weiteres eine starke allgemeine Erhöhung der Standgelder eintreten zu lassen. Das nach Ablauf der standgcldsreien Zeit zu berechnende Wagenstandgeld wird nun- mebr für den Wagen für die ersten 24 Stunden aus 50 Mk., sür die zweiten 24 Stunden auf 75 Mk. und für jede weiteren 24 Stunden aus 100 Mk. erhöht. vsz. Gegen die Entsendung und Tätigkeit der Kontrollkommis sionen, die vom sächsischen Wirtschaftsmini sterium in den lieferungspflichtigen Kreisei, und Gemeinden aufgestellt worden waren, um die Kartoffelablieferung der Erzeuger zu hebeu, hat der Laudeskulturrat in einer neueren Eingabe Einspruch erhoben. Begründet wird die Eingabe damit, daß fortgesetzt Klagen und Beschwerden über das Auftreten und vorgekommene Mißgriffe laut werden. Zum Schluß wird die sächsische Negierung dringend gebeten, bei der Reichsregic- rung dafür cinzutreten, daß allen auf dem Ge biete der Kartoffelversorgung herrschenden Miß stände durch Aufhebung der Zwangswirtschaft ein Ende gemacht wird. *-- DaS Einkilopaket. Wie er innerlich, Hot die Nationalversammlung in die sem Herbst bei Beratung des neuen Postgebüh- regßesetzes " die Einführung des Einkilopaketes zum 1- Januar 1920 verlangt. Der Einführung slaßd bis dahin entgegen der drohepde Einnahme- ausfall au Postgebühren, der sich aus Millionen beziffern wird, und der Raummangel in den Bahnposten. Zur Feststellung der Einzelheiten waren Fachleute aus den, Betriebe für die erste Novemberhälfte nach Berlin einberufen, desglei chen der bisherige Verkehrsbeirat der Neichspost- verwaltung, der bekanntlich aus Vertretern aller Berufsstände besteht. Infolge der Vcrkehrssperre mußten diese Beratungen wieder um Wochen hinausgeschoben werden. Trotzdem hält die Post- verwaltung an dem Plane fest,' die Sache bis zu dem von der Nationalversammlung gewünsch ten Zeitpunkte spruchreif zu machen. * — Das neue 50-Pfennig-Stück. Seit einigen Tagen ist das erste Geldstück der deutschen Republik im Umlauf. Das neue 50- Pfcnnig-Stück ist seit Jahrhunderten die erste deutsche Münze, die ohne Adler und Wappen bild erscheint. In der Form gleicht eS dem al ten Nickel-Zwanzigpfenuigstück. Es zeigt auf der Vorderseite eine große „50" und darunter in einem Querbalken in deutscher Fraktur das Wort „Pfennig". Neber dem Balken umrahmt die In schrift „Deutsches Reich" die Zahl. Unter dem Wort „Pfennig" steht die Jahreszahl 1919. Die Rückseite weicht völlig von dem üblichen Bilde ab. Sie zeigt die stilisierte Wiedergabe einer Aehrengarbe in Flachrelief, die quer durch die zweizeilige Inschrift: „Sich regen bringt Segen" durchschnitten wird. Ties Geldstück ist aus einen, leichten, sich fettig anfühlcnden weißen Metall (Aluminium) geprägt. Ter Rand ist eingekerbt wie bei den silbernen Einhalb-Markstückcn. *— Erweiterung des Kreises der Schössen und G e s ch w o r e^i e n. -Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: Wenn noch immer hier und dort Klagen darüber aus- tauchen, daß die Arbeiterschaft zu dem Amt eines Schöffen und Geschworenen in zu geringer Zahl herangezogen wird, so weist das Justizministe rium darauf hin, daß es bereits durch eine Ver ordnung vom 7. Oktober 1905 den Gerichten die vermehrte Heranziehung der seither ungenügend berücksichtigten Stände uahegelegt und diese Ver ordnung durch eine weitere Verordnung vom 13. März 1914 in Erinnerung gebracht hatte. Auch hat es . im Laufe der Jahre mehrmals dort, wo es angezeigt erschien, seine Hinweise wiederholt. In der Jetztzeit aber muß eine angemes sene Heranziehung der Arbeiter schaft sowohl wie der Kleingewerbe- treibenden und der mittleren und u n t e r e n B e a m t c n zu diesen Aemtcrn nach der Meinung des Justizministeriums um so mehr erwartet werden, als dadurch das Vertrauen in die Rechtspflege nur gestärkt werden kann, und daß es gerade in dieser schweren Zeit besonders nötig ist. Kein Kreis der Bevölkerung darf sich jetzt noch zurückgesetzt fühlen und von den Rich tern muß eine verständnisvolle Haltung auf die sem Gebiete erwartet werden. Uebrigens dürfte die künftige Zusammensetzung der für die Wahl der Schöffen und Geschworenen zuständigen Aus schüsse weiter dazu Mitwirken, daß allen noch nicht bestehenden Klagen bald der Boden ent- zogen wird. * — Auch ein H e i z u n g s m a t e r i a l. Unter der Ueberschrist „sic transit gloria" lesen wir in der „Süddeutschen Tabakszeitung": Wir erhalten von der Firma „Lindemann L Eo., Zigarren- und Tabaksabrikcn, Hamburg 8, To- veufleth 19—21, folgende Zuschrift: „ES ist sür die Allgemeinheit vielleicht nicht uninteressant, zu erfahren, daß die ganz bedeutenden Bestände der Heeresverwaltung in Kricgstabakcn (Buchcnlaub) bei der Verwertung der HeereSgüter durch die Wirtschaftsgemeinschaft in den Besitz unserer Firma übergegangen sind, und zwar zum Preise von 3 Mk., geschrieben drei Mark, pro Zentner, abgcpackt in Paketen. Diese Buchenlaubpakcte werden in Anbetracht der gegenwärtigen Kohlen not von uns als H«izungsmat«rtal virwendet werden. Die fest gepreßten Pakete eignen sich, sowohl ihrer Form, als auch ihres Inhalte» nach ganz „vorzüglich als ' Ersatz für Braunkoh lenbriketts." vsz. Wild preis«, Hasenkarten. Von Jägerkceiscn sind für den Verkehr mit Wild die nachstehenden Preise als . angemessen erklärt worden: Rotwild in der Decke für 1 Pfund 2,50 Mk., Rehwild in der Decke 3,50 Mk., Ha- sei, im Balg für 2 Mk., Karnickel im Balg für 3—4 Mk., Fasanenhennen für 8 Mk., Fasanenhähne 10 Mk., Rebhühner für 4 Mk., Wildenten für 6 Mk. Das Wirtschafts- Ministerium erteilt hiermit, soweit diese Preise eingehakten werden, und soweit im Kleinver lause hierzu ein-nach den örtlichen Verhältnissen angemessener Handelszuschlag erhoben wird, Be freiung von der Einhaltung der in der Verord- nung über den Verkehr mit Wild festgesetzten bisherigen Höchstpreise. Ferner sind bei Abgabe von Hasen keine Hascnkarten mehr abzufordern. — Die Preise hätten wir nun, wer bringt uns jetzt die Hasen? * — Bei den Wahlen zur Bezirks versammlung wurden im Bezirk Leip zig- 27 Unabhängige und 13 Bürgerliche und im Bezirk Annaberg 22 sozialdemokratische und 18 bürgerliche Vertreter gewählt. * — Wahlen zum Bezirks-, Bau ern- und Landarbeiter-Nat. Die für kürzlich angeordnete Wahl zum Bezirks-, Bauern- und Landarbeiter-Nat hat nicht stattsin- den können, weil die Stimmführer der Orts- bauern-Rätc Hohndorf, Meinsdorf und Oberlungwitz fehlten. Die Wahl ist deshalb nächsten Sonntag, den 16. Novem ber, 9—11 Uhr vorm., irp Gasthaus „Drei Schwanen" in Hohenstein-Ernstthal «u wieder holen.. Tie Wahl wird durch die Stimmführer der Landwirte und der Landarbeiter vorgenom- mcn. Jeder Stimmführer wcAlt ein ordentliches Mitglied und einen Stellvertreter. - -- Hohenstein-Ernstthal, 14 Nov Zum Besten ihres Unterstützungsfonds hielt die Orts gruppe des Reichsbundes der. Kriegsbeschädigten und -Hinterbliebenen gestern abend im Schützen- Hause ein außerordentlich starkbesuchtes Konzert ab. Die unter der bewährten Leitung des Mu sikdirektors Schösser stehende Stadtkapelle hatte hierzu eine Musikfolge aufgestellt, die auch den verwöhntesten Geschmack befriedigen konnte. Ein geleitet durch den in militärischem Schneid vor getragenen Donatbschen Marsch „Fest und treu" folgte Webers Ouvertüre zu „Oberon". Beson ders die zarten, erakt gespielten Pianissimostelleu, durchsetzt mit reichem, lcichthmgehauchtcn musika lischen Nankcnwerk und ost nicht leichten Passa gen, zeugten von gutem Zusammenspiel und tech nischem Können der Vortragenden. Dann brachte Herr H crma n n Schmidt j r. „Walters Traumlied" von Wagner wirkungsvoll zu Ge hör. Offenbar entfaltet sich seine an sich volle und sichere Stimme in den Höhenlagen wärmer und eindringlicher als in der Mittcllage, die namentlich durch etwas zu starke Klavierbeglei tung übertönt wurde. Bachs „Nordisches Bou- guet" sprach mit den geschmeidig vorgetragenen Solostellen an, während in WagnerS „Lohen- grin" die Streichmusik mehr zur Geltung kam. Die altbekannten und doch immer wieder gern- gehörtcn Motive verfehlten auch gestern ihren Zauber nicht. Ten zweiten Teil eröffnete die Suppcesche Ouvertüre aus „Dichter und Bauer". Ter folgende Sologesang von F r l. Käthe Nein b a r d erfreute besonders durch natür liches Empfinden und gute Treffsicherheit in hoben Lagen, wenngleich ibr Organ nicht restlos deck Forderungen des großen Saales entsprach. DaS stimmungsvoll vorgctragenc Mansche Streich quartett „Süßer Traum" fand mit seinen emv- findsam-poesievollcn Stellen — bis auf den eigen artig wirkenden Schreckschuß zum Schluß, der viele Zuhörer etwas unsanft aus den Träume reien (oder auch nicht?) rüttelte. Tas darauf folgende Duett „Still wie die Nacht" von Frl. Neinbard und Herrn Schmidt gesungen, zeugte. Sein Mrhängnis. Roman von Gottfried Bruckner. 44 F,an von Foerster schien über Liese Antwort etwas erstaunt, fuhr dann aber nach einer kurzen Panse fort: „Ist bis jetzt irgend etwas entdeckt worden, hinsichtlich — des — deS —" „TeS Mordes?" ergänzte er kurz. „Nein, in letzter Zeit gar nichts. Mein Onkel erzählte Ihnen vielleicht, daß ich den Kriminalkommissar Gill- wnldt in dieser Sache für mich beschäftige. Er , glaubt au meine Unschuld, interessiert sich sehr für den Fall und «lahm ihn mit großem Eifer in die Hund. Er fand die Spur deS Schurken, verlor sie aoer wieder, und seit zwei Monaten habe ich nichts mehr in der Sache gehört." „Daun halten Sie es also für wahrscheinlich, daß der Schuldige nicht mehr entdeckt wird?" „Es ist meine eigene Schuld," rief Hugo erbit» cert, „meine Schuld, daß ich noch nicht von diesem Verdacht befreit bin. Mit meinen eigenen Ohren hörte ich den Mörder seine Schandtat bekennen, und meine Ucbereilnng war Schuld daran, daß er trotzdem entkam." „Ja, ich erinnere mich," erwiderte sie teilneh mend. „Und so lastet dieser Verdacht noch immer auf mir." „Und da das der Fall ist, würden Sie doch nicht, dessen bin ich sicher, das Mädchen, welches Sie lieben, gleichfalls unter den Schatten dieses Verdachtes bringen wollen?" fragte sie, gewandt die sich ihr bietende Gelegenheit benutzend. „Gnädige Fran!" rief er erschreckt. Von An« fang an hatte er ihre Absicht geahnt, aber jetzt, »vo dieselbe wirklich wurde, traf sie ihn doch fast unvorbereitet. „Ich mnß Sie bitten, Herr von Markwald, alle Gedanken daran aufzugeben, je die Hand mei» oer Nichte zu gewinnen." „Sie «vissen nicht, was Sie damit von mir ver langen," antwortete er in so ruhigem Ton, daß Frau von Foerster ihrerseits überrascht wurde und dann verlegen begann: „Natürlich muß es Ihnen schwer werden!" „Schwer werden?" wiederholte er mit einem heiseren Auflachen, in welchem sich die ganze Bit« terkeit seines Empfindens aussprach. „Schwer wer den! Sie ist das einzige Wesen auf Erden, welches ich wirklich liebe, außer ihr gilt mir alles nichts, Ruhm und Reichtum sind mir gleichgültig, außer ihr gibt eS nichts auf Erden, wonach ich wirklich verlange. Ehe ich ihr begegnete, hatte ich keine Ahnung, welche Wirkungen die Liebe anSübt, und wie meine Jugend leer und freudlos gewesen, so würde auch meine Zukunft ohne Cäcilie ein trau riges Dunkel sein. Dem« ich liebe st« mehr als mich selber," rief er von leidenschaftlicher Erre gung überwältigt. „Aber bedenken Sie doch nur," antwortete Frau vor« Foerster in ihrem Bemühen gelassen und unparteiisch zu erscheinen, „Sie wollten doch selber nicht, daß sie unter diesen Umständen Ihr Leben teilte. Sie sagten ihr doch selber, daß Sie sie nicht heiraten wollten, so lange noch dieser schreckliche Verdacht auf Ihnen lastete." „Allerdings," flüsterte er. „Nun sind inzwischen schon sechs Monate ver gangen, ohne daß irgend etwas entdeckt wurde. In sechs Jahren, oder sechzehn oder sechzig Jahren mag die Sachlage noch immer unverändert die selbe sein." „Das ist wahr," erwiderte er mit höchster Selbst überwindung. „Und würden Sie wirklich wünschen, daß Cä cilie jahrelang Ihrer wartete, und ihre Jugend dahinschwände, und sie in hoffnungslosem Har ren alt würde? Wünschen Sie wirklich, daß sie die innige, herzliche Liebe eines anderen Mannes zu rückweist, daß sie die Aussicht ans ein glückliches Hein« aufgibt, nur um ungezählte Jahre auf ein Ereignis zu harren, welches vermutlich nie ein treten wird? Ein Mann, der sie innig liebt, wünscht sie zur Gattin zu gewinnen." „Das weiß ich," erwiderte Hugo mit feindse liger Bitterkeit. „Er ist reich und vornehm." „Er ist nicht nur das," antwortete Frau von Foerster gelassen, „er ist der Sohn einer Jugend freundin von mir, ein edler, ehrenwerter Mann von tiefem Empfinden, an dessen Seite Cäcilie wirkliches Glück finden würde." „Aber sie liebt ihn doch nicht?" „Jetzt vielleicht noch nicht, aber sie achtet ihn. DaS Zusammenleben in der Ehe wirkt Wunder, und solche Gelegenheit, ihr LebenSglück sicher zu stellen, wird sich vielleicht nie wieder bieten. Dem nach ist jetzt meines Erachtens der Zeitpunkt ge- kommen, wo Sie beweisen müssen, daß Sie mein« Nichte wirklich und wahrhaft lieben, und daß Ihr Empfindei» nicht bloßer Selbstsucht entspringt." „Ich liebe sie," murmelte er vor sich hin, „und kann sie so ohne Kampf nicht aufgeben. Hören Sie mich an, gnädige Fran," rief er dann heftig. „Die Nichtigkeit Ihrer Worte kam» ich nicht be streiten, aber bedenken Sie auch, daß wir beide, Cäcilie und ich, einander innig lieben, und gewäh ren Sie uns noch eine letzte Hoffnung. Sechs Mo nate sind stit der Ermordung vergangen, geben Sie mir noch sechs Monate, den Täter zu ent decken." „Sechs Monate?" wiederholte sie. „Es ist wenig im Vergleich zn all den freud losen, langen Jahren, die vor Cäcilie und mir liegen, wenn es mir mißlingt," bat er innig. „ES ist nur eine kurze Frist, uud doch bedeutet sie viel leicht für Cäcilie und mich das Glück unseres gan- . zen Lebens." „Aber Graf von der Pforten?" meinte sie zweifelhaft. „Wenn er Cäcilie wirklich liebt, wird er so lange warten. Teilen Sie ihm mit, daß ich sie liebe, aber sie nach sechs Monaten freigebe»« werde, falls «S mir nicht gelingt, 'mich bis dahin von diesem schrecklichen Verdacht zu reinigen." Frau von Foersterzauderte unentschlossen, seine leidenschaftliche Erregung rührte sie beinahe, halte sie aber doch noch nicht überwunden. „Gesetzt den Fall, Cäcilie heiratete ihn, und eine Woche oder einen Monat später würde d?r Mörder entdeckt, würden Sie da nicht ebenso sehr wie ich selber die Empfindung haben, daß Sie, gnädige Frau, unS beide um uilser Lebensglück gebracht?" - „Wollen Sie mir fest versprechen, Cäcilie gänz lich aufzugeben, wenn nach sechs Monaten Ws Dinge noch ebenso unverändert stehen, wie heute?" fragte st«. „Ich schwöre eS. Wollen Sie mir diese Frist gewähren?" „Unter dieser Bedingung — ja." Er seufzte tief auf, als wäre eine schwere Last vo»« ihm genommen, »vandte sich dann kurz um und verließ stumm das Zimmer. 236,16 29. Kapitel. Ich kannte ihn früher einmal. AnwöchentlichzweiNachmittagenerteilte Emilie Orlowsky ihren Malnnterricht in der Regenten straße. Cäcilie hatte sich eiwgeräumiges Zimmer mit Nordlicht, welches in ihren Kinderjahren als Schulzimmer gedient hatte, zum Atelier einrichten lasse»», und dort »var sie jetzt, etwas mehr als eine Woche nach jener stürmischen Unterredilng zwi schen ihrem Verlobten und ihrer Taute, zusammen mit Fräulein Orlowsky. Von Anfang au hatte die Lehrerin sich große Mühe gegeben, die Freund schaft oder wenigstens das Vertrauen ihrer Schü lerin zi» gewinnen, aber bis jetzt »var ihr das nicht gelungen. Die Zurückhaltnng Cäcilieus entsprang weniger einer wirklichen Abneigung als einer Art instinktive»» Mißtrauens gegen diese in ihren Augen recht unweibliche und unfeine Malerin.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)