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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 06.11.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191911068
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19191106
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19191106
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-11
- Tag 1919-11-06
-
Monat
1919-11
-
Jahr
1919
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 06.11.1919
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den könne. Die» Halle nur geschehen könne», wenn er, während er die Wilsonsche Frieden», aktion betrieb, gleichzeitig auf den U-Bootkrieg hingearbeitet hätte. Da» habe er aber nicht ge tan. Er habe im Gegenteil feine ganze Arbeit darauf gerichtet, den drohenden U-Boot- krieg durch Betreibung einer' gleichzeitigen Friedensaktiön unmöglich zu machen. Zu einer Gegenüberstellung de» Grafen Bern storff und de» früheren Reichskanzler» kam es bei der Frage de» Sachverständigen Prof. Hoetzfch, ob der Botschafter Gerard über die Absichten sei ner Regierung nicht genügend informiert gewesen sei. Hierzu erklärten beide übereinstimmend, daß Gerard bis zum Antritt seiner Reise nach Ame rika nicht orientiert war, und von Bethmann Hollweg fügte hinzu, daß ihn Gerard auf seine Frage in einem gewissen Tone de» Vorwurfes gegen seine Regierung gesagt habe: „Ich habe keinerlei Informationen." Die Verhandlungen wandten sich dann der Vemehmung des Staatssekretär» a. D. Zimmer mann zu. Vorsitzender Warmuth: Nach einer Mitteilung der „Doisischen Zeitung" haben Sie in einer vertraulichen Besprechung mit der Presse erklärt, daß wir unser Friedensangebot am 12. Dezem ber erlassen hätten, um der Aktion der Präsiden ten Wilson zuvorzukommen. Staatssekretär a. D. Zimmermann: Es ist mir sebr wohl erinnerlich, daß ich eine derartige Bemerkung gemacht habe. Ich habe mich dabei wesentlich von innerpolitifchen Erwä gungen leiten lassen. Es kam mir darauf an, daß die deutsche Presse und das deutsche Volk möglichst geschlossen hinter die Aktion der Re- gierung treten möchten. Nur zu diesem Zwecke habe ich mich damals dieser Wendung bedient. Aus weitere Fragen des Abg. Gothein und des Reichsministers David erklärte Staatssekretär Zimmermann, daß er einem Friedensschritte Wilsons den Vorzug gegeben hätte, daß Wil son aber so lange gezögert habe und sich nicht wundern konnte, wenn wir uns zu einem solchen Schritte entschlossen. Die Ausfiih- rungen, die er vor der Pressekonferenz gemacht habe, seien lediglich taktischen Erwägungen ent sprungen. lieber diese Frage wurde sodann Verlags direktor Georg Bernhard vernommen, der unter seinem Eid aussagte, er habe bei der fraglichen Pressebesprechung den Eindruck gewonnen, daß der Staatssekretär der Auffassung war, daß, wenn in einem Deutschland ungünstigen Sinne Wilson eine Friedensaktion Vorhaben würde, wir. um diese zu verhindern, das deutsche Friedens angebot machten. Erst später nach der Rückkehr Bernstorffs hab« er erfahren, daß auf unsere Veranlassung Wilson «ine solche Friedensaktion vornehmen wollte. Er sei dann aufs höchste er schreckt gewesen über den Doppelsinn der Mit teilung des Staatssekretärs, der die P r e s f e damals völlig hinter» Licht ge- führt habe. Die Sprache kam sodann aus die Depor tation der belgischrnArbeiter. Hierzu erklärten sowohl Nnterstaatssekretär Zim- mermann als auch der frühere Reichskanzler von Betbmann .Hollweg, daß ihnen vom poetischen Standpunkt aus diese Deportationen im höchsten Grade unerwünscht waren, aber als mili tärische Notwendigkeit begründet wurden, um daS -Hindenburgprogramm ausführen zu können, von Betbmann Hollweg führte dann weiter aus, er hätte selbst gewünscht, dgß unser Friedensange bot und die Wilsonsche Aktion nicht durch andere Vorkommnisse des Krieges durchkreuzt worden wären. Er fuhr unter starker Bewegung fort: Wollen Sie immer nurvon eige nen Sünden und völkerrechtlichen Anomalien sprechen, wo wi^einer völkerrechtlichen Anomalie ge gen über st eben wie der Blockade durch England, durch di« unser Volk aus Gen.erationen verelen- det Word«nist? . , - - - ich: Nachdem zum Schluß die deutschen und öster reichischen Frieden»bedingung«n zur Spracht gö-l kommen waren, wurden die Verhandlungen aus Mittwoch vertagt. l Herrn von Bethmann Hollweg muß män^ wie man auch sonst zu der Richtigkeit und Nütz lichkeit seiner Auslassungen stehen mag,, dankbar sein für die am Ende der Sitzung gegebene Kennzeichnung der selbstzerfleischeirden'^Mt- 'dös Ausschusses, alle Handlungen Deutschlands in den Schmutz zu ziehen und kein Wort "für die schwe-^ ren« Völkerrechtsbrüche der Gegner, die K nur die 'Ursache zu unseren Abwehrmaßnahmen 'Küren/' zu find»n. ' '' Rundschau. ; Hera«- «it de« KriegSgefa«geve«r Die Erbitterung über das immer längere Festhalten der deutschen Kriegsgefangenen -in Frankreich hat im ganzen Reiche den Höhepunkt erreicht, umsomehr, als die Regierung mit jeder Auskunft zurückhält. Am Sonntag hat nun-, wie uns geschrieben wird, in Dresden eine Mas senversammlung stattgefunden, die das Signal geben will zu einer allgemeinen Aktion in ganz. Deutschland, damit endlich unseren noch immer in französischer Gefangenschaft schmachtenden Volksgenossen die Rückkehr in die Heimat Hrmög?- licht werde. In der Versammlung wurde' .fol- , gende Entschließung gefaßt: Die am 2. Novenu ber im Centraltheater zu Dresden tagende Ver sammlung von 3000 Personen aller-Stände for- dert von der Neichsregierung, daß sie sofort Mtz, ihr zur Verfügung stehenden politischen und d' ralischen Druckmittel anwendet, um die HerMH^ gäbe aller Gefangenen zu erzielen und daß,,sie der Oeffentlichkeit darüber Rechenschaft gibt. Sie fordert alle Landes- und Ortsgruppen des Volks- bundes zum Schlitze der deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen auf, auch ihrerseits entsprechende Schritte zu tun. Sie beauftragt die Ortsgruppe Dresden des Volksbundes, sich an den amerika nischen Senat und an das englische Parlament, sowie an die französischen Sozialisten zu wen den, damit die französische Regierung auch von diesen Seiten zum Nachgeben gezwungen werde. 22ZVW SriegSitefimgeue sind bisher nach Deutschland zurückgekehrt. Es* besteht Aussicht, daß die . noch in England befindlichen 55 000 Mann bis Ende November heimgekehrt sind. Aus Aegypten sind/zwei,. Dampfer unterwegs. Mit dem Abtransport der rumänischen Gefangenen ist in nächster- Zeit bestimmt zu rechnen. Nur Frankreich . -.-.'. Lchaffmrg eine» ««ichrt««»»fchaftS- gefrtzes. Der Allg. deutsche Knappschaftsverband' hielt in Berlin zur Beratung dieser Frage eine ge meinsam« Sitzung der Mitglieder seines stän digen Ausschusses aus dein Kreise der Arbeit geber mit Vertretern der Arbeiter (Knappschafts ältesten) ab. Die Regierungen und Bergbehör den der Einzelstaaten Deutschlands und die Berg- arbeilerverbände hatten Vertreter entsandt. Nach dem der Vorsitzende des Allg. deutschen Knapp- schastsverbandes, Geh. Bergrat Dr., Weidtmann, auf die Wichtigkeit der Beratung hingewiesen hatte, erstattete der Verwaltungsdirektor des Knappschaftlichen NückvcrsichcrungSvcrbandeS, Tr. Heimann zu Charlottenburg, einen Gesamtbericht, dem eine eingehende Besprechung folgte. Auf Vorschlag des Vorsitzenden wurden für die ein zelnen Zweige, wie Krankenversicherung, 'Pe'n- sionSkassen, Verhältnis der Knappschaftrkassett zu anderen Vereinen, Verwaltung und UebcrgängS- bestimmungen, besondere Berichterstatter unter- Zuziehung von Arbcitervertretern gewählt, die" zunächst je ein« Vorlage ausarbeiten sollen, wel che den weiteren Beratungen als Grundlage zü dienen hat. Die D-ar-rL«ieuanleihe. Wie wir hören, sind sämtliche Vorbereitungen ^zur Auflegung- der neuen Sparprämienanleihe nunmehr vollständig getroffen. Die Zeichnung '»beginnt anv Montag, den 10. November. Zeich nungen nehmen entgegen jede Bank, jed, Spar- lasse und jede Kreditgenossenschaft. Ei«e ve«e Protest«ste * -(die wievieltes) ist von Deutschland an die Alli- ierten abgegangen, die bekanntlich die Ausliefe rung der schon 1915/16 an Holland verkauften -fünf, deutschen Handelsschiffe verlangen. Deutsch- 'land schlägt Entscheidung durch .neutralen Schieds spruch vor. diese Erpressungen. .. "Int den Verhandlungen des Fünferrats über .dief vcW Deutschland zu unterzeichnenden Zusätze Ipurhe auch noch beschlossen, von Deutschland äußer der Auslieferung von Leichtern, Kreuzern und Zerstörern noch die Herausgabe von weite ren 000 Tonnen Kriegsschiffsraum, der sich noch m irgendeiner Forni in Deutschlands Be sitz befindet, zu fordern. Deutschland soll sich Weiter verpflichten, das Baltikum völlig zu räu- inen, Deutsche Delegierte sollen nach Paris . gehen und die Formalitäten dieser Räumung er- ledigen. Gleichzeitig werden deutsche Delegierte haS Protokoll (Zusatzprotokoll zum Versailler Vertrag) zu unterzeichnen haben. Witzpirlschaft oder Gozmlifier««g? Hn'dcr Dresdner Artillcriewerkstätte wird ein kaufmännisches Gebaren gepflogen, das jeder Be schreibung spottet. So hat man z. B. für 5)^ Millionen MaA Aufträge übernommen, die noch im Anfangsstadium der Ausführung sind, -und für die schon jetzt über 3 Millionen Mark an Löhnen gezahlt worden sind. Teure Nutzhölzer, die heute sehr schwer oder überhaupt nicht mehr zu haben sind, werden zu einem Bruchteil ihres Preises ganz sinnlos verschwendet. Man hat den Eindruck, so wird versichert, daß da» Geld wie mit Scheffeln auf die Straße geschüttet werde. Berlin vor dem Geueraiftreik. In den Kammersälen in der Teltower Straße zu Berlin tagte gestern abend eine überaus stark besuchte Versammlung der auf dem Boden der Unabhängigen und der Kommunistischen Partei stehenden Arbeiterräte, Betriebsräte und Betriebs- b funktionäre. In einer angenommenen Entschlie- ' ßung wird dem VollzugSrat die Ermächtigung erteilt, nach ergebnislosem Verlauf des Ultima tums im Metallarbeiterstreik den Aufruf zum allgemeinen Generalstreik zu unterzeichnen. — Die Sireikparole wird anscheinend befolgt. A»»dehnung ße» Metallardeiterstretk» auf das «eich? - Der "Berliner Metallarbeiterverband hat die Arbeitnchmervereine Mitteldeutschlands fiir kom menden Montag zu einer Konferenz Ungeladen mit der Tagesordnung: Anschluß an die Ber liner Streikbewegung. Wie die „B/ Z. am Mittag" meldet, hat der Verband der Berliner Metallindustriellen be schlössen, auf seinem Standpunkt zu verharren. Damit war das Ultimatum der Generalversamm lung der Vertrauensleute der Metallarbeiter ab gelehnt und die Voraussetzung für den General streik in der Metallindustrie gegeben. Dauernde Beschränkung des PersoueuverkehrS. Die „Münchn. Ztg." erfährt aus Berlin: Nach Aufhebung der allgemeinen PersonenverkehrS- sperre werden auf den deutschen StaatSbalmen mehr als 40 v. H. aller jetzigen Personenzüge dauernd in Wegfall kommen. Die Schuivfrage. Pariser Blätter melden, daß als Sitz des alliierten Gerichtshofes für die Aburteilung der Schuldigen am Weltkriege und an der völker rechtswidrigen Kriegführung vom Rate der Alli ¬ ierten Pari» bestimmt ist. — Kn der neugebil- beten Kommission, die di« Uebersührung der Schuldigen nach Paris zu veranlassen hat, er hielt Frankreich den Vorsitz. — „Daily Expreß" zufolge äußerte Lloyd George im Unterhaus«, erst wenn die Größe der deutschen Schuld am Krieg« fiir die Welt durch das kommende Ge richtsverfahren festgestellt sei, könn« man den Völkern der Alliierten zumut«n, die b i » h » r »» g«n F«ind« in den Völkerbund aufzun«hmen. Fi«»lau«s KriegSerklir««- a« Rutzlan». Der finnische Senat hat den Kriegszustand mit Sowjetrußland ausgesprochen. Die finnische Grenze gegen Rußland ist gesperrt. Die in Finn land weilenden russischen Bolschewisten wurden interniert. Die „Chicago Tribune" erfährt, daß die Ver einigten Staaten es abgelehnt haben, sich an der Blo*ckade Sowjet- -rußlands zu beteiligen. Aus New- york soll ein Kurier nach Petersburg entsandt werden, der die Versorgung der Stadt mit Fleischkonserven und kondensierter Milch in die Wege -leiten soll. Die für Rußland bestimmten amerikanischen Lebensmittel lagern bereits im Freihafen von Christiänia. Nach amtlichen Berichten hat General I u - denitsch die Eisenbahnlinie süd lich Petersburg zurückerobert und damit die Verbindung mit den estnischen Trup pen wieder hergestellt. «»eritsS Riesenstreik. „Times" melden aus Washington, daß die amerikanische Regierung 52 Regimenter Jnsante- 'rie, 28 Regimenter Feldartillerie, 4 Regimenter Kavallerie und 20 Maschinengewehrbataillone für die Bewachung der Bergwerke zur Verfügung gestellt hat. Es wird ein Streik der Eisenbahn arbeiter befürchtet. Man schätzt die Zahl der Streikenden in den Kohlenbergwerken auf 735 000. 100 000—200 000 Bergarbeiter arbeiten weiter. Vermittelungen im Bergarbeiterstreik sind bereits im Gange, haben aber bisher noch zu keinerlei Ergebnissen führen können. Gomper» schlug einen Schiedsspruch vor. VithiWriWllß M Rilch- MsSWUg. Vom Verband der Landwirte im Erzgebirge geht uns folgender Artikel mit der Bitte um Veröffentlichung zu: > Vor kurzem machte ein offiziöser Artikel dar auf aufmerksam, daß in diesen Tagen die soge nannte Anschneidekommission wieder Vieh aus Schlachtabgabe bestimmen werde. Von Schlacht vieh im eigentlichen Sinne kam: kaum mehr die Rede sein, denn bei den festgesetzten „Schlacht"- Viehprciscn ist die Schlacht-(Mast-)Viehzucht schon seit Jahren ausgerott-t, und der sonstige schlacht reife Abgang an Tieren ist infolge der dauern den Verringerung und der größtmöglichen Aus nutzung der Bestände für Milcherzeugung und Spannlcistung auf ein Mindestmaß herabgedrückt. Aber eS muß wieder Vieh aufgebracht werden. Die Negierung ist sich, tvie der Artikel selbst zu- gibt, bewußt, daß die gezahlten Preise zu den Erwerbspreisen in ungerechtem Verhältnis stehen, sie sieht selbst ein, daß der Landwirt die Geld mittel fiir den Wicderzukauf nicht ausbringcn kann. Sie tröstet ihn damit, daß er mit dem wenigen Futter den verringerten Bestand von Tieren besser ernähren könne. Das entschädigt aber den Landwirt nicht für den baren Verlust, der ihn durch die Wegnahme eines Stückes gegen geringe Entschädigung entsteht, das er während des Krieges teuer erwerben mußte, den Schaden bei Wiederzukauf gar nicht gerechnet. Allf der anderen Seite ruft die Regierung, ruft das Volk nach Milch, wenigstens für Kin der und Kranke. Nachdem jetzt die Grünfütte- Sein Mrhängnis. Roman voll Gottfried Bruckner. SS Die Uebereinstimmnng dieser Daten bestärkte -eu Kriminalkommissar in seiner Vermutung, daß Stößer nach seinem Zusammentreffen mit Mart wald am Neuen See Berlin zu verlassen beschlossen hatte. Freilich verhehlte er sich nicht, daß auch noch eine andere Deutung der unerwarteten Rück kehr und plötzlichen Abreise dieses ManneS mög lich war, die sich seiner Kenntnis gänzlich entzöge. War der Mensch wirklich nach St. Petersburg äbgereist. oder war diese Adressierung seines Ge päck» nur ein Kunstgriff, um den Diener, fall» etwa Nachforschungen erfolgten, eine unzutreffende Auskunft erteilen zu lassen? Der Mörder von Karl von Foerster hatte bisher gezeigt, daß er mit Geschick und Schlauheit oorgiug, bewies ReFi- naid Stößer vielleicht dieselbe Schlauheit und Vorsicht in seinen Maßregeln gegen möglich« Ent deckung und Aufspürung? Dreierlei mutzte noch «ntdeckt werden, wo Stö tzer zur Zett sich aufhielt, wo er am zwaiizigsten September gewesen war, nnd ob Harold Donati irgendwie in die Mordtat mit verwickelt war. Gillwaldt hätte ja einfach den Sänger besu chen und ihn anffordern können, ihm Stötzer» Adresse zu geben, aber jener hätte dann vermut lich einfach geleugnet, irgend etwas davon zu wis sen, wo sein Freund sich aufhielt, und hentzntäge, wo man Daumschranben und spanische Stiefel nicht mehr zur Anwendung bringen darf, lietz sich Eine Anskunst von ihm nicht erzwingen. Außer dem würde eine direkte Frage oder auch uur eine Andeutung, daß man nach Stößer suchte, die Bur schen lediglich noch vorsichtiger machen und Gill« waldt» weitere Tätigkeit noch mehr erschweren. Auf die zweite und dritte Frage durfte eine Antwort leichter zu finden sein. Stößer hatte wäh rend lemer Abwesenheit vermutlich einen regelmä ßigen Briefwechsel mit Donati aufrecht erhalten und der letztere vermutlich dies« Briefe aufbewahrt. Natürlich wäre die» eine tadelnswerte Unvorsich tigkeit selten» de» Sänger», irgend welche Brief« auszubewahren, die seinen Freund oder ihn selber eine» solchen Verbrechens überführen könnten; aber eS war ganz gut denkbar und möglich, daß ein Mann seiner Art solche Nachlässigkeit sich zu schulden kommen ließ und Dinge aufbewahrte, die bester zerstört wären. Ein einzige» Blatt Papier mit Datum und Adresse in Stößers Handschrift, sogar ein von ihm an seinen Freund adressierte» Briefknvert, auf dem der Poststempel deutlich zu entziffern war, würde für Gillwaldt» Zwecke ge nügen, und so beschloß er denn mit Hilfe des Die- ner» DonatiS Schreibtisch und sonstige Behälter gründlich zu durchsuchen. Inzwischen stellte Gillwaldt jedoch noch ander- werte Nachforschungen an, um außer den bloßen Behauptungen de» Diener» noch weitere Bestäti gung dafür zu schaffen, wo sich Donati während der Ausführung de» Morde» aufgehalten hatten: Nach der einen Richtung erzielte er ja allerdings Resultate durch die Nachforschungen in den Zei- , tungen der Orte, an deneu sich nach Heu Angaben de» Dieners Donati bei seinem Gastspiel aufge-. halten. Durch die Notizen in diesen Zeitungen wurden die Angaben des Dieners sämtlich bestä tigt. Aber da» war kein Beweis Gerade zum kri tischen Zeitpunkt könnte der Sänger sehr wohl zwei Tage von dem Orten de» Gastspiel» entfernt gewesen sein, ohne daß davon etwa» in die Zei tungen kam. Deshalb machte Gillwaldt noch ei nen weiteren Versuch. De» Abend» nach Schluß de« Theaters stellte er sich vor der Tür auf und sah zu, welches Restaurant die Künstler aufsuchten und folgte ihnen dorthin in einer Verkleidung, welche ihn al» einen BernfSgenossen erscheinen ließ. Soweit hatte er auch Glück, daß er in eine - lebhaft«, vertrauliche Unterhaltung mit ihnen ge langte, aber trotzdem er die halbe Nacht opferte, kam er doch nicht dazu, irgend etwas Bestimmtes öder für ihn Wichtige» über Donati in Erfahrung HU bringen. So begab er sich am folgenden Abend gegen acht Uhr wieder nach der Wohnung des Sänger». Diesmal wurde ihm sofort geöffnet, sowie er ge« klingelt hatte. Aber der Diener, der in Toilette, vermutlich in einem Anzuge, der feinem Herrn ge hörte, frisch gewaschen und mit reich geöltem Haar erschien, war durchaus nicht über den Besuch Gill« waldt» .erfreut und erklärte kurzab, daß er nicht viel Zett hätte, weil er sich mit seiner Braut ver abredet hätte, diesen Abend mit ihr zusammen tanzen zu gehen, nnd daß st« ihn vermutlich schon erwartete. - „Da» tut mir leid," antwortete Gillwaldt, „aber da muß Ihr Fräulein Braut eben warten. Da» läßt sich nicht ändern. Ich bedarf Ihrer An« ' Wesenheit hier für mindesten» zwei Stunden." „Sie würde mir da» nie verzeihen, wenn ich - st« so in, Stich ließe." „Doch wohl, wenn Sie ihr ein schöne» Ge« schenk äl» Entschädigung verehren?" fragte Gill waldt mit einem schlauen Lächeln. 7 ^Ein Geschenk?" „Ja. Kein Mädchen kann dem widerstehen, „ einer Brosche oder einem Armband. Hundert Marl würden sogar schon zu einem hübschen Diamant ring auSreichen: und wie würden ihre Augen leuch ten beim Anblick eure» echten Brillanten! Glau ben Sie mir, sie wird Sie dann noch einmal so lieb haben, wie jetzt,"" Der Diener grinste befriedigt nnd begann sich langsam seine Händschuhe und seinen Ueberrock auSzuziehen, dabei vor sich hin murmelnd: „Wü- i tend wird sie aber doch werden." „DaS ist sehr gut für ein junge» Mädchen, wenn sie zuweilen so im Stich gelassen wird. Sie / fühlt sich dann ihrer Geivalt über Sie nicht so si- i cher und bekommt einen kleinen Vorgeschmack da von, was sie von ihrem Herrn und Galten zu er warten hat." „DaS ist alle» ganz schön, wenn man erst ver heiratet ist, aber vorher —" „Vorher ist solche Lektion noch weit wertvoller und wirkungsvoller. Aber nun an die Arbeit, daß Sie Ihre hundert Mark für die paar Stunden anro verdienen." Der Diener schien sich in sein Schicksal ergeben zu haben und fragte: „Was wünschen Sie heute abend?" „Zuerst will ich mir einmal Herrn Stößers Zimmer ansehen und mich überzeugen, ob er nicht zufällig irgend welche Papiere oder Briefe hat liegen lasten." „Datz er das nicht getan hat, kann ich Ihnen schon sag«»." „Ich möchte mich aber lieber selbst davon über zeugen." „Und dann?" „Dann wünscheich di« Briefe deS Herrn Do nati zu sehen, besonder» diejenigen, die er in sei nem Schreibtisch oder sonstwo verschlossen hat." „Aber er trügt seine Schlüssel immer bei sich, noch dazu besonders vorsichtig, der Schlüsselring hängt an einem Kettchen, welche» am Hosenbnnd sestgenäht ist." „Er ist also sehr vorsichtig damit, de» Schreib- tisch verschlossen zu halten?" „Aber sehr." „Nun, da» schadet nicht». Ich habe Nachschlüß sel, mit denen ich jedes Schloß zn öffnen weiß." „Aber wenn er entdeckte oder auch nnr arg wöhnte —" „Lassen Sie mich nichts weiter von Aber hören. UebrigenS werde ich selber daranf bedacht sein, alles genau ebenso ordentlich wieder hinzulegen, wie ich e» gefunden habe. Denn mir liegt ebenso- viel wie Ihnen daran, daß er nicht» davon erfährt, wie seine Sachen durchsucht und seine Bewegan- I«n beobachtet werden." 288, lS
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