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-«mein viel günstig« für de« N-Vootkrieg al» je zu einem anderen Zeitpunkte der Jahre». Trotzdem habe ich mich gegen den U-Bootkrieg zum 1. Februar ausgesprochen. Ei« «euer Zwischenfall Helfferich—Sohn. Als der Abgeordnete Cohn von Dr. Helf- serich di« Beantwortung der Frage erbat, ob von England noch Reis eingesührt wurde und der Vorsitzende Goth ein sich diese Frage zu eigen machte, entgegnete Dr. Helfferich: Ich werde dem Vorsitzenden auf diese Frage ant- Worten. An diese Bemerkung knüpft sich eine längere Auseinandersetzung zwischen Dr. Cohn, dem Vorsitzenden und Dr. Helfferich. Der Abgeordnete Warmuth hielt eS für nötig, die Erklärung Dr. Helfferichs zu Beginn der heutigen Vormittagssitzung zu verlesen, wor auf der Ausschuß um 5^ Nhr sich zur Beschluß fassung. hierüber zurückzog. Nach etwa einstün- diger Beratung verkündigte der Vorsitzende als Beschluß des Ausschusses, den Antrag des Abge- ordneten Warmuth, den Einspruch des Zeugen Dr. Helfferich gegen den* Strafbeschluß vom Sonnabend zu verlesen, mit 4 gegen 2 Stim men bei Stimmenthaltung von Dr. Cohn abzu lehnen und den Staatssekretär Dr. Heisse- rich wegen wiederholter Zeugnis verweigerung wieder in die Höch st zulässige Strafe von 300 Mark zu nehmen. Weiter erklärte Dr. Helfferich: Die Wirkung des U-BootkriegeS war so stark, daß nach einigen Monaten ganz bestimmte Symptome einer Friedensgeneigtheit hervörtrateu. Die Frie- denSgcneigtheit ist aber durch Dinge zerstört wor den, über welche ich jetzt nicht sprechen will. Die Annahme ist falsch, daß 'England nicht ganz er heblich durch den U-Bootkrieg für feine Ernäh- rung gelitten hätte. von Bethmann Hollweg weist dar aus hin, daß der Admiralstab bei seinen Berech nungen nie davon sprach, England auf die Knie zu zwingen; er hat am 22. Januar in der Denk, schri t lediglich die Garantie übernommen, daß England friedensbereit werden sollte. Ich für meine Person, fuhr von Bethmann Hollweg fort, habe weder am 9. Januar noch sonst wann die sichere Erwartung gehegt, daß wir durch den U-Bootkrieg England zum Frieden zwingen wür- den. Ich bin nicht enttäuscht gewesen, daß die ses Resultat ausblieb. Als bestes, was der U-Bootkrieg für uns leisten könnte, habe ich an genommen, daß in England Gedanken dafür her- vorgerufen würden, daß den fortgesetzten Ton nageverlusten «ine Verständigung über «inen Frieden vorzuziehen sei, auf welchen sich England mit seinen Verbündeten einlassen könnte. Damit ist die Vernehmung Dr. Helfferichs beendigt. lieber de« Zweck de» Untersuchung»ausschuffe» gab der Vorsitzende zu Beginn der Montagsitzung folgende Erklärung ab: „Die Vorgänge, die sich am Schlüsse der letz- ten öffentlichen Sitzung ereignet haben, haben in der Oesfentlichkeit wie auch bei den Teilnehmern des Verfahrens Zweifel über die Aufgaben des Untersuchungsausschusses hervorgerufen. Demge genüber stelle ich auf Grund einstimmig und un erschüttert gebliebener Beschlüsse erneut fest: Der ^Untersuchungsausschuß hat, wie das auch in der Nationalversammlung einwandfrei festgestellt wor den ist, lediglich den Charakter einer parlamentarischen Enquete-Kom- Mission. Ihm liegt kein Ermittelungsverfah ren für den StaatSgerichtShof oder ein Strasge- richt ob. Sein Zweck ist nicht, Anklagematerial zu verschaffen, sondern die Ausklärung und Fest stellung von Tatsachen oder Ursachen aus poli tischen Zusammenhängen. Dieser Beschluß ist unbedingt verpflichtend für alle Mitglieder des Ausschusses, ebenso aber auch für alle Zeugen, die in ihren Aussagen sich aller Werturteile zu «nthalten haben." Air de« VaW».W F Die gestern von un.S mitgeteilte Ilnterstellung des Obersten Awalofs-Bcrmondt unter General von Eberhardt ist unter gleich^itiger Verftändi- gnng der Verbandsmission, die. gestern programm mäßig von Kowno nach Tilsit zurückkehrt«, er- folgte 'n' Der verschvu«dL«e Führer. Wie aus Reval gemeldet tt^rd, hat an Stelle des Obersten Awalosf-Bermondt, der mit seinem Stabe spurlos verschwunden ist, Oberst Durnow den Oberbefehl über die russische Nordwcstarmee übernommen.' Der Zusammen bruch der Armee ist darauf Airückzufiihren, daß die „Eiserne Division" gemeutert hat und infolgedessen die weitere Gefolgschaft verweigerte. Die Uordweftar«ee vor -er EnmaffsAvg Di« Neste der russischen Rordwestarmee sind jetzt in die Nähe von Jamburg zurückgedrängt worden, also auf ein Gebiet, das bereits außer halb der Linie liegt, von der aus Judenitsch seine Offensive gegen Petersburg begann. I u- dcnitsch selbst sieht seine Stellung als Hof s- nungs,los an und hat die estnische Regierung um die Erlaubnis ersucht, sein Heer über die Grenze Estlands führen zu dürfen. Die estnische Negierung hat beschlossen, die Nordwest armee bei ihrem eventuellen Uebertritt in ihr Land zu entwaffnen. Das Freikorps DikbitschheiMilekehrt Als letzte reichsdeutsche Truppe, die noch kämpfend auf russischem Boden stand, hat sich das Freikorps Diebitsch, dem Befehl der heimi schen Negierung folgend, auS Kurland über die Grenze zurückgezogen. Das Freikorps ist im Januar vom Oberstleutnant von Diebitsch gebil det worden, dem Nachkommen des russischen Ge nerals von Diebitsch, der mit Jork den Vertrag von Tauroggen abschloß. Beim Aufbruch aus Rußland umfaßte die Verpflegungsstärke 22 000 Mann; jetzt ist sie etwas geringer. Es beab- sich igt, auch im Frieden als^m Freikorps der Arbeit beisammen,,-§u ^bleiben und auf genossenschaftlicher Grundlage, eine Militärkolonie zu gründen, sei es in Kurland oder in einem Moor bei Jamburg, das es urbar machen wird. KMMlWl für MMW. Den Berliner AbÄAblättern zufolge erschien gestern - vormittag kurz vor 11 Nhr eine Ehrenkompagnie des Frei korps Lützow feldmarschmäßig ausgerüstet mit klingendem Spiel vor der Villa des. früheren Staatsministerz Helfferich und nahm in zwei Gliedern Ausstellung. Auf die Meldung des Führers der Kompagnie trat Generalfeld marschall von Hindenburg mit entblößtem Haupte heraus und schritt die Front deö Ehrenkompagnie ab, die darauf mit Aingendcm Spiel im Para demarsch an Hindenburg vorüberzog. Die Polizeibeamtcn hinderten den Anmarsch der Ehrenkompagnie nicht, da sie glaubten, daß j es sich um einen offiziellen Akt handele. jEine amtlich« Erklärung. Ein Bataillonskommandeur der Reichswehr hat heute, ohne die Genehm,igüng feiner Vorge setzten hierzu einzuholen, Teile seiner Truppen ! in Begleitung von Musik zu der Wohnung des s Generalseldmarschalls von Hindenburg geführt, ; sich beim Feldmarschall melden lassen und den - Vorbeimarsch der Truppen erwirkt. Der Reichs- s webrminister steht auf dem Standpunkte, daß ; den: Generalfeldmarschall von Hindenburg j e d- t w e d « A u f m e r k s a m k e i t undAchtunI zu e r w e i s e n i st,. die dem verdienten Ge neral gebührt, daß aber das Vorgehen des Ba- ! taillonSkommandeurS eine unzulässige - Eigenmächtigkeit i st. Der Reichswehr- ! Minister hat deshalb die nötigen Maßnahmen s gegen den Offizier ergriffen. Mu» Maßregelung. Gegen den .Major von Lützow, der am Mon tag eine Truppenabteilung in die Hitzestraße führte, ohne dazu besonderen Befehl von feiner vorgesetzten Dienststelle erhalten zu haben, ver fügte der Reichswehrminister vorerst ein« Arreft- strafe. Weiter» Demeuftrattouen erfolgten mittags vor dem Reichstag, wo u. a. eine Abordnung Potsdamer Regiment«! Hinden burg begrüßen wollte. Die Sicherheitspolizei hat-'seit gestern sehr scharfe Maßregeln getroffen» um weitere Demon strationen während der Anwesenheit des General- selomarschalls in Berlin unmöglich zu machen. Sie hat p. a. an die maßgebenden Persönlich keiten der Deutschnationalen Partei, sowie an ine Führer der dcutschnatAmalen Stridenten die Er klärung gelangen lassen, daß sie bei Wieder holung von Demonstrationen, wie sie sich in voriger Woche abgespielt, die schärf st «n Maßregeln treffen wird, um die Bildung von Zügen und daraus entstehenden Verkehrs störungen, sowie Beleidigungen politisch Anders denkender zu verhüten. Es wurde in nicht miß- zuverstehender Weise angedeutet, daß eventuell von d«r Wass« G«brauch gemacht wird. ——. BWleich des MrMrser. Ein B»rschlag au» der sächsische« Strumvs« Industrie. Eine große Sorge sür Industrie, Handel und den ganzen Wirtschaftsverkehr bildet der ungün stige Stand unserer Valuta. Ebe wir in dieser Beziehung zu einigermaßen erträglichen Verhält nissen gelangen werden, dürfte noch sehr geraume Zeit vergehen und wir müssen inzwischen darauf bedacht sein, den Schaden, der uns daraus er- wächst, nach Möglichkeit zu Verringern. Daß dies durch eine entsprechende Preispolitik in gewissen Grenzen möglich ist, soll das nachfolgende Bei spiel aus der Strumpfbranche beweisen. In Strümpfen herrscht nicht nur bei uns, sondern auch im Auslande ein sehr emp findlicher Mangel. Diesem Umstand wird bei Exportverkäufen nicht die nötige Beachtung ge- . schenkt, denn der Verkauf nach den: AuSlandc geschieht oft in Markwährung zu Preisen, wie sie zwischen einheimischen Fabrikanten und Großver- brauchern üblich sind. Ter ausländische Ein käufer bxiygt demnach den sehr begehrten Artikel zu der billigeren Markwährung an sich, und Eng land, Frankreich und Amerika ziehen den Nutzen daraus. Eine derartige Prcisnotierung unserer Industrie-- und Handelskreise ist natürlich grund falsch. Wenn der Ausländer für ein Dutzend Strümpfe 120 Mk. zahlt, so kostet ihm dasselbe nur 24 Schweizer Franken oder, mit anderen Worten /-ousgedrückt,' der deutsche Fabrikant ver kauft die Mark mit 20 Centimes, trotzdem er die N o h st o f f e in a u s l ä u d i s ch e r W ä h - rung bezahlen muß. Damit entfällt nicht nur jeder Gewinn für unsere Industrie, sondern dieselbe arbeitet direkt mit Verlust. Zur Vermeidung einer derartigen, bei der gegenwärtigen Wirtschaftslage doppelt fühlbaren falschen Preispolitik sei speziell den sächsischen Strumpffabrikanten und -Händlern empfohlen, die Auslandsverkäufe nicht in Markwährung, sondern in ausländischer Währung zu tätigen. Nach Erfahrungen, die damit bereits gemacht worden sind, kann bei Umrechnung des Preises in Schweiz«« Franken ohne jede Beeinträchtigung deS VcrkausSgeschäftcS die Mark zum doppelten Satze des jeweiligen Kurses umgerechnet werden, also mit 40, wenn sie in Zürich 20 steht, mit 50, wenn sic 25, mit 60, wenn sie 30 steht und so fort. Der sächsische Fabrikant bleibt auch dann noch der ausländischen Konkurrenz gegen« über konkurrenzfähig, denn die Preise sind noch immer niedriger alS diejeni gen der amerikanischen, französi schen und anderen Auslands firmen. Di« Richtigkeit und Durchführbarkeit eines solche^ Vorschlags wird sich in der Praxis leicht herausstellen - und es bedarf sicher nur des vor stehenden .Hinweises, um zu vermeiden, daß ein begehrter Artikel unserer einheimischen Industrie .weiter verschleudert wird und da» Ausland dm Nutzen darau» zieht. Segen -ie ArrSplün-eruag Deutschlgn-S. In Hannover hat eine Vereinigung von Kaufleuten beschlossen, an Ausländer keine Ware zu verkaufen, wenn diefe mit eingewechseltem deutschen Gelds zahlen wollen. Ausländisches Geld wird beim Einkauf aber nur angenommen, wenn der volle Wert des deutschen Geldes be- rechnet wird, also der holländische Gulden mit 1,80 Mk., der französische Frank zu 80 Pfenni gen, die dänische Krone zu 1,15 Mk., der eng lische Schilling zu 1 Mk. Diese Mitteilung ist wert, an alle Litfaßsäulen angeschlagen, in den Spalten aller Blätter abgedruckt zu werden, da mit die weitesten kaufmännischen Kreise die An regung erhalten, ähnliche Beschlüsse zu fassen. Denn so wie jetzt kann es nicht weitergehen. Deutschland wird ausverkauft. Durch die besetz ten Gebiete, aus den skandinavischen Ländern und von der Schweizer Grenze her strömen die Einkäufer, die scheinbar zu hohen' Preisen, in Wahrheit um lächerliches Geld züsammenkaufen, was ihnen nur immer in die Augen sticht. Die Laden werden von den Ausländern förmlich ge plündert und Deutschland hat bald -nicht nur kein Geld, sondern auch keine Werte mehr. Vom Ausland selbst werden diese Vorgänge mit Schrecken beobachtet, wenigstens von den poli tisch denkenden Kreisen. Der Schweizer Gesandte in Berlin, Herr von Planta, hat sich zu dem Vertreter einer deutschen Zeitung dahin geäußert, daß der deutsche Ausverkauf für die Schweiz höchst bedenkliche Folgen habe. Der Tiefstand der deutschen Valuta bringe der Schweizer In dustrie und dem Schweizer Handel schwere Kon kurrenz. Die bescheidene Aussteuer einer Braut erfordel-t, in der Schweiz eingekauft, 8000 Fran ken. In Deutschland erhält man dasselbe für 4000 Franken. Vom deutschen Standpunkt aus könnte es ja erfreulich erscheinen, wenn ein leb hafter Export einsctzt, und das Ausland müßte eben'sehen, wie es sich hilft und dieser Konkur renz beaegnet. Aber dann müßte eS sich um überschüssige deutsche Produktionsware handeln, nicht um Gebrauchsgegenstände, die wir zurzeit in Deutschland selbst sehr notwendig haben, oder um unersetzliche Kunstwerte. Gegen den. Aus verkauf unserer letzten und besten Dinge müßte endlich ein Niegel vorgeschoben werden, und dies geschähe tatsächlich durch ein bindendes liebereinkommen der deutschen Handelswelt, an Ausländer nur gegen ausländisches Geld und zum Friedenskurs zu verkaufen. ES genügt nicht, wie es neuerdings die Berliner Hotels wegen der Wohnungsnot tun, daß der Auslän der doppelte oder dreifache Pension zahlen muß, sondern man sollte alle fremden Aufkäufer zwin gen, mit ihrem Geld nach Vorkriegskurs zu zah- len. Der Erfolg dieser Maßregel wäre ein zwei facher. Einmal wird der deutsche Käufer gegen über dem jetzt als Herrn der Lage auftretenden Ausländer wieder konkurrenzfähig, d.h. zahlungs fähig, denn die Preise können nicht mehr, so wie bisber, ins Phantastische getrieben werden. Und zweitens können wir gar nicht genug ausländi sches Geld hereinbekommen. Die heilende Wir kung auf unsere Valuta würde sich sehr schnell bemerkbar machen. Ter Fabrikant, dessen Vermögen zu nicht ge ringem Teil in seinen Waren besteht, verliert diesen Teil seines Vermögens, wenn er seine Waren an da? Ausland in Mark verkauft und der Markkur«, wie eS in den letzten Monaten geschehen ist, einen ununterbrochenen Rückgang erleidet; denn er kann aus dem Mark-ErlöS sei ner Waren nicht selten nur viel kleinere Mengen dieser Waren wieder zurllckkaufen, als er früher besaß. ' » > ' Sein Mrhängnis. Roman von Gottfried Bruckner. 4? .Hörtest Du da» von Frau von Foerster?* unterbrach ihn Hugo. „Ja, sie erzählte mir gestern abend den Inhalt ihrer Unterredung mit Dir. Wir beide haben keine Geheimnisse vor einander. UebrigenS habe ich Dir «inen Auftrag von ihr auSzurichten." „An mich von Frau von Foerster? Was ist «> ?" „Nur eine Einladung zum Abend, sie dachte, es würde weniger förmlich sein, wenn ich sie Dir mündlich übelbrächte, als wenn sie Dir schrieb. Natürlich ganz unter un», nur zu vieren, außer Dir und mir sind keilte Gäste da." „Zum Abend?" „Ja, znm Donnerstag Abend. Zur Feier eines doppelten Ereignisses, ihre» Geburtstages und unstrer Verlobung, wollen mir uns dann an einem kleinen Souper erfreuen. Natürlich wirst Du doch kommen, mein Junge?" Hugo wäre Frau von Foerster lieber fern ge blieben, deim die Erinnerung an ihre letzte Unter redung war ihm höchst schmerzlich, aber der Ge danke, einen ganzen Abend mit Cäcilie zusammen zn sein, war doch verlockend, und außerdem konnte er unmöglich ein« Einladung ablehnen, die ihm sein Onkel mit solcher Begründung überbracht«. „Ja. Soll ich ihr schreiben, oder wirst Di» ihr bestellen, daß ich ihre Ewladnng mit herzlichem Danke annehme?" fragte Hugo. „Ich iverde eS ihr sagen, und damit ist die Sache erledigt. Nun muß ich aber gehen, mein lie ber Junge. Bleibe guten MnteS, und vergiß nicht, Tonne,swg abend pünktlich um 8 Uhr. Und nun lebe wohl!" nes der General, ihm dabei herzlich die Hand drückend. AIS jener ihn verlaffen hatte, und Hugo auf das Künstlerhau» znschritt, erfaßte ihn plötzlich «in drückendes Gefühl der Vereinsamung und des völligen Alleinseins. Hastig eilte er in sein Atelier und suchte in angestrengter Arbeit diese düsteren Gedanken und Einbildungen zn verscheuchen. An dein Donnerstag abend, an welche», Fran von Foerster gleichzeitig auch ihre Verlobung feiern wollte, saß sie mit Cäcilie im Salon und exwar tete die Ankunft ihrer Gäste. Obgleich noch immer in Trauer, hatten sie doch bei diesxr Gelegenheit zum ersten Mal die düstere Einförmigkeit der Trauerkleidung durch einige Aendernngen und durch das Anlegen von Schmuck gemildert. Sie waren nicht nur mit den Blumen geschmückt, die Hugo am Morgen gesandt hatte, Maiglöckchen für Cäcilie, prächtige Teerosen für Frau von Foerster, sondern die letztere hatte auch ihren reichen Dia- mantenschmnck, die Sterne für ihr Haar, das kost bare Collier und die herrlichen Armbänder ange legt, die sie zum letzten Mal in, dem Winter vor dem Tode ihres Neffen getragen hatte. Es waren ungemein kostbare Juwelen, meistens alte Erb stücke, und sie hatte sie heute absichtlich angelegt, um dem General zu zeigen, daß sie diese Feier der Verlobung als ein hohes Fest betrachtete. Hugo kam zuerst und, nachdem sie ihre Be grüßungen ausgetauscht und er seine Glückwünsche ausgesprochen hatte, fragte er'überrascht: „Mein Onkel ist noch nicht hier?" > „Nein, aber sonst ist er doch-ui« unpünktlich." In diesem Augenblick wurde die Flügeltür des Salons weit geöffnet und Se. Exzellenz gemeldet. Er trat hastig ein, tiberreichte Fran von Foerster «in herrliches Bukett nud bat dchtu um Entschul digung wegen seiner Verspätung. Er hatte am Nachmittag einen Brief von einem alten Kamera den bekommen, daß derselbe auf der Durchreise durch Berlin ihn in einer wichtigen Angelegenheit dringend zu sprechen wünschte. Jener mußte mit dem MitleruachtSznge wieder von Berlin weiter reisen und würde «egen sieben Uhr oder gegen <ehn Uhr abend» in Berlin ankommen. Der Nat seiner alten Freundes wäre ihm von der höchsten Wichtigkeit, und er bat ihn deshalb, ihn im Kasino zn erwarten, wohin er direkt von der Bahn ans kommen würde. Nun hätte er doch unmöglich sei nen alten Freund sogm Stich lassen können und hatte deswegen,gewartet, bis er sicher gewesen, daß er nicht mit dem Siebenuhrznge angekommen. Dann hätte er im Kasino Anweisung gegeben, daß, sobald sein Freund ankäme, also vermutlich gegen halb elf Uhr, ein Diener aus dem Kasino nach der Regenteustraße fahren und «S ihm mel den sollte. Hoffentlich würde seine teure Verlobte in Anbetracht der besonderen Umstände eS ihm verzeihen, wenn er sie daun etwas früher verließe, als eS sonst seine Absicht gewesen wäre. Nachdem Fran von Foerster ihm frenndlich zustimmend geantwortet, bot er ihr seinen Arm und führte sie nach dem Speisesalon, wo sie sich dann alle vier an der reich geschmückten Tafel nie- derließcn und in heiterster Stimmung da» Souper entnahmen. „Taute hat mir alles gesagt," flüsterte Cäcilie leise ihrem Verlobten zu, während der General eben mit lauter Stimme eine Jngenderinnerung zum besten gab.. „Ich habe noch sechs Monate Frist, mich von dem Verdacht zu reinigen," erwiderte Hngo. DaS junge Mädchen blickte ihn innig an, als ob sie etwas Besonderes zn sagen wünschte, und ihren Blick richtig verstehend, wartete er, bis sein Onkel wieder besonders lebhaft wurde, beugte sich dann zn ihr und flüsterte: „WaS ist es, Geliebte?" „Soweit ich in Betracht komme, wird e« keinen Unterschied machen, ob Du dies Ziel in sechs Mo- unten oder sechs Jahren oder sechzig Jahren er reichst, ich bleibe Dir treu und werde TanteS an dere Wünsche nie erfüllen." Leider mußte er e» sich versagen, seinen Em pfindungen AnSdrnck zu geben, nm nicht die Anf- merksamleit der anderen zu erregen, und so be- i gnügte er sich damit, ihr mit einein leideuichajt- l Uchen Blick zn danken. Dann wnrde die Tischunterhaltnng allgemein, und es bot sich für Cäcilie und Hngo keine Gele genheit mehr mit einander zn flüstern. Der Äe- j neral war in einer so lebhaften nnd heiteren Laune, I wie sonst noch nie, und mich Fran von Foerster sah überraschend glücklich und zufrieden ans, nnd die zwei Stunden, die sie bei der Tafel znbrachten, vergingen ihnen fast so schnell, wie ebensoviele Minuten. Fast nmnittelbar, nachdem Fran von Foerster die Tafel ansgehoben nnd sie sich alle nach dem Talon wieder zm ückbegeben hatten, kam der Diener aus dem Kasino, um zn melden, daß der Jugettdfrennd von Exzellenz angekommen wäre, und so wandte sich denn der General zn Fran vvn Foerster mit der Bitte, ihn jetzt entschul digen zu wollen. „Gewiß," erwiderte sie frenndlich, „ich könnt« ei mir nie verzeihen, wenn Du um meinetwillen einen alten Freund bei einer Gelegenheit, wo Dein Rat ihm von Wichtigkeitist, im Stich ließest," s dabei mit dem ganzen Takt einer fein empftnden- / den Fran ihre eigene Enttäuschung über seinen 1 frühen Anfbrnch völlig verbergend, um ihn nicht ) zn verletzen und zn kränken. 23g,16 - Gr verstand dies jedvch recht wohl, ergriff mit > innigem Druck ihre beiden Hände und flüsterte ibr herzlich zn: „Meine geliebte Helene, glaube nur, in diesem Fall ist es meine Pflicht, die mich f» früh von Dir rnft. Der arme Jnnge ist sicher in einer schwierigen Lage nnd bedarf meiner Hilfe. Ich hätte ihn hierher kommen lassen sollen, aber hier hätte er doch nicht rückhaltslos mit mir spre chen mögen. Meinen aufrichtigen Dank für Deins Nachsicht. Gott segne Dich, Geliebte, lobe wohl!" Hugo blieb allein bei den Damen, und die drei unterhielten sich hauptsächlich über Italien, welches er ja gründlich kannte, tauschten Erinnc» ruilgen daran auS, verglichen Eindrücke, nnterhiel- teu sich über mancherlei Gemälde und Kunstwerk«.