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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 13.09.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191909133
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19190913
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19190913
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-09
- Tag 1919-09-13
-
Monat
1919-09
-
Jahr
1919
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 13.09.1919
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^ver Vorstand des Vereins sSchfischer Echnidirektoren erläßt folgende Kundgebung: Das von der Volks kammer Sachsens beschlossene Uebergangsschul- l' gesetz für das Volksschulwesen vom 22. Juli 1919 bestimmt in § 9, daß sich die jetzt im Anite befindlichen Schuldirektoren nach Ablauf I einer dreijährigen Frist zur Wahl zu stellen ha- ben. Dieser Beschluß bedeutet für die sächsischen Schuldirektoren einen unerhörten Wort- und Rechtsbruch. Unterm 16. November 1918 hat die Regierung des Freistaates Sachsen die klare und unzweideutige Versicherung abge geben, daß alle Beamten in ihren Stellungen verbleiben und in ihren wirtschaftlichen Rechten - nicht geschädigt werden sollen, und in Art. 129 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 werden die wohlerworbenen Rechte der Beamten als unverletzlich erklärt. Wir allein von allen Beamten werden um unsere wohlerwor benen Rechte betrogen und unter eine Ausnahme bestimmung gestellt, die allen Grundsätzen von Recht und Gerechtigkeit Hohn spricht, die das Beamtenrecht 'überhaupt gefährdet und die Art an seine Wurzel legt. Empört über das uns widerfahreneUnrecht erheben wir mit Entrüstung ' Einspruch gegen den Beschluß der Volkskammer 8 und erklären wir, daß wir mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln die uns feierlich ver bürgten Rechte verteidigen werden. Der Rock «ach rechts. Das Ergebnis der Bezirksausschußwahlrn in: zweiten weimarischen Verwaltungsbezirk Apolda- Jena ist bei 148 Gemeinden, von denen noch 15 Orte ausstehen, wie folgt: Deutsche und Deutschnationalc Volkspartei, Bund der Land- Wirte, Thüringer Bauernbund 4000 Stimmen, Demokraten 1680 Stimmen, Sozialdemokraten 2700 Stimmen. — Das ist bei erheblicher Wahl müdigkeit ein deutlicher Ruck nach rechts, doch jji darf nicht verkannt werden, daß aus dem Lande ' naturgemäß ein größeres Interesse für den Be zirksausschuß vorhanden ist, als in den Städten. Die sächsischen Textilarbeiter protestieren in einer von den Volkskammerabgc- , ordneten Dressel (Unabh), Zwahr, Krauße, Linke und Winkler (sämtlich Soz.) an den Fi nanzminister gegen die Entschädigung von 30 Millionen Mark, die von der Nebag den Baum wollwebereien für angebotene Notstandsgewebe bewilligt worden ist. Die dadurch verschleuderte Summe hätte als Arbeitslosenunterstützung ver wendet werden sollen. Ueber Lothringen ist der verschärfte Belagerungszustand verhängt tvorden. Politische Versammlungen wurden mi litärisch gesprengt. — Gegen die beabsichtigte Einberufung der Jahrgänge 1898/99 herrscht nach dem „Vorwärts" in Elsaß-Lothringen starke Er bitterung. An vielen Orten beginnen schon Auf forderungen, den Einberufungen keine Folge zu leisten. Der Druck auf Lie Widerstrebende«. Um die Unterzeichnung des Friedens mit Oesterreich nicht durch die Opposition der drei slawischen und Balkanstaatcn zu verzögern, hat der Oberste Nat diesen drei Regierungen eine nachträgliche Frist von drei Tagen siir die Un terschrift gewährt, nach deren Ablauf die fich dann noch weigernden Negierungen mit dem Ver lust ihres Anteils au den Früchten des Friedens , bedroht werden. — In Ungarn ist der Han delsminister Heinrich zurückgctreten, die Lage ist auch heute noch völlig ungeklärt. Erfolge und Niederlage der Bolschewisten. Die „Times" melden aus Omsk, daß die roten Truppen Tobolsk besetzt haben. Tie Bol schewisten haben in Samara einige neue Heeres- gruppen gebildet. — Ueber die Lage an der Bolschcwijteufrvnt berichtet die Pressestelle beim Generalkommando des 6. Armeekorps: Der weit- größte Teil des russischen Nordkorps des Gene rals Judenitsch ist im Räume von Pleskau ciu- geschlossen. Das Schicksal des Generals Jude nitsch selbst ist unbestimmt. Den Oberbefehl hat jedenfalls an seiner Stelle General Ratzienka übernommen. Ser RWeiltr Seistlmtt M Stricht. Der Zeuge Karl P r o b st hat gesehen, daß Cchicklhofer aus dem Gymnasium kam und hin ter ihm acht Mann mit Gewehren. Das waren die Schützen, die dann die Geiseln erschossen ha ben. Auf wiederholte Fragen der Verteidigung, ob Schicklhofer tatsächlich herausging, als die acht Schützen aus dein Gymnasium kamen, er klärte der Zeuge, er habe das ganz bestimmt gesehen, er müßte darauf bestehen. Der Zeuge Wilhelm Freh gibt eine Dar stellung der Geiselerschicßung. In bezug auf die Erschießung der Gräfin Westarp sagt er: Als die Gräfin vorüber kam, hat er von einigen Soldaten die Bemerkung gehört: „Schau hin, jetzt kommt das Sollermensch." Auch der nächste Zeuge Peter Schalk hörte andere unflätige Bemerkungen über die Gräfin. Weiter sagte der Zeuge Schalk, daß Professor Berger gewaltsam an die Wand geführt und erschossen wurde. Der Zeuge Karl Seidl, ebenfalls Rotgar dist, sagte, das Kommando zum Feuern bei den ersten drei Geiseln habe bestimmt Hausmann gegeben. Ein Zeuge namens Martin Bauer, der aus Neugierde am 30. April nachmittags in das Luitpold-Gymnasium ging, wurde als Zivilist angehaltcn mit den Worten: „Es braucht nie- mand zu wissen, was hier hinten gemacht wird." Er konstatierte aus Aeußerungen der Rotgar disten, daß die Erschießung von Seidel ausging nnd daß sie von Seidel beantragt war. Der Mann, der das Kommando zum Schießen ge geben haben sott, sei ein kleiner, untersetzter Mann mit blondem, englisch geschnittenem Schnurrbart gewesen. Der Angeklagte Hessel mann meint, es sei Kammerstedter gewesen. Im Zusammenhang damit erklärt der Angeklagte Riethmeier, daß mich Totter um diese Zeit im Hofe gewesen sei. Vielleicht habe der das Kom mando zum Feuern gegeben. Der Angeklagte Hesselmann betont, daß Toller es nicht gewesen sein könne, da dieser erst in der Nacht ins Gymnasium kam. Der Zeuge Zopf erklärt, daß Hausmann auf eine Frggc zu ihm sagte: „Ich kann keine Rück sicht nehmen, ich habe von Seidel den strengsten Befehl, die Leute erschießen zu lassen. Schickl hofer rief: „Die Gräfin muß erschofsen werden, wir können keine Rücksicht nehmen. Nur hin mit der tz . . ." Als Professor Berger erschossen war, brüllte ein Rotgardist: „Dem hat's das ganze Käppi weggerissen. Heute gibt's ein ge backenes Hirn." Der Zeuge sagt aus, daß er von Rotgardisten gehört hat, daß Seidel An ordnung gab, die erschossenen Geiseln ohne wei teres cinzuschaufeln. Der Staatsanwalt dehnt die Anklage gegen den Angeklagten Joseph Sei del, der bisher wegen acht Verbrechen des Mor des unter Anklage stand, auch aus die Tötung der beiden Weißgardisten aus. Der Zeuge Kunstmaler Walter Seyler, der bereits vom Standgericht wegen Beihilfe zum Hochverrat zu Festungsstrafe verurteilt wurde, war Adjutant beim Kommandeur der technischen Truppen wahrend der Räterepublik. Er sagte aus, daß die Mitglieder der Thulegesellschast in GegenwaA von Eglhofer nnd Levien vernom men worden sind. Die Gräfin Westarp machte auf Eglhofer und Levien den Eindruck völliger llnschuld. Bezüglich der Erschießung der Gei seln sagt er, daß der Hauptansührcr bei der Erschießung ein kleiner, schwarzer Mann war, der hinkte. „Ich habe", so erzählt der Zeuge, „diesem Manne 'den Fürsten Taxis entrissen. Dort traf ich Seidel. Ich habe ihm den Aus weis von Eglhofer vorgezeigt, daß mir unbe dingt Gehorsam zu schenken ist, nnd sagte: Der Fürst Taxis muß verüommen werden. Ich ver stehe überhaupt nicht," so sagt der Zeuge, „von wem der Befehl gekommen ist. Seidel erklärte, der Befehl ist vom Kriegsministcrium gekom men, worauf ich ihm entgegnete: Dies ist nicht wahr, ich komme ja erst aus dem Kriegsmini- sterinm. Darauf erwiderte mir Seidel: „Wenn, du jetzt nicht gehst, bekommst du auch eine Ku gel, die sind bei uns sehr billig." Ich ging dann sofort ins Kriegsministerium zu Eglhofer und sagte zu ihm: „Was ist das für eine furcht bare Geschichte? Jin Gymnasium erschießt man gerade die Leute." Ta ist Eglhofer wie vom Schlag getroffen hintenüber gefallen, wurde kreidebleich und sagte: „Wer hat den Befehl ge geben? Ich weiß von nichts. Das bricht nur den Hals." Der Zeuge sagt dann noch, daß unter den Schützen auch der Angeklagte Fehmer sich be fand, der dem Professor Berger den Gnaden schuß gab. Fehmer bestreitet das. Der Zeuge bleibt aber auf seine Aussage bestehen. Dann ereignet sich folgende Szene: Der Angeklagte K i ck spricht erregt gegen den Platz des Ange klagten Lermer rind ruft: „Der soll doch endlich einmal .hcmusrückcn." Lermer erhebt sich und sagt: „Jetzt muß ich einmal genau sagen, daß Fehmer das Kommando gegeben hat, und bei dem bleibe ich stehen " Fehmer, der sichtlich erbleichte, sagte: „Das ist gänzlich aus geschlossen." Ans eine Frage der Verteidigung erklärte der Zeuge Seyler noch: „Seidel habe auf dem Hofe wohl noch etwas ausrichten kön nen", und bemerkte mit erhobener Stimme: „Ich halte die ganze Affäre im Luitpold-Gymnasium für nichts anderes als eine ganz gemeine Blut gier, die vom Kommandanten des Gymnasiums ausgegangcn ist." Der Zeuge gibt die Möglich keit zu, daß" mit dem Namen Eglhofer Miß brauch getrieben wurde. i«. HWttogW der Mem. E»W.-Lnth. Ksvfcreiiz. Leipzig, 11.'Sept. Ain Dienstag sprach zunächst der schwedische Missionsinspcktor O e st e r l i n über „Tas welt geschichtlich Bedeutungsvolle im Perfönlichkeits- glauben Luthers". Sodann gab Pastor Sta - bert aus Riga erschütternde persönliche Bilder über „Das Martyrium der baltischen Kirche". Die Balten-sind die heimatlosesten Menschen. Reich lich kamen dem baltischen Geistlichen Verhaftung und Lebensbedrohung, Sibirien und allerlei Aus weisung. Schon vor Jahren setzte eine systema tische Verfolgung alles Christlichen ein. Dann eine kurze Zeit des Aufatmens und kirchlichen Schaffens. Ter Krieg brachte neuen, wilden Na- tionalitäteuhaß und Dcutschenhetzc, und inan traf dabei auch vor allem die deutschen Gottes dienste, den deutschen Religionsunterricht usw. Die Deutschen zogen ein, und es kam neues Hoffen — mit bitterer Enttäuschung. Die Aera der Bolschewiki! Mittwoch folgte die dritte Hauptversammlung. Zunächst ein mehr religiös-grundsätzlicher Klang: „Das allgemeine Priestertum aller Gläubigen und das Gnadenmitlelnmt." Generalsuperintendent D. Zöllner- Münster behandelt dieses, für das innere kirchliche Leben wichtige Thema, mit mannigfacher Bezugnahme auf die reformatori schen Grundlagen, aber im steten Blick auf die Gegenwart. Tie allgemeine Dienstpflicht der Gläubigen für die Kirche hat sich dem Grund sätze nach immer mehr durchgesctzt. Praktisch gab und gibt es da natürlich allerlei Schwierig keiten, z. B. in Sachen der Wortverkündigung durch Laien. Es droht unter Umständen die organisierte Auslösung der kirchlichen Ordnung. Tas besondere geistliche Amt bleibt geschichtlich und innerlich wohlbegründet. Leitung muß sein. Und dazu möglichst viele freiwillige Helfer nnd Helferinnen! Not ist vor allem Bekennerkrast nnd Bekennermut. Dann folgte ein Vortrag über „Grundlinien , für den kirchlichen Neubau", den Privatdozent Dr. jur.' Oeschey-Leipzig hielk Fest und uner- schüttert steht die Glaubenskirche. Die rechtlich verfaßte Kirchengesellschast aber steht in schwerer Krisis. Das muß für die Frage uach dem Neu bau grundsätzlich unterschieden werden. Der Mittwoch-Abend brachte eine össentliche Versammlung. 'Nach einein Begrühungswort sprach Oberlirchcnrat D. Cordes über „Die lutherische KM'chc und ihre Jugend". — Geheim rat Professor D. Kunze- Greifswald beleuch tete das umfassende Kapitel: „Die lutherische Kirche und die soziale Frage." Den dritten Vor trag des Abends bot Professor D. Grützma cher- Erlangen: „Die lutherische Kirche und ihre apologetische Ausgabe." Am Donnerstag fanden Spezialkonferenzen und ein Schlußgottesdicnst in der Thomaskirche mit Predigt von Präsident D. Veit-München nnd Gesang des Thomanerchors statt. OrrtllcheSund LSchstfcheS. * — Felddieb st äh le werden aus Grund des Belagerungszustandes bestraft. Wie uns die Sächsische ReichSwehrbefehlSstclte mitlcilt, hat der Militärbefchlshaber für Sachsen, um der Ge fährdung der Ernte und der Volksernährung durch die ständige Zunahme der Felddiebstähle ein Ende zu machen, in einer Verfügung auf Grund des Gesetzes über den Belagerungszustand folgendes bestimmt: Wer unberechtigt Feld- oder Gartenfrüchte, Obst oder andere Bodenerzeugnissc wegnimmt, wird ans Grund von tz 9b des Be lagerungszustandsgesetzes mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Haft oder Geldstrafe bestraft. * — E n t l a s s u n g s a n z ü g e. 'Nach neuer Verfügung gelten für die Gcwähnmg von Entlassungsanzügen unter den bisherigen Voraus setzungen alle Rentenempfänger (ab 1. 7. 1916), die aus Anlaß des Krieges versorgungsbcrechtigt sind, als kriegsbeschädigt, ganz gleich, ob das Versorgungsleiden als Kriegs- oder Friedens- dienstbeschädigung anerkannt ist. Die bisher ab gewiesenen Personen können ihren Antrag beim zuständigen Bezirkskommando erneuern. * — Die Schuhprcise für Min derbemittelte. In einer Konferenz von Vertretern der Fachverbände mit Negierungsver tretern wurde mitgeteilt, daß bei der Verteilung von Schuhwaren an die minderbemittelte Bevöl kerung sich der Preis für Straßenschuhe auf 35 bis 40 Mk. stelle. Tie Feststellung, wer als minderbemittelt anzuschen ist, soll durch die Kom munen nach den örtlichen Verhältnissen erfolgen. Eine Ausschaltung des Schuhwarenhandels sei nicht beabsichtigt. — Wie die „P. P. N." von zuständiger Stelle erfahren, ist die Einführung von Richtpreisen für Leder nicht beabsichtigt, da nach den bisherigen Erfahrungen die Gefahr be steht, daß dann die Ware so lange zurückgehal ten wird, bis die Richtpreise außer Kraft treten. Dagegen sind die bekannten Maßnahmen zur Be schaffung von billigem Schuhwerk für die min derbemittelte Bevölkerung bereits getroffen worden. —vsz. Arbeitslosigkeit in Sach - s e n. Tie durchschnittliche ArbeitSlosenzisfer im Deutschen Reich betrug für Ende Juni d. I. 2,6 v. H. Den Durchschnitt überschreitet Ende Juli der Freistaat Sachsen mit den thüringischen Staaten mit dem Höchstsatz von 5,1 v. H. Hierbei sei bemertt, daß auch Ende Juni und Ende März Sachsen die höchste Ziffer auswies. * — De r G e s ch ä s t S beri ch t der Sächsis ch en T e r t i l - B e r u f s g e nas se n s ch a f t e n macht Mitteilung über den starken Niedergang der sächsischen Textilindustrie infolge des Krieges. Die Zahl der Betriebe ist von 1913 bis 1918 von 8277 auf 1368 zurück gegangen, die durchschnittliche Zahl der beschäf tigten Arbeiter und Angestellten von rund 275 000 auf 118 000, also um mehr als die Hälfte. Die Höhe der anrechnungsfähigen Löhne und Gehälter ist von 271 auf 100 Millionen , Mark gesunken. ZZergmanns Töchterlein. Roman von Martin Förster. 29 Seine Gefühle standen zu denen seines Gaste in vvvtvnnneuem Einklang. Doch mußte dieser letztere seine Gründe haben, gerade jetzt ein Bild aufznrolleu, welches jeder am liebste« mit Nacht und Schweigen bedeckt hätte. „Ein sonderbares Zusammentreffen war eS doch," sagte er, wie in ein tiefes Nachdenken ver loren, „dieser überraschende Todesfall in dem Mo ment, wo jeder Einzelne ihn dätte mit den Hän den würgen mögen." „Sehr sonderbar," murmelte der andere bei- flimmcnd und hätte am liebsten hinzugefügt: .Demi für Sie, mein werter Herr Diedrich, so gün stig, wie es nur in der Welt möglich war." „Vinn, vielleicht ging alles ganz natürlich zn. Wenigstens kam nichts heraus." „Was hätte deundabei herauskommensollen?" fragte Sachse in verändertem Tone. „Wer kann eS sagen?" meinte der andere ach selzuckend. „Nun, was also diesen Neumann anbe» trifft, wenn Ihr nichts dagegen einznwenden habt, Sachse, dann wünsche »ch, daß er DegvwS Stelle erhält." „Gewiß, Herr Diedrich, mir ist es recht." „Dante. Er ist einer der ältesten Arbeiter, und ich möchte etwas für ihn tun." Der Untcraufseher nickte noch einmal. Genan genommen war er nicht so recht einverstanden. Der Betreffende hatte sich niemals durch Fleiß ausgezeichnet und sich nicht einmal des besten Ru fes erfreut. Indessen hatte er immerhin eine lange Dienstzeit hinter sich nnd es lag kein Grnud vor, ihn, das Wohlwollen des Arbeitgebers zn schmä lern. Der letztere entfernte sich bald darauf, nachdem er noch eine Weile vergeblich auf Jutta gewartet hatte. So trug er nur den» Vater herzliche Grüße an dieselbe ans. Als er des UnteraufseherS Haus verließ, giug er »licht «ach der Hauptstraße, sondern durch die Gartenpforte an der Heckenreihe entlang, welche nach der sogenannten „alten Gasse" zu seinem Bergwerk führte. Er war in tiefe Gedanken versunken, nnd Jut tas Bild drängte sich lebhafter als je vor sein gei stiges Ange. Er mußte sie erringen, mochte es kosten, »vas es »volle. Er war entschlossen, sein AenßersteS zi» versuchen. In dieser Stimmung begrüßte er es als eine glückliche Fügung, daß ihm gerade ai» dem Heckeu- wege, an den» damals Juttas Begegnung mit Franz Degow seine wilde Eifersucht erregt hatte, jener Neumann entgegentrat, zu dessen Gunsten er sich soebei» bei seinem Beamten verwandt hatte. Nenmann war ein großer, magerer Mann mit struppigen», braunem Bart. Er war sehr schäbig gekleidet und hatte etwas Düsteres, Lauerndes in» Blick. Als er seinem Hern» begegnete, blieb er mit herausfordernder Miene stehen und sagte, wäh rend er höflich die Mütze lüftete: „Guten Abend, Herr Diedrich. Ich kann wohl gleich einmal fragen, wie eS mit der Arbeit steht, die Sie nur versprochen haben." Diedrich sah sich vorsichtig nm ; außer ihm selbst und dem Bergmann war niemand ans der langen, weißen Straße zu erblicken. Dann sagte er : „EL ist alles in Richtigkeit, Neumann. Ich habe soeben deswegen mit Sachse gesprochen. Ihr sollt De- gowS Stelle haben l" „War Sachse damit einverstanden?" fragte der andere erstaunt. „Es schien doch so. Natürlich geschieht es nur aus meinen Wunsch." „Hm 1 Es wäre auch noch besser, »venu ein Herr seine Wünsche «ich» ansführen dürfte!" „Schon recht, Nenmann. Aber," er betonte die folgende»» Worte sehr scharf, „wenn ich Euch recht verstehe, so hat Sachse auch gerade in diesem Falle alle Ursache, mir keine Schwierigkeiten zn machen." „Ganz gewiß hat er die 1" „Nun", mahnte Diedrich leise und eifrig. „ES kann nicht schaden, wenn Ihr ihm das gelegentlich selbst sagt. Ihr seid also vollkommen sicher, daß Ihr die Hauptpunkte Eurer Aussage beschwören könnt?" „Vollkommen, Herr 1" „Daß Ihr also mit Sachse und vier andere»» an jenem bewußten Abend auf der Landstraße von Langenm»»varetund gegenMitternachtHerrn Kon rad Wiedemann begegnetet?" „Ganz recht." „Daß Sachse also Herr»» Wiedemann anhielt und sich wegen der Streik-Angelegenheit mit ihm zankte, daß dieser drohte, er werde Sachse erschie ße»», wenn er sich nicht entferne, und — »vie ver hielt sich noch das Uebrige?" „Sachse schlng arif das Pferd. Es lief davon, und der alte Wiedemann »vurde abgeworfen und getötet." „Gut, Neumann 1 Hier, laßt Euch ein paar Glas Bier geben I Ihr tätet gut, den Unteraufse her nächstens einmal an diese Dinge zu erinnern. Gute Nacht !" „Gute Nacht, Herr Diedrich!" Sie trennten sich, und der Minenbesitzer wandte sich der Dorfstraße zu nnd schritt langsam nach seiner Wohnung. Der Abend war hell und kalt. Der Mond stand im ersten Viertel, und an dem winterlichen Himmel fnnkelten die Sterne. Ganz nahe der Stelle, »vo der Weg nach de»» Herren hause abbog, erkannte der Minenbesitzer plötzlich mit klopfendem Herzen ii» der eilig auf ihn zu- fchreitcuden Gestalt den Gegenstand seiner Liebe und Sehnsucht, Jutta Sachfe. Er blieb stehe», und wartete, bis sie herankau». Als sie eilig an ihn» vorüber wollte, trat er ihr in den Weg und zwang sie so, seine ansgestreckte Hand anznnehmen. .Ich muß schnell nach Hause," sagte sie dann atemlos und versuchte sich losznmachen. Aber er hielt ihre Hand mit eisernem Druck fest und sagte in drohendem Tone: „Versuchen Sie nicht, mir zu entfliehen,Jutta! Ich werde Ihnen nichts zuleide tun, ich gebe Ihnen mein Wort darauf. Aber am hören müssen und sollen Sie mich. Verstehen Sü das?" „Wie meinen Sie das ?" fragte sie in anfflam- »nendem Zorn. „Das kann ich Ihnen hier nicht sagen. Es ist sehr kalt, und um Ihretwillen wünsche ich nicht, daß uns jemand sieht. Aber mein Hans ist nahe und es ist noch nicht acht Uhr." „Aber was können Sie mir zn sagen haben, Herr Diedrich?" flüsterte sie eingeschüchlect. „Etwas sehr Wichtiges. Und, wenn Sie klug sind, so verweigern Sie mir diese Uuterrednug nicht." Sein Eon klang sehr bestiuuut nnd so geheim nisvoll, daß sie sich »villenlos aufchickte, »hm zu folgen. Als dennoch infolge einer plötzlichen Ein gebung ihr Fuß wieder zauderte, sagte er noch ein mal: „Ich habe Ihnen mein Wort gegeben, daß Ihnen nichts geschehen soll." „Um was.handelt es sich denn?" fragte sie zö gernd. „Um — Franz Degow?" „Nein," sagte er kurz und schroff. „Um was denn — doch nicht — um mich?" „Nein, die Sache betrifft Ihren Vater! Uni- zwar ii» nicht gerade erfreulicher Weise." „Um GvtteSwillen I" Sie sah mit angsterfüll tem Blick zn ihm auf. „Merten Sie wohl, was ich sage!" begann er wieder. „Es ist eine ernste Sache, um die es sich handelt. Und möglich»ufalls liegt es in Ihrer Hand, Ihrem Vater Freiheit und Leben zn retten. Wollen Sie nun auf einige Minuteu in mein HauS treten, oder ziehen Sie noch vor, uach Hanse zn ge hen? Ich werde Sie nicht lange anfhalleu, und wenn Sie es wünschen, soll eine meiner Dienerin nen Sie nachher begleite»." 237,13
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