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^ 52, 2. März 1SI2. Nichtamtlicher Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 2757 sie von Rechts wegen doch weder abstrctten, noch recht-' fertigen wollen. Ich habe sie gerade zur Sprache gebracht, um dem dunklen Gefühl drüben ein Ende zu machen, als handle es sich auf unserer Seite bloß um allgemeine Stimmungen, die durch freundliche Handreichung leicht zu beheben sind. Wenn man sich einigen will, ist mit gutem Willen nichts getan, man muß erst mal offen aussprechen, was man gegen ein ander hat. Ich hatte gehofft, daß man mir Ausführungen entgegensetzen würde, die eine ebenso ehrliche Aussprache von drüben brächten. Wir wollen gern bei uns bessern, und wissen sehr wohl, daß wir da die Winke von der anderen Seite holen müssen. Wenn die Herren die »Feder« ver folgen würden, würde ihnen nicht entgehen, daß wir rück sichtslos gegen Schäden auch im eigenen Lager Vorgehen und unberechtigte Ansprüche zurückweisen. Schließlich — was habe ich denn so Fricdensstörerischcs gesagt? Ich habe der Kammer des Herrn de Gruyter in allem zugestimmt, bis auf den einen Punkt der schiedsrichterlichen Rechtsbehandlung. Letzteres nicht einmal unbedingt, sondern nur vorläufig bis auf Widerruf, und guten Teils aus dem rein äußerlichen Grunde, daß es sich da um eine riesige Arbeits last — ziffernmäßig belegt — handeln würde. Ob sich da nicht doch gewisse Fälle abzweigen und der Kammer unter stellen ließen, darüber würde sich am Ende reden lassen. Und darum Räuber und Mörder! Mit vornehmer Geste und Überempfindsamkeit ist hier nicht geholfen. Man muß einander mit gutem Willen und Geduld ins Auge sehen, so verfahren, wie die Stimmung ist, und mit Tatsachen rechnen. Ich bin der letzte, dem der gute Wille fehlt, aber ich bin ein entschiedener Gegner des her kömmlichen Vertuschen? und Verschleierns, das einzig und allein die Schuld trägt, daß sich die Dinge so zugespitzt haben. Victor Blüthgen. Zu den obigen Ausführungen des Herrn Victor Blüthgen, die mir die geschätzte Redaktion im Manuskript übersendet, möchte ich an dieser Stelle nur in aller Kürze sagen, daß mir Herr Blüthgen mit seinem höchst versöhnlich geschriebenen Briefe vom 23. Februar eine mündliche Aus sprache vorschlug, daß ich mit meiner Antwort vom 24. Februar gern darein willigte, und daß wir uns dann am 26. Februar über mancherlei mit unserem Gegenstände zusammenhängende Dinge eingehend und sehr verträglich unterhalten haben. Ich konnte in dieser Unterredung fest stellen, daß die Feder, womit Herr Blüthgen seinen Artikel in Nr. 35 des Börsenblattes geschrieben hatte, viel schärfer gewesen war, als seine Gesinnung dem Buchverlage gegen über, und daß diese Dispaiität auch darauf zurückging, daß er in dem Deutschen Verlegeroerein auch die Vertretung des Deutschen Zeitungsverlags erblickt hatte. Berlin, den 29. Februar 1912. vr. Walter de Gruyter. Ein französischer Barsortimentskatalog. (Vgl. Bbl. 1911, Nr. 134, 155 u. 160.) Im Juli v. I. hatte ich Gelegenheit, auf die soeben er schienene erste Lieferung eines französischen Barsortimentskatalogs hinzuweisen, der, als der erste in feiner Art, für das französische und besonders internationale Sortiment von ziemlicher Bedeutung zu werden versprach. Damals habe ich mich zwar weniger mit dem Katalog als solchem befaßt, als mit den Aussichten, die er für eine durchgreifende Reform oder gar Neuorganisation des französischen Buchhandels eröffnete. In Frankreich gibt es bekanntlich kein Barsortiment oder irgend etwas, was dem gleichkommen oder ähnlich sehen könnte; es lag also die Ver- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. mutung nahe, daß die Veröffentlichung dieses Katalogs den ersten Schritt zur Gründung eines Barsortiments in Paris bedeuten würde, sei es als Privatunternehmen, sei es auf genossenschaft licher Grundlage. Wenn auch bis heute noch nichts Bestimmtes darüber verlautet, so dürfte die Verwirklichung dieses Gedankens und dieser Gerüchte wohl nur eine Frage der Zeit sein. Mein Artikel hat mir damals mehrfach An erkennung aus buchhändlerischen Fachkreisen eingetragen, was darauf hinweist, daß die heutigen Verhältnisse im französischen Buchhandel ein Barsortiment geradezu zu fordern scheinen, während es andrerseits auch an Entgegnungen nicht gefehlt hat; eine davon ist seinerzeit ebenfalls im Börsenblatt erschienen. Inzwischen ist nun, nach einer Unterbrechung von nahezu acht Monaten, die zweite Lieferung dieses Katalogs erschienen in ca. 7 Lieferungen ä. 3 ^l), und heute sollen sich meine Aus führungen weniger mit zwar sehr wünschenswerten, aber immer hin vagen Eventualitäten als mit dem Katalog selbst und seiner Brauchbarkeit als bibliographisches Hilfsmittel beschäftigen. Als Herausgeber zeichnet ein in Paris ansässiger Deutscher, Herr Robert Federn, während den Verlag die Firma F. Volck- mar in Leipzig übernommen hat. Die Einteilung des Katalogs ähnelt stark derjenigen, die wir an unfern deutschen gewöhnt sind: Verleger, Autor mit Angabe seines Geburts- und Todesjahres, Titel, eventuell Untertitel, Erscheinungsjahr, Format, Ordinär- und Nettopreis. Die Aufnahme der Nettopreise muß entschieden als Fehler bezeichnet werden, denn ganz abgesehen davon, daß dieNetto- preise eine Verbreitung des Katalogs außerhalb des Buchhandels un möglich machen, dürften sie zum großen Teil unrichtig sein, und zwar deshalb, weil der französische Verleger meistens keine einheitlichen Bezugsbedingungen wie bei uns kennt, sondern den Rabatt von der Höhe der einmaligen Bezüge oder des Jahresumsatzes ab- hängig macht. Das Barsortiment als großer Abnehmer würde natürlich die vorteilhaftesten Bedingungen erhalten und dadurch schon der Konkurrenz wegen, nach Abzug seines eigenen Ge winnes, dem Sortimenter auch bei Einzelbezug in vielen Fällen einen günstigeren Rabatt einräumen können als der Verleger. In jedem Falle würde es seine eigenen Nettopreise führen und nicht die des Verlegers, die sich gar nicht verallgemeinern lassen, wie dies von den Pariser ausländischen Sortimenten und Kommissions geschäften schon heute gehandhabt wird. Für unsere Verhältnisse mag das paradox klingen; in Frankreich ist bei andern Ver hältnissen und Vorbedingungen auch mit einem andern Maßstab zu rechnen. Die buchtechnischen Abkürzungen im Katalog sind die bei uns gebräuchlichen. Dem Franzosen mag es merkwürdig Vor kommen, daß diejenigen in- oder ausländischen Verleger, die in Leipzig ausliefern lassen, im Katalog, ganz wie in unserm Adreßbuch, mit a, respektive mit at., die Antiquariate, wofür lautet, mit ä. bezeichnet sind. Zu tadeln ist deswegen diese Ein richtung nicht; denn der Franzose würde diese Abkürzungen wohl auch dann kaum verstehen, wenn sie sich mit den Anfangs- buchstaben seiner eigenen Bezeichnungen dafür decken würden, weil ihm diese Einrichtungen zum Teil überhaupt fremd sind, wie z. B. ein Auslieferungslager. Aber auch daraus scheint hervorzugehen, daß als Abnehmer weniger die rein französischen, als die Sortimente mit internationaler Kundschaft in Betracht gezogen wurden. Leider wimmelt es imText von Sternen,Kreuzen, auf- und abwärtszeigenden Pfeilen, die nur bei täglicher Benutzung im Auge behalten werden können und die, da ein so häufiger Ge brauch wohl nur in sehr wenigen ausländischen Sortimenten Vorkommen dürfte, die Benutzung des Katalogs eher erschweren, als erleichtern. Auch ein Schlüssel für telegraphische Bestellungen, der in sehr ausführlicher Erklärung allerdings mehr für französische Benutzer berechnet scheint, denen so etwas völlig neu ist, ist dem Katalog beigegeben. Auf Vollständigkeit kann dieser Katalog leider ebensowenig Anspruch erheben wie alle seine Vorgänger. So ist, um nur ein Beispiel zu nennen, gerade das bekannteste Werk des Karikaturisten I. Grand-Carteretr »Iwi« (Sammlung von auf den Deutschen Kaiser bezüglichen Karikaturen) nicht ausgenommen worden. Warum wohl? Den Herrn Herausgeber soll hierbei kein Vorwurf treffen, denn bei unvollständigem Material kann man nichts Voll- 360