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2756 Mrl-nvlaNd. DIschn. Buchh-Nd-I. Nichtamtlicher Teil. 52, 2. März 1912 weniger gangbare Verlagsartikel Herausreißen muß. Es muß die Schäden von Fehlspekulationen decken oder decken helfen. Dies mag als triftiger Grund gelten, für manche Fälle, wo nach allen Erwägungen der Verleger mit einem Verlagswerk Wucher zu treiben scheint: es ist eben sein Brotartikel I Ein hoher Ladenpreis, und sei er auch nur relativ hoch, wird immer ein Hindernis für die weite Verbreitung eines Buches sein. Viel mehr wird er es sein, wenn er absolut hoch ist, d. h. wenn das Gebotene nicht im Einklang mit dem Preise steht, wenn der Inhalt zu wenig im Verhältnis der Kosten steht, sei es nun quantitativ oder qualitativ. Das Publikum erträgt eher noch ein Minus an Qualität als an Quantität; zum mindesten will es für sein Geld auch etwas sehen. Das ist nicht gerade immer sehr vernünftig, aber es ist bei der grobstnnlichen Menge verständlich, wenn sie so denkt. Man darf sich deshalb nicht wundern, wenn Bücher, die das Publikum aus dem einen oder anderen Grunde für teuer hält, nicht gehen. Die Folge ist, daß sie dem Verleger totes Kapital bedeuten, wenn er nichts unternimmt, ihnen das Gehen zu lehren. Wenn alle die altbekannten Mittel dazu versagen, so bleibt ein modernes: die billige Ausgabe. Manchmal genügt dazu nur die Anfertigung eines neuen Umschlages; das ist dis durchsichtigste Form, weshalb eine billige Ausgabe erscheint. Die Nnverkäuflichkeit eines Werkes wird dem Fachmann daraus ohne weiteres klar. Mitunter führt dieser Weg aber zum Absatz der 1. Auflage und gibt dann Veranlassung zur Ausgabe einer wirklichen neuen billigen Ausgabe, die sich dann meist als die Ausgabe des betreffenden Buches, als Lagerwerk, hält. In vielen Fällen wird eine derartige Änderung des ursprünglichen Verlags planes wenn nicht zu Gewinn führen, doch vor direktem Ver lust schützen oder diesen kleiner sein lassen, als wenn der Verleger sich eigensinnig darauf versteift, das Buch entweder zum festgesetzten Preis abzustoßen oder gar nicht. Zudem kann der besprochene Modus auch zur Entdeckung des Buches als eines wertvollen in der Öffentlichkeit Veran lassung geben, die sonst nie gemacht worden wäre. Beileibe sei aber nicht etwa empfohlen, Preisherab setzung, billige Ausgaben als Allheilmittel anzusehen für jedes Buch, und insonderheit nicht für jeden Zeitpunkt im Leben eines Buches. Die Wahl des rechten Augenblicks wird vielfach von der Weltkenntnis des Verlegers abhängen, auch die Entscheidung, ob dies oder jenes Werk überhaupt noch lebensfähig ist, selbst zu billigem Preis. Es wird dies eine Entscheidung sein, die der Verleger in der Hauptsache allein wird treffen müssen, ehe er sich mit Autor oder Autorerben darüber ins Benehmen setzt. Diese halten allzu oft die Kinder ihres Geschlechts für unsterbliche Götter. Liegt es im Interesse des Verlags, daß der Sortimenter seine Erzeugnisse umsetzt, so hat der Verleger meines Er achtens die Verpflichtung dazu, solche Bücher auf den Markt zu bringen, die der Sortimenter auch in Masse absetzen kann; je leichter man ihm dieses macht, desto besser für ihn und damit auch wieder für den Verleger. Das braucht noch lange nicht zu einer Situation zu führen, die es dem Sortimenter nicht mehr gestattet, etwas zu verdienen. Wohl habende Leute, die ohne Anschauung der Preise kaufen, werden immer bleiben, und der Neuigkeiten-Markt wird für diese immer noch reich genug beschickt sein, wenn darunter als gangbare Brot- und Lockartikel auch einige innerlich wertvolle, früher kostspielige Werke in wohlfeilen Ausgaben enthalten sind. Die oben erwähnten englischen Gebräuche werden sich nun, trotzdem es möglich wäre, nicht ohne weiteres nach Deutschland verpflanzen lassen?) Doch dürfte es sich für viele Verleger empfehlen, ihre Bestände einmal daraufhin durchzusehen, ob nicht zweckmäßig irgend etwas daraus sich neu beleben ließe, zum Vorteile vou Verlag, Sortiment und Publikum. Es liegen sicher viele gute Sachen aus Ungunst der Verhältnisse in einenr unverdienten, unfreiwilligen Schlaf. Gewiß wäre es besser, diese daraus zu erwecken, als immerzu Neues von zweifelhaftem Wert zu drucken, noch ehe das Alte seine Kräfte hat wirken lassen können. Friemar. Zur Frage der Autoren- und Verlegerkammer. In eigner Sache. <Vgl. Nr. 20, 21, ZS, «2 u. 48.) Die Ausnahme, die meine Ausführungen an dieser Stelle gefunden haben, bedaure ich lebhaft. Wenn ich sie bloß be griffe! Mir ist nicht im Traum eingefallen, den Verleger stand als solchen kränken oder beleidigen zu wollen. Ich bin doch kein Narr, bin Schriftsteller, habe gute Freunde unter den Verlegern und bin aus solche angewiesen. Hätte ich das tun zu sollen geglaubt, so hätte ich keine Feder angesetzt, schon weil ich mir gesagt hätte, daß man mir meine Ausführungen einfach zurückgeschickt hätte. Ich habe gewünscht und geglaubt, beiden Teilen mit meinen Ausführungen einen Dienst im Interesse einer rein lichen Verständigung zu leisten. Wenn die Herren glauben, daß ich aus schwarzfärbe- rischem Groll einen Teufel an die Wand gemalt Habs, der nur die Ausgeburt meiner erhitzten Phantasie ist, so irren sie. Ich habe mich zum Sprachrohr von Stimmungen und Anschauungen gemacht, die durch die gesamte Schriftsteller welt gehen, und daß ihre Wiedergabe so aufregend gewirkt hat, erklärt sich nur daraus, daß man bisher, aus welchem Grunde immer, verabsäumt hat, sich offenen Auges gründlich darüber zu informieren. Daß man jetzt bei uns so darauf brennt und so nahe daran ist, die Einigung des Schrifttums zum Zweck gemeinsamer Jnteressenwahrung zustande zu bringen, um die man 40 Jahre immer und immer gerungen hat — daß selbst der Reichsoerband und die sonstigen Redakteurvereinigungen sich sympathisch dazu zu stellen glauben Ursache zu haben, spricht doch Bände! Wie wenig man in anständigen Verlegsrkreisen von unfern Schmerzen weiß, bezeugt schon die naive An nahme des Herrn de Gruyter, daß es sich im wesentlichen um den Z 18 handle — o nein, die Klagen, die da fußen, machen heute nicht viel Schmerzen mehr, die erledigen sich bis auf wenige Fälle ohne Rechtsabteilung und Staats anwalt. Es gibt hunderterlei andere Dinge, die nicht ge schehen sollten und doch geschehen. Wenn man vom guten Gewissen des vornehmen Verlegertums und seiner Ahnungs losigkeit aus sich darüber empört, daß jemand, der um diese Dinge weiß, sie ausspricht, — ja wozu das? Man kann *> Nein, schon weil die Verhältnisse in England wesentlich anders liegen. Wenn dort innerhalb Jahresfrist den Ausgaben zu 21/8 oder 30/— populär Uäitions zu 8/— und noch billigerem Preise folgen, so ist die Veranlassung zu dieser Praxis weniger in ethischen Gründen, als bielmehr in der Erkenntnis zu suchen, daß außer den großen Leihbibliotheken, für die die erste Auslage säst ausschließlich hergestellt wird, sich kaum Käufer für belletristische Lite ratur zu hohen Preisen finden. Da die Leihbibliotheken ihren Abonnenten immer neuer Lesesutter versetzen müssen, so werden die Herstellungskosten der teuren Ausgaben säst allein durch deren Bezüge gedeckt, die bei den zwei großen in Betracht kommenden Firmen oft 1080 bis IS80 Exemplare ausmachen. Der Gewinn an den Poxular-Mitions ist dann für den Verleger meist »ge fundenes Geld,. Red.