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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 05.07.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191907055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19190705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19190705
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-07
- Tag 1919-07-05
-
Monat
1919-07
-
Jahr
1919
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 05.07.1919
- Autor
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nach längerer, eingehender Debatte fast einstim mig angenommenen Sätzen zum Ausdruck: Der Geist der nationalen Einheitsschule kann auf die Bildung der religiösen Kräfte nicht verzichten. Die Schule hat, um die Gewissensfreiheit zu wahren, sowohl die Möglichkeit eines konfessio nellen Unterrichts als einer nicht konfessionellen religiös-sittlichen Unterweisung vorzusehen. — Durch einen Zusatz soll noch bestimmt wer den, daß jedes Kind zum Besuch des einen oder des anderen Unterrichts verpflichtet sein soll. General Hoffmann, der angeblich wegen seiner Kampfansage im Osten zur Disposition gestellt worden sein sollte, bleibt nach einer Erklärung des Kricgsministcriums im Dienst. Die ihm zugeschriebcne Pressenachricht ist hiernach von anderer Seite ausgegangen und ent spricht nicht der Ansicht Hoffmanns. Die Kämpfe um Riga. Der Pressebeirat der deutschen Gesandtschaft in Riga teilt mit: Die, von estnischer Seite über Neval verbreitete Meldung, daß Riga genommen sei, entspricht nicht den Tatsachen. Oberst Ballod steht mit seinen lettischen Truppen südlich von Riga im Anschluß an die Deutsch-Balten im Kampfe gegen die wieder vordringenden Bolsche wisten. Die Esten haben die lcttländischen Trup pen hinter den Stint-See zurückgedrängt und die völlig offene Stadt Riga niit schweren Kalibern beschossen, die bisher alle kriegführenden Parteien geschont hatten. Die Führer der Entente-Mis sion bemühen sich augenblicklich, einen Waffen stillstand herbeizuführen. Generalstreik in Frankreich. Die Verwaltungskommission der Confcdera- tion generale du Traivail -hat beschlossen, für den 20. und 21. Juli den Generalstreik für die gesamte Arbeiterschaft Frankreichs zu pro klamieren. Sie Mchrregikmi au Hindenburg. Generalfeldmarschall von Hindenburg, der be reits vor einiger Zeit um Genehmigung seines Rücktritts bei Abschluß des Friedens gebeten hatte, verläßt am heutigen Tage Kolberg. Gleich zeitig ist auch die Oberste Heeresleitung aufge löst. Aus diesem Anlasse hat der Ministerpräsi dent Bauer an den Generalfeldmarschall von Hindenburg im Namen der Rcichsregierung fol gendes telegraphiert: Im Namen, der Reichsregierung sage ich Ihnen, Herr Generalfeldmarschall, noch einmal unseren unabänderlichen Dank für alle Dienste zum Wohle des Vaterlandes. In Tagen der Not wurden Sie gerufen, in ^.agen noch schlim merer Nöte schließen Sie Ihre Aufgaben ab. Die wir im Zwange der Pflicht auf unseren Posten bleiben müssen, werden immer ein gro ßes Vorbild in der Art sehen, wie Sie die Pflicht gegenüber dem Palerlande höhergestellt haben, als Persönliche Gefühle und Anschauun gen. Baue r. NoSkeS Dank an Hindenburg. Reichswehrminisler Noske hat an General- fcldmarschall von Hindenburg folgendes Tele gramm gesandt: An dein Tage, an dem Sie den Oberbefehl niederlegen, ist es mir ein Bedürfnis, Ihnen, Herr Feldmarschall, im Namen der neuen deut schen Wehrmacht den herzlichsten und unauslösch liehen Dank des Vaterlandes für Ihre treuge leisteten Dienste auszusprechen. Wie Sie als ruhmgekrönter Feldherr unsere Heere in Feindes land geführt haben, wird unvergeßlich in der Geschichte fortleben. Besonders aber muß Deutschland Ihnen dankbar sein für die Mühe und «L>orgsalt, mit der Sie in der letzten schwe ren .Zeit die militärischen Geschicke unseres Va terlandes gelenkt haben. Sic haben damit den Grundstein gelegt, auf den unser Volk in hoffent lich nicht allzu ferner Zukunft sein neues Haus bauen wird, in dem dann unsere Kinder und Eickel wieder mit Stolz und Freude als Deutsche leben können. In dieser sicheren Zukunftshosf- nnng möge Ihnen, Herr Feldmarschall, noch ein langer, von der dankbaren Verehrung des deut schen Volkes getragener Lebensabend beschieden sein. Neichswehrminister Nosk e. Deutsche MiMlsersUMlW. Weimar, 3. Juli. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 15 Min. Die Haushaltrechnung 1916/18 wird an den Ausschuß überwiesen und daun die Vcrfassungs- bcratung fortgesetzt. Die Artikel 4, 5 und 6 Iverden nach unerheblicher Debatte angenommen. Zu Artikel 7 liegt ein Abänderungsantrag Dr. Ablaß vor aus Streichung dieses Artikels, wel cher dem Reiche die ausschließliche Gesetzgebung über Abgaben zuwciscn will. In diesem neuen Antrag 8a des Antragstellers ist das Wort „aus schließlich" gefallen. Abg. Dr. Graf zu Dohna (Dcutfchnat. Volksp.) und Abg. Koch (Dem.) empfehlen den Antrag Ablaß mit Rücksicht auf die Erhaltung der Lebensfähigkeit der Lander. Abg. Dr. Heim (Zcntr.): Der Artikel 7 gibt dem Zentralstaat zu viel Gewalt. Er er möglicht ihm, jeden Widerstand der Einzclländer radikal zu brechen. Wir fürchten nicht die Ein heit, sondern die Einheit unter Berliner Herr schaft. Neichskommissar Dr. Preu ß : Der Entwurf beruht auf monatelangen Verhandlungen, wobei auf die Wünsche der Einzelstaaten in weitest gehendem Maße Rücksicht genommen wurde und vollkommene llebereinstimmung mit den Einzel staaten .erzielt wurde. Die Erfahrung wird zei gen, daß nur, wenn wir uns als Einheit be trachte», wir aus dem Elend dieser Zeit heraus kommen. Heute ist cs möglich, das Reich von seiner Einschließung auf finanziellem Gebiete zu befreien. Das Haus beschließt nach diesem Anträge. Schwarz-Rot-Gol- angevommeu! Darauf findet die gestern ausgesetzte Abstim mung über die Reichsfarben statt. Der Antrag der Unabhängige» (NeichSfarbe rot) wird gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Der deutschnationale deMschvolksparteiliche An trag (Reichssarbe sckNvarz-weiß rot) wird mit 190 gegen 110 Stimme» bei 5 Stimmenthaltn» ge» abgelehnt. Gege» de» Antrag stimimm die beide» sozialdemokratische» Parteien, ein Teil des Zentrums und die Minderheit der T-emokra- ten. Ter Kompromißmürag Sozialdemokratie Zentrum (Reichssarbe schwarz rot gold, Handels flagge schwarz-weiß rot mit schwarz rot-goldener Ecke) wird mit 211 gege» 89 Stimme» bei 1 Stimmenthaltung »»genommen. , Die Artikel 8—17 werde» »ach unwesentlicher Aussprache angeiwmme». Bei Artikel l8 01 lieder u » g d e's R e i- ch e S in L ä » d c r erinnert Vizepräsident H a u ß »> a n n daran, daß für diese» Artikel eure längere Redezeit bewilligt worden ist, sich aber schon 9 Abg. zum Worte gemeldet habe». Tie Beratung des Artikels 18 wird deshalb aus gesetzt. Artikel !!> wird unverändert angenommen. Es folgt Abschnitt 2 R e i ch S t a g. Artikel 1 wird angenommen. Zu Artikel 2 beantragt Abg. A r ii st a d t tDeutschnat. Vp), die Festsetzung des Wahl rechtsalters auf das 20. Lebensjahr zu streiche» und dies dem Reichswahlgesetz z» überlasse». Abg. Dr. H ei » z e beantragt die Ablehnung des Antrages mrd wünscht, das Wablnller aus das 2l. Lebensjahr feslzusetzen. Abg. A u e r (Soz.) beantragt einen Zusatz, daß der Wahltag ein Sonntag oder öffentlicher Ruhetag sein muß. Abg. Frl. Böhm (Deutschnat. Vp.) befür wortet die Heraufsetzung des. Wahlalters auf das 24. Lebensjahr. Abg. Hartmann (Dem.): Man darf die jungen Leute von 20 bis 24 Jahren nicht vom politischen Leben fernhalten. Abg. Bauer (Deutsche Vp.): Wir bean tragen die Heraufsetzung des Wahlalters auf das 24. Lebensjahr. Abg. Frau Hake (Soz): Aus Dankbar keit schon müßte inan den jungen Kriegern das Wahlrecht geben. Hat man sie für gut befunden, ihr Blut für das Vaterland zu verspritzen, so muß inan sie auch ihr Wort in die Wagschale werfen lassen. Abg. Dietz (linabh.): Die proletarische Ju- gcnd hat .eine so furchtbare Jugend dnrchgc- macht, daß sie mit 20 Jahren für das Wahlrecht reif ist. Die »ameiitliche Abstimmung über Artikel 21 wird bis morgen ausgesetzt. Zu Artikel 22 be antragen die Dcutschnationalen eine Wabldauer von 5 Jahren. , Abg. Oberfobrcu (Deutschnat. Vp.) be gründet den Antrag, Abg. 01 r ü n c w a l d (Dem ) und Abg. Heinze (Deutsche Vp.) unterstützen ihn, die. Abg. K a tz e » st c i » (Soz.) mW W u r m (Unabh.) spreche» dagegc» »»d treten sür drei jährige Wahlperiode» ei». Die namentliche Ab stimmung soll morgen stattsindcn. Fortsetzung Freitag 2 Uhr. SWscht VMMWtt. Dresden, 3. Juli. Nachdem Präsident Fräßdors bekcumtge- gebe» hatte, daß sich die Kammer nicht, wie be absichtigt, in dieser Woche, sondern erst Ende nächster Woche in Anbetracht der übergroße» Arbeit des 01esetzgeb»»gSaussch»sseS vertage» lönne, beantragte Abg. Dr. Niet h a m m e r (Deutsche Vp) als Berichtersiatter für de» Fi nanzausschuß A für de» zweigleisigen A u S - bau der Linie Zeithain — El sl e r - w erda eine Million Mark zu bewilligen. Tie Kammer beschloß demgemäß. Ebenso wurde eine Gesetzesvorlage aus Ab änderung des Gesetzes über die A u s w a n d s- ents ch ädig u n g de r Al itgliedcr der Volksk a »i »i e r säst ohne Aussprache von der Kammer emslimmig angenommen. Beii» nächsten Punkt der Tagesordnung, ter Schlußberatnng über de» mündliche» Bericht des Fii:a»zaussch»sseS A über die Regiermigsnor läge, betreffend die Denkschrift über de» Weg fall d c s L a » d I a g S a » S s ch u s s e S z » r P erwaltu » g der Staatsf et, » lde » stimmte die Kammer einmütig einen« Anträge des Ausschusses zu, in dem gefordert wird, es beim Wegsatle deS Landtagsausschusses zu be lassen und sich mit der getroffenen Nenregelnng einverstanden zu erkläre««. Weiter bewilligte die Kammer zmn Elattapi- tel Landesansiallei« als einmalige anßerordent liche, künftig wegsattende Ansgaben zu N e«« baut e » z «« r W o h «« u n g s b e s ch ass» n g f ü r B e a m t e , zur Verlegung und ErweNe rnng des K r a n t e n st i s t s Z w i ck u n , zu Einrichtmigs und Erweiterungsbmüen bei der Anstalt H o ch w e i tz s ch e n n. a. in. 2 01 > l>81 Mark. Zur weiteren Gewährung von B a n dar - I e h e n a >« S S t a a t S in ilteln zur Unter stützung von geiwsfenschafflichen Beamlensiedelnn gen bei den Landesanstalten genehmigte die Kam mer nach einer kurzen, unbedeutenden Aussprache l 250000 Mk. Ebenso stimmte das Hans einem Anträge des Finanzausschusses A zum EtaUapitel, Zuschüsse zu de» Unterstützungen ans den Gebieten der Erwerbsloscnfürsorgc, 60 Millionen Mark uird zum Kapitel Zuschüsse an die Ge- meinden usw. zu den erhöhten Kosten der Not- standsarbcitcn, 20 Millionen Mark zu bewilli gen, zu. Die Interpellation der Fraktion der Sozial demokratischen Partei, „Hat die Regierung Mit- tel an der Hand, um der fortgesetzten Verteue rung von Obst und Frühgemüfe begegne» zu kön nen?" wurde von der Tagesordnung abgesetzt, «veil die Negierung infolge Abberufung des Wirtschastsministers Schwarz iiach Weimar dazu keine Erklärung abgebcn konnte. Nächste Sitzung: 4. Juli. SchiedrWcht Sei Ärbeitsstreitigkeiten. Die Gesetzgebung des neuen Reiches hat die Schlichtung von Ärbeitsstreitigkeiten aller Art den Schiichtungsausschüssen übertragen, um eine rasche Klärung dieser bedeutsamen Fragen durch eine Arbeitnehmer» u»d Arbeitgeber» gleich ver- tra»e»Swürdige Stelle z» gewährleiste». Der Schlichtu»gsaussch»ß hat hierbei nicht die Macht stellung eines Gerichtes; er fällt keine mit staat lichem Zwang durchführbare Entscheidung, viel mehr soll er, gestützt auf die Sachkenntuis seiner paritätisch den Arbeitgebern rind Arbeitnehmern entnommenen Beisitzer, eine gütliche Beilegung von Ärbeitsstreitigkeiten im Wege des Vergleichs herbeizuführen suchen. Kommt ciir Vergleich nicht zustande, gibt er eine» Zchiedsspruch ab, d. h. er spricht aus, was er in dem ihm vor getragenen Falle für Recht hält. Unterwerfen sich die Parteien diesem Schiedsspruch, hat dies die rechtliche Wirkung eines Vergleiches. Sollte also eine Partei gleichwohl gegen den Schiedsspruch verstoßen, würde die Gegenpartei gegen sie vor dem zuständigen Gericht die gleiche«« Ansprüche geltend machen können wie gegen jemanden, der einen rechtsgültige» Vertrag gebrochen hat. Verweigert dagegen eine Partei die Unter- werslmg unter den Schiedsspruch, ist dieser mit den Ertlärnngen der Parteien zu ihm öffentlich bekannt zu machen: Die Oefsentlichkeit soll er fahren, wer die Regelung der ArbeitSverhälinissc so, wie sie der parnätisch zusammengesetzte SchlichtnngsauSschuß sür recht und billig hält, verweigcrt. Im übrigen muß sich die benach teiligt fühlende Partei in diesem Falle ihr Recht vor dem zuständigen Oiericht suchen. Gewerb lichen Arbeitern, Beraarbeuern nnd Binnenschis fern in Betrieben mit mindestens 20 Arbeitern und Angestellten wird jedoch hierbei eine bedeut same Erleichterung geboten, soweit es sich um die Wiedereinstellung von Kriegsteilnehmern und die Wiedcrbeschäfligung von Angestellte«« und Arbeitern auf Grund der reichsrechtlichen Rege lung ihrer Einstellung, Entlassung und Entlob uung sür die Zeit der wirtschasllichen Temobil nwchnng, sowie nm ibre Löhne oder sonstigen Arbeitsverhällnisse handelt. I» diesen Fällen kann nämlich der Kreishauptman» als Temobil > machimgskommissar de» Schiedsspruch sür ver bindlich erkläre», «ne»» einer der Beteiligten hierum naehsncht. Ter Antrag ist beim -chlieh- lnngsansselmß zn stellen, der dann die Akten dem Kreishanptmann milteitl. Olme besonderen Antrag umerbleibt diese Mitteilung; de« Kreis hanptmann erhält also dann von den Tatsache««, die de««« Schiedsspruch zugrunde liegen nnd im Schiedsspruch selbst gar nicht erwähn« zn werben branchen, keine Kenntnis und kann daher, wenn kein 'Antrag gestellt ist, schon ans diesem Grunde einen Schiedsspruch «richt sür verbindlich erklä ren. De«' Kreishanptmann erteilt oder versagt die Verbindlichkeit auf Grund eingehender Prü snng des SachslandeS. Erteilt er sie, schasst er hierdurch gewissermaßen ein Gesetz für den Ein zelsall. Es ist anzunehmen, das; die Gegenpar lei dieses Oiesetz wie jedes andere besolgeu Irauentieöe. Noma» von Clar«« Aulepp-Stübs. 14 Der Kieler Hase«« lag im Sommerabendson- neilglaiiz. Schimmernd und gleißend, sich am Rande bald im neckischen Wellenspiel an der Kaimaner des Aruheimscheu Gartens emporhebend, bald in lang heraiuvallender, breiter Woge gege«« dieselbe schlagend, «veil«« ein Torpedo rasch vorüberglitt oder ei» Personendampfer an den uiuveit beftud- lichei« Lauduiigsbrücken anlegte, lag die Wasser fläche vor Giovannis Augen. — Ein stolzes Hei- niatsgefühl schwellle seine Brust. Er bog sich weit über die Brüstung der kunst vollen Einfriedigung und sah entzückt auf das ver trante Bild. Zwischen den sich hell von der dunk len Flut abhebenden Panzerkolossen der Kriegs schiffe schossen schnelle Segler, glitte» schmale Böte, vo» gleichmäßige» Nuderschlägen der Matrosen ge trieben, dahin. Das Tuten der Verkehrsdampfer, das greuliche, kurz hervorgestoßene Gehen! des Tor pedos vermischte sich mit der Konzertmnsik des Düsterbrooker Hotelgarlens. Und jetzt löste sich drü ben von einem der Panzer ein Boot ab — Ma rinesoldaten! „Muß i beim, muß i dem« zum Städtle hinaus, Städtle Hinnils, und Du, mein Schatz bleibst hier." Kräftige, frische Seemannsstiinnien und doch ein verhaltener Wehmutsklaiig darin. Zogen die vielleicht hinaus ins schwarze Land, morgen, über morgen schon, und brachten nun noch einmal den Abend beim Liebchen zu? Giovannis strahlender Blick verdunkelte sich. Wie oft halte er mit sich selbst im Kampf gelegen, ob es nicht besser iväre, er zöge anch hinaus. Viel leicht löste ein ehrlicher Svldatentod alle Dissonan zen Ein Vetter von ihm, der als junger Seeoffizier Feuer und Flamme für die Sache war, ging da mals gerade hinüber, wie gern hätte er sich ange- schlosse»! Aber, als ob sein Vater ihm die Gedanken von der Slime gelesen, schickte er ihn fort, kurz vor Hein richs Ausreise. Er hatte mit dem Vetter zwei, drei Briefe gewechselt, mehr uicht, da letzterer verwun det wurde und man seiner Heimkehr jetzt entgegen- sah. Auf diese freute sich Giovanni. Der prächtige Heinz. Wie oft hatte er geschlichtet und selbst ein offenes Wort der Mißbilligung dem harten Onkel gegenüber nicht gescheut. Giovanni seufzte, lehnte dieArme ans die Brüstung nnd sah nach dem Strande dort hinüber. Da lag die Arnhcünsche Werft. Er kam mit dem ehrlichen Willen zurück, sich de» Wünschen seines Vaters zu fügen, wenn dieser ihm nnr einige Freiheit ge währte, denn wie ein Sklave lieber sich nicht knech te««. Gott in« Himmel! Er, der Erbe von Millio nen, «var ja schlechter dran als sein eigener Die ner! Dieser konnte gehen zu jederzeit; er mußte bleiben, still sein, durfte keinen Widerspruch «va gen. Jede Stunde seines Tages war programmä ßig besetzt und seiner Lieblingsbeschäftigung, sei ner Leidenschaft für Musik, war iw keiner Weise Rechnung getragen! — Eben weil sei» Vater diese Kimst als seine» schlimmsten Widersacher fürchtete, verbot er dem Sohne schon seit Jahren jede Aus- übnng. Immer mehr umwölkte sich Giovannis Stirn. Vor seine«« geistige«« Ange» zöge«« die Szenen vor über, die er durch die Nichtachtung deS väterlichen Gebotes heraufbeschworei«. Wie einen Spitzbuben hatte ihn der Vater gezüchtigt. Eine Blutwelle schlug ihn jäh ins Gesicht, die Ader ans seiner Stirn schwoll beäiigstigend hoch, er stieß einen pfeifenden Aiemzug durch die Lippen, in seine Angen kam etivas Starres, Feindliches — „Guten Tag, Freund!" Erfühlte einen leichten Schlag ans seiner Schulter «md schrak zusaminen. In seiner grüblerische» Versonneilheit hatte er den Schritt deS Nahenden überhört, der mm neben ihm stand und ihm lächelnd ins Antlitz schaute. „Heinz!" Giovanni umarmte den Vetter fast stürmisch. „Du schon hier? Sag doch, wann bist Du dem« gekommen ? Ich wußteja von gar nichts!" „Ich kam gestern an, erfuhr Deine Heimkehr aber erst durch Klaus, den Diener, als ich kam, um Deinen Vater zu begrüßen. Er iväre noch nicht von driibei« zurück, aber Du seiest im Garten, sagte er. Nun, wer «var da glücklicher als ich. Besser konnte ich es doch nicht treffen, mein alter Junge?" „Nein, Heinz! Das konntest Du auch nicht, ich bin wirklich sehr glücklich, daß ich Dich «nieder habe. — Doch laß Dich ansehen, — Du bist krank!" Giovanni hatte des Vetters Hände erfaßt, sah ihm nun erschrocken ins magere Angesicht, das mit sei nen scharf markierten Zügen, den hervorstehenden Backenknochen und tief in den Höhlen liegenden Augen allerdings nicht den Eindruck des Gesunden machte. Doch Heinz Holm schüttelte lächelnd den Kopf. „Krank, nein! Nur ein bissel marode, das Wuud- fieber wollte nicht weichen. Es hat durchaus nichts zu sagen, mm man wieder zu Haus ist und sich pflegen kann. Aber Du? Wie ist's denn mit Dir, noch alles beim alten?" Der junge Offizier sah seinen Vetter bedeutungs voll an. „Heinz, das weiß ich selbst noch nicht, jedenfalls aber will ich Dir gleich mitteilen," er neigte sich ihm entgegen, „daß ich mich verlobt habe." „Gio, Junge, das ist ja herrlich I Da laß Dir nur gleich von ganzem Herzen Glück wünschen!" Die innige Herzensfreude des Vetters tat Gio vanni unbeschreiblich wohl. Er legte den Arm um denselben. „Komm, setzen «vir uns, das lange Ste hen ist nichts für Dich," bat er ernst und als sie dann iil den bequemen Korbsesseln eines kleinen Pavillons Platz genommen, sagte er weich: „Ich danke Dir Heinz, Deine Glückwünsche werde ich brauchen können," und ernst, fast düster, fnhr er fort: „Mein Vater ahnt noch nichts, es wird viel leicht harte Kämpfe kosten." „Mein Gott, warnin? Die Erwählte Deines Herzens wird doch in jeder Beziehung würdig sein, Deine Gattin zu werden?" „Es gibt keine Würdigere, als meine Lotti!" Giovannis schönes Gesicht überflog der Flammen- schein edelster Liebesbegeisterung. „Nun also, warum befürchtest Du dann Kämpfe!" „Lotti ist unvermögend — Korrespondentin im Hause des Onkels; dort lernte ich sie kennen." „Also in« Beruf tätig?" Der Offizier hob ein wenig die Achseln, zog die Braue» hoch. „Freilich, sehr angenehm wird das Deinem Vater nicht sei», Gio. Man hängt ja wohl heutzutage nicht an dem alten Zopf, läßt Frauenrecht und Fraueiierwcrb gelten, aber — die Schwiegertochter des Kommer- zieurats Arnheim darf doch nur ausbester Familn stammen. Verzeihe meiue Offenheit. Gio, ich mein» es gnt!" Heinz Holm streckte dem Vetter die Hani hin, die dieser warm drückte. „Hast ja anch so recht, alter Heinz. In der Be ziehung kannst Du jedoch ganz ruhig sei». Lottis Vater «var Arzt, starb aber jung, nun ließ die Witwe leider ihr Vermögen in eiiiem größere», von ihrem Mann gegründeten Sanatorium stehe«« das in andere Hände überging. Der spätere Be sitzer schien die Geschichte uicht recht zu ver.stehe«i, die Sache ging schief und Frau Doktor.Falk kouute kaum noch einen kleinen Rest ihres Geldes retten. Eine alltägliche Geschichte, aber sie ist schuld, daf Lotti aus der Schwester Peiisioiizurückgerufenwuedt uud als Korrespondent in ihre Sprachkeuntuisse ver wertete." „Hm ja, — sehr anerkennciiswert von der jun» gen Dame." Heinz schien doch nicht recht zufrie den. Giovanni aber ereiferte sich: „Na, das mein» ich doch auch ! Onkel und Taute habe» ihre hell» Freude an Lottis Tüchtigkeit, sie liebe» sie sehr." „So?" Heinz Antlitz wurde Heller. „Weiß Dein Onkel von Deiner Verlobung?'^ „Ja, ich habe sie ihm und der Tante heute früh mitgeteilt." ,,Uud sie billigen dieselbe?" fragte der junge Offizier lebhaft. Giovanni lächelte glücklich: „Ja, ja, sic billigen sie, alter Heinz! Sind sogar sehr erfreut darüber, uud obgleich der Onkel meint, ich verdiene so ein liebes Mädel gar nicht, so hat er mir dock) verspro- chen, als Hilsstruppe einzutreten, wenn ick; nicht allein mit Vater fertig werden kann, nur damit ich sic kriege!" 219.17
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