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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.07.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191907089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19190708
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19190708
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-07
- Tag 1919-07-08
-
Monat
1919-07
-
Jahr
1919
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 08.07.1919
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S. S. S. als Blockade-Institution gegen Deutsch land wirken mutzte, diese Woche zu existieren aus hört. Damit wird dann die sreie Wareuaussuhr und Durchfuhr über die holländische Grenze nach Deutschland unabhängig ' Non Ententeverboten und -Geboten beginnen, und Deutschland wird in Holland alles kaufen können, was die holländi sche Negierung zur Ausfuhr freigibt. Ernennung Haniels zum rlnterstaatssekretär. Der Gesandte von Haniel ist zum Unter staatssekretär im Auswärtigen Amte ernannt wor den. Er hat die Funktionen seines neuen Am tes bereits übernommen. Fraxlreich demovilifiert. Der Nnterstaatssekretär für Demobilisation erklärte in der französischen Kammer, die Regie rung nehme vom 9. 7. ab die schleunigste De mobilisation sämtlicher Nescrvistcnllasscn vor, so datz am 20. 10. nur noch drei Jahresklassen Aktiver, nämlich 1917, 1918 und 1919 im Dienst sein werden. Rundschau. Der Eiseubahuerstretk in Frankfurt ist vorläufig abgebrochen wor den. In einer angenommenen Resolution heitzt es: Der Abbruch des Streiks wird empfohlen, die Forderungen werden aufrcchtcrhalten und die gesamte Kollegenschaft wird ausgefordert, sich für eine Einheitsaktion bereitzuhalten. — Auch die D a r m st ä d t e r Eisenbahner beschlossen, die Arbeit sofort wieder aufzunehmen. — In Han nover ruht der Betrieb vorläufig noch. Großfeuer im Bahnhof Bebra. Seit gestern brennt die einige hundert Meter lauge Giiterhalle des Haupteisenbahnknotenpunk- tcs Bebra lichterloh, mit ihr mehr als hundert E i s c n b a h n w a g c n. Fortgesetzt explodieren feuergefährliche Güter, wie Benzin, und der wehende ungünstige Wind treibt die Funken dem Personenbahnhof zu und gefährden auch diesen. Die Entsjehungsursachc ist noch unbekannt. KohlerrpreiSerhöhrmg. Die Versammlung der Zcchcnbesitzer des Rhei nisch-westfälischen Kohlensyndikats beschloss auf Grund der vom Rcichswirtschaftsminister festge setzten Höchstpreise die Richtpreise wie folgt gegen die Maipreise zu erhöhen: Steinkohlen allgemein um 6,I0 Akk., Nußkohle um 6,70 Mk., gering wertige Sorten nm i,tO Mk., . Koks allgemein mit 8,50 Mk., Brechkoks I bis III um iO,2OMk. einschl. Kohlen- und Umsatzsteuer, gültig ab >6. Juli d. I., Briketts um 2,45 Mk. ab 1. Juni, um 7,05 Mk. ab 16. Juni, um 9,10 Mk. ab 1. Juli. Der Parteitag der Deutschnationalen Volkpartei findet nächsten-Sonnabend und Sonntag in. Ber lin im großen Saale der Philharmonie, Bern- burger Strotze 22, statt. Auskunstslelle für den Parteitag ist die Hauptgeschäftsstelle der Partei, Bernburger Stratze 21. Unruhen in Italien. . „Avanu" meldet an? Florenz: Die Arbeiter schaft ist Herrin der Stadt, sämtliche von der Menge mit Gewalt beschlagnahmten LebenSmit tel werden zu den von der Arbeitskammer fest gesetzten Preisen abgegeben. Ein grotzer Teil wurde der Bevölkerung des Erbebengebietes über wiesen, weil sich die Hilfsaktion der Regierung für die nach Tausenden zäblenden obdachlosen Familien vollkommen unzureichend erwiesen hat. Tie Kavallerie weigerte sich, die Menge anzu greisen. Tie vielen neuentstandenen örtlichen Sowjets zur Regelung der Lebensmittelversor gung sind der Schwierigkeiten Herr geworden und haben sich überall durchgesetzt. Dem Bei spiele der Romagna wird das übrige It a l i e n f o l g e n. In Palermo sucht die Negie rung der Volksbewegung gegen die Teuerung dadurch beizukommen, datz sie kurzerhand 21 be kannte Lebensmittelschicbcr ins Gesängnis werfen ließ. — Aus vielen Orten Italiens werden Plünderungen und Streiks berichtet. Deutsche Weimar, 5. Juli. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung. Eingegangen ist der Gesetzentwurf iiber die Ratifikation des Friedensvertrages. Es folgt die Fortsetzung der Versassnngsbera- t u n g. Die Bestimmungen über das Amt des Reichspräsidenten werden, entgegen dem Anträge der Unabhän gigen auf Streichung angenommen, bis auf Ar tikel 41, über den später namentlich abgestimmt werden soll. - Bei Artikel 45 befürwortet Abg. Dr. Heinze (Dtsch. Vp.) einen Antrag seiner Partei auf andere Formulierung. Die Bestimmung iiber den Völkerbund müsse gestrichen werden. Ein Antrag Gröber (Zentr.) will gleichfalls die Bestimmung über den Völkerbund streiche», eben- so ein Antrag der Unabhängigen. - Abg. K a tz c n st c i u (Soz.) bittet, die An träge abzulchncn. Wenn unsere Feinde der Idee des Völkerbundes untreu geworden sind und eine Koalition zur Vergewaltigung Europas geschlos sen haben, so haben wir es gcwitz nicht nötig, ihnen auf diesem Wege zu folgen. Abg. Dr. von Delbrück (D.-N.): Der Passus, betreffend den Völkerbund, mutz im Interesse der Würde des deutschen Volkes ge strichen werden. -- Der Antrag Heinze und der Antrag der Unabhängigen werden nbgelehnt, der Antrag Gröber wird angenommen. — Artikel 45 wird in der Fassung des Ausschusses unter Streichung des Absatzes, betreffend den Völker bund, angenommen. — Artikel 46 und 47 wer den unverändert angenonimeU. Artikel 48 be stimmt, wen» ein Land die ihn, nach der Reichs verfassung oder den Neichsgesetzcn obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaffneten Macht an halten. Abg. K a tz e n st e i n (Soz.) begründet einen Antrag, wonach der Reichspräsident verpflichtet sein soll, unverzüglich die Genehmigung des. Reichstages einzuholen und seine Matznahmen nur treffen- kann unter Verantwortlichkeit des gesamten Reichsministerinms. S/aatSkommissar Tr. P r e u tz : Atle die Kanteten, welche Herr Katzenstein wünscht, sind eigentlich in der Verfassung schon enthalten. Abg. Tr. Heinze (Tisch. Vp.): Wir wol len eine möglichst starke Regierung, und deshalb lehnen wir den Antrag Katzenstein ab. Abg. Tr. K o ch (Dein.) spricht sich gleich falls gegen den sozialdemokratischen Antrag aus. ' Abg. Dr. E o h n (Unabh.) bittet, den gan zen Artikel zu streichen oder, wenn er bestehen bleiben sott, wenigshms den Antrag Katzenstein anzunehmen. Artikel 48 wird in der Fassung des Aus schusses angenommen. Abg. S ch uIze - Gäverni tz begründet einen Antrag, in Artikel II statt Reichspräsident zu sagen Reichswart. Der Antrag wird nb gelehnt. Nach dem Antrag Siehr (Dem.) beschtietzt das Haus, datz Zinn Reichspräsidenten wählbar ist jeder Deutsche, der das 55. Lebensjahr voll endet bat. Damit entfällt der denlschnationale Antrag. Die Bestimmung des Entwurfes „ge wählt ist, wer die meisten Stimmen erhält" wird abgelehnt. Die gestern zurückgestellte Abstimmung über Artikel 38 ergibt die Annahme in der gestern vom Abg. Ablatz (Dein.) begründeten besseren juristischen Formulierung Bei Artikel 49 bean tragen die Unabhängigen Streichungen. Ein ge meinsamer Antrag Zentrum-Deutschnationale-De- mokraten-Tcutsche Volkspartei schlägt eine For mulierung vor, wonach der Reichspräsident bei Störung dex öffentlichen Sicherheit und Ordnung die nötigen Mahnahmen treffen, erforderlichen-, falls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschrei ten kann, sowie den Zusatz: bei Gefahr im Ver züge kann die Landesregierung für ihr Gebiet einstweilige Maßnahmen treffen. Die Maßnah men sind auf Verlangen des Reichspräsidenten außer Kraft zu setzen. Hierzu beantragt Abg. K a tz e n st c i n (Soz.), hinter „auf Verlangen des Reichspräsidenten" zu setzen „oder des Reichstages", Abg. Dr. Cohn (Unabh.): Artikel 49 würde einen Ncchtszustand schaffen, welcher hinter dem jenigen von 1848 zurückbliebe. Negierungskommissar Dr. Preuß: Auch Herr Dr. Cohn könnte ohne den Belagerungs zustand nicht auskommcn. Das haben seine Parteifreunde in Bremen, München usw. hin reichend bewiesen. Die nähere Regelung des Belagerungszustandes wird durch ein Reichsgesctz in ruhigeren Zeiten erfolgen. Wir würden uns freuen, wenn die Unabhängigen mit uns daran arbeiten würden, den Belagerungszustand über haupt überflüssig zu machen. Abg. Katzenstein (Soz.) beantragt, in dem Artikel 49 in der Wendung „zur Wieder herstellung der öffentlichen Sicherheit und Ord nung" die Worte „rind Ordnung" zu streichen. Reichsminister Heine wendet sich gegen den Antrag. Dadurch würde der Inhaber der voll ziehenden Gewalt verhindert werden, wirtschaft liche Maßregeln zu treffen. Abg. Dr. Cohn (Unabh.): Im letzten Grunde handelt eS sich für Sie (zu den Sozial demokraten) doch nur darum, Ihre Gewalt zu mißbrauchen zum Schutze Ihrer Parteiregiermig. Es tut not, datz Ihnen einmal die heuchlerische Larve abgerissen wird. Artikel 49 wird in der Fassung des Vicrpar- teienantragcs angenommen mit der Anfügung des Antrages Katzenstein. Tie Artikel 5t bis 53 werden ohne Erörterung angenommen. Bei Beratung der Artikel 54 und .55 bean tragt die Deutsche VolkSpartei eine Streichung, damit nicht die Minister ausschließlich mechanisch den Parteien entnommen werden. Ter Antrag wird jedoch nach kurzer Debatte abgelelmt und die Artikel in der Verfassung des Entwurfes an genommen. lieber den Abschnitt Reichsrat, Artikel til und folgende, referiert Abg. H a u tz - mann (Dein.): Der Reichsrat erschien allge mein uolwendig und zwechmäßig, selbst die äutzerste Linke hat eine solche Einrichtung als wünschenswert auerlaunt. Hinsichtlich Oesterreichs, das auch eine Stelle im Reichsrat erhallen sollte, sind unsere Hoffnungen vom Frühjahr durch den gewalttätigen Machtspruch, der das Selbsibeslim muugsrecht verneint, vernichtet worden. Absicht lich haben wir seinen Namen dort stehen gelassen. Das soll der Ausdruck unserer fortdauernden Hoss- nung, die Bürgschaft der Erfüllung unserer Hoss- nung bedeuten und ein wertvolles persönliches Baud zu den polnischen Persönlichkeiten zum Ansdruck bringen. Ein unalchäugiger Abäuderungsanlrag wird abgelelmt. Der Abschnitt wird olme weitere Er örterung angenommen, bis '.'auf die Artikel t>2 und til bezüglich des Slimmverbälluisses ün Reichsrat, die erst später im Zusammenhang mit dem znrückgestelllen Artikel 18 beraten werden sotten, lieber den 5. Absatz Reichsgesetzgebung reseriert Abg. K o ch (Dem.). Bei dein ersten Artikel dieses Abschnittes macht Abg. Dr. E o b n (Unabh.) - eine Einweudnng. Da er in längerer Geschäslsvrdnungsdeballe aus allen Seilen Wider sprach erfährt, bezweksell er schließlich die Be- schlutzjäbigkeit des Hauses. Infolgedessen bricht Präsident Fehrenbach die Verhandlnng ab. Die Weiterberatung wird aus Montag vertagt. Die Lage -er MW» WhwirWst. DSZ. Mit Rücksicht auf die ungünstige» wirtschaftliche» Friede»sbedingu»gen, vo» denen auch die Landwirtschaft hart betroffen wird rind die somit auch aris unsere Volksernährnng gro tzen Einfluß haben, nahm unser Dresdner Ver treter Anlaß, mit einem lairdwirtschaftlich sach verständigen Mitglied der Fraktion der Deutsch- na-ionalen Volkspartei hierüber zu sprechen. Die ser äußerte sich in bezug auf die Lage unserer sächsischen Viehwirlschaft Ivie folgt: Der Zu stand unserer Vieh Wirt- schaft in Sachse» i st b e ä » g st i g c » d. Die Aufbringung des Schlachtviehes stößt in letzter Zeit auf große Schwierigkeiten, was auch daraus hervorgcht, daß die Viehzählung vom 4. Dezember 1918 eine neue bedeutende Abnahme des Viehbestandes zeigt. Die Rücklieferung von Pferden ans Hccrcsbcständen an die Landwirt schaft hat infolge der bei der Demobilmachung eingctrctenen Unordnung nicht in dem Umfange durchgeführt werden können, wie dies erwünscht gewesen wäre. Infolgedessen ist die Erleichte rung, die dnrch das Freiwerden von Zugochsen infolge Ankaufs von Pferden in der Viehauf bringung erwartet werden konnte, nnr sehr vor- übergehend gewesen. Das Reichscrnährungs- ministerium war daher schon am 3. März ge nötigt, für die BcdarfSverbände, in denen infolge mangelnder Belieferung die Fleischratio» nicht iimegehaltcn werden konnte, einen - Ersatz an Hülsensrnchtcn auf Fleischkarten zur Ausgabe kommen zu lassen. Inzwischen haben sich aber die Verhältnisse der Viehaufbringnng derartig verschärft, daß eine allgemeine Herabsetzung der Fleischration angevrdnet werden mutzte. Es liegt im Interesse des Volkswohles, wen» die Aufzucht des Rindes mit allen dazu vorhan denen Mitteln gehoben wird. In elfter Linie gehört dazu die freie Belassung der Rauhfutter ernte, deren zweckmäßige Verwendung im land wirtschaftlichen Betrieb fiir Sachsen nmso not wendiger ist, als schon in Friedenszeiten die Rindviehhaltung vo» der Rauhfuttcrenüe in Hobein Matze abhängig war. Sachsen ist der bei weitem am dichtbevölkertste Staat Deutschlands. Im Jahre UUO kamen auf Sachsen 7,4 Pro zent der Oiesamtbevölkerung Deutschlands bei nur 2,77 Prozent der Gesamtoberflächc. Die Ersah rung während des .Krieges hat gelehrt, datz die Heranziehung der einzelnen Bundesstaaten zur Lieferung von Futter nicht in gerechter Weise geschehen isl, datz anderseits die stiefmütterliche Behandlung Sachsens bei der Zuweisung von Lebensmitteln selbst dem- zuiegsernährungsamt bekannt Ivar, während einzelne Bundesstaaten, sich aus ihre Reservatrechte berufend, mit Butter und Mitch zurückbielteu. Wie Sachsen in Rück sicht auf seine Lage zuerst mit der Rationierung angesangen bat, so ist es heute ein Gebot der Gerechtigkeit, dem dichtbevölkerte» Sachsen zuerst Erleichterungen in den ErnährungSschwierigkeiteu zn schassen. Im Interesse unserer sächsischen Volkswirtschaft ist zu verlangen, datz Sachsen in den Stand gesetzt wird, seinen verhältnismäßig hoben Knbbesland vor dem Kriege im Interesse der dringend notwendigen Milchversorguug wie- der berzusietten. Zur Erreichung dieses Zieles sind folgende Maßnahmen nötig: l. energische Einwirkung ans die Reichsstelle zur Erlangung von Düngemitteln, um die Futlererzeugung he- Nm zu können; 2. Sicherstellung des Karlossel saatgules zür Erzeugung mögliebsl Höber Kar toffelernten, die eine teilweise Befreiung von der Fwaugsbewirlschaslnug ermöglichen; 3. Sicher- slellnng der für die Kälberaufzucht notwendigen Futtermittel, damit die erfreuliche Zunahme der Kälber auch die Grundlage bietet zur Erhöhung des KnbbestandeS; I. möglichst zweckmäßige und produktionssördernde Handhabung der Milch- erfasiung (Beseitigung des Molkercizwauges für die Landwirte, die ihre Pflicht erfüllt haben); Irauenlieöe. Roman vo» Clara Aulepp-Stübs. 16 Giovannis Stimme klang gepreßt, er strich sich nervös über das Haar. Als Heinz Holm gegangen war, stieg er lang sam die Treppe hinauf. Die dicken Smyrnaläufer dämpften leine Schritte. Aach sonst war alles still, hell erleuchtet das wunderbare Stiegenhalls, Speise zimmer, Nauchkabiuett »nd an dieses angrenzend die Bibliothek. Und fiir wen das alles? Etwa fiir de» Mann, der nute» in seinem Arbeitskabmett noch am spä- tcm'Abeud saß und kalkulierte und rechnet den» nur seinen Gewinn zu vergrößern trachtete? — Oder für ih», den Erben? Er lachte höhnisch auf, als er durch de» Salo» schritt, doch plötzlich blieb er stehe», trat »äher an die Wand heran, und sah zu dem Porträt einer blendend schönenDnme empor. Es war seine Mutter! Giovanni sah das Bild lauge au, dann schüt telte er den Kopf. Das ist sie und doch wieder nicht. Er legte die Hand iiber die Augen und saun. Ge wiß, drüben im Mnstkzimmer mußte noch ein Por trät hängen, ein kleines zwar nur, aber doch ein unendlich liebes, warmes Bildchen, welches den ganzen Zauber wiedergab, den die Persönlichkeit seiner Mutter ausstrahlte. TaS Musikzimmer lag gegenüber dem Sakon, neben dem Boudoir. Ohne sich weiter zu besinnen, ging Giovanni hinaus und öffnete drüben die Tür. Dunkel? Aha, nut Absicht wohl? Oder hatte cs von der Dienerschaft niemand gewagt, hier Licht zu entzünde»?. Ein bitteres Lächeln kräuselte seine Lippe». Ja, natürlich, so würde es sei». In gereizter Stimmung tastete seine Hand nach dem Knopf der Leitung. Einen Moment später flammte die Krone auf, übergoß mit ihrem Schein das ziemlich große Gemach. An einer Seilenwand, iiber einer kleineren No- tenetagere, hing das Oelbild. Jin einfach gehalte nen duftigen Gewand, das Köpfchen ein ganz klein wenig nach hinten gebogen, denschtM-mHm»'ohne jeden Schmuck, so war hier die junge Frau von seltenem Liebreiz dargestellt. Ja, das war semeMut- ter! Als ob diesem roten Mund im nächsten Augen blick Töne entzückende» Wohllautes entquelle» wür- de», so sahen die ei» klei» wenig geöffnete» Lippe» aus. Die große», dunklen Sammetaugen blickten sanft und doch voll Feuer, warmes, pulsierendes Leben leuchtete aus ihre» Tiefen. Und nun kam es Giovanni vor, als ob sich plötz lich die ganze zarte Gestalt nach klangvollen Melo dien im wiegenden Rhythmus leise, ganz leise hob und neigte uud lächelte, wie sie es im Leben, mit lieblichem Gesang durch das Zimmer gleitend, so ost getan. Er stand wie im Traum und regte sich nicht, und konnte sich nicht satt sehe». Und jetzt hob er die zusammettgelegte» Hände und ganz impulsiv, voll ständig uuler dein Eindruck des Augenblicks ste hend, langes sich ans seinem Innern: „Mutter, Mutter, warum bist Du gegangen? Warum ließest Du mich allein? Ich bin Blut von Deinem Blut und soll es verleugnen! Kan» ich das? Kann ich inei» eigenes Selbst aufgeben! Kan» ich alle zum Licht, zur klangvolle» Gestaltung sich mit qualvol ler Macht empordräiigenden Melodie» i» stummer Brust verschließe»? Mutter, Mutter, kau» ich das?" Erstand jetzt ganz dicht vor dem Bild; seine Hände ruhten aus dem glatten Ebeuhvlzrahmen des selben, seine brennenden Augen hingen, Antwort heischend, an dem zartschönen Antlitz über ihm. Lächelte die Mutter jetzt noch? — Oder, großer Gott, war es ein Weh, was in de» Mundwinkel» sich barg? Giovannis Blick saugte sich förmlich fest, stu dierte jede» Zug, jede Linie des Gesichts. Und sah der Sohn mehr in demselben als andere? — Wa rum schlug er auf einmal die Hände vor das Ant litz und trat mit einem wimmernden Laut zurück? Warum? Warum, wann»? Ei» böses Wort: Scheucht Dir de» Seeleufriede» fort. Wie Schuppen fiel es von Giovannis Augen, O, xnm war, ihm manches klar, : «xaS et^jrüher nicht hakte begreif«» können, auch' teilweise gar nicht be achtet hatte. Er erinnerte sich dunkel, wie mißtrau isch der Vater seine Gattin behütete. Wenn Hellmut Arnheims Boot auf der Rück kehr von der Werft in die Nähe der Billa kam, da flog über seine Züge oft ein gequälter, horchender Ausdruck, der jedoch sofort verschwand, wenn eine wundervoll weiche, glockenreine Frauenstimme sich in das leise Plätschern der Kielwelleu mischte. Mit einem tiefem Aufseufze» der Erleichterung, wie er löst von heimlicher Sorge, sprang er dann an Land. So waren die Jahre verrauscht, nicht immer im heiteren Gleichmaß, sonder» getrübt durch manch leidvolle Stunde, denn Giovanni hatte der Mut ter Talent geerbt. Seine junge Seele war oollvo» Melodien, die ihm unter den Fingern hervorquol len und jubelnd und jauchzend de» frische» Lippe» etttströmten. Hellmut Arnheim sah es mit dem unruhigen Gefühl angstvoller Gereiztheit. Wo hinaus sollte das führe»? Der eiuzige Erbe gehörte ins Kontor, durfte kein Künstler werden! Seit Generationen bestand sein Haus, nie uud nimmer ließ er die Firma in andere Hände übergehen. Als er sich in diesem Sinne seiner Gemahlin gegenüber geäußert, hatte sie geschwiegen. Das tat sie immer, wenn sie ihm nicht Recht geben, aber auch nicht durch einen Widerspruch reizen wollte, und gerade dieses Schwei gen machte ihn besorgt, entfesselt? m ihm ein nicht ftwhk zu unterdrückendes Gefühl vo» Mißtrauen.. Giovannis Gedanke» waren Mo ganz richtig) als sie sich vor dem Bild der Mutter in die Ver gangenheit gesenkt. Er erhob das Gesicht ansdenHändeu.nicktemelan- cholisch. Dann ging er langsam im Zimmer umher. Jetzt zog er cm dem mittelsten der drei Fenster die Vorhänge zurück, öffnete dasselbe und lehnte sich weit hinaus. Das Silberlicht des Mondes lag auf dem Wasser und ließ die Umrisse der gewalti- genPanzer erkennen, deren erleuchtete Schiffsluken bekundete», daß i» ih»e» noch reges Leben herrschte. Unweit voi» Lande aber hob sich strahlend hell in schneeiger Weiße wie ein stummer, stolzer Rieseu- schwajrdas Kaiserschisf ans dunkler Flut. Inder Nähe die schlanke „Iduna", die Jacht der Kaiserin. Vereinzelt dann, hier und dort, »reist an den Lan dungsstege» der Villen, schmucke Segler, die sich zuweilen, wenn der Sommerwmd leise über sie hinstrich oderein Wettenkamm sich unter ihrem Kiel brach, kokett hoben und neigten. An ihnen vorüber glitten au Land znrückkehrende Böte, deren Laterne» wie Leuchtkäfer aussahen. Und nun kam ein Silberblitz, und da noch einer und noch einer, — es waren Möveu, die lautlos über die Wasserfläche schwebten, deren weißes Ge fieder im Mondschein glänzte. Giovanni hatte de» Ellenbogen auf den Sims gestützt, das Haupt in die Hand gelegt, in Sinnen verloren sah er hinaus. Und in dieses Sinnen hinein ertönte die Stimme des Vaters, der plötzlich hinter ihm stand. „Du möchtest mir etwas mitteilen, sagtest Du vorhin beim Essen." Giovanni fuhr jählings herum. „Ja." „Dann schließe das Fenster und sage es mir jetzt; ich habe daun »och zu arbeiten." Mechanisch kam der Sohn dem Befehle »ach, aber es war ihm, als schlösse er den Friede», de» frischen, reine» Gottesodem, der da drauße» iiber de» Wasser» schwebte, damit ans, als würde es sofort dumpf und schwül ii» Zimmer. Und diese Schwüle lastete auf ihm uud bedrückte ihn. Ner vös strich er die Locken aus der Stirn. Sein Auge glitt forschend über des Kommerzienrats unbewegte Züge uud dcum fast unwillkürlich zu dem Bilde der Mutter hinüber. Vor dein Kamin stand eine Gruppe mehrerer Sessel. Mit einer Handbeweguug darauf deutend, sagte der Vater: „SetzeDich!" und nahm selbst Platz. Giovanni setzte sich ihm gegenüber uud hatte auch so das Mutterautlitz vor Augen. Es war ein Zufall, doch schien es ihm gleichsam ein Liebesbc- weis von ihr, als uwttte sie gegenwärtig sei», wenn die Würfel fielen, die über das Geschick ihres em- zigen Kindes entscheide» sollten. „Nun?" Der Anruf des Vaters veranlaßte den Sohii — er faßte, sich ganz kurzihm seine Verlobung
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