Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 09.01.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-01-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191901095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19190109
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19190109
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-01
- Tag 1919-01-09
-
Monat
1919-01
-
Jahr
1919
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 09.01.1919
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
einstweilen in Ansprachen, Hochrufen auf die Re publik und Niederrufcn auf Liebknecht. Besetz«»« v«» Berit»«» Remtern Berlin, 7. Jan. Wie die „Post" erfährt, haben die Unabhängigen und Spartakusse gestern abend das Haupltclegraphenamt und die meisten Fernsprechämter besetzt. Die Neichsbank hat schon vor etwa 8 Tagen eine Matrosenwache erhalten, die Politisch aus neutralem Boden steht und dao Gebäude gegen jeden Angriff rind Einbruch schützt. Die Ncichsdrnckerei dagegen ist gestern nachmittag in die Gewalt der Spartaknsleutc gr langt, die das Gebäude besetzt halten und die Vorräte an fertigem Papiergeld mit Beschlag be legt Haden. Berlin, 7. Jan. Die Beamten des Ber liner Polizeipräsidiums haben, abgesehen von den Sicherheitsmannschaften, heute vormittag we gen Lebensgefahr das Gebäude verlassen. In diesem verblieb nur der Polizeipräsident Eich horn mit seinen Mannschaften. Ei» Nlttmoln« Wie die „Rote Fabne" mitteilt, haben die revolutionären Berliner Arbeiter und Soldaten der Regierung das Ultimatum gestellt, sofort zu folgenden Beschlüssen des Reichskongresses der A.- und S. Räte Stellung zu nehmen und die von den A - und S.-Räten zum Gesetz erhöbe neu Beschlüsse sofort in Kraft treten zu lassen. 1. Sofortige Entwaffnung aller Offiziere. 2. Ent seruung der Rangabzeichen. 3. Die örtliche Kom mandogewalt liegt in den Händen der A - und S Räte. l. Wahl der Führer durch die Mann schaften. 5. Völlige Auflösung der alten Armee, sofoUige Entwaffnung reaitionärcr Sonderformr- tioneu, Einführung einer bürgerlichen Volkswehr. 6. Gegen KriegSministerium und Armee-Ober- lommandoS, welche die vom Kongreß gegebenen Gesetze für null und nichtig erklären, ist sofort Stellung zu nehmen. Nr«ße K«»-s«bu»s<» für d!« Be«ie«u»s- B erlin , 7. Jan. Während in den frühen Vormittagsstunden das Leben und Treiben nichts Ungewöhnliches bot, nahm es, je »veiler die Zeil vorschrilt, wieder an Lebhaftigkeit zu. Große Trupps Airgehöriger verschiedener industrieller Werke durchzogen mit riesigen Plakaten die Stra- f;en der Hauptstadt und versammelten sich in der Wilbelmürahe vor dem Reichskanzlerhaus. Jede Neuangekommene Abteilung wurde mit Hochrufen auf die Regierung empfangen. Ziegen 12 Uhr war der nördliche Teil'der Wilbclmstraßc, der Wilbelmplatz und die Vvßitraßc so dicht besetzt, das; der Zu- und Abgang zum RegierungSge bände kaum möglich war. Die Massen hielten sich in ausgezeichneter Ordnung. Irgendwelche Zwischensälle waren nicht sestzustellcn. Zu eine» grossen Demonstration kam es gegen 2 Uhr aus dem Potsdamer Platz. Tic Ssrahenbahnwagen und sonsliaes Gefährt wurden durch den Lemon strnt'onszug der Unabhängigen angehalten und als improvisierte Rednertribünen besetzt. Dies löste eine Gegendemonstration aus und allenth ü den hörte man Hochrufe auf die Regierung. Falsches Aer-cht Lber H^brudaeg Die Meldung der „Republik", daß Geucral- feldmarschall von Hindenburg in Berlin eingc- troffen sei, um den militärischen Oberbefehl zu übernehmen, ist falsch. SMtMs-Uinihtt i« AeW. Auch i» Spandau haben Kämpse stattgesunden. Nach einer Notiz der „Freiheit" ist das Rathaus am Montag von Eparlakusleuten besetzt worden. Pioniere nah men daraufhin das Rathaus unter Feuer. Tie SpartatuSleme zeigten die weiße Fabne. Es wurde in Verhandlungen eingctreten. Tas Er gebnis war ein Waffenstillstand bis Dienstag abend. Die regierungstreuen Truppen bemühen sich aber, von Spandau Artillerie zu bekommen. «partMftifch«» Putsch i» Hatz«. Matrosen und Soldaten drangen am Diens tag vormittag in das Wahlbureau der deutschen demokratischen Partei in Halle ein und wurden gewalttätig gegen den Vorsitzenden Rechtsanwalt Schreiber, der selbst Mitglied eines Soldaten rates ist, raubten sämtliche Wahlflugschriften und Wahlmaterial und verbrannten es auf dem Markt. E,f»l« de» SNartakASleul« im r-«i»1sche» Jobuflri«L,»1«t. In Mülbeim (Ruhr) und Oberhausen haben die SpartaknSanhänger die ösfentliche Gewalt an sich gerissen. Es wurde die Herrschaft des Pro letariats nach russischem Muster proklamiert. ' Lie Bilduvg vo» „ZechevsAutzwehreu". Auf allen Zechenanlagen im Bottroper B-zirl bildeten sich zum Schutz gegen bolschewistische llebersälle Zcchenschutzwchren, die sich aus Ar beitern der Betriebe zusammensctzen und unter der Aussicht des A.- und S.-Rates stehen. D«r Borstavd teS Kieler G»Idat,»rate« «»rückgetrete». Ter Vorstand des obersten SoldatenrateS in Kiel, Artelt, ist von seinem Posten zurllckgetreten, »veil er die Haltung der Regierung Ebert-Scheide mann mißbilligt. Artelt gehörte zu der Gruppe der Unabhängigen. Sie „MW Sesihk. Nr»««!,«« ««««« lt« Pvle». Wie bar W L. 8 »»fahr», soll tiM Aufgevat für »1« mttttLltfche Wuderb.sltzuzritfung Posen« und -ur miluSrtichea Sicherung Oürrjchksten« ,wet Slmeeko P« benagen «.'m», i P »r«r»< t« tzemfch«, Wt- di« Delegr-Unioo au« Schnei^ mEhl erfährt, ist die Stad» Kolmar (Pos«») Montag nachmut«« Wira» vo» ben Pole» durch d«utsch« Trupp«, Garntson Vchnildmoühl b,s»,Ü worden. »u« Dan,»« wird gemeldet.- U^ch Bericht«» au« Dch»«tormüql stob dt« Polin au der Layn- ttnte GchnrtvrmLhl—Brvmaerg »tcht »ett«r vargedrunge». Kosten und Schlimm find ovn den Polen drj.tzc Gt»ft«>»»« d r > de»-»1ttel.Lr,»HP«rt» »»» der Pc»«i», P»s-»s W« MW Pa;«n ««meldet w«V. find Kn Posener Land« an d!« polnisch- B'vdtk-rung AusiUfe verteilt worden, die zu« Einstellung der Ltd«n»m>tielzusuht io deutsch- Seb-«'« aufiord«»». Alt,^,»,«»e« „f »,l«tfchr» PU«« Au» Posen wtcd bertchret: Montag «>t»ag -niftand aus d»r gltrgerftaltvn La»i«r «in Brand, dem «in« Ma. »schasttMlrack« , Opfer fi«l. Aus Anfrag« «illr -a« Soo»eln-mrnt mte, atz »irr Amgßeag« aus granksurt «. O^er srch« Vomve» auf die Siat on avgewoefen hätten, von denen «tn« IN b e Kas»rn«m«ns fi l. Per- so»«» »ei-n nicht zu Schadin gekommen. Doich mes«« Nomb« odwurf sei unter d u polnische» Solvaieu grvtze B-nnruhiguog e»tstard«n? Durch da« Etngmtsen der mrtzgebeuoen Still » ü>Uld-n B»g«itu q«»rßcegr1n grg«» dl« unschokdtg« deutsche B-»ütk«cun« von PosiN o«rhüt«t. BtePslm derhi»»«r» di Ad«»de dir <«l»»«tid » -taty im«e Mttceti»ag v«. Eis»abaHndnektt«N Pose» verhindern di« Pol-n auf dc» Sin»« Ja otschm—Ostrowo dt« Abfahrt der Lokomo- > oe» St, haben da« B-z»kkMaschtn«namr Ostrow» besetzt u»d l ssen leine Lokomotioe» mehr tzer*u«, so daß 4K zu« Uo»1tfrr»n« »n dt« Euren,« »«reitstetzeno« Lokumortvm nicht ab«« geben wervrn kSvnen. Nit rrledkirsrage. NeneS do»tsches Ersuche» vm Friede». Tic Reichsrcgierung bat sich iu dcu letzt.'»» Tage»» vou neue»»» an die Verbündeten gewandt mit dein Ersuchen um baldige Aufnahme der Verhandlungen zur Ueberleitung des Waffenstill standes in den allgemeinen Friedenszustand. Gleiche Schritte sind von der deutschen Waffen- stillstandskommission unternommen worden. Ler Vezt», der Friedr'««r»vfe,e*t am l4 Ja»»a«. Aus Gens wird gemeldet: Die Pariser Kon ferenz der vier verbündeten Großmächte zur Fest, stellung der Grundlagen des Präliminarfriedens findet am 11. Januar statt. Sor Friede» — lei» Geschäft. Nach einer Meldung aus Roin überreichte der römische Prcsseverband dem Präsidenten Wilson eine Adresse, in der für einen gerechten und dauerhaften Frieden auf Grund des Völkerbun des eingctreten wird. Wilson antwortete, der kommende Frieden dürfe nicht deik Charakter eines Geschäftes tragen. Loxembur« aus d«m devtsche» Z«lloer»i» ausgrschtrdeu Reuter meldet aus Luxemburg eine Erklärung der Regierung an die Ententemächte, worin die Verträge Luxemburgs über die Zugehörigkeit zum deutschen Zollverein und die Prinz-Hein rich-Bahn für nichtig erklärt werden und Luxem bürg den Wunsch ausspricht, die Sicherung sei ner Selbständigkeit und die Rechte der Bevölke rung unter den Schutz der assoziierten Regier»» gen zu stellen. Zar Lase. Nersachter U-berfall auf Kaiser Wilhelm ? Das Amsterdamer „Handelsblad" meldet aus Amerongen: Am Sonnabend abend erschienen an der Psone des Schlosses Amerongen zwei ge panzerte Automobile mit 18 Insassen, die den Kaiser zu sprechen wünschten. Es war bereits '/rlO Uhr abends, und da der Wache die Sache sehr verdächtig vorkam, verständigte sie die Po lizeiwache, die mit Karabinern und Revolvern hcrbeikam. Die Automobile wurden umzingelt und untersucht. Es fanden sich Gewehre vor. Die Insassen wurden in Amerongen eingehend verhört. Neber das Ergebnis der Untersuchung ist noch nichts bekannt geworden. Die Insasse»» behaupten noch, sie seien von der amerikanischen Gesandtschaft geschickt, um den Kaiser zu sprechen. Mackevse» toll nach Frankreich gebracht werbt» „Dail»; Mail" meldet: Feldmarschakl Macken sen wird von Saloniki nach Frankreich gebracht. Wichüge Beschlüsse, die nicht einmal angedeüiet werden können, stehen zur Abwehr des Bolsche wismus von Europa bevor. Ludendorff w!«der io restschlavd Wie die „Leipz. N. Nachr." erfahren, ist der ehemalige Gcneralguartiermeister Ludendorff von seiner Erholungsreise nach Schweden, die er mil Zustimmung der Regierung unternommen hatte, zurückgekebrt. Er ist gegenwärtig mit der Ab fassung einer RechtserUguugSschrist beschäftigt. Die badischr» Nott»»aiwakle» Das vorläusige Ergebnis der Wahlen zur badtzchen Nationalversammlung ist in allen Wabt kreisen zusammen: 2l Demokraten, 35- Sozial- ^emokralen, II Zenlrum, 7 Deutschnationale und ! Unabhängiger. Tie Wahlbeteiligung war un gemein stark und überflieg 00 Prozent. Tie aw gegebenen Stimmen verteilen fick» auf das Zen trmn m t 370 OM, die Sozialdemokraten mit 3I5OOO, die Deutschdemokraten mit 227 000, die Deulschnalionalen mit 7l 000 und die Unabhün Z en mit 15 000. Bezeichnend ist die geradezu vernichtende Niederlage der Unabhängigen, denen es nicht einmal gelang, den Sitz zu behaupten, den sic in der allen zweiten Kammer innehattcn. Ja Braunschweig e »e sozia demekraffsche Mthrpeit gewählt. Wie die „Braunschw. Laudesztg." berichtet, wurden nach dem jetzt festgestelltcn amtlichen Er gebnis der Wahlen zum braniUchweigischen Land tag insgesamt 212 283 StnnHien abgegeben. Es entfielen auf die Liste der Demokratischen Volks- Partei 46 291 Stimmen 13 Sitze), auf die vereinigten übrigen Parteien 55 616 Stimmen (16 Sitze), auf die Lifte der Sozialdemokraten (Richtung Scheidemann) 55 708 Stimmen (17 Sitze) und auf jenr der Unabhängigen 51648 Stimmen (14 Sihrs. 29 bürgerliche Abgeord nete stehen somit 31 sozialistischen Abgeordneten gegenüber. Sie Belgier oertzlfi«» sortal«*m»kranfche «,»»i»»t«» In Aachen wurden die sozialdemokratischm Kandidaten eür die Nationalversammlung Koehn und Weiß sowie der Sozialdemokrat Honrat von den Belgiern verhaftet.^.!. Die»stz«it »er Peich-poftbekmte». In -einer Verfügung des Reichspostamtes wird bekannt gegeben, daß das wöchentliche Ar beitsmaß für alle Beamte im Einvernehmen mit den Beamtcnverbänden auf höchstens 48 Stun den festgesetzt wird. Schl-graVe Wetter i» eise* lothitnsische» Krude. Wie aus Metz gemeldet wird, ereignete sich -n einer Grube bei Merlenbach in ^der Nacht pnn 3. Januar ein schlagendes Wetter, dem ^0 Scnlc zum Opfer fielen. Ungefähr 30 konnten <us der Grube hcrausgeschafft werden. ; Bet pflichtwidriger UichtMtstriiz »oa HmerPt erfolgt MW-W.md s»«,'» Veßr«f»t KkitzMUMliUMil, WlnV/8, MrWrch G. MhlmsaMlMl d« dems-llsttMltt VMMtii. k.-- Oberlungwitz, 8. Jan. Vor einer überaus großen Wählerversammlung sprach gc- »tern abend im Gasthof „Zum-Hirsch" Herr Dr. Ing. Eckardt-Zwickau von bek Teutschnatio nalen Vvlköpartci. Nach Begrüßung der zahl »eich Erschienenen seitens des PersammlungSlci- lcrs Herrn Rcchlöanwalr ü ch e r - Glaucha»», Ob»uann der dortigen Ortsgruppe obengenannter Pmllei, nahm Herr Tr. Eckardt das Wort. In seinem nahezu Inständigen Vortrage besprach er vauptsächliäi die Ziele der Deutschnationalen VvlkSpartei. Indem er eingangs seines Rese ratS erwähnte, grau fei die- Gegenwart, schwär zer noch die Zukunft, schildene er die inneren politischen und wirllfchaftlichen Verhältnisse vor und »nährend der Revolution und wie sie sich in Zullmft gestalten können. Aber wenn auch noch so schwarz die Zukunft sei, »nenn äu.h grobe Feblcr und Schwächen der alten monar chischen Negierung mitbestimmend waren an den Ursachen und an der Verlängerung des unheil vollen Krieges, w müsse sich jeder Deutsche jetzt in ernster Stunde den Freiheitskämpfer Montz Arndt als Verfechte» deutscher Einheit und Einig keit vor Augen ballen. Tic Hauptschuld, daß i jetzt Deutschland am Boden liegt, gab Redner f der englischen Hungerblockade, dem Schleichhan del, dem Eigennutz im Lande, den unhaltbaren Zuständen an der Front und Etappe, welche zu einer völligen Zersetzung von Front- und Heu matheer führen mußte»». Was nun die Revolu tion uns bisher genützt hat, beleuchtete er mit den Ereignissen, der letzten Zeil in allen Teilen des Reiches und Aufgabe der künftigen Nativ nalversammluug sei es nun, dem Treiben ein Ende zu mack»en, dÄinit unserem Volke bald Ord nung, Frieden und Brot gebracht werde. So- Zlnier schwerem WrdachL. Roman vou F. Arnefeld. 83 Die alte Frau stöhnte leise. „Das ist eine furcht bare Wahrheit, wo gedenken Sie aber mit der Verteidigung eüizusetzen, wenn ich danach fragen bars?" „Sie dürfen nach allem fragen. Wo sollte ich anders einsetzen, als an dem Punkte, den ich für die Wahrheit halte! Hafner hat sich das Gift selbst emgerührt, und in seinem teuflischen Haß und Neid es so eingerichtet, daß der Verdacht, ihn ermordet zu haben, auf die Schwester und deren heimlich Verlobten fallen muß." Frau HelmerS senkte den Kopf und sagte viel leiser als bisher: „So ungefähr habe ich mir den Hergang auch vorgeslellt, bis —" „Nun?" drängle Schleiden sehr gespannt. „Bis heute, wo ich meinen Sohn gesprochen habe. Halten Sie eS ganz für ausgeschlossen, daß Karla einen verhängnisvollen Irrtum begangen hat, un» den Paul weiß?" „Wie kommen Sie auf den Einfall?" fragte ohne eine direkte Antwort zu geben, der Rechtsanwalt. „Es ist mir vorgekoinmen, nein, ich habe die Gewißheit, daß Paul etwas verschweigt, auSFurcht, er könne Karla schaden. Um Ihnen das mitzuteilen, habe ich Sie hauptsächlich zu mir gebeten." „Und ich bin Ihnen sehr dankbar dafür. ES be stärkt meine Wahrnehmung, die ich anch gemacht zu haben glaube." „Sehen Siel" rief die alte Fran. „DringenSie in ihn, vielleicht bringen Sie ihn dazu, sich Ihnen unzuvertrauen." „Das soll geschehen; übrigens glaubt der Vertei diger von Fräulein Edelberg, mit dem ich schon wiederholt beraten habe, an dieser eine ähnliche Wahrnehmung gemacht zu haben." „Meine Wahrnehmung ist also richtig?" „Doch wohl nicht ganz. Mein Kollege Köppe ist vielmehr der Ansicht, sie halte zurück, weil sie dem Doktor HelmerS zu schaden fürchtet." „ES hat den bejahrten und nicht allzu empfind samen Herrn tief gerührt, daß sie fast gar nicht an das eigene Schicksal denkt, sondern nur um das ihres- Verlobten besorgt ist. Wüßte sie etwas, daS ihn entlasten könnte, so würde sie eS gewiß sagen oder schon lange gesagt haben." „Ein neues Rätsel zu den vielen, die dieser un glückliche Fall unS schon aufgegeben hat! Wie soll daS enden?" Fran Helmers rief eS mit Tränen in der Stimme und die Hände ringend. So tapfer sie sich bis jetzt gehalten hatte, nun drohten die Kräfte sie doch zu verlassen. Schleideik ergriff eine dieser armen, bebenden Mutterhände, in denen sich beinahe noch stärker als in deir Mienen der ganze Schmerz der schwerge prüften Frau aussprach, küßte sie ehrfurchtsvoll »md sagte: „Verzagen Sie nicht. Ich habe es in meiner Praxis mehr als einmal erfahren, daß plötzlich un erwartete Dinge zutage traten, die der Sache eine ganz andere Wendung gaben, Vmd so kann,es auch hier geschehen. Könnten wir nur einen entschiedenen, unwiderleglichen Beweis beibringen, daß HerrHaf- ner Selbstmord begangen hat; —ist da jemand?" unterbrach er sich plötzlich, denn er glaubte ein Ge räusch gehört zu haben. Frau HelmerS horchte auch auf. ES war aber alles wieder still und sie sagte mit einem müden Lächeln: „Ach, eS ist nichts. In einem solchen Hanse gibt es immer allerhand Geräusche, de^en Ursprung man nicht zu ergründen verniag. Bald knarrt eS im Fußboden, bald knistert es in den Wänden. Man chem mag das ganz unheimlich erscheinen,für mich hat eS sogar etwas Trauliches. Ich möchte meine unbequeme winklige Etage nicht mit einer Billa im neuen Stadtteil vertausche»' — und wie bald »verde ich sie wahrscheinlich verlassen müssen!" fügte sie, wieder auf die traurige Tatsache, von der sie einen Augenblick abgeschweift war, zurückkommeud,' hinzu: „Wenn Karla verurteilt wird —" Sie hielt inne, schaute zu Bode» und atmete tief und schwer. „Meine Schwiegertochter, die armen Kinder, ,mstr aller Existenz hängt ja davon ab, daß Paul die Weiterführung der Apotheke gestattet wjrd," fuhr Ne, mehr mit sich selbst sprechend fort, um dann »vieder lauter hiuzuzufügeu: „Doch, daS sind ja alles Nebendinge iin Vergleich zu dem, was ihm droht!" „Und Karla Edelberg! Ihr Geschick und daS seine sind auf das innigste verknüpft," bemerkte der Rechtsanwalt, und eS war unschwer zu erkennen, daß er diesen Umstand absichtlich betonte. Fran Helmers verstand ihn sehr gut und beeilte sich zu versichern: „O, glauben Sie nicht, daß ich die Befreiung meines Sohnes auf Kosten des armen Mädchens aüstrebeu möchte!" „Auch wir Verteidige sind übereingekommeu, daß einer nicht versuchen soll, das Schicksal seines Klienten, von dem des anderen zu trennen," ent gegnete der Rechtsanwalt. „Der Punkt, bei dein eingesetzt werden muß, auf den die Verteidigung immer und immer wieder zurückzukommen hat.ist, den Nachweis zu führen, daß Hafner sich selbst ver giftet und es absichtlich so eingerichtet hat, daß der Verdacht, ihn aus dem Wege geräumt zu haben, aus seine Schwester und den Doktor Paul Helmers fallen mußte." „O, mein Gott!" rief Frau HelmerS sehr er schrocken. „Wäre ein solcher Abgrund von Bosheit wirklich denkbar?" „Dein Emil Hafner ist alles zuzutrauen!" er widerte Schleiden finster, und ärgerlich lachend setzte er hinzu: „Ich werde mich sehr zusMmennehmen müssen, ihn in meinem Plaidoyer nicht so zu malen, wie er vor meiner Erinnerung steht. Ich sagte es ja schon, ich würde eS allen Zuhörern begreiflich ma chen, daß man an diesem Menschen einen Mord begehen konnte!" „Sie lassen sich nicht dazu verleiten?" flehte die geängstigte Mutter. „Nicht doch, ich bin ja kein junger Springins feld, sondern ein alter Praktikus," versicherte der Rechtsanwalt und setzte hinzu: „Es gibt ja einige Umstände, die darauf Hinweisen, daß er den Selbst mord begangen hat undeS stchhatangclegenscinlas- sen, die beiden jetzt Angeklagten zn verdächtigen, und ich werde nichts unterlassen, um sie ins rechte Licht zu stellen, aber ste sind nicht Mreichend.ES müßte etwas Unwid erleglicheS, sozusagen ein Do- kument von seiner eigenen Hand sein." „DaS wird er schwerlich hinterlassen haben!" seufzte Frau HelmerS niedergeschlageu, „iu seinen Papieren hat sich nichts gefunden?" „Nein, und ebensowenig vermochte ich bis setz« einen Menschen ausfindig zu machen, zu dem el eine Aeußerung getan, die auf ein solches Vorbe- halte» schließen laßt, aber ich halte die Augen und noch mehr die Ohren offen und gebe die Hoffnung nicht auf. Die nächste Schwurgerichtsperiode be> ginnt an» 1. März." „So bald schon!" rief FrauHelmerS erschrocken. „Lassen Sie sich das doch lieb sein, der jetzige Zu stand ist am unerträglichsten," tröstete der Rechts anwalt. o „Er läßt wenigstens noch der Hoffnung Raum. Ist der Wahrsprnch der Geschworenen erst gefal len, ist daS Urteil gefällt —" „Nun, nun, wir haben immerhin noch vierzehn Tage, innerhalb dieser Zeit kann sich viel zutra-- gen," ermutigte er sie, aberdas Ohr und uoch mehr daS Herz der Mutter vernahm nur zu deutlich, daß er selbst nicht recht an das glaubte, was er sagte Als er sich endlich empfahl, blieb sie in noch tiefe rer Traurigkeit als vor seiner Ankunft zurück. Iu Schleiden war dagegen eine Hoffnung-durch die Mitteilung der alten Frau aufgestiegen, die er ihr, um eine sehr mögliche, ja sogar recht wahr scheinliche Enttäuschung zu ersparen, nicht mitge- teilt hatte. Schon wiederholt war eS vorgekoinmen, daß Angeklagte in der Besorgnis, sich selbst oder an deren zu schaden, Punkte verschwiegen hatten, die wesentlich zu ihrer Entlastung beigetragen haben würde». Konnte das vielleicht auch hier der Fall sein? u - Er »ahm sich vor, schon in den nächsten Tagen wieder eine Unterredung mit seinen» Klienten zu verlaugeu und nichts unversucht zu lassen, um ihn zu bestimmen, sich rückhaltlos gegen ihnanSznspre- chen und auch seinen Kollegen zu veranlasse», i» glMier Weise aus Karla einzuwirken - 215,17
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)