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^ 213, 12. September 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 9673 überlebt; sie starb im hohen Alter von vierundneunzig Jahren erst ganz kürzlich, im Februar 1906. Mit ihr ist auch der Name Plon verschwunden, der heute nur noch im Wortlaut der Firma vorkommt. Trotzdem befindet sich das Geschäft auch heute noch im Besitze der gleichen, wenn auch erweiterten Familie: die jetzigen Inhaber sind der Sohn und die beiden Schwiegersöhne von Robert Nourrit, dessen Gattin eine ge borene Plon war, die einzige Tochter des Gründers der Firma, eine Schwester Eugsnes. Eugtzne Plon war es also, der sich hauptsächlich um die Entwicklung des heute so bedeutenden Verlages verdient gemacht hat. Er hatte bei den meisten seiner Erwerbungen eine glückliche Hand; davon legen der heute 208 Seiten um fassende, zweispaltig gedruckte Verlagskatalog der Firma, der nur die Titel verzeichnet, und die häufig hohe Auflagenzahl der darin genannten Werke ein beredtes Zeugnis ab. Er war aber kein Verleger, der wähl- und ziellos alles druckte, was ihm angeboten wurde, oder wovon er sich Erfolg ver sprach. Unter den vielen hundert Bänden der historischen Bibliothek ist nicht ein einziges Werk, das u. a. nicht auch in bezug auf das Interesse, das es beanspruchte, vor der Erwerbung genau geprüft wurde. Er hat aber auch manches Werk veröffentlicht, von dem er sich sagen mußte, daß er auf klingenden Erfolg dabei nicht rechnen konnte; er nahm es aber doch, weil das Buch ihm persönlich gefiel, und manchem jungen und unbekannten Autor hat er auf diese Art den Weg in die Öffentlichkeit geebnet. Anderseits hat Plon viele Manuskripte, bei denen ein ordentlicher geschäft licher Erfolg mit Sicherheit vorauszusehen war, abgelehnt, weil entweder die Stellung oder Persönlichkeit des Autors oder die Tendenz des betreffenden Werkes dem Ruf und dem Ansehen seiner Firma nicht entsprach. — Eugdne Plon hat jedoch nicht nur für sein eigenes Haus gewirkt und ge arbeitet, sondern sein reiches Wissen und Können — er war vr. zur. — auch in den Dienst der Allgemeinheit gestellt. Von 1884 bis 1886 übertrug ihm das Vertrauen seiner Kollegen das Präsidium des »Oerels äs Is. Illdrairis« — einer Korporation die ungefähr unserem Börsenverein ent spricht —, und in dieser Eigenschaft und früher schon war Plon, unterstützt von seinen beruflichen und juristischen Kenntnissen, einer der eifrigsten Vorkämpfer und Vor berater der Berner Konvention, dieser segensreichen Ein- richtung, ohne die wir uns heute den Betrieb eines großen Verlagsgeschäftes gar nicht mehr recht vorstellen können und an deren endlichem Zustandekommen er einen großen persönlichen Anteil hat. Als weitsichtiger Ver leger war Eugsne Plon auch der erste unter seinen französischen Kollegen, der die Bedeutung von Leipzig als buchhändlerischen Mittelpunkts erkannte; als erster unter den Pariser Verlegern hat er sich dem Verkehr über Leipzig angeschlossen und seinen Verlag dort ausliefern lassen. Ec ging dabei von der Voraussetzung aus, daß der ausländische Verleger, wenn er intimeren Verkehr mit dem deutschen Sortiment erstrebt, diesem nicht zumuten könne, sich wegen jeden Buchs direkt nach Paris zu wenden und sich allen Eigenheiten des französischen Verlagsbuchhandels, wie vierteljährlicher Abrechnung gegen Tratte u. a., zu fügen, sondern daß im Gegenteil der Verleger dem Geschäftsbetrieb des Sortimenters sich so weit nähern und ihm den Bezug seines Verlages so erleichtern müsse wie nur irgend möglich. Durch dieses Vorgehen hat Plon nicht nur seinem eigenen Verlag, sondern der ganzen französischen Literatur ein neues und weites Absatzfeld eröffnet, das bis dahin noch ziemlich brach lag; viele französische Verleger folgten seinem Beispiele, und heute sind wohl alle einigermaßen wichtigen Pariser Firmen in Leipzig vertreten. — Aber Eugäne Plon war nicht nur ein hervorragender Verleger, sondern auch ein fein Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 7b. Jahrgang. gebildeter Gelehrter und Kunstkenner. Er schrieb mehrere umfangreiche und schön ausgestattete Werke über die Blütezeit der italienischen Renaissance, wie »Lsuvsuuto Oslliui« (70Frcs.), »I-sous I/voui, seulptsur äs Oüarlss-Huiut, st Lowpso llsoui, seulptsur äs Kbilipps II« (50 Frcs.). Dieses letztere Werk wurde von der Heuä^wis lr»uykÜ86 mit dem Krix koräiu aus gezeichnet, einem Preise, der nur selten verliehen wird. Ferner schrieb Plon über Thorwaldsen und den dänischen Bildhauer V. Bissen und wurde für diese Werke zum Mitglied der Königlich dänischen Akademie in Kopenhagen ernannt. Auch sonst hat es ihm an äußeren Anerkennungen nicht gefehlt: so war er Ritter des dänischen Elephantenordens und Offizier der französischen Ehrenlegion. — Seiner Feder ent stammt auch eine vorzügliche gedruckte und hervorragend schön illustrierte Geschichte der Familie und der Firma Plon unter dem Titel »lilotrs lüvrs iutiws äs kLwills«. Leider spricht der Verfasser, soweit die Geschichte der Firma dabei in Frage kommt, fast nur von der Tätigkeit und den Er folgen seines Vaters und viel zu wenig von seinem eigenen Wirken. Von seinem Standpunkte aus ist dies ja zu begreifen; aber wenn jemand in späteren Zeiten einmal eine Geschichte des französischen Buchhandels schreiben will, so wird er hier auf eine empfindliche Lücke stoßen. Das Werk ist nicht im Handel, da es, wie aus dem Titel hervorgeht, weniger eine Geschichte der Firma als der Familie Plon zum Gegenstände hat, doch besitzt die Bibliothek des Börsenvereins ein Exemplar davon. Indessen soll das Werk nach dem Willen des Stifters nur zum Zwecke wissen schaftlicher oder historischer Arbeiten ausgeliehen werden. Um nun wieder auf den Planschen Verlag selbst zurück zukommen, so ist, wie gesagt, die Geschichtswissenschaft und ganz besonders alles, was sich auf Napoleon I., auf sein Leben und seine Zeit bezieht, die Hauptrichtung der Firma. Plon ist heute der klassische Napoleonverleger, und viele von den Marschällen und Generalen des großen Korsen — ich erinnere hier nur an Murat, an Oudinot, an Marbot, an Davout, u. a. —, viele von seinen Ministern und Mit arbeitern oder anderen Männern, die zur Zeit Napoleons eine Rolle im öffentlichen Leben gespielt haben, wie sein Prioatsekretär Baron Fain, der Marschall de Caftellane, der Kanzler Pasquier und viele andere, haben ihre Memoiren bei Plon veröffentlicht. Der Katalog der Firma verzeichnet heute auf 208 Seiten in gr. 8°. weit über 3000 Titel; davon entfallen über 800 Werke allein auf die historische Bibliothek, unter denen sich nur wenige »Nieten« befinden. Gewiß ein beredtes Zeugnis für die Verlagstätig keit einer Firma in nur 54 Jahren. Eine besondere Abteilung der »Oollsetiou bistorigus« bildet eine Sammlung von Werken über den Krieg von 1870/71, und zwar sind dies nicht etwa Kriegstagebücher oder Feldzugserinnerungen von beliebigen Mitkämpfern, sondern Werke von historischem Wert, von Leuten, die in der Vorgeschichte und Geschichte des Krieges eine Rolle spielten und im Gang der Ereignisse ein Wort mitzureden hatten. Es seien hier genannt: Lsusästti, Na Mission «u Lrusss; Lsrains, 1'^.rwss äu klon; Oäuöral Oüanrz?, 1» äsuxidws ^.riuäs äs ls. I-oirs; Lalllrao, uu Ministers äs I». gusrrs äs 24 jours; Illspups, Is ooup äs Krass; Oenäral Martin äes Kallierss, Orlsaus. Von anderen Heerführern aus dem Kriege, deren Werke bei Plon erschienen, seien angeführt: Bourbaki, Führer der Ostarmee, und Jarras, Chef des Generalstabes der Rheinarmee unter Bazaine. Von weiteren geschichtlichen Werken, die teils durch die Person ihres Autors, teils durch ihre verlegerischen Erfolge Anspruch auf Interesse haben, müssen vor allem die »NFwoirss äu Keuäral öaron Narbotr genannt werden. Dieses Werk ist einer der Pfeiler der Firma Plon und hat s. Zt. in den achtziger Jahren einen riesigen Erfolg erlebt: von der teueren Aus- 1264