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Eisenbahnangestellte, die den Dienst verweigern, sind mit 6 Monaten bis 2 Jahren Gefängnis zu bestrafen. Es ist den Eisenbahnangestellten untersagt, in den Ausstand zu treten. Der Ge setzentwurf sieht die Errichtung lokaler Aus schüsse und eines Zentralausschusses zur Bei legung der Streitigkeiten vor. Ferner soll ein Schiedsgerichtshos gebildet werden, der aus Abgeordneten beider Parteien und aus zwei von der Kammer sowie einen vom Senat er nannten Schiedsrichter besteht. Die Entschei dungen dieses Gerichtshofes werden der Bestä tigung des Parlaments unterliegen. König Georg über König Manuel. Es ist allgemein ausgefallen, daß der Kö nig von Portugal nach seiner Flucht nicht in London Aufenthalt nahm. Wie nun aus gut informierter Quelle verlautet, hat das seinen Grund darin, daß sich König Georg von Eng land dem portugiesischen Gesandten gegenüber, der ein alter Freund seines Vaters ist und in London eine besondere Stellung einnimmt, in der schärfsten und abfälligsten Weise über Kö nig Manuel geäußert hat. König Georg sagte, das Vorgehen König Manuels habe der mo narchistischen Idee viel mehr geschadet, als die Revolution selbst. Diese Aeutzerung kam Kö nig Manuel zu Ohren, worauf dieser von ei nem Besuch in London Abstand nahm. Der griechische Ministerpräsident Venizelos ist bei dem gegen ihn verübten Eisenbahn- Attentat mit knapper Not dem Tode entgangen. Es handelte sich um einen Anschlag thessalischer Bauern, die der Meinung sind, Venizelos halte nicht, was er versprochen habe. König Georg beglückwünschte seinen Minister, der in seiner 25jährigen politischen Tätigkeit jetzt zum ersten Male einem Attentat ausgesetzt war, zur glück lichen Rettung aus Lebensgefahr. Die Atten täter hatten, wie schon gestern mitgeteilt, Schwel len über die Schienen gelegt, auf denen der Zug heranbrauste. Der mexikanische Bürgerkrieg beendet. Die mexikanische Regierung hat durch eine Zirkulardepesche den europäischen Gesandtschaf ten mitgeteilt, daß auch der letzte Zufluchtsort der Revolutionäre, das Waldgebiet von Chihua von Regierungstruppen erobert und damit die Regierungsherrschaft wieder über ganz Mexiko hergestellt worden ist. In die Gewalt der Re gierung sielen insgesamt 2400 Aufständische, von denen ein Teil standrechtlich erschossen ist. Oertliches und Sächsisches. *— In der letzten Station. So wären wir also auf unsrer Fahrt durch das Jahr 1910 glücklich auch auf der letzten Station, im Monat Dezember, angelangt. Nicht lange, und dann gehört auch dieses Jahr mit all den guten und den bösen Tagen, die es jedem einzelnen ge bracht hat, der Vergangenheit an. Obwohl dieser Monat der zwölfte unsres Jahres ist, nennen wir ihn seltsamerweise immer noch den zehnten; denn äooom heißt zehn und erinnert daran, daß der Monat bei den alten Römern, die das Jahr bekanntlich mit dem März be gannen, an 10. Stelle stand. Viel natürlicher und von poetischerem Reiz als diese trockene Nummerbezeichnung ist die deutsche Benennung, die ihn als „Christmonat" bezeichnet oder als „heiliger Monat", wie Karl der Große in seinem deutschen Kalender ihn nannte. Trotz aller klimatischen Unbeständigkeiten, die der Dezember häufig bringt, ist er doch der erfreulichste Monat des ganzen Jahres. Von seinem ersten Tage an weckt er in uns eine weichere Stimmung, die vielfach mit seligen Erinnerungen verknüpft ist. Weihnachtsmonat! Welch' eine Fülle von göttlicher und menschlicher Liebe, welch' ein Reich tum von inniger Poesie birgt sich in ihm! lind besonders für ein rechtes Kindergemüt gibt es zweifellos nichts Schöneres als diese letzten Wochen vor Weihnachten. Das Christkind ist ja unterwegs, und Knecht Ruprecht unternimmt in den nächsten Tagen schon seinen ersten Rund- gang. Scheu lauschen die Kinder auf seinen Schritt, immer wieder fragend: „Wann kommt er zu uns? Was bringt er mir Schönes mit?" *— W etterau ss i cht für Donnerstag, den 1. Dezember: Veränderliche Luftbcwegung, meist jedoch Ostwind, wechselnde Bewölkung, etwas kälter, Niederschlag nicht völlig ausgeschlossen. *— Kurze Tage, lange Nächte. Keinen größeren Gegensatz gibt es jetzt, als den zwischen morgens und abends. Am Morgen will es nicht Tag werden, am Abend zaubert die Illumination der Schaufenster freundliche, lichte Bilder, die auf das Weihnachtsfest Hin weisen. Da lösen sich die Augen nur schwer von all den Gaben. Morgens sieht es hin gegen ganz anders aus; kommt zur Dämmerung noch trüber Himmel oder Nebel, dann gibts einen Wirrwarr nach dem andern. Nun, lange dauert es ja nicht mehr, dann rückt der kürzeste Tag im Jahre an, wenn es freilich auch dann noch ziem lich lange dauert, bis eine wirkliche Zunahme des Tageslichtes zu bemerken ist. *— Weihnachtsgeschäft und Ne- klame. Es herrscht leider noch immer bei vielen Geschäftsleuten die Ansicht, daß das Inserieren „Geldwegwerfen" sei, und daß man keinen Pfennig mehr verdiene, wenn man auch noch so fleißig inseriere. Einer solchen Ansicht muß aber ganz energisch widersprochen werden. Es ist heutzutage ein jeder Geschäftsmann, der einen ertragreichen Umsatz erzielen will, durch die Konkurrenzverhältnisse gezwungen, die Güte seiner Waren irr den Zeitungen zu empfehlen und immer von neuem das Publikum auf sein Geschäft aufmerksam zu machen. Besonders zu Weihnachten, wo das Geschästsleben frischer pulsiert, wo für den Geschäftsmann die Zeit herangekommen ist, in der er den größten Um satz im ganzen Jahr erzielt, muß ein jeder unter nehmender Geschäftsinhaber wirksame Reklame machen. Je eher und je reger die Insertion, desto größer wird der Verdienst sein! *— Für die Zukunft der Fabrik lehrlinge ist es von großem Interesse, daß auch diese jetzt vor der Handwerkskammer eine Gesellenprüfung unter bestimmten Voraussetzun gen sollen ablegen können. Danach muß, so entnehmen wir der „Köln. Ztg.", die Ausbil dung der Lehrlinge durch solche Personen er folgen, die im Besitz des kleinen Befähigungs nachweises sind, und die Betriebsinhaber müs sen entweder einen freiwilligen Beitrag zu den Kosten der Handwerkskammer nach näherer Vereinbarung oder eine erhöhte Prüfungsge bühr für jeden Prüfling zahlen (vorläufig 12 Mark statt 6 Mark). Dann müssen sämtliche Lehrverträge unter Zahlung von je 3 Mark Einschreibegeld bei der Handwerkskammer an gemeldet, die Vorschrift der Kammer über das Lehrlingswesen beachtet, auch den Beauftrag ten der Kammer die Aufsicht darüber ermög licht und jede einschlägige Auskunft erteilt und notwendige Ermittlungen erleichtert werden. *— Sachsen im Reichsetat. Im Etat des allgemeinen Pensionsfonds steht Sachsen mit 6 353000 Mk. zu Buch. Man rechnet für 1911 auf eine Steigerung des Pensionsfonds von 64 000 Mk. Bei den Invaliden des Krieges von 1870 wird auf einen Abgang von etwa 8000 Mk. gerechnet. * Hohenstein-Ernstthal, 30 Nov Der Meldung in der Sonntag-Nr. unseres Blattes über die Ergänzungswahlen zur Bezirksversamm lung haben wir noch hinzuzufügen, daß die Liste der Stimmberechtigten für diese Wahl (Höchst- besteuerten-Liste) im Zimmer Nr. 2 des hiesigen Rathauses zur Einsicht ausliegt. *— Die Bäckerin nu ng hielt gestern im Hotel „Gewerbehaus" eine Quartalsversamm lung ab, die von Herrn Obermeister Kreher er öffnet und geleitet wurde. U. a. wurde be schlossen, die Kosten sür einen Lehrmittelschrank für die Bäckerfachklasse zu bewilligen. Als Rechnungsprüfer der Jnnungsrechnung wurden die Herren Bäckermeister Billing, Hoppe und Scheffly und als Ersatzmann Herr Bäckermeister Schreiber gewählt. Neuaufgenommen wurden die Herren Bäckermeister Karl Bruno Mehnert in Oberlungwitz und Paul Hermann Forner von hier. Die Rechnung der Hefenkaffe wurde oor- getragen und dem Kassierer einstimmig Ent lastung erteilt. Beschlossen wurde ferner, an einem vom Vorstand noch näher zu bestimmen den Tage im Saale des Altstädter Schützenhauses einen Speiseball abzuhalten und von einer Ein ladung des Bäckergesellenvereins zu einem Silvestervergnügen am 31. Dezember Kenntnis genommen. Eine ausgestellte Knetmaschine „Rote Erde" fand allseitig beifällige Beurteilung und wurde hierauf die Versammlung vom Ober meister geschlossen. * — Eine gesuchte Persönlichkeit wurde gestern von der hiesigen Polizei verhaftet. Es handelt sich um den landwirtschaftlichen Ar beiter Joh. Vogl aus Marscha in Bayern, der wegen verschiedener Gesetzesübertretungen von der Kgl. Staatsanwaltschaft steckbrieflich verfolgt wurde. Zuletzt hatte V. einem Arbeitskollegen in Penig die Papiere gestohlen und trieb sich seitdem unter falschem Namen umher. Der Ver haftete wurde dem Kgl. Amtsgericht zugeführt. * ** Oberlungwitz, 30. Nov. Im Hinblick auf die in Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf usw. demnächst stattfindenden G emei n d eratsergänzungswahlcn bringen wir unseren Lesern folgende Bestimmun gen der Rev. Landgemeindeordnung über die Wahl bezw. über das Stimmrecht und die Wähl barkeit in Erinnerung. Stimmberechtigt sind alle Gemeindemitglieder, die die sächsische Staatsangehörigkeit besitzen, 25 Jahre alt und im Gcmeindebezirke ansässig oder daselbst min destens 2 Jahre wohnhaft sind, außer unansässi gen Frauenspersonen und juristischen Personen (Vereine, Stiftungen, Anstalten, Fiskus). An sässige Frauenspersonen sind demnach stimmbe rechtigt, aber nicht wählbar. Für sie haben deren Ehemänner zu stimmen, die folglich ein eigenes und ein abgeleitetes Stimmrecht haben. Der un- ansäsfige Ehemann einer ansässigen Frau kann darum bei Klassenwahl sowohl in der Klasse der Ansässigen (für seine Ehefrau), wie auch in der Klasse der Unansässigen (für sich selbst) wählen. Sind Mann und Frau ansässig, so hat der Mann ein mehrfaches Stimmrecht als Ansässiger, wenn die einzelnen Klassen der Ansässigen getrennt wählen. Ist der Ehemann nicht stimmberechtigt, so ruht das Stimmrecht der Ehefrau. Unverhei ratete Frauenspersonen üben ihr Stimmrecht per sönlich aus. Von mehreren Eigentümern eines Grundstückes ist nur einer stimmberechtigt. Unter ihnen hat das männliche Geschlecht und der, der im Wahlort wohnt, den Vorzug. Zwischen Gleichberechtigten entscheidet im Mangel einer Vereinbarung das höhere Alter bezw. das Los. Nicht st i m m b er e ch ti g t sind Personen 1., die öffentliche Armenunterstützung beziehen oder inner halb der letzten 2 Jahre erhalten haben; 2. zu deren Vermögen Konkurs eröffnet worden ist, während der Zeit des Konkursverfahrens; 3. die von öffentlichen Aemtern suspendiert worden sind, auf die Dauer der Suspension; 4. die die bürger lichen Ehrenrechte nicht besitzen, sich wegen eines Verbrechens usw. in Untersuchung befinden, unter polizeilicher Aufsicht stehen oder entmündigt worden sind und 5. die mit der Abentrichtung von Staats- und Gemeinde-, Schul- und Armenkaffcnabgabcn (ausschließlich Schulgeld) länger als 2 Jahre ganz oder teilweise rückständig sind. Wählbar ist jedes imOrte wohnhafte stimmberechtigte männliche Gemeindemitglied. Nicht wählbar sind die vom Stimmrecht Ausgeschlossenen, sowie die aus- wärts wohnhaften Grundstücksbesitzer (Forenser) und Frauenspersonen. Gemeindebeamte können ebenfalls nicht zugleich Gemeinderatsmitglieder sein. Die Wahl selbst ist unmittelbar und geheim, d. h. der Stimmberechtigte wählt die Ausschuß personen direkt durch persönliche Abgabe eines zu- sammengefaltenen Stimmzettels. Auf denStim m- zetteln sind die zu Wählenden so zu bezeichnen, daß über deren Person kein Zweifel übrig bleibt. Andernfalls oder, wenn sie Namen Nichtwählbarer enthalten, sind sie ungültig. Ferner werden die überzähligen Namen auf einem Zettel als nicht beigefügt betrachtet, Besonders zu erwähnen ist, daß die Gemeindemitglieder, die in der geschlossenen Wahlliste nicht eingetragen sind, an der Wahl nicht teilnehmeu können. ) ( Wüstenbrand, 30. Nov. Bei der am Sonntag und Montag stattgcfundenen Gemeinde ratswahl war die Wahlbeteiligung eine mittlere; es wählten bei den Unansässigen etwa 50 Proz. und bei den Ansässigen etwa 55 Proz. aller wahlberechtigten Gemeindeglieder. Als Unan sässige wurden die Herren Emil Dost und Oskar Drehmann gewühlt, während für den Ersatzmann das Los zwischen den Herren Schirrmeister Linus Wolf und Strmnpfwirker Max Wolf zu ent scheiden hat, da beide gleichhohe Stimmcn- zahlen erhielten. Von den Ansässigen wurden die Herren Emil Köhler und Ernst Bechstein jr. gewählt, während Herr Karl Schmied als Er satzmann aus der Wahl hervorging. * Chemnitz, 30. Nov. Der neue Chemnitzer Kreishauptmann, Geh. Regierungsrat Karl Josef Max Lossow, der bisher Vortragender Nat im Ministerium des Innern war, wird morgen Donnerstag die Leitung der Chemnitzer Kreis hauptmannschaft übernehmen. Die Verpflichtung für dieses Amt ist bereits vor einiger Zeit durch Minister Graf Vitzthum v. Eckstädt in Dresden erfolgt. * Chemnitz, 30. Nov. Eine in weitesten Sängerkreisen bekannte und allgemein geachtete Person ist, wie schon gestern kurz gemeldet, am Dienstag vormittag in dem Kaufmann Albert Jungmeister, Exportchef der altaugeschenen Wirk- wareufirma Hermann Stärker, gestorben. Er war seit 1904 Vorsitzender des Erzgebirgischen Sängerbundes, gehörte aber dem Vorstande des Bundes schon seit vielen Jahren an, erst als Schriftführer und dann als stellvertretender Bundesvorsteher. Der Heimgegangene, der erst im 46. Lebensjahre stand, war seit vorigem Frühjahr krank und konnte sich schon au dem diesjährigen Bundesfest in Marienberg nicht be teiligen. Seine begeisterte Liebe zum deutschen Liede und sein allezeit freundliches Wesen hat ihm die Liebe tausender von Sängern erworben. * INittwcida, 30. Nov. Der langjährige Stadtverordneten-Vorsteher Kommerzienrat Kurt Backofen wurde während der gestrigen Stadtver- ordncten-Sitzung vom Gehirnschlag betroffen. Er wurde alsbald nach seiner Behausung ge bracht, wo er nach einigen Stunden starb, ohne die Besinnung wiedererlangt zu haben. * Dresden, 29. Nov. Ueber die Bau bank und Baugesellschaft Gommern gibt der „Dresdener Baumarkt" interessante und sensa tionelle Enthüllungen. Wir entnehmen densel ben folgende Angaben: Seit 1898 fungiert Baumeister Kropp bei den Baustellen-„Verkäu- fen" als Zwischen-„Strohmann", d. h. er „kaufte" die Baustellen, ließ aber nicht sich, sondern vorgeschobene Strohmänner, meist verkrachte und mittellose Existenzen, als Besitzer eintra gen, berechnete sich dabei für seine „Arbeit" ei nen „Verdienst" von 5000 bis 10 000 Mk. und mehr bei jedem Baustellen-„Verkauf", welcher „Verdienst" ihm von der Dresdener Baugesell schaft, der Besitzerin der Baustellen, gutgeschrie ben wurde. Das Baugeld zu den Neubauten der als Besitzer eingetragenen Strohmänner wurde von der Dresdener Baugesellschaft nicht den letzteren direkt gewährt, sondern ging eben falls durch die Hände des Baumeisters Kropp. Dieser verdiente am Baugeld in der Regel 1 Prozent Zinsenaufschlag und 2 Pro zent Abschlußprovision. Dafür übernahm er im Falle der Zwangsversteigerung die Ver pflichtung, die Grundstücke zu erstehen bezw. die Baugelder-Hypotheken auszubieten. Durch diese Manipulation wurde meist erreicht, daß die Grundstücke für die erste . ypothek zuge schlagen wurden und die Bauhandwerker- und Baulieserantenforderungen ausfielen. Als sich schließlich im Laufe der Jahre nicht mehr ge nügend Strohmänner fanden, gründete Bau meister Kropp in Gemeinschaft mit seinem Schwager Musikdirektor Heinrich die jetzt ver krachte Baugesellschaft Gommern. Der desig nierte Geschäftsführer, ein ehemaliger Stein metzmeister Welsch, ebenfalls ein Schwager von Baumeister Kropp und insolvent gewordener Strohmann der Baugesellschaft, erwarb darauf hin Bauland in Gommern. Gegenüber den geschädigten Baulieferanten steht Baumeister Kropp mit den bei den Neubauten der Gom mern-Gesellschaft investierten Geldern gesichert da, denn Kropp hatte sich beizeiten die Not lage der „Gommern" zunutze gemacht, und sich und seinen Banken bei Gewährung kleiner, je weilig als zweite Hypotheken auf den Grund stücken der Gommern-Gesellschaft eingetragenen Gelddarlehn sofort für die betreffenden Nieß brauchrechte abtreten lassen mit der Maßgabe, daß alle ihm hierdurch zufallenden Erträgnisse der Grundstücke nicht, wie sonst üblich, nur zur Bezahlung der Hypothekenzinsen und der lau fenden Ausgaben, sondern auch zur Amorti sation seiner bezw. seiner Banken zweiten Hy potheken zu verwenden seien. Durch diese Maß nahmen waren die betreffenden Grundstücke der Gommern-Gesellschaft ihm eigentlich schon zum Betrage der ersten Hypothek ausgeliefert und die Baulieferanten geschädigt. Der Gang der Handlung ist: Die Dresdener Baugesellschaft verkauft die Baustellen, ihre Strohmänner, in diesem Falle Baumeister Kropp, geben die Baugelder, die Baustellen-„Käuser" — in die- fern Falle die von Kropp gegründete Gom mern-Gesellschaft — bauen und fallieren, so bald genügend Schulden aufgelaufen sind, die Baugeldgeber, hier Kropp, erstehen die wert vollen Grundstücke bei den Subhastationen für billiges Geld, die Baulieferanten verlieren ihr Guthaben, im Falle Gommern ca. 800 000 Mark und Baumeister Kropp und Genossen er halten 800 000 Mk. ohne Gegenleistung, ver dienen also bei dem Geschäfte einschließlich der Provisionen von 230 000 Mk. zusammen rund 1 Million Mark, und niemand schreitet gegen dieses moderne Raubrittertum ein!!! * Leipzig, 29. Nov. Auf dem Lloyddampfer „Kronprinz Wilhelm" wurde — vermutlich auf der Fahrt von Newyork nach Bremen — eine Kiste, die für eine hiesige Nauchwarenfirma be stimmt war, erbrochen und daraus 70 Zobelfelle im Werte von 19000 Mark gestohlen. Für die Wiedererlangung der Felle ist eine Belohnung von 1000 Mark, für die Ermittelung der Diebe eine solche von 250 Mark ausgesetzt worden. * Borna (Bez. Leipzig), 29. Nov. Hier ver geht fast kein Tag ohne Unfälle auf der Rodel bahn. Am Sonnabend wurde ein Seminarist schwer im Gesicht verletzt, ein anderer erlitt einen Oberschenkelbruch. Einem 11jährigen Mäd chen wurde das Gesicht beschädigt, ein Zahn gänzlich herausgebrochen und die übrigen ge lockert, ferner wurde ihr das rechte Handgelenk ausgekugelt und eine am rechten Bein erlittene Wunde mußte vom Arzt zugenäht werden. Am Abend vorher zog sich ein in den 70er Jahren stehender rodelnder Herr eine Verletzung am Kopfe zu. * Frohburg, 29. Nov. Lotterielose müssen immer gut aufbewahrt werden. In einer hiesigen Familie kam das Los Nr. 53 564 der 18. Leip ziger Völkerschlachtdenkmals-Lotterie aus Ver sehen in den Ofen und wurde mit verbrannt. Trotz der vielen Nieten wollte es der Zufall, daß diese Nummer gerade mit einem Gewinne, wenn auch eiuem der kleinen, gezogen wurde. * Potschappel, 29. Nov. Am Mühlgraben sahen Passanten gestern auf dem Wasser treibend einen Schneehaufen, aus dem ein Kinderarm hervorragte. Schnell wurde die Schneemasie ans Land gezogen und man fand einen halb erstarrten 11 Jahre alten Knaben. Er war beim Spielen ins Waffer gefallen und weiter getrieben worden. Man brachte das Kind so fort in Sicherheit. * Schedewitz, 28. Nov. Eine hier ab gehaltene Einwohnerversammlung beschäftigte sich mit der Frage der Verschmelzung unseres Ortes mit der Stadt Zwickau. Die überwie gende Zahl der Bewohner wünscht die Verei nigung. Diese Frage war schon vor einigen Jahren einmal aufgerollt worden, der Gemein derat hatte damals aber beschlossen, die Selbst ständigkeit der Gemeinde nicht aufzugeben. * Zittau, 29. Nov. In vergangener Nacht stieg die etwa 40 Jahre alte Arbeiterfrau Jakob aus Ullersdorf nach Eindrücken einiger Fenster scheiben in die ihr völlig fremde Wohnung des Hausbesitzers Tasche in Pettau bei Zittau, drehte die Gashähne auf und erwartete auf einem Bett liegend den Tod, den sie auch fand. Zum Ent setzen der Hausbewohner wurde sie heute früh als Leiche aufgefunden. Meine Chronik. * 3VV Haseaarheiter «»gekomme«. Aus Astrachan wird gemeldet: Auf der hiesigen Reede sind 10 Barken gesunken, davon einige mit der Mannschaft. Eine Anlegebrücke mit 300 persischen Schiffsarbeitern wurde loSgerisscn und ins Meer getrieben. ES besteht keine Hoffnung mehr, die Arbeiter zu retten Aus der Reede von Gurjew sind zwei Dampfer und vier Barken vom Eise ein- geschlossen. Sieben Küstcnortschasten sind über- schwemmt. Die Lage der Einwohner, die sich auf Heuschober gerettet haben, ist trostlos. DaS Vieh steht im Wasser. Die Kälte verschlimmert daS Elend. Von hier sind Dampfer mit Lebensmitteln abgegan gen. — Weiter wird auS PetrowSk gemeldet: Der Dampfer „Jmperatriza Alexandra" ist nach dreitä gigem Kampfe mit dem auf dem Kaspischen Meere herrschenden Sturme hier eingetroffen. ES ist ihm gelungen, 16 Schiffbrüchige zu retten Insgesamt sind 16 Barken gesunken. Die Hafenarbeiter, die während deS Sturmes auf die See hinauSgetrieben wurden, sind teil- ertrunken, teil- erfroren. * Zur Berliner Veuzin-Sxplofi», wird noch gemeldet: Gestern abend 8 Uhr waren die Flammen in den Tanks der Benzinlagerungsgesellschaft end lich im Verlöschen. So schwer die Gefahr noch am Mittag erschien, so sehr verminderte sie sich dann von Stunde zu Stunde Die Mehrzahl der Tank ist im Laufe deS Nachmittag- ausgebrannt. Nur von einem brennenden Tank droht noch Gefahr. Die bereits ausgebrannten Tank- sind in sich zusammen- gestürzt und bilden einen Trümmerhaufen. Um Mitternacht hatte das Feuer weiter erheblich nach gelassen, doch stiegen noch immer stichartige Flammen zum Himmel empor. Bei den Löscharbeiten wurde auch eine von der Berliner Feuerwehr angeschaffte Benzinpumpe benützt, die dicht an der Spree aus- gestellt war. Gestern abend 11 Uhr explodierte plötzlich die Pumpe und da- herumspritzende Benzin setzte einen Holzstoß in Brand. Glücklicherweise waren soviel Leute anwesend, um das Feuer im Keime ersticken zu können. Der Chauffeur der Pumpe erlitt erhebliche Brandwunden Md mußte,! ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. * 3» Familie« durch Margariuegeuus, er- kraukt. In Hamburg ereigneten sich in 30 Familien VergistungSfälle, bei denen über 100 Personen er krankt sind. Da Fälle sich über die ganze Stadt ausbreiten, wurde nach eingehenden Ermittelungen festgestellt, daß in allen Fällen Margarine von einer bekannten Firma benutzt wurde Die Behörde hat