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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.11.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191011230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19101123
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19101123
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-23
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 23.11.1910
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und nicht zuletzt die Seelenstärke, welche dem Gottesglauben entspringt. Dann werden Sie, mit hohen Zielen vor Augen, alle Härten und Schwierigkeiten des Berufes leicht überwinden und so Offiziere werden, wie ich sie mir wün sche und wie das Vaterland sie braucht, stolze und wetterfeste Männer im Sturm des Lebens." Eine Reife des Kronprinzen nach London? Während seines letzten Aufenthaltes in Berlin hat der deutsche Kronprinz, wie die „Nationalztg." erfahren haben will, zur Ge mahlin des Herzogs Karl Theodor sich dahin geäußert, daß er nach der Rückkehr von seiner Weltreise, die bekanntlich im Februar erfolgt, noch im Laufe des Frühjahrs, im Mai oder Juni, sich nach London begeben werde. Wie dazu der „Nationalztg." von anderer Seite mit geteilt wird, besteht tatsächlich das Projekt ei- ner Reise nach London. Der Kronprinz ist dazu ausersehen, in London als Vertreter des Kaisers bei den Feierlichkeiten zu erscheinen, die anläßlich der Krönung des Königs Georg veranstaltet werden. Die Hauptzeremonie fin det am 22. Juni statt. Zur Klärung der Parteibeziehungen hat die letzte Sitzung des Zentralausschusses der fortschrittlichen Volkspartei in Berlin statt gesunden. Abg. Wiemer blieb dabei, daß eine Sammlung im Sinne des Kanzlers abzuleh nen, andererseits aber zu betonen sei, daß die Grenzscheide gegenüber der Sozialdemokratie mit Deutlichkeit hervorgekehrt werden müsse. Er betonte, daß die Partei ein taktisches Ab kommen für möglichst viele Wahlkreise mit den Nationalliberalen wünsche. Ein einheitliches Vorgehen der Liberalen wäre ersprießlich. Ein allgemeines bürgerliches Wahlbündnis gegen über den Sozialisten ist also vorerst nicht zu erwarten. Gegnerschaft zwifchen Konfervativen und Rationalliberalen. Die konservative „Kreuz-Ztg." schreibt: Als der Reichstag am 10. Mai vertagt wurde, habe man noch hoffen können, Konservative und Nationalliberale würden sich einander wieder nähern und in in alter Weise gemeinsam an den nationalen Aufgaben des Reiches arbeiten. Während der Vertagungspause haben sich die Nationalliberalen jedoch immer weiter von der Rechten abgewandt, so daß sich jetzt beim Reichstagsbeginn die beiden früher befreunde ten Parteien als Feinde gegenüberstehen. Es wurde zwar die Hoffnung ausgesprochen, daß die persönliche Berührung der Parteiführer im Reichstage die Parteiverhältnisse bessern würde. Das gen. Blatt befürchtet jedoch, daß auf bei den Seiten wenig Neigung vorhanden ist, in eine solche persönliche Berührung zu kommen. Zur Hebung des Baumwollbaus in Deutsch-Ostafrika beabsichtigte das Reichs- Kolonialamt laut „Deutscher Tgsztg." in ver- schiedenen geeigneten Gebieten der Kolonie amtliche Baumwolle-Anbauversuche zu unter nehmen. Die Versuchsplantagen des Kolonial- wirtschaftlichen Komitees werden vom Reiche übernommen. Es sollen gründliche Studien gemacht werden, so daß Fehlschläge im gro ßen künftig möglichst verhütet werden. Zerstörung des deutschen Kriegerdenk mals in Dijon. Ein zum Glück ganz vereinzelter Fall von Deutschfeindlichkeit hat sich in der französischen Stadt Dijon ereignet; an dem dortigen deut schen Kriegerdenkmal ist die Erinnerungstafel an die Gefallenen des 61. pommerschen Infan terieregimentes durch Revolverkugeln durchlö chert worden. In den Kämpfen bei Dijon im Januar 1871 ging die einzige deutsche Fahne im ganzen Feldzuge verloren, sie wurde von den Franzosen unter einem Haufen von Lei chen gefunden. Das Monument war am 11. Juli 1871 durch Generalleutnant von der Goe- ben, den Chef der Besatzungstruppen von Di- jon, enthüllt worden. Die französischen Behör den haben selbst ihr Bedauern über den Vor gang ausgesprochen. Frankreich. Paris spricht noch von dem am Sonntag erfolgten Angriff eines exaltierten Menschen auf den Ministerpräsidenten Briand. Es ist aber nichts weiter geschehen, als daß Herrn Briand sein Zylinderhut vom Kopf geschlagen wurde. Aus den Streich sind der Attentäter, der royalistische Tischlergeselle Lucien Lacour, dessen Eltern und die royalistische Vereinigung außerordentlich stolz. Lacour erklärte, er wollte den Minister nicht persönlich verletzen, son dern in ihm nur einen der ersten Beamten der Republik züchtigen. Lacour, der sonst ein flei- Higer Handwerker ist, wird seinen törichten, aus Fanatismus geborenen Streich um so härter büßen müssen, als er sich schon mehr fach wegen antirepublikanischer Kundgebungen zu verantworten hatte. Der Minister wünschte ihn ganz unbestraft zu lassen. — Exkönig Ma nuel von Portugal trifft angeblich demnächst zu kurzem Besuche in Paris ein; die Steifheit auf dem englischen Schlosse Wood-Norton ist auf die Dauer auch nichts für den einund zwanzigjährigen Fürsten mit dem feurigen Blute des Südländers. Griechenland. Nach Meldungen aus Athen wurde der frühere Kriegsminister General Zorbas, der ehe malige Leiter des Militärbundes, mit acht an deren hohen Offizieren, die sämtlich im Militär- bundc eine leitende Nolle spielten, zur Disposition gestellt. Gleichzeitig wurde ein Disziplinarver fahren gegen sie wegen Aufwiegelung des Offi- zierkorps eingeleitet. Venizelos hat dadurch eine neu entstehende Offiziersbewegung mit fester Hand unterdrückt. Persien. Dicht bei Schiras in Südpersien wurde eine Karawane, die viele englische Waren mit sich führte, von Eingeborenen überfallen und aus geraubt. England gewann dadurch einen neuen Vorwand zur militärischen Besetzung Südper siens; im nördlichen Persien stehen bekanntlich russische Truppen. Amerika. Die mexikanische Revolution gegen den be währten Präsidenten Porfirio Diaz ist glücklich unterdrückt worden. In der Hauptstadt Mexiko konnten ernstere Unruhen durch die Wachsam keit der Regierungstvuppen verhindert werden. Dafür ging es in Puebla und andern Städten im Innern um so turbulenter zu. In Puebla töteten Polizei und Regierungstruppen 170 Verschworene, die sich im Hause ihres Füh rers Cerdan verbarrikadiert hatten. Mehrere Frauen, die Bomben von den Dächern der Nachbarhäuser auf die Truppen warfen, dar unter die Tochter des Verschworenen-Häupt- lings Cerdan, wurden gleichfalls getötet. Der Kamps währte volle drei Stunden. Die Ver luste der Regierungstruppen waren verhältnis mäßig gering. Oertliches und Sächsisches. *— Die Zeit der Weihnachts vorbereitungen hat für den Geschäfts mann begonnen. Em jeder weiß, daß heute die Konkurrenz groß ist, daß dem Publikum von allen Seiten das möglichste angeboten wird. Was gilt heute nicht als Weihnachtsge schenk, wer hofft nicht in der Weihnachtszeit auf einen ergiebigen Umsatz, auf einen erfreu lichen Verdienst? Es gibt kaum noch etwas, was nicht als Weihnachtsangebinde passierte, denn in unserer Zeit sind gerade die prakti- schen Weihnachtsgeschenke sehr in Aufschwung gekommen. Jetzt muß ein Geschäftsmann den Geschmack seines Publikums schon genau stu diert haben, wenn er nicht in der Irre her umtappen, wenn er sicher sein will, daß seine Mühe lohnen soll. So ist denn das Vervoll ständigen des Warenlagers keine leichte Sache und manche sonst freie Abendstunde wird in diesen Tagen der Lagerdurchsicht gewidmet. Es beginnt die Zeit der Weihnachtsannoncen, der Tirailleure im Weihnachtsgeschäftsfeldzug, die das Publikum auf die Zeit, die kommt, aufmerksam machen, es animieren sollen, an seine Einkäufe zu denken. Ein brummiger Hausvater meint dann ja wohl, wenn auch aus der Familie die ersten leisen Anregungen kommen, es ist noch viel, viel Zeit! Aber wo bleiben die Wochen, wenn der Totensonntag vorüber ist? Sie fliegen nur so dahin, und deshalb ist es Zeit, bereits jetzt ernstlich an die Weihnachtsvorbereitungen heranzugehen. *— Wetteraussicht für Mittwoch, den 23. November: Nordwinde, allmähliche Aufhei terung, kalt, keine erheblichen Niederschläge. * — Veterinärwesen. Aus dem amtlichen Bericht der Königlichen Kommission für das Veterinärwesen vom 15. November 1910 über die im Königreich Sachsen herr schenden ansteckenden Tierkrankheiten ersehen wir, daß in der Amtshauptmannschaft Glau chau 28 Fälle von Maul- und Klauenseuche zu verzeichnen waren. In Bernsdorf (1), Mülsen St. Jakob (10), Mülsen St. Micheln (4), Mülsen St. Niklas (11), Niedermülsen (1), Stangendorf (1). In ganz Sachsen ka men 5 mal Milzbrand, 2 mal Rauschbrand, 210 mal Maul- und Klauenseuche, 1 mal Räude der Pferde, 6 mal Rotlauf der Schweine, 6 mal Schweineseuche einschließlich Schweine pest, 14 mal Geflügelcholera, 1 mal Hühner pest, 17 mal Brustseuche der Pferde, 1 mal Rotlaufseuche der Pferde und 8 mal Gehirn rückenmarksentzündung der Pferde vor. * — Wie wirken Inserate? Ein praktischer Engländer stellte für die Wirkung der Inserate folgende Skala auf: Beim ersten Erscheinen eines Inserates: der Leser sieht gar nicht darauf hin. Beim zweiten: er sieht die Annonce wohl, aber er liest sie nicht. Beim dritten: er liest sie. Beim vierten: er infor miert sich über den Preis des annoncierten Artikels. Beim fünften: er schreibt sich die ge naue Bezugsquelle auf. Beim sechsten: er spricht mit seiner Frau darüber. Beim sieben ten: ec entschließt sich zu kaufen. Beim ach ten: er kauft. Beim neunten: er lenkt die Aufmerksamkeit feiner Freunde und Bekannten aus die Annonce. Beim zehnten: diese spre chen angelegentlich mit ihren Frauen darüber. Nächste Folge: man kauft und kauft immer weiter und wieder. * Hohenstein-Ernstthal, 22. Nov. Der heutige Tag stand unter dem Zeichen der Stadtverordnetenwahlen. Zeigten auch unsere Straßen kaum ein anderes Bild als sonst, so kam heute doch mancher des Weges um eine Zeit, in der er für gewöhnlich der Arbeit „hul digt". In den Wahllokalen steigerte sich der Verkehr naturgemäß um die Mittagszeit am meisten, um gegen das Ende der Wahl hin abzuflauen. Man darf annehmen, daß die Be teiligung an der Wahl diesmal nicht so hoch ist, wie im Januar d. I., da wohl mancher infolge des unfreundlichen Wetters und der schwer passierbaren Straßen zu Hause geblie ben sein dürfte. Das in der gesamten Bür gerschaft mit berechtigtem Interesse erwartete Wahlergebnis werden wir, um die rechtzeitige Ausgabe der Zeitung nicht zu verzögern, wie m den Vorjahren in den zeitigen Abendstun- den durch Extrablätter bekannt geben, die vor aussichtlich von 8 Uhr ab in unserer Ge schäftsstelle den Abonnenten unseres Blattes zur Verfügung stehen. * — Der Stollneinbru ch ^Wm Lampertusschacht hatte den Besitzer des hauptsächlich in Mitleidenschaft gezogenen Grundstücks, Herrn Bauunternehmer Fvinzel, veranlaßt, die Legung einer Schleuse durch das gefährdete Grundstück nachzusuchen. Gestern fand aus diesem Anlaß eine Ortsbesichtigung statt, an der außer den Herren Bürgermeister Dr. Patz und Stadtbaumeister Matzinger noch verschiedene Herren des Zwickauer und Frei berger Bergamts und der Oelsnitzer Bergwerks behörde teilnahmen. Das Grundstück wird An fang 1911 beschleust. * — Kaufmännischer Verein. Wir machen unsere Leser auch an dieser Stelle aus den morgen, Mittwoch, abend im Saale des Hotels „Drei Schwanen" stattsindenden Rezitationsabend des Herrn Dr. Rich. Plat- tensteiner aus Wien aufmerksam. Herr Dr. Plattensteiner wird über „Oberösterreichischen Humor und Gemüt" rezitieren. Der Abend dürfte mithin einige genußreiche Stunden bieten. —b. Theater im Hotel „D,<r v i Schwanen". Am gestrigen Abend wurde vor gutbesuchtem Hause die Detektiv-Komödie „Sherlock Holmes" aufgeführt. Wie immer, so fesselte auch diesmal die Richtersche Gesellschaft die Besucher von Anfang bis Ende und ern tete nach jedem Aktschlusse wohlverdienten Bei fall. Mit geradezu bewunderungswürdiger Si cherheit wurden die einzelnen Rollen durchge führt und war es besonders Herr Kurt Rich ter, der seine Rolle als Detektiv Sherlock Holmes mit einer meisterhaften Geschmeidigkeit wiederzugeben verstand. Die Direktion wird sich infolge der guten Aufnahme, die das Stück beim Publikum fand, wohl oder übel auch hier dazu entschließen müssen, eine Wie derholung stattfinden zu lassen. Die nächste Vorstellung am kommenden Freitag, welche „Die relegierten Studenten" zur Wiedergabe bringt, verspricht ebenfalls einen recht genutz- reichen Abend und wird Herr Braune wieder um als Gast beteiligt sein. Wir nehmen des halb schon heute Gelegenheit, an dieser Stelle aus einen Besuch aufmerksam zu machen. * Ursprung, 22. Nov. Die längst er sehnte Wartehalle auf dem hiesigen Bahnhof ist nun bis auf den letzten Farbenanstrich fertig gestellt. * Rutzdorf, 22. Nov. Der hiesige Tier zuchtverein veranstaltet Sonntag den 25. und Montag den 26. Dezember in der Turnhalle hierselbst eine Geflügel- und Kaninchenausstel lung, verbunden mit Verlosung. * Chemnitz, 22. Nov. Vor dem hiesi gen Schwurgericht, das soeben erst über einen Wjährigen Mörder, den mit vierfacher Blut schuld beladenen Arbeiter Mann, ein Todesur- teil fällen mußte, wird sich heute abermals ein jugendlicher Angeklagter, der 22jährige Bar biergehilfe Gründig, wegen eines zweifachen Raubmordes zu verairtworten haben. Es han delt sich um das grauenvolle Verbrechen, dem der 66jährige Gastwirt Göller in Burkersdorf bei Burgstädt und dessen 68jährige Frau im September d. I. zum Opfer fielen. Der Mör der entstammt einer angesehenen Familie in Zwönitz, mit der er jedoch nur noch in loser Verbindung stand. Zuletzt war er in Ober wiesa bei einem dortigen Barbier in Stellung; in Burgstädt hatte er ein Verhältnis mit ei nem dort wohnenden Mädchen. Am Tage vor der Mordtat wurde das Mädchen Mutter ei nes unehelichen Kindes, dessen Vater der jetzige Angeklagte ist. Wie der Mörder glauben ma chen will, sollte ihm der Raubmord an dem Ehepaar Göller die Mittel zur Unterstützung des Mädchens verschaffen. Ein kleines Mäd chen, das von dem Ehepaar Göller zu kleinen Handreichungen verwendet wurde, fand die alte Frau Göller erschlagen im Bette; als das Kind nach dem Gastzimmer eilte, um den Wirt zu holen, sah es diesen gleichfalls ermordet am Klavier auf dem Boden der Gaststube liegen. Alle Behältnisse waren aufgebrochen, sodaß man sofort die Tat als Raubmord erkannte. Der Mörder wurde alsbald festgenommen; er war nach der Tat zu seiner Geliebten gegan gen, die von seinem Verbrechen nichts wußte. Für einen großen Betrag der geraubten Geld summe hatte der Mörder Kinderwäsche gekauft, etwa 50 Mark fand man bei der Verhaftung noch in seinem Besitz vor; in der Wohnung des Mädchens entdeckte man auch blutbefleckte Kleidungsstücke des Mörders. * Frankenberg, 21. Nov. Der Direktor Ottomar Steiner hier hat aus der von ihm gegründeten und zu hoher Blüte entwickelten Paradiesbettenfabrik für die Wohnräume im neuerrichteten Altersheim — König Albert- Stiftung — hier die sämtlichen Betten mit Zu behör schenkungsweise geliefert und damit das Wohlbefinden seiner alten Landsleute in hoch herziger Weise wirksam gefördert. * Dresden, 21. Nov. Minister Graf Vitzthum von Eckstädt hat sich heute früh nach Berlin begeben, um an den Verhandlungen des Bundesratsausschusses für Auswärtige An gelegenheiten teilzunehmen. — Der Konzessio nierte Sächsische Schiffer-Verein zu Dresden richtet in einer Resolution an den Reichstag das dringende Ersuchen, den Gesetzentwurf be treffend Erhebung von Schiffahrtsabgaben als verkehrsfeindlich abzulehnen. — Am Sonntag abend vergiftete sich die 39 Jahre alte Ehefrau des Verlagsbuchhändlers Reuter in einem An falle von Schwermut. Die unglückliche Frau war Mutter von fünf unerzogenen Kindern. — Am Sonntag nachmittag stürzte der 52 Jahre alte Arbeiter Neubert von einem in schnellster Gangart befindlichen Straßenbahnwa gen auf der Freiberger Straße und verstarb bald nachher an den erlittenen schweren inne ren Verletzungen. - Das Schwurgericht ver handelte heute gegen den 20jährigen Dienst knecht Friedrich Emil Rentzsch aus Dresden wegen Brandstiftung. Der Angeklagte hat am Abend des 24. August in Uebigau die mit Getreide gefüllten Scheunengebäude seines Dienstherrn angebrannt,, und zwar aus Rache dafür, daß er am Erntemontag nachmittag ar beiten mußte. Er wurde zu 2 Jahren 6 Mo naten Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt. * Leipzig, 21. Nov. In der Nacht vom Sonntag zum Montag früh in der 4. Stunde wurde im Rosental in der Nähe der großen Wiese ein Passant aufmerksam auf einen Mann, der dort auf einer Promenadenbank angebun den war. Nachdem er dem scheinbar Halber starrten geholfen hatte, verständigte er die Po lizei, welche die Ueberführung des Mannes, eines in der Liebigstraße wohnhaften und bei einem Fleischermeister im Markthallenviertel in Stellung befindlichen 19 Jahre alten Gesellen, mittels Rettungswagens in das Krankenhaus veranlaßte. Der Fleischer gab an, daß er in der zweiten Morgenstunde von L.-Gohlis kom mend, plötzlich von einem größeren und stär keren Manne, der ihn im Rosental überholt hatte, niedergeworsen, nach der Bank geschleppt und dort angebunden worden sei. Hierauf habe der Fremde ihm einen Knebel in den Mund gesteckt und ihn seiner Barschaft beraubt. Die inzwischen seitens der Kriminalabteilung auf genommenen eifrigen Recherchen haben erge ben, daß der Fleischergeselle in dem Geschäft seines Meisters einen größeren Betrag einkas sierter Gelder unterschlagen und zur Verdeckung dieser Veruntreuung den Raubanfall fingiert hat. Nachdem er erst beharrlich geleugnet, hat der Fleischergeselle inzwischen seinen Schwindel eingestanden. — Schlimme Erfahrungen machen mußte eine in der Dresdner Straße wohnhafte frühere Bäckersehefrau. Dieselbe hatte gestern nachmittag einen Unbekannten im Alter von 40 Jahren, den sie auf der Straße kennen ge lernt hatte, mit in ihre Wohnung genommen. Nach kurzem Verweilen hatte der Unbekannte Geld von ihr gefordert. Aus Furcht gab sie ihm schließlich auch ihr Kleingeld. Damit be gnügte sich aber der Unbekannte nicht, sondern verlangte noch mehr. Da er nichts weiter be kam, durchsuchte er gewaltsam die Handtasche und die Kleidungsstücke seines Opfers. Hier fiel ihm ein Portemonnaie mit etwa 60 Mark Inhalt in die Hände. Als die Bäckersfrau um Hilfe schrie, versetzte er ihr einen heftigen Stoß, wodurch sie zu Falle kam. Dann ent kam der Strolch durch die Flucht. * Leipzig, 21. Nov. Ein Geständnis hat, wie die „Sächs. Korresp." meldet, der am Freitag Hingerichtete Raubmörder Karl Kop- pius noch am Abend vor seinem Tode dem Staatsanwalt gegenüber abgelegt. Er hat zu gegeben, daß jener unbekannte „Rudolph", den er in der Verhandlung vor den Geschworenen als den geistigen Urheber und Leiter der von ihm und seinem Bruder verübten Verbrechen hinzustellen suchte, nur ein Produkt seiner Phantasie gewesen ist. Die Existenz jenes „Ru dolph" hatte man eine Zeit lang aus Karl Koppius' Angaben hin für wahrscheinlich ge halten. So glaubte man kürzlich noch, daß der Anfang dieses Monats in Leipzig ver haftete Erpresser Hommes, welcher bekanntlich ebenfalls Erpressungsversuche an dem Inhaber der Verlagsbuchhandlung Weber begangen hatte, mit jenem Unbekannten identisch war, eine Annahme, die allerdings durch die Nachfor schungen der Kriminalpolizei zerstört wurde. * Grimma, 21. Nov. Durch vorzeitige Explosion von Sprengpulver im Steinbruch am Wolfsberg bei Lüptitz wurde der Stein brecher Beilich schwer verletzt. Der Mann hat ein Auge eingebüßt und einen Rippenbruch er litten. * Dübeln, 21. Nov. Schwer erkrankt ist der hiesige Stadtverordnetenvorsteher Johnsen, der seit 31 Jahren diesem Amte vorsteht. Am Sonnabend abend wurde ihm auf dem Nieder markt unwohl, er erlitt einen Schlaganfall, wodurch eine Körperseite gelähmt wurde. Hilf los mußte er längere Zeit auf der Straße sitzen bleiben. Der Unfall erregt allgemein tiefes Bedauern. Johnsen war für die am nächsten Freitag stattfindende Stadtverordneten wahl wiederum mit vorgeschlagen, da er Ende d. I. aus dem Kollegium auszuscheiden hätte. Er muß nunmehr jedoch seine öffentliche Tä tigkeit aufgeben. — In Gebersbach bei Wald heim wurde am Sonnabend beim Hausbesitzer und Fabrikarbeiter Marschner Schlachtfest ge feiert. Plötzlich brach aber abends ^7 Uhr Feuer aus und das Haus brannte nieder. Der Brand dürfte durch mangelhafte Beschaffenheit der Feuerungsanlage entstanden sein. * Zschopau, 21. Nov. Der Drechsler Blank wurde an der Waldkirchner Straße am Straßengraben erfroren aufgesunden. * Ännaberg, 21. Nov. In der böhmi schen Nachbarstadt Weipert fand gestern eine Versammlung der Interessenten an der projek tierten Bahn Weipert-Keilberg-St. Joachims- thal-Karlsbad statt. Es mochten gegen 100 Personen von diesseits und jenseits der säch sischen Grenze anwesend sein. Aus den Mit teilungen des Eisenbahnkomitees kann über den gegenwärtigen Stand der Angelegenheit so viel gesagt werden, daß österreichischerseits die Pro jektarbeiten abgeschlossen sind und gegenwärtig dem Eisenbahnministerium vorliegen. Der Keilberg soll durch einige Tunnelbauten durch brochen werden, dergestalt, daß die Bahn bei Oberwiesenthal in den Berg eindringt und bei Joachimsthal wieder zu Tage tritt. Das Ei senbahnministerium wird die ihm vorliegenden fachmännischen Planungen nochmals durchzu arbeiten haben und sie sodann an den Reichs rat zu näherer Beschlußfassung gelangen las sen. An das Bahnprojekt, dessen Fortsetzung
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