Volltext Seite (XML)
MM IHM Klihkililkili-NMNikl AHINgtt Nr. 264 ^7 Zlibrg-ing. Sonntag den 3. November 1UI0 TsgehlsLt Kaufmännischer Geist! In vielen Veröffentlichungen der Tages- Presse, in den Ausführungen der Redner in Volksvertretungen und Volksversammlungen begegnet man neuerdings immer und immer wieder der Auffassung, als stehe die öffentliche Verwaltung in Staat und Gemeinde nicht aus der Höhe der Zeit, als bedürfe es zu ihrer Erneuerung und Gesundung des Eindringens kaufmännischen Geistes, als sei namentlich die Einführung der kaufmännischen Buchführung zur Besserung unumgänglich notwendig. Hierzu schreibt das Direktorium der säch sischen Gemeindebeamten u. a.: Gegen diese Auffassung, in der, zwar nicht mit dürren Worten ausgesprochen, aber doch unverkennbar, zugleich eine Herabsetzung des Beamtenstandes zum Ausdruck kommt, sehen wir uns genötigt, insbesondere soweit sie sich auf die sächsischen Gemeindebeamten bezieht, entschieden Verwahrung einzulegen. Wir sind der Ueberzeugung, diese unfreundliche Auffas sung, soweit sie nicht überhaupt ausgesprochen wird, ohne daß man sich die Mühe nähme, in irgend eine Prüfung einzutreten, verkennt den grundsätzlichen Unterschied zwischen privater Erwerbstätigkeit und öffentlicher Verwaltung, sie übersieht die in der Eigenart der öffent lichen Verwaltung liegenden besonderen Schwie rigkeiten und verallgemeinert endlich einzelne wirklich tadelnswerte Vorkommnisse in unge rechter Weise. Kaufmännischer Geist — ist er denkbar ohne das stete Streben, mit allen — wir fügen gern hinzu erlaubten und anständi gen — Mitteln einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen? Das wäre ein schlechter Kauf mann, der sich bei irgend einer geschäftlichen Maßregel nicht fragte, was nützt sie dir und deinem Geschäft, welchen klingenden Gewinn bringt sie? In der öffentlichen Verwaltung wäre eine derartige Anschauung durchaus nicht am Matze, ja, geradezu verwerflich, denn die öffentliche Verwaltung und der in ihr tätige Beamte dient ausschließlich der allgemeinen Wohlfahrt, sie verzichtet häufig mit vollem Be wußtsein auf den möglichen höheren Gewinn im öffentlichen Interesse. Außerdem aber lie gen in der Eigenart der öffentlichen Verwal tung zahlreiche Schwierigkeiten, die der kauf männische Betrieb nicht kennt. Im kaufmän nischen Betrieb herrscht ein Wille, der Kauf mann kann sich — abgesehen von Ausnahme fällen — für sich allein entscheiden, dies oder jenes zu tun oder zu lassen. In der Verwal tung aber, namentlich in der Gemeindeverwal tung, ist die kollegiale Entschließung die Re gel, und daß dadurch der Geschäftsgang nicht vereinfacht wird, weiß jeder, der je an einer kollegialen Beratung teilgenommen hat. Will inan dies ändern, will man dem Beamten grö ßeren Spielraum für seine eigene Verantwort liche Entschließung lassen, niemand wird sich darüber mehr freuen, als der Beamte selbst, allein jeder praktische Versuch, auf diesem Wege vorzugehen, wird ja neuerdings als ein „Ein griff in die Selbstverwaltung" aufgefaßt und ist damit von vornherein gerichtet. Genau so verhält es sich mit den übertriebenen Kontroll vorschriften, mit den Vorschriften, die jede, auch die kleinste Ausgabe in einer ganz genau bestimmten Voranschlagsposition nachgewiesen sehen wollen — die Beamtenschaft seufzt dar unter, aber eine Vereinfachung scheitert leider nur allzuhäusig an dem Widerstand der Volks- und Gemeindevertretungen. Der langsamere Gang in der öffentlichen Verwaltung folgt aber auch mit aus der größeren Bedeutung ih rer Maßregeln. Was der Kaufmann tut, ist in den allermeisten Fällen in wenigen Wochen oder Monaten endgültig erledigt, es hat meist nur Bedeutung für ihn und seine Kunden und kann in der Regel auch leicht geändert wer den. Die Beschlüsse und Maßregeln der Ver waltungsbehörden aber sind häufiger als man glaubt von folgenschwerer Bedeutung für Jahr zehnte, ja vielleicht Jahrhunderte hinaus, sie bedürfen daher oftmals langer und eingehen der Erwägung, die manchem als Schwerfällig keit erscheint, und eine nachträgliche Aenderung ist schwer, denn das Volk verläßt sich darauf, daß die Behörde nicht heute verwirft, was sie gestern gutgeheißen, und empfindet ein Schwan ken als Schwäche, als Unfähigkeit, als Unge rechtigkeit. Hieraus ergibt sich auch die Not wendigkeit zur sorgfältigen Führung der so unbeliebten Akten, die doch nicht entbehrt wer den können; ohne sie würde eine Planlosigkeit und Unordnung einreißen, die schlimmer wäre als gar keine Verwaltung. Die Akten müs sen ein vollständiges und getreues Bild alles dessen geben, was in einer Angelegenheit ge- schehen ist — wie sollte sonst die auswärtige Behörde, die sich daraus unterrichten will, oder die Aufsichtsbehörde, die sie prüfen muß, der Gelehrte, der aus ihnen seine staatswissenschaft lichen und volkswirtschaftlichen Studien auf baut, der neue Beamte, der von seinem Amts vorgänger dessen Ausgaben übernimmt, sich ihrer mit Nutzen bedienen können? Die Frage, ob die kaufmännische Buchführung oder die bisher meist übliche kameralistische in der öf fentlichen Verwaltung gebraucht werden soll, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, deren Behand lung in der Oefsentlichkeit kaum viel nützen wird. Das eine kann aber wohl gesagt wer den: Wer darüber urteilen will, müßte doch zum mindesten beide Arten der Buchführung genau kennen — ist das wirklich immer bei den Kritikern der Fall? Der wirkliche Sachver ständige wird meist zugeben, daß jedes Verfah ren seine Vorzüge und seine Mängel hat, und daß sich für den einen Zweig der Verwaltung dies, für den anderen jenes besser eignet. Wir glauben bestimmt, wer mit unbefangenem Blick die öffentliche Verwaltung und die Tätigkeit der öffentlichen Beamten in ihr sorgfältig prüft, der wird zu der Ueberzeugung kommen, daß durchschnittlich ein Geist darin herrscht, der den Vergleich mit keinem anderen zu scheuen braucht und der nicht einer Auffrischung oder Belebung von außen bedarf. Wir Beam ten, das wird uns niemand bestreiten sind gerade in der Gegenwart mit besonderem Ei fer bemüht, diesen guten Geist zu Pflegen und zu stärken, den Beamtenstand in seinen Lei stungen immer höher zu bringen, die Ausbil dung der jüngeren Beamten zu verbessern. Möge die Oefsentlichkeit diese Bestrebungen un terstützen, dies wird sicherlich größeren Nutzen für unser Vaterland schassen, als die fortwäh rende Wiederholung eines Schlagwortes, das nur Unfrieden und Unzufriedenheit stiften kann! Ocrtliches und Sächsisches. *— Nur sechs Sonntage sind noch bis Weihnachten! Auch in diesem Jahre sind schon jetzt viele daraus bedacht, womit sie Weihnachten die ihnen Nahestehenden erfreuen werden. Sind auch die Zeiten keine rosigen, so wird doch auch das heurige Weihnachtsge schäft ein gutes sein, wenn nur der Kauf mann, der Handwerker rechtzeitig mit der Pro paganda einsetzen, rechtzeitig ihre Warenbe stände, ihre Erzeugnisse zur Empfehlung brin gen. Wer schon jetzt mit seiner Weih nachtsinsertion beginnt, der handelt nur in seinem eigensten Vorteile, denn es gibt gar viele, die mit ihren Einkäufen keineswegs bis zur letzten Woche vor dem Feste warten, weil sie sich sagen— und nicht mit Unrecht —, daß sie desto besser ihre Wünsche befriedigt er halten, desto bequemer ihre Auswahl treffen können, je eher sie einkaufen. Je eher mit der Weihnachtsinsertion begonnen wird, desto vor teilhafter ist dies unbedingt für den Geschäfts mann, denn in erster Linie ist es ja erfah rungsgemäß das Inserat, das die Weihnachts- einkäufer heranholt. Nur nicht zu spät mit dem Inserieren einsetzen! Ein zu spätes In serieren läßt große Summen verlustig gehen, denn das Publikum kauft in erster Linie bei denen, die inseriert haben, weil es annimmt, daß bei diesen das Inserierte besonders vor teilhaft zu kaufen ist, daß diejenigen, die nicht inserieren, nichts Neues, nichts Vorteilhaftes anzubieten haben. Wer schon jetzt mit seiner Weihnachtsinsertion beginnt, hat den großen Vorteil, daß dieselbe eingehende Beachtung findet, daß er schon jetzt zahlreiche Weihnachts- käufer heranholt, denn das Publikum kaust gern frühzeitig, wenn ihm nur bekannt gege ben wird, daß das Weihnachtslager bereits ein wohlassortiertes ist, daß entzückende Novitäten bereits vorhanden sind. Wer ein gutes Weih nachtsgeschäft machen, seinen Umsatz erhöhen will, der beginne also schon jetzt mit seiner Insertion, denn je zeitiger der Geschäftsmann seine Weihnachtswaren ankündigt, je zeitiger bekannt gegeben wird, daß auch am hiesigen Platze die Auswahl an Weihnachtsartikeln eine vorzügliche und enorme ist, desto flotter ge ¬ ll » » Allerlei Kurzweil. * » »e«kfpr»che. Da« flücht'gc Leb, de» Tage» Ruhm Magst du dem Eitlen gönnen, Da» «der sei dein Heiligtum: Var dir bestehen können. * * * Ueber ei» kleine», » zürnender Freand, Scheidet der Tod, die noch heute'»«reint. Gib mir die Hand, eh der Abend vergeht, Ueber ein kleine» — ja ist e» zu spät. Rätselecke. Znr Ferne zieht de» Hause» Sohn. Der Vater mahnt mit ernste» Ton: vergiß nur nicht an fre«dem Ort, Du mußt stet» «acker dich da» Wort, Da» wird dir Segen bringen! Und viel wird dir gelingen. Der Landmann schaut auf» Feld hinau» Und zieht dabei die Stirne krau». So geht'» fürwahr nicht länger fort, Ach käme doch einmal da» Wort, D"t würd' mir Segen bringen- So kann mir nichts gelingen. Scharadc«. 1. Die ersten beiden Silben: ein Metall, DaS nützlichste; die dritte aber nennt Dir eine» Weg, den man auf jeden Fall Ll» eine »iel benutzte Straße kennt. Und auf dem Ganzen sieht man viele Meilen I« Reihen schwer belad'ne Wagen eilen. 2. Mein erste» Wort meint'» gut und treu Mit dir, d« darfst ihm trauen; Die Wahrheit sagt'» dir frank und 'frei. Rein zweites ist zu schauen An Pflanzen,'sowie am Gewehr. Nun ist da» ganze nicht mehr schwer: E» ist da» Teuerste aus Erden Und teilt getreu Lust und Beschwerden. Vuchstuteu-Rttfel Mit i der Knaben Lieblingdtier, Mit - der kleinen Festung,Zier. Vcherz-Rttsel. Ich habe keine gold'ne Krone Und werde König doch genannt. Nicht Stufen gibt'» in meinem Throne, Ich habe weder Heer noch Land. Am Hofe, wo ich residiere, Umgibt kein Höfling-troß mich zwar, 7 Minister doch und Offiziere In kleiner, wohlgezählter Schar. Bin jedem Ansturm prei-gegeben, Mein Hof hat Mauern nicht, noch Wall. Bricht ein der Feind, gilt» nicht mein Leben, Doch bringt er gern mich selbst zu Fall. Wa» tut'S! Mein Reich ist festgewurzelt. Ich sülcht' nicht Revolution Rasch, wenn ich einmal bin gepurzelt, Setzt man mich wieder auf den Thron. Scherzfrage. Auf wclcherZLeiter hatlnoch keinßMensch7ge- standen? Vilder-Mtsel. (Auflösungen in nächster Nummer ) ßUnflSfungen auS Nummer 4S. De» Rätsel»: Die Augen. De» Logogriph»: Babel — Bibel. Der Scharade: Nebelhorn. De» Reise-Rätsel»: Magdeburg. De» «utzähl-RStscl»: Die Gesinnung adelt. (ES wird mit 4 au-gezählt) De» Ergänzungs-Rätsel»: Die Buchstaben Ma (Maler, Rade, Magen). Der rätselhaften Inschrift: „Supp' aß er." De» Bilderrätsel»: Lasse dich nie vom Zorn beraten. Kindn-Ititiing. Alle Rechte für den gesamten Inhalt Vorbehalten. Nr. 46. Redaktion, Druck und Verlag von Horn L Lehmann, Hohenstein ErnNthal. 1910. Dev kleine Tambour. Im Jahre 18l2 befand sich bei dem neunten französischen Linienregimente ein kleiner Tambour, der erst neun Jahre zählte. Von Hause aus hieß er Frolut, die Soldaten aber nannten ihn allgemein Bilboquet (Stehaufmännchen) Er hatte auch wiiklicy einen so kleinen, magern und zärtlichen Körper und dabei einen so großen Kopf, daß er dem Gegenstand, dessen Namen man ihm gegeben, auf ein Haar glich. Dat kleine Männchen zeichnete sich durch keine besonder» großen Talente au». Der Rcgi- memstambour hatte ihm mit seinem Wcidenstock die Harmonie deS ra und tlu, so lange einge- peitscht, bis sein Kopf und seine Finger endlich mechanisch ihre Schuldigkeit taten. Er trug weder die Mütze so keck auf dem linken Ohre, als cs der geringste Pfeifer tat, noch wußte er so gravitätisch mit di.r Trommel zu marschieren, wie sein Nebenmann mit dem großen Schnurr bart; und al» er eines Tages gar den Säbel vorne zwischen den Beinen hängen lassen wollte, wie die Stutzer des Regiments, verwickelle er sich darein, stürzte mit der Nase auf die Erde und zerschund sich so gewaltig, daß die Kame raden sich die Bäuche hielten. Spielte er, so betrog man ihn, und saß er im Wirtshaus, so tranken die Kameraden, was er sich hatte geben lassen. Bezahlen aber mußte beharrlich er Bil- boquet bekam nach und nach einen Widerwillen gegen alle militärischen Vergnügungen, wurde verschlossener und hielt sich ganz abseits von seinen Kameraden. Eines Tages — es war am 27 Juli —- erhielt der General, der die Brigade befehligte, zu der sein Regiment gehörte, vom Kaiser die Ordre, sich einer Stellung zu bemächtigen, die auf der entgegengesetzten Seite einer ungeheuren Schlucht lag. Diese Schlucht wurde von einer Batterie von sechs Kanonen verteidigt, welche ganze Reihen von Soldaten wegnahm, und um an den vom Kaiser bezeichneten Punkt zu gelangen, mußte, man sich der Batterie bemächtigen In jenem Augenblick befand sich Frolut» Regiment an dem Ufer der Dwina; denn die Geschichte, welche ich erzähle, ereignete sich im russischen Feldzuge. Plötzlich sicht man einen Adjutanten de» Gene ral» herbcisprcngen, welcher zwei Schützenkom pagnien den Befehl bringt, sich dieser Batttri« zu bemächtigen. E» war ein gewagte» Unter- nehmen, bei der aller Wahrscheinlichkeit nach mehr al» drei Viertel der dahin Abgelchickten za Grunde gehen mußten; auch die Schützen sahen sich trotz ihrer Unerschrockenheit kopfschüttelnd an; man Hörle sogar einige der Aeltcsten leise sagen, indem sie aus die Kanonen deuteten: „Glaubt denn der General, diese Burschen spucken ge bratene Acpsel au», daß er unS Zweihundert gegen jene Schanze schickt?" „Soldaten!" rief der Adjutant, „eS ist der Befehl des Kaisers!" und ritt im Galopp davon. Es trat jedoch immer noch einiges Zögern in der Kompagnie ein, und schon zweimal hatte der Kapitän, der sie kommandierte, dem Regi- mentStambour den Beseht gegeben, zwei Tam bours zu nehmen und zum Aufbruch schlagen zu lassen. Er blieb auf sein große» Rohr ge stützt stehen und schien wenig Lust zum Gehorchen zu haben. Während dieser Zeit saß Bilboquet rittlings auf seiner Trommel und pfiff ein Lleb. Endlich wurde der Befehl zum dritten Male ge geben, aber der RegimemStambour schien noch keine Lust zum Gehmchcu zu haben, al» plötz lich Bilboquet nussteht, seine Trommel umschnaüt, seine Schlägel nimmt, vor den Regünentttambaur tritt und allen Aerger, den er auf dem Herzen hat, zusammennehmcnd, zu ihm sagt: „Nun vor wärts, Memme!" Der Regimentstambour wollte seinen Stock ausheben; aber Bilboquet war bereit» an der Spitze der beiden Kompagnien und schlug wie ein Toller zum Angriff. Die Soldaten folgen ihm und stürmen auf die furchtbare Batterie zu. Diese löst mit einem Male sechs Schüsse, und Reihen von den tapfern Schützen stürzen zu Boden, um nicht wieder auszustehen. Der Rauch hüllt sie ein, der Donner der Kanonen betäubt sie; aber der Rauch »erfliegt und sie sehen zwanzig Schritte vor sich den unerschrockenen Bilboquet zum Angriff schlagend, und sie hören sein« Trom-