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Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf. Sermsdors, Bernsdorf. Wüslenbrand, Urfpmng. Mittelbach. Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdors, Meinsdorf, Küttengrund re. — 7" 77V NierteliSbrlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Lous Mk.1.50, bei Abholung in der Gefchüstsstell« Der .Lohenftein-Srnstthaler' Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- on^ Festtag« tLgttch abends mit dem Datum des folge - ° „ gi, Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanftalten und die Landbriefträger entgegen. Als «ztra- MK.1.2S, durch die Post bezogen (auher Bestellgeld) Md. 1.50. «tnz«tne Nummern lv Psg. Beftellungen nehmen die ScschSsis- g ^aum 18 Psg, für auswärts 15 Psg.: im Reklomeieil die Zeile 30 Pfg. Sämtliche Anzeigen finden beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag Sos »Illustrierte SonntngsdlaU". — Anzeigengebühr für d e gespa e .. Aiuetaen werden am Abend vorher erbeicn. 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Zentral-Korr." aus guter Quelle erfährt, ist der König über die in dem Pamphlet des päpstlichen Barons Dr. v. Mat thies: „Wir Katholiken und die — anderen" enthaltene „apologetische Randglosse" (es werde „dereinst zum Totlachen sein, daß ein Duodez fürst, der über noch nicht 15 000 Kilometer- auadrate Kulturboden „regiert", dem Papst ei nen Protest schreibt") in hohem Grade entrü stet gewesen. Der König soll sich in sehr schar- sen Worten über diese Beschimpfung seiner Person ausgesprochen haben, die um so uner hörter wäre, als er, der König, sich bewußt sei, mit seinem damaligen Protestbrief an den Papst gegen die Borromäus-Enzyklika nur das Beste, nämlich konfessionellen Frieden, gewollt zu haben. Der „apologetischen Randglosse" würde weniger Gewicht beigelegt werden, wenn nicht ihr Verfasser Dr. Paul Matthies sich der besonderen Wertschätzung des Papstes erfreute, der ihn zum Baron und Monsignore ernannte. Es scheint nach Ansicht gutunterrichteter Per sönlichkeiten in der Umgebung des Königs Friedrich August von Sachsen nicht ausge schlossen, daß der König ein neues Handschrei ben an den Papst richtet, um Aufschluß dar über zu erhalten, ob der Papst diese Beschimp fungen seiner, des Königs Person, billigt und welche Maßregeln er dagegen zu unternehmen gedenkt, damit nicht diese Beschimpfung in ei nem vom Papst sonst sicherlich gutgeheißenen Schriftstück bestehen bliebe. Denn auf den „In dex" verbotener Bücher kann das Matthiessche Pamphlet nicht gesetzt werden, da es nicht ge gen die Kirchenlehre verstößt. In den Krei sen des katholischen Klerus in Dresden befin det man sich dieser Angelegenheit wegen in großer Bestürzung. — Wie die genannte Kor respondenz weiter erfährt, hat man sich auch in maßgebenden Regierungs- und Justizkreisen eingehend mit der gegen den sächsischen König gerichteten Schmähschrift des päpstlichen Ba rons beschäftigt und auch die Frage ventiliert, ob eventuell gegen den Verfasser strafrechtlich vorzugehen wäre. Da aber letzterer sich zur zeit nicht auf deutschem Boden befindet, son dern sich in Rom aufhält, so ist die Erledi gung dieser Frage einstweilen zurückgestellt worden. Zur Reise des Kaisers nach Schlesien. Kaiser Wilhelm trifft der „Schlesischen Zei tung" zufolge am 24. November auf Schloß Neudeck zum Besuch des Fürsten Henckel von Donnersmarck ein. Am 26. November wohnt der Kaiser in Beuchen (Oberschlesien) der Ent hüllung des Reiterstandbildes Friedrichs des Großen bei. Am 1. Dezember wird Kaiser Wilhelm in Breslau an der Einweihung der technischen Hochschule teilnehmen. Vin Rationalfonds für den Prinz regenten von Bayern. Prinz Luitpold von Bayern vollendet am 12. März kommenden Jahres sein 90. Lebens jahr. Dieses außergewöhnliche Ereignis, das den Regenten im Alter an die Spitze aller regierenden Fürsten stellt, soll auch in außer gewöhnlicher Weise begangen werden. Es wird namentlich die Sammlung einer National spende geplant, aus welcher die Jugend- wie die Veteranen-Fürsorge gefördert werden soll. Es ist ein schöner Gedanke, daß bei dem Feste des greisen Fürsten gleichermaßen die Jugend und das Alter berücksichtigt werden soll. Prinz Luitpold hat also bald das Alter Kaiser Wil helms des Ersten erreicht, der nicht ganz 91 Jahre alt wurde. So rüstig, wie der bayeri sche Regent noch ist, der noch Hochgebirgsjag den besucht, war der alte Kaiser aber doch nicht mehr. Vier Flotten wird nun Deutschland bald haben, eine zur See, eine unter der See rmd zwei in der Lust, denn zu den Lenkballons wird die Flot tille der Aeroplane kommen, nachdem sich die Heeresverwaltung zum Ankauf von Flugma schinen auf Grund der hervorragenden Leistun gen bei den letzten Weitflügen in der Umge bung von Berlin entschlossen hat. Frankreich war uns darin ein Stück voraus, und die Chauvinisten träumten ja schon von einem Maschinenflug über die Grenze, der jeden Wi derstand unmöglich machen sollte, wenn es wieder einmal zu einem Ernstfall käme. Die deutsche Heeresverwaltung hat sich durch all diese Deklamationen nicht zur Uebereilung Hin reitzen lassen, sie hat ruhig gewartet, bis die Maschinen erprobt und eine hinreichende Zahl von Offizieren ausgebildet waren. Jetzt wer den wir etwas wirklich Gutes und nicht Stück werk, wofür viel Geld unnötig fortgeworfen worden wäre, haben. Auch die Untersee-Flot tille ist jetzt erst gebildet, und wir kommen da mit nicht zu spät. Neber die Ziele des deutschen Flotten- vereinS äußerte dessen Präsident, Großadmiral v. Kö ster, auf der Tagung des Landesverbandes in Eisenach, welcher der Protektor, der Großher zog von Sachsen, beiwohnte: Uns kommt es nicht auf ein Wettrüsten an, sondern auf die Durchführung des Flottengesetzes; uferlose Flot- tensorderungen erhebt unser Verein nicht, wenn wir es auch für erwünscht halten, daß für die beiden an die Türkei verkauften Kriegsschiffe bald ein Ersatzschiff gebaut wird. Redner er innerte an die jüngsten Flottendebatten in England und betonte, daß die Erreichung der Ziele des deutschen Flottenvereins um so wünschenswerter ist, als unsre im glücklichsten Fortschritt begriffenen Auslandsinteressen einer kräftigeren Vertretund bedürfen, als sie bisher finden konnten. Die Zentral-Vereiniqunq deutscher Ver eine für Handel und Gewerbe hielt in Anwesenheit von Negierungs-Vertretern in Berlin ihre Versammlung ab. Mehr als ZOOM Klein-Gewerbetreibende und Kaufleute gehören der Vereinigung an. Den Verhand lungen wohnten auch mehrere Reichstagsabge ordnete der konservativen, sreikonservativen und nationalliberalen Partei bei. Es handelt sich um den energischen Schutz des gewerblichen Mittelstandes. Die Zentral-Bereinigung deutscher Vereine für Handel und Gewerbe erklärte sich gegen jede weitere Belastung durch die neue Reichsversicherungsordnung, insbeson dere gegen die Errichtung von Versicherungs ämtern und die Halbierung der Beiträge. Man war aber für die Erhöhung der Jnvaliditäts- beiträge, wenn die erwerbsunfähigen Witwen versichert werden sollen Außerdem wurde ge gen Arbeits- und Handlungsgehilsenkammern protestiert, da sie nicht dem sozialen Frieden dienten und überflüssig seien. Zu den Verhandlungen der deutschen Berufs-Borm iin der, die z. Z. in Berlin abgehalten werden, erschienen Vertreter der preußischen, sächsischen und reichs ländischen, sowie auch der ungarischen Regierung. Stark sind die Provinzial-Regierungen vertreten, am zahlreichsten die Städte.' Im Namen der preußischen Staatsregierung begrüßte der Vor tragende Rat Burghardt die Versammlung mit der Versicherung, daß die Regierung der Frage der Berufsvormundschaft das lebhafteste Interesse entqeqenbringe. Berlin selbst hat diese Einrich tung noch nicht, will sie aber einführen. Ein gehende Vorträge über alle Detailfragen wurden gehalten. Dr. Potthoff kandidiert nicht wieder. In mehreren Vertrauensmännerversamm lungen der Fortschrittlichen Volkspartei, die, wie aus Waldeck gemeldet wird, dort am Sonntag abgehalten wurden, ist aus Empfeh lung des Reichstagsabgeordneten Dr. Potthoff, der selbst nicht wieder kandidieren will, der bisherige Parteisekretär Otto Ruschke einstim mig als Reichstagskandidat ausgestellt worden. Nuschke steht auf dem linken Flügel der Fort schrittlichen Volkspartei. Die Auswanderung refp. Auflösung bayrischer industrieller Gesellschaften infolge der jüngsten Steuergesetzgebung, die in dustrielle Unternehmungen und Gesellschaften bekanntlich stark belastet, dauert fort. Die bayerische Industrie ist laut „Tgl. Rdsch." der Ansicht, daß die bayerischen Steuergesetze jeden Wettbewerb mit der Industrie der übrigen Bundesstaaten fast unmöglich machen. Das nichtkonfesfionelle Zentrum und das katholische Geld. Gelegentlich einer geheimen Zentrumsver sammlung in Forbach, im Wahlkreis des Zen trumsabgeordneten Hoen, kam, wie das Anti zentrumsblatt „Der Lothringer" meldet, zur Sprache, daß von der letzten Reichstagswahl (1907) noch 2000 Mark Schulden zu decken seien. In seiner Not appellierte der Vor sitzende, Rechtsanwalt Schaul, an die anwe senden katholischen Geistlichen. Da kam er aber schön an. Abbe Pinck, früher Redakteur der „Lothringer Volksstimme" des Bischofs Benzler, erklärte: „Warum immer an uns? (Man höre: „immer!" Das Zentrum soll doch bekanntlich interkonfessionell sein.) Die Geist lichen haben 1800 Mark Gehalt, also täglich 4,50 Mark; soviel hat jeder Müllerbursche (Abg. Hoen ist Mühlenbesitzer!) und Berg mann!" Der „Lothringer",» der auch einen katholischen Priester zum Redakteur hat, be merkt dazu: Abbe Pinck vergaß natürlich freie Wohnung, Stipendien, Sporteln usw. — Rechtsanwalt Schaul, also abgewiesen, machte darauf folgenden höchst merkwürdigen Vor schlag: „Es kommen ja so viele Leute zu den Geistlichen mit allerlei Spenden und Vermächt nissen, so z. B. für ein Kirchenfenster und dergl. Schickt doch diese Leute zu mir mit dem Gelde: Zentrum gehört auch zur guten Sache." Auch der Zentrumsabgeordnete Hoen meinte, die Geistlichen sollten das nötige Geld für die verkrachte Zentrumskasse besorgen und Geld schaffen für die nächsten Zentrumswah len, bei denen er, Herr Hoen, natürlich wie der durchkommen will. Der Bericht des „Loth ringer" läßt uns hinter die Zentrumskulissen schauen: in der Oeffentlichkeit soll das Zen trum die rein politische, nichtkonfessionelle Par tei sein; aber die Groschen der Katholiken wer den für diese allein „gute" Partei ebenso in Anspruch genommen wie die Hilfe der katho lischen Geistlichkeit bei den Wahlen! Zur Hebung uuferes deutschfüdwest- afrikanifchen Besitzes wird der Vorschlag gemacht, die Viehzucht im größten Maßstabc zu betreiben, damit von dort gefrorenes Fleisch in Mengen nach Deutschland gebracht werden könnte, wie cs soeben aus Argentinien nach Wien geschehen ist. Frankreich. Eisenbahnattentate sind in Frankreich leider noch immer an der Tagesordnung, trotzdem vom Eisenbahnerstreik sonst keine Spur mehr zu bemerken ist. 24 mit Explosivstoff gestillte Patronen wurden auf den Eisenbahngleisen in der Nähe von Marseille entdeckt. Bei der Sta tion Macon wurden auf einen nach Marseille fahrenden Schnellzug Revolverschllsse abgeseu- ert. Bei Pontoise wurde eine Bombe gefun den usw. Die Verbrecher, die anfangs ihr Un wesen nur in und um Paris trieben, haben sich über das ganze Land ausgebreitet. Cin neues Gefchost für die schwere Artillerie. Aus Creuzot wird gemeldet, daß in den Schneiderschen Werken Versuche mit einem so eben sertiggestellten 305 Millimetergeschotz vor genommen worden seien, das ein 100 Kilo- grammgeschoß 30 Kilometer weit schleudern könne. Die Versuche hätten ein günstiges Er gebnis geliefert. Portugal. König Manuel und seine Mutter werden, wie von vornherein anzunehmen war, nicht für längere Zeit in den, nüchternen England auf Schloß Wood Norton verbleiben, sondern so bald wie möglich nach Belgien übersiedeln. Der Herzog von Orleans begab sich persönlich nach Brüssel, um die notwendigen Verhand lungen über den Ankauf eines geeigneten Edel sitzes einzuleiten. — Der deutsche Gesandte in Lissabon, v. Bodmann, konnte laut „B. T." der neuen Regierung der Republik die Sym pathie der deutschen Reichsregierung ausspre- chen. England, Deutschland, Frankreich und Spanien haben die Regierung vorläufig aner kannt. — Ein Dekret der republikanischen Re gierung hebt den Religionsunterricht in den Schulen nach französischem Vorbilde vollstän dig auf. -- Unter den Handlungsgehilfen und Fuhrleuten Lissabons macht sich eine scharf« Lohnkampfbewegung bemerkbar. Also jetzt schon Unzufriedene, deren Erwartungen von den Segnungen der Republik nicht erfüllt sind. Serbien. Die Besserung im Befinden des Kronprin zen Alexander von Serbien hat so entschiedene Fortschritte gemacht, daß der Wiener Spe'Üalist Professor Chvostek, der an das Krankenlager berufen worden war. wieder Heimreisen konnte. Die Freude im serbischen Volke über die Ge nesung des Kronprinzen ist groß und all gemein. Türkei. Am Sonntag nachmittag fand in dem Theater von Pera eine von der persischen Ko lonie organisierte Protestversammlung gegen die englisch-russische Aktion in Persien statt. Zahlreiche Türken, insbesondere Offiziere, wohnten der Veranstaltung bei. Mehrere Red ner, darunter ein Tunesier, appellierten an die Solidarität der mohammedanischen und asiati schen Völker und betonten, daß eine Teilung Persiens für die Türkei verhängnisvoll sein werde. Daher müsse die türkische Regierung sich mit allen Kräften, hauptsächlich durch die Annäherung an den Dreibund, dagegen wah ren. Der Abgeordnete Ubei Dallah hob her vor, daß Deutschland an die Stelle Englands als Stützpunkt für die Mohammedaner getre ten sei, und zählte die Dienste auf, die Deutsch land den Mohammedanern wiederholt geleistet hätte. Er forderte die Versammlung auf, an den Kaiser Wilhelm ein Telegramm zu richtest, in dem unter Berufung auf die früheren Dienst« die Hoffnung ausgedrückt wird, daß er di« Teilung Persiens nicht erlauben werde. Der Antrag wurde unter lautem Beifall und dem Rufe: „Es lebe Deutschland!" angenommen, während gegen die Mächte der Tripelentente Pereatrufe ausgestoßen wurden. OertlicheS und Sächsisches. *— Unsere Konfirmanden. In diesen Tagen haben wiederum die Vorberei tungsstunden für die Konfirmation der nächste Ostern aus der Schule zu entlassenden Schü ler und Schülerinnen begonnen. Viele hun dert Kinder sind so weit herangewachsen, daß nun dieses wichtige Stück kirchlicher Erziehung an ihnen geübt werden kann. Freilich, es liegt eine unbestreitbare Wahrheit in der be kannten Klage, daß vierzehnjährige Jungen und Mädchen doch Wohl noch nicht die nötige Reife haben könntest/ um nun so bald sozusa gen kirchlich mündig gesprochen zu werden. Andererseits würde es auf viele praktische Schwierigkeiten stoßen, wollte man das Kon firmationsalter etwa auf das 16. bis 18. Le bensjahr Hinausrücken. Die wenigen Fälle, wo das schon jetzt, besonders bei „höheren