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ich Ihnen erzählt, bis zu dem Moment im Theater. „Sie können sich mein« Ueberraschung denken, mein Herr," schloß ich, „als ich Sie in Ihrer Rolle sah, und zwar in der vermiße ten Uniform." Ich bin Menschenkennerin, Herr Doktor! Während ich sprach, meinte ich über Ber- nowskys Gesicht ein Erschrecken gleiten zu se hen. Doch nur für einen Moment; der Künst ler nahm jetzt eine theatralische Pose an. Aus halbgeschlossenen Augen blinzelte er mich an: „Sie leiden offenbar an Wahnvorstellungen, meine Dame," sagte er achselzuckend. Hoffent lich empfinden Sie noch klar genug, um zu wissen, welche Folgen es hat, einen Joseph Bernowsky zu beleidigen!" Damit öffnete er die Tür. „Nein," sagte ich, „ich gehe nicht eher, bis Sie mir die Uniform gezeigt haben." Die Sprecherin bedeckte die Augen mit der Hand, wie überwältigt von der Rückerinnerung. „Geschah es?" konnte ich nicht unterlassen zu fragen, als sie schwieg. „Nein," sagte sie, „es geschah nicht. Der große Künstler hatte plötzlich Pose und Selbst beherrschung vergessen. Er begann zu rasen; er brüllte förmlich bei den Auslassungen, die er auf mich herabschmetterte. Es war ein un beschreiblicher Austritt; das ganze Hotel lief zusammen, indes ich den Rückzug nahm." Frau von Hifthorn hielt inne und fuhr sich über die Stirne. „Ich lasse die Sache nicht ruhen, dieser Bernowsky soll düpiert werden," sagte sie darauf. „Was raten Sie, Herr Doktor?" „Zunächst in der Zeitung inserieren zu lassen »Ja — ja!" unterbrach sie mich lebhaft, „setzen wir: 500 Mark Belohnung erhält derjenige, welcher den Täter nachwei sen kann, der aus dem Mansardenzimmer im Hause der Frau Geheimrat von Hifthorn eine Uniform von 1870 entwendet hat. Zu melden bei Dr. jur. Behrens." Ich nickte zustimmend: „Meldet sich auf dieses Inserat niemand, dann, Frau Geheim rat, haben wir das Recht, gegen Bernowsky vorzugehen." Und wie kam es nun weiter? wirst Du ungeduldig fragen. Lieber Freund, jetzt kommt die Pointe. Nicht bei mir, wie doch im Inserat verlangt war, sondern bei Frau von Hifthorn selbst meldete sich auf die Ankündigung hin ein rup pig aussehender Kerl. „Die Frau Geheimrat haben 500 Mark ver sprochen demjenigen, der nachweisen kann, wer die Uniform gestohlen hat," hob er an. „Ich kann's, Frau Geheimrat. Ein Hausierer war's, ein armer Lump, der niemand hier zu Hause antras, als er klingelte. Um nun doch viel leicht noch ein Geschäft zu machen, ging er aus die Suche aus —." „Und wo ist nun die Uniform?" unterbrach die Zuhörerin den Sprecher. Der kraute sich den Kopf. Dann kam es vertraulich: „Unter dem Siegel der Verschwie genheit, meine Dame, die Uniform hat der Herr Baritonist Bernowsky gekauft. Er hatte Malheur, — in zwölfter Stunde ging ihm seine alte Uniform kaput, in der er doch hatte auftreten wollen und der Hausierer hörte da von. So machte sich die Sache." Und als habe der Erzähler erraten, was noch auszu füllen blieb, setzte er hinzu: „Zu verargen ist es so einem großen Künstler nicht, wenn er, nm sein Wort nicht umfloßen zu müssen, die Wahrheit verschweigt. Sind die Frau Geheim rat nun zufrieden?" Der Spitzbube war findig — er kannte Frauenart. Schweigend hatte sie das Geld, die 500 Mark, ihm hingezählt. Noch bevor die Endfrage kam, hatte er die Summe eingesteckt. „Und wer war denn der Dieb?" erscholl es da. Der Gefragte stand bereits in der offenen Tür. „Der Dieb, werte Dame," sagte er, — „war ich." Freund, wie gefällt Dir der Streich? Der spekulative Hausierer ist wegen Diebstahl und Hehlerei zu fünf Monaten Gefängnis verur teilt. In Anbetracht der gesicherten 500 Mark dürste ihm die Haft nicht zu hoch zu stehen kommen. Meine Epistel ist lang geworden, doch ich hoffe, sie hat Dich unterhalten. Ich schließe für heute mit den besten Grüßen. Dein L. Behrens, Dr. jur. Maritima. Skizze von S. Halm. (Nachdruck verboten.) Mit einer umherziehenden Truppe war sie gekommen, fern aus dem Süden, ein schlankes Kind von 15 Jahren, braun, schwarzäugig, wild, ungebändigt. Von ihren Eltern wußte keiner, auch nicht, wo sie geboren. Ihre Leute wollten sie als kleines Kind gefunden haben, ausgesetzt. Andere meinten geraubt. Maritana wußte nicht, wem sie glauben sollte. Nur das wußte sie, daß sie ihre Peiniger, die sie aufs Trapez zwangen, haßte, daß sie auf die erste beste Gelegenheit wartete, auf und davon zu gehen. Und als eines Tages die Polizei und ihre Leute in Konflikt gerieten, verschwand sie ungehindert und unbemerkt. Von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt zog die junge Maritana, Karten schlagend, weissagend, wie sie's erlernt, bis sie sich end lich weit genug glaubte, um sicher vor ihrer Bande zu sein. Da faßte sie den Entschluß in der Großstadt unterzutauchen, zu verschwin den. Sie ward Modell. Ein schönes begehrtes Modell mit ihren jetzt fast 16 Jahren, ihrem Südländertypus, ihren schwellenden Formen — ein werdendes Weib, das Liebe entlockte, entfachte, wohin es kam. Bald sprach man in KUnstlerkreisen viel von der neuen Erscheinung. Maritana war aber nicht nur schön, sie war auch klug; denn sie hatte gelernt Augen und Ohren aufzuhal ten und so war sie gefeit davor, dem ersten Besten in die Hände zu fallen. — Das erhöhte ihren Wert. Einer überbot den andern an Honorar und das Mädchen aus der Fremde begann allmählich an Position zu gewinnen. So war Maritana mittlerweile 18 Jahre und obendrein das gesuchteste Modell gewor den. Ueberall tauchte ihr Bild auf. Man sah sie selbst auf Künstlerfesten und in einem von einer Künstlergruppe inszenierten Fest fiel sie derart auf, daß auch die Zeitungen sich mit ihr zu beschäftigen begannen. Leider auch die Polizei, die jedoch bei allem angewandten Ei ser nicht herauszubringen vermochte, wer das fremde Mädchen eigentlich sei. Immerhin hätte die Unmöglichkeit, sich zu legitimieren, viel leicht für Maritana von übler Folge sein kön nen, wenn sich nicht noch zur rechten Zeit ein alter sehr kranker Maler gefunden hätte, der das junge Mädchen adoptiert und zur Erbin seines, wenn auch nur sehr bescheidenen Ver mögens eingesetzt hätte. Nur ein paar Wochen durste Maritana sich ihrem Wohltäter dankbar erzeigen; dann ent hob der Tod sie ihren Verpflichtungen und sie war wieder frei und Herrin eines ehrlichen Namens. Maritana begann fortan Karriere zu ma chen. Ein Kunstmäcen hatte sich in das schöne Modell verliebt und sie geheiratet. Ihr an fängliches Sträuben mochte ihren Wert nur erhöht haben; kurz, ihr Mann trug sie aus Händen und da seine Mittel es gestatteten, vermochte die junge Frau die Rolle zu spie len, die ihrer Schönheit gebührte, sie ward die Königin der Künstlerseste. In der eigentlichen Gesellschaft Fuß zu fassen, lag nicht in ihrem Ehrgeiz. Dazu liebte sie zu sehr die Unge bundenheit einstiger Zeiten. Das Milieu, in dem sie sich bewegte, sagte ihr zu und ge nügte ihr. Doch eines Tages kam auch an die nun Zwanzigjährige das Schicksal heran. Maritana hatte den Gatten nicht aus Liebe gewählt; sie hatte sich stets nur anbeten las sen, nie selbst geliebt, bis sie den großen blon den Norweger kennen lernte, dessen treuherzige Augen gar so beredt um Liebe betteln konn ten, daß ihr zum ersten Male warm ums Herz wurde. Und nun begann ein Seelenkampf für Maritana, ein Schwanken zwischen Pflicht und Leidenschaft, das ihr den Frohsinn, die hei tere Lebensauffassung raubte. Dem Gatten war sie dankbar, doch sie liebte den Andern und sie hatte heißes junges Blut in den Adern. Und der Klatsch umspann die Drei. Die Bos heit richtete ihre giftigen Pfeile gegen das Vertrauen des arglosen Gatten. Die ersten ehe lichen Szenen stellten sich ein, mit ihr die Ent fremdung. Und eines Tages kolportierte es eine männ liche Klatschbase von Cafee zu Casee: Maritana war aus und davon. Mit dem Galan? Nein — das war das Sonderbare: der Norweger war noch in der Stadt, einer hatte ihn ge stellt und mit seiner Nachricht einen so ehr lichen Schrecken bei ihm ausgelöst, daß man garnicht mehr recht wußte, woran man war. Maritana aber blieb verschwunden. Keiner wußte, was aus ihr geworden. Alle Nachfor schungen blieben vergeblich. Sie war ver- schwunden wie sie ausgetaucht. Keiner ahnte wohin noch woher. — Ein Besuch im verlassenen Königsschlotz. Zwei Wochen sind verstrichen, seit König Manuel sein Königsschlotz in Lissabon in ha stiger Flucht verließ, aber noch immer liegt der langgestreckte, schöne Bau in dumpfer Ein samkeit, und Todesstille herrscht in den Räu men, wo vordem das Hofleben seinen Glanz entfaltete und Uniformen glitzerten. Mit lang samen Schritten gehen die Wachtposten, Ma rinesoldaten der jüngsten Republik, auf und ab vor den Mauern, hinter denen unberührt noch heute die Unordnung in den Königsge mächern die Geschichte von der Ueberraschung und eilfertigen Flucht des jungen Königs er zählt. Dem englischen Korrespondenten Per cival Phillips ist es vergönnt gewesen, diese Räume zu betreten, die auf strengen Befehl der Regierung unverändert gelassen werden sol len, bis ein Kommissar der Republik ein In ventar der vorhandenen Gegenstände ausgenom men haben wird. Die einzige Granate, die innerhalb des Königsschlosses explodierte, hat sich durch die Wand des Empfangszimmers ihre verheerende Bahn gegraben und das ganze Gemach ver wüstet. Nur ein Haufen Trümmer und Schutt ist von dem Zimmer übrig. Auf dem staub bedeckten Teppich liegen die Scherben zerstör ter, kostbarer Sevresvasen, und die Glastüren des Schrankes, der im Empfangsraum steht, sind geborsten und zersplittert. Die Geschotz- teile haben die Tür zum Musikzimmer ge sprengt und hier in der Einrichtung weitere Verheerungen angerichtet; auch im benachbar ten Billardzimmer noch zeugen Schutthaufen und zerstörte Gemälde von der Vernichtungs kraft der verhängnisvollen Granate. Nur die drei Elfenbeinkugeln auf dem Billard liegen noch genau in der Stellung, in der sie der König nach der letzten Partie im Schlosse ver- lassen hatte. Eine kleine Granate drang ins Musikzimmer, durchbohrte ein Bild, aber das Geschoß kam nicht zur Explosion. Im Thronsaal ist kein Schaden angerichtet, der Thronsessel ist verhängt, Schutt und Staub aus den Nachbarzimmern hat sich auf den Stoff gelegt. Dem Thron gegenüber leuchtet an der Wand ein großes Staatsbildnis der Königin Amelia. Die Privatgemächer des Kö nigs liegen auf der anderen Seite des Hofes; von dem einzigen Fenster des Schlafzimmers sieht man hinab auf die Fluten des Tajo. Hier muß der König das Bersten des ersten Geschosses gehört haben und hastig vom La ger aufgesprungen sein. Alles im Zimmer ist in beispielloser Unordnung. Die Bettücher sind zurückgeworfen, und das Nachtgewand des Kö nigs liegt daneben. In einer Ecke des Zim mers lehnt friedlich in seiner Scheide der Sä bel des Monarchen. Am Fußende des Bettes und auf einem Stuhle liegen in wilder Un ordnung allerlei Uniformen, darunter eine Ma rineuniform; man hat sie wahrscheinlich dem König gebracht, als er aufsprang, aber er schob sie beiseite und zog die unauffällige Zivilklei- düng vor. Auf dem Nachttische steht noch die kleine Weckuhr in ihrem Ledergehäuse, und da neben liegen zwei oder drei vergessene Ringe. Aus dem Toilettetisch sieht man ein halbge fülltes Zigarrenetui und unter dem Tische ein Paket portugiesischer Zigaretten. An einem Kleiderständer in der Ecke des Gemaches hängt des Königs Zylinder und sein Frack. Alles zeugt davon, daß die Flucht Hals über Kops geschah, und daß in der Verwir rung niemand daran dachte, persönliche Ge brauchsgegenstände mitzunehmen. Es ist leicht, sich die Szene zu vergegenwärtigen. Neben dem Schlafzimmer ist ein kleiner Raum, in dem anscheinend ein Kammerdiener schlief. Auch hier bekundet die Unordnung des Bettes und der Garderobestücke die Hast, mit der man auf sprang. Auf dem Boden des Zimmers liegen Uniformen umher; man sieht es im Geiste vor sich, wie der Insasse des Raumes emporfuhr, in wilder Eile ein paar Kleidungsstücke über streifte, zum König stürzte und dann zurück kehrte, um ein paar Gegenstände zur Flucht zusammenzuraffen. Im Arbeitszimmer des Königs liegt auf dem Schreibtisch nock> ein Brief, den der König geschrieben hatte; er ist mit Manuel unterzeichnet und sollte wohl am nächsten Morgen ausgegeben werden. Aus dem Tische stehen zahlreiche Photographien, insbe sondere Ausnahmen vom Leichenbegängnis Kö nig Eduards, dann Bilder, die in Windsor ausgenommen sind und Manuel im Jagdko stüm darstellen. Die Wände dieses Zimmers sind mit Schränken verstellt; hier ruhten in Schubladen die ausländischen Ehrenzeichen des Königs. Einer der Kästen steht halb offen, und über allerlei kostbaren Juwelen sieht man hier den Hosenbandorden liegen .... Berliner Humor vor Gericht. Aus Liebe zur Kun st. Er fühlte nun einmal Komödiantenblut in sich rollen, der fünfunddreißigjährige Bäcker meister Otto Hartwig, und je länger er die ungestillte Qual in sich herumtrug, desto kla rer wurde es ihm, daß er eigentlich seinen Beruf verfehlt habe und besser dazu berufen sei, auf dem Brett'l, anstatt vor dem Backtrog zu stehen und Teig zu kneten. Seine Gattin freilich war in ihrem Sinn für das Niedere niemals sehr erfreut über die künstlerischen Neigungen ihres Herrn Gemahls, der als Mei ster in einer großen Brotfabrik eine schönes Stück Geld verdiente, sie sah in seinen Nei gungen zur Kunst des Volkshumoristen stets eine Gefahr für ihr sonst so friedliches Zusam menleben und ihre Existenz, da sich der Mei ster immer mehr in die Rolle eines Helmer ding und anderer Mimen hineinlebte. Eines Tages sollte sein Entschluß zur Reife kommen. H. hatte soeben wieder eine eheliche Szene zu überstehen gehabt, und da ging er hin zum nächsten Barbier und opferte mit heimlicher Wehmut seinen bisherigen Stolz, den schönen schwarzen Vollbart, und nach einer halben Stunde verließ er glatt rasiert den Verschö nerungssalon. Er war Mime geworden und sein erster Gang galt einem bekannten Tingel tangel, dessen Wirt ihn schon öfters gebeten, seine Kunst als Sänger als Gast zu zeigen. Noch an demselben Abend betrat er unter fremdem Namen die bedeutenden Bretter und der ungeahnte Erfolg machte ihn so überglück lich, daß er nach Schluß der Vorstellung das erste Honorar, sechs Mark, zum Besten seiner nunmehrigen Kollegen in Bayrisch Bier und Nordhäuser anlegte. Wie es nachher kam, wußte H., der wegen Hausfriedensbruch vor dem Gericht stand, nicht mehr zu erzählen, um so mehr aber vermochte es seine Frau, die als seine Entlastungszeugin austrat: „Herr Jerichtshof" — sagte sie — „mein Mann war so knille, wie ick ihm mein janzes Leben noch nich jesehen habe, und er hat doch schon so manchen Affen nach Hause jebracht. Jegen 9 Uhr abends kam een Jeselle aus der Fabrik, um zu fragen, wo der Meister wäre, er bäte noch nich da sind. I du meine Jüte, dacht' ick mich, der sitzt jewitz in so'n Pumps und aus Liebe zur Kunst vergißt er uf allens. Ick mach mir uf'n Weg, um ihm zu suchen, und wie ick nach zwee Stunden nach Hause komme, steht mein Kleener, er is nu fünf Jahre, in't Hemde weinend uff'n Flur und sagt: „Mutter, jeh' man nich rin in de Stube, et liegt een fremder Kerl in Dein Bette." Jung', wat sagst Du? — sag' ick — da muß ick ja jleich een Schutzmann holen. Ach, Jotte doch, wenn Dein Vater kommen däte und so wat sehen würde. Ja, det kommt da von, wen» sich de Männer uf der Straße rum treiben. Ick nu runter zum Wirt, und klopf' ihm raus. Nee, sagt er, als ick ihm de Je- schichte verzählt hatte, liebe Frau Hartwig'n, seh'n Se mal zu, wie Se den fremden Kerl wieder rauskriegen aus det Bette, Se müssen ja wissen, wie er ringekommen is. Det is ja noch scheener, sag ick, Se jlooben vielleicht, det ick — — nee, Männeken, so wat jibt's nich, wat Se denken, so wat wohnt nich bei mich. Wenn Se nich wollen, denn jeh ick wo anders hin — und verdenunzieren du' ick Se ooch wegen schwerer Beleidigung — verstan den? Vors.: Frau Zeugin, das wollen wir ja gar nicht wissen. Beschränken Sie sich auf das Allerkürzeste. Zeugin: „Ja, Herr Jerichtshof. Ick nu runter zum Portieh, der nimmt een' Knüppel, ick den Handfeger und seine Frau die Beul- kelle und dann jing's ruf. Der Portieh war der erste rin. Richtig, da lag eener mit de Stiebeln und allens an uf mein Bette un schnarchte wie een Ferd. „Heda uf! Wie kommt er denn überhaupt hier rin?" sagt der Portieh. Vorerst rührte sich der Mann jar- nich, als ihm aber der Portieh eene überzie hen dat, sprang er uf und nu jing's los. Eens zwei drei hatte er uns uff'n Korridor, dort ergriff er een Schrubber und sicher hätte er uns totjeschlagen, wenn wir nich glücklich noch uf'n Flur rausjeschlüpft wären. Uf den Lärm hin kommt nu der Wirt mit'n Schutz mann und nun seh ick — Herr Jerichtshof, ick hab' jedacht, mir laust een Affe — der fremde Kerl is mein Mann, er hatte sich den Bart abnehmen lassen, um Künstler zu wer den. Aber ick kann et beschwören, Herr Je richtshof, er kann nischt dafür, er war so knille, wie noch nie." — Angesichts der tragikomischen Umstände und in Anbetracht dessen, daß Herr Hartwig schon längst wieder reuig zu seinem Handwerk zu rückgekehrt ist, wurde er nur zu einer Geld strafe von 15 Mark verurteilt. Ann in Arm mit seiner ehelichen Verteidi gerin verließ er lächelnd das Gebäude der stra fenden Gerechtigkeit. Er hat jeden Versuch, zu mimen, verschworen. Christentum «nv Kirche. Der „Bote aus Zion" bringt in der dies jährigen 3. Nummer den 49. Jahresbericht des Syrischen Waisenhauses in Jeru salem, der einen interessanten Einblick in die vielgestaltige Arbeit der in diesem Jahre durch den Brand vom 12. Juni so schwer heimge suchten Anstalt gewährt. Am Ende des vori gen Jahres betrug die Zahl der Anstaltskinder und Zöglinge 355, darunter 247 Schulkinder. Außerdem wurden die verschiedenen Schulen der Anstalt (besonders auch in Jerusalem) noch von 261 Schülern besucht, sodaß im ganzen 508 Schüler (406 Knaben und 102 Mädchen) den Unterricht genossen. — Die kirchliche Ge meinde des Syrischen Waisenhauses zählte 514 Glieder, darunter 50 Deutsche. In den zahl reichen Geschäftsbetrieben — Druckerei, Tisch lerei, Töpferei, Ziegelei usw. — waren außer den von auswärts kommenden Arbeitern 14 Meister und 7 Gehilfen, 61 Lehrlinge und 40 Gesellen ständig beschäftigt. — Einer Einnahme von 193 405,30 Mk. steht eine Ausgabe von 201 058,63 Mk. gegenüber, sodaß ein Fehlbe trag von 7653,33 Mk. vorliegt. Da der Brand am 12. Juni einen Schaden von mindestens 150 000 Mk. verursacht hat, bedarf das in so großem Segen wirkende Syrische Waisenhaus ganz besonders tatkräftiger Umerslützung, um seine Erziehungs- und Missionsarbeit im hei ligen Lande wie bisher weiter treiben zu können. Lehrermissionsbund. Der im Mai d. I. ins Leben gerufene Leipziger Leh rermissionsbund hat sich während der kurzen Zeit seines Bestehens in erfreulicher Weise ent wickelt. Er zählt bereits 113 Mitglieder. Die Dresdner Mitglieder haben eine freie Lehrer vereinigung zur Förderung der Missionssache gebildet, die hoffentlich bald auch an anderen Orten Nachahmung findet. Ein soeben erschie nener Bericht gibt Aufschluß über die Bestre bungen des Bundes und über das bisher Er reichte. Anmeldungen nimmt jedes Bundes mitglied entgegen. Statuten und Auskünfte sind bei dem Vorsitzenden, Kirchschullehrer Liebmann in Mockau-Leipzig, zu erhalten. Frauen niission. „Wie ist das Mis sionsleben in der Frauenwelt unseres Sach senlandes zu wecken bezw. zu steigern?" Dar über machte Pastor Hempel-Plauen auf der diesjährigen Helferversammlung der Sächsischen Missionskonferenz in Dresden beherzigenswerte Vorschläge. Dieser Vortrag ist jetzt in ge kürzter Form als Broschüre erschienen und wird allen, die sich dafür interessieren, beson ders den Vorständen von Frauen- und Jung frauenvereinen auf Wunsch vom Verlage der Ev.-luth. Mission Leipzig, Karolinenstr. 17, unentgeltlich zugesandt. Der Verfasser empfiehlt den Zusammenschluß der schon bestehenden Frauenmissionsvereine zu größeren Verbänden mit einem gemeinsamen Mittelpunkt in einer jährlichen Konferenz, außerdem aber Neuorgcv- nisation der einzelnen Vereinigungen. Die sehr praktischen Vorschläge sind zunächst für sächsische Verhältnisse berechnet, sie verdienen aber überall Beachtung, wo Frauenmissions vereine bestehen oder gegründet werden sollen. Missionsinspektor Bemmann, der die Organi- sation in die Wege leiten wird, ist zu jeder schriftlichen oder mündlichen Auskunft erbötig.