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ben die Königin Luise-Gedenkfeiern und die Ariern zur Erinnerung an die 40. Wiederkehr jene- glorreichen Tages von Sedan die Saat der nationalen Einigung wieder ausgehen las sen. Im Gedenken an jene großen siegreichen Schlachten hat das deutsche Volk, und nicht nur die Feldzugsteilnehmer, berechtigte Ursache, mit Stolz daraus zurückzublicken. Eine Welle nationaler Begeisterung durchtoste noch einmal in diesen Tagen das deutsche Volk und je mehr die rote Flut, wie dies in letzter Zeit bei je der neuen Reichstagswahl zum Ausdruck kam, anschwillt, um so mehr muß den bürgerlichen Parteien das Prinzip innewohnen, zusammen vorzügehen und daran zu denken, daß Einig- keit stark macht. Als stärkste Kriegsmacht ha ben wir 40 Jahre lang den Frieden hochge- halten und dieses ist eine der größten Taten mit, der auch die Anerkennung nicht versagt bleiben dars. In erster Linie sind es die deut schen Tugenden: Treue, Besonnenheit und Vaterlandsliebe, die die Grundpfeiler in die sen schweren Zeiten bilden. Treue verlangt Handel und Gewerbe; wir als Deutsche sind aber verpflichtet, nicht nur in unserm Wandel, sondern bei jeder Gelegenheit treu und wahr zu sein. Wir müssen den Geboten der christ lichen Religion als Grundgedanken unseres ganzen Seins stets die Geltung verschaffen, die ihnen bisher geboten wurde. Dies ist ein nationales Ziel und ungerecht ist der Zweifler, der unserm Volke sittliche Verkommenheit pro phezeien will. Wenn aber eine solche Mah nung zur Treue an uns ergeht, dann muß man als ebenbürtige Schwester auch die Be sonnenheit berücksichtigen. Besonnenheit soll in unserm öffentlichen Tun, in staatlichen als auch anderen Einrichtungen zum Ausdruck kom men. Ein Volk von bald 65 Millionen Men schen muß seine Fähigkeiten und Leistungen abwägen, aber nicht nur bei sich, sondern auch bei allen seinen Vertretern. Da sind unsere nationalen Zeitungsverfasser berufen, eine rechte Kritik, die weises Maß einzuhalten weiß, zu üben. In der Verzinsung unserer landwirt schaftlichen Güter ist, wie durch statistisches Material bewiesen wird, eine große Aenderung eingetreten. Wenn man der Entwicklung der Viehbestände die steuerliche Statistik entgegen hält, dann bekommt man wohl den ungefäh ren Begriff, daß die Verhältnisse bezüglich der Verzinsung schlechte sind. Mit solcher Erkennt nis wird jedoch der grundsätzliche Zusammen hang nicht klargestellt und mithin nichts bezw. nur wenig gewonnen. Es wird nur bis zu einem gewissen Grade hineingeleuchtet. Wenn man den eisernen Fleiß und die treue Pflicht erfüllung der deutschen Beamtenschaft sieht, hat man das Gefühl, daß es nicht schlecht um unser deutsches Vaterland bestellt sein kann. Diese Treue im Beruf tritt auch beidenVolks- fchullehrern hervor, die unsere ganze Nation zu einer wissenden Macht heranbilden. In al len Berufsständen und auch in unserer so oft geschmähten Arbeiterschaft, dem ganzen Arbei terstande, steckt unbestrittenernlaßen noch ein guter Kern. Die großen Erfolge der deut schen Arbeit sind dem letzteren zum weitaus größten Teile zu verdanken. Mit der Sicher heit, mit der manche Leute heute glauben, es müssen 120 Sozialdemokraten in den nächsten Reichstag einziehen, ist nichts getan. Es ist keineswegs das richtige Vertrauen, das im Hinblick aus die 1907er Wahlen geboten er scheint. Im Gedenken an diese Wahlen müssen wir uns aufrichten und - fest zusammenstehen. Da, wo eine Niederlage zu erwarten steht, müssen wir mit allen Mitteln versuchen, diese zu einer ehrenvollen zu gestalten; denn die Entscheidung liegt in der Hand der Kämpfen den. Vergegenwärtigen wir uns, daß wir ein junges politisches Volk im Rate der Völker Europas sind. Auch den andern Ländern sind Krisen, wie wir sie jetzt durchmachen müssen, nicht erspart geblieben. In solchen Momenten müssen wir uns vor Augen halten, wie das jetzt geeinte große Deutsche Reich überhaupt zustande kam. In Zeiten politischer Erregung ist gerade der nationale Gedanke oft hoch und stark aufgeflammt. Erft 40 Jahre haben wir ein wahres deutsches Parlament und in diesem Zeitraum ist ein gutes Stück nationaler Arbeit geleistet worden. Der nationale Geist muß immer mehr wachsen und gedeihen und sich über die ganze Welt verbreiten. Daran mit zuarbeiten, ist eine Ehre; dann wird aber auch diese Arbeit bestimmt zu dem erwünschten na tionalen Ziele führen. — Mit diesen beifällig aufgenommenen Worten schloß der Redner den ersten Teil seines Vortrages. Der Gesangverein „Arion" stillte die Zwi schenpause durch einige wirkungsvolle Gesangs vorträge aus und erntete hiermit reichen Bei fall. Keine Pflichterfüllung ist möglich ohne stär kenden Rückhalt, so ungefähr leitete der Refe rent den zweiten Teil seines Vortrages ein. Die Momente, die bei unserer nationalen Pflichterfüllung in erster Linie in Frage kom men, sind uns bekannt. Wirken müssen wir, daß unsere deutsche Volkswirtschaft ein mäch tiger nationaler Hort ist und bleibt; denn un- sere ganze wirtschaftliche Entwicklung hat na tionalen Hintergrund und nationale Grundla gen. Wir haben es lediglich unserer deutschen Landwirtschaft zu verdanken, wenn es uns möglich ist, ein Volk von bald 65 Millionen selbst zu ernähren. Die Großindustrie hat die notwendige Arbeitsgelegenheit und der Handel das nötige Absatzgebiet erschlossen. Trotzdem die Arbeitskräfte in der Landwirtschaft um ein volles Drittel vermindert sind, ist es der selben möglich gewesen, die Riesenarbeit noch zu bewältigen. Eine solche Leistung allein hat unserer Industrie die Möglichkeit gegeben, in schweren Zeiten zu kämpfen. Aber auch Be schäftigung fand die deutsche Industrie durch die Landwirtschaft. Bei der letzten Gewerbe zählung wurde sestgestellt, inwieweit die Land wirtschaft mit deutschen Maschinen arbeitet. Diese Statistik hat ein glänzendes Resultat ge boten. Die Industrie ist für die Landwirt schaft insofern günstig, als sie die Getreide- und Länderpreise hebt und ihr auf deutschem Boden so die Möglichkeit des Bestehens gibt. In immer steigendem Maße bemüht sich das Ausland, uns das Leben zu erschweren, und da erwächst uns die nationale Pflicht zum Zu sammenschluß. Wir dürfen aber nicht verges sen, daß als Ausgleich zwischen Industrie und Landwirtschaft der Handel der wahre Vermitt ler ist. Der Handel hat unsere große inter nationale Schiffahrt geschaffen, und die Ver billigung der Lebensmittel durch Schaffung billiger Frachtsätze ist sein Verdienst. Die Bör sen haben auch ihr Gutes, indem sie eine gleich mäßige Preisbildung herbeiführten. Die Kre ditgewährung ist eine der größten Errungen schaften in unserer Zeit des ewigen Mangels an barem Gelde. Vorhanden sind an barem Bestand bezw. ausgeprägt wurden nur etwa 8§9 Milliarden Mark, denen eine Staatsschul denlast von 20 Milliarden Mark und ein in Aktienwerten angelegtes Kapital von 35 Mil liarden Mark gegenüberstehen. Es muß gefor dert werden, daß mehr wie bisher das Gold in den Banken bleibt und die unbaren Zah lungsmittel, wie Papiergeld 2c., in den öffent lichen Verkehr gebracht werden. Im Interesse des deutschen Nationalvermögens ist dies drin gend erforderlich. Unserer Kolonialpolitik müs sen wir große Aufmerksamkeit widmen und sie eifrig Pflegen. Wir müssen auf eigene Kraft bauen und in ständiger Selbstprüfung unsern Platz an führender Stelle im Weltentheater be haupten. Die hierbei erforderliche Arbeit muß gemeinsam getan werden im Interesse unserer großen deutschen Kultur. Stürme der Zwie tracht, wie sie ein Wahlkampf Hervorrust, dür fen uns hierbei nicht beeinträchtigen. Rüsten wir für die kommenden Wahlen und stellen wir das persönliche Interesse zum Besten der All gemeinheit in den Hintergrund! Es muß hei ßen: „Erst das Vaterland und dann die Par tei!" Keineswegs aber umgekehrt. Dann erst ist es möglich, daß der deutsche Name von Geschlecht zu Geschlecht gepriesen wird und i seinen alten, guten Klang bewahrt. — Tosen der Beifall lohnte den Redner für seine von Begeisterung getragenen Ausführungen. In seinem Schlußwort dankte Herr Schul direktor Dietze den Erschienenen für ihre An teilnahme, dem Redner für seinen beachtens werten Vortrag, der eine Fülle reichen Wis sens zum Ausdruck gebracht habe, und dem Gesangverein „Arion" für die Liedervorträge. Er hoffe und wünsche, daß der Abend gute Früchte tragen und alle nationalgesinnten Ein wohner näher zusammenbringen werde. Man müsse an diesem Abend das Gelübde ablegen, gleichviel, ob konservativ, nationalliberal, fort schrittlich oder mittelständlerisch, sich zusammen zuschließen im Interesse des Vaterlandes und aus Liebe zu demselben. Redner schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf das deutsche Vaterland. Als wirkungsvollen Ab schluß des Abends brachte sodann der „Arion" das schöne Volkslied „Brüder, weihet Herz und Hand" recht ausdrucksvoll zu Gehör. — Der Besuch der Veranstaltung war gut und dürf ten dem Vortrage bald weitere folgen. Oertliched und Sächsisches. *— Wetteraussicht für Freitag, deu 21. Oktober: Nordostwind, veränderliche Bewölkung, kühl, zeitweise Niederschlag, im Gebirge Schnee. *— Bezirksfeldwebel. Morgen Sonn abend ist der Bezirksfeldmebel im Sitzungs zimmer — 1 Treppe — des Stadthauses am Neumarkt in Hohenstein-Ernstthal für die Mann schaften des Beurlaubtenstandes dienstlich zu sprechen. Es können an diesem Tage Meldungen aller Art erledigt und Gesuche abgegeben werden. Auch wird über alle militärischen Angelegenheiten, soweit sie die Fragesteller berühren, bereitwilligst Auskunft erteilt. * — Rechtshilfe. Der Verband der deutschen gemeinnützigen und unparteiischen Rechtsauskunftsstellen, der in Rixdors seinen Sitz hat, stellt es sich zur Ausgabe, seine Rechtshilfe besonders der ärmeren ländlichen Bevölkerung Deutschlands zugänglich zu ma chen. Er erbietet sich, in allen Fällen, in de nen sich Personen in ihren Rentangelegenhei- ten an ihn wenden, Auskunft zu erteilen und die Vertretung vor dem Reichsversicherungsamt zu übernehmen. Die Anträge der rechtshilfe suchenden Person sind an den Vorsitzenden des Verbandes, Herrn Oberbürgermeister Kaiser, Rixdorf, Rathaus, zu richten. *— Neue Ministerialverordnung. Die Ministerien des Innern und des Kultus haben mit allerhöchster Genehmigung und auf Grund ständischer Ermächtigung eine Verordnung er lassen, durch die der Schluß der Vergnügungen an Sonnabenden und den Vorabenden von Fest- und Bußtagen auf 2 Uhr festgesetzt wird. Bisher war die Schlußzeit 12 Uhr. *— Maßregeln für einen even tuellen Eisenbahnerausstand in Deutschland. Wie der Dresdner Kor respondent der „Franks. Ztg." von besonderer Seite erfährt, sind schon seit geraumer Zeit in den Bundesstaaten Maßregeln getroffen, um Verkehrsschwierigkeiten für den Fall abzuwen den, daß einmal auf deutschen Bahnen ^ein Eisenbahnerstreik ausbricht. Auch bestimmte Abmachungen mit dem Reich sollen für diesen Fall bestehen. * Hohenstein-Ernstthal, 20. Okt Ein seltenes Jubiläum begeht heute Herr Privat mann Franz Hoborka, Ehrenhauptmann der Freiwilligen Feuerwehr 2. Kompagnie. Heute vor 50 Jahren trat Herr Hoborka der Feuer wehr bei und jahrelang stand er der früheren Ernstthaler Wehr als Hauptmann vor. Spä- ter wurde er zum stellvertretenden Branddirek tor ernannt und nach der Vereinigung mit Hohenstein widmete er seine Kraft auch fer nerhin der alten Wehr, der jetzigen 2. Kom pagnie. Seine mannigfachen Verdienste um die Wehr und im Interesse des Gemeinwohls wußten seine Kameraden dadurch zu ehren, daß sie ihn zu ihrem Ehrenhauptmann er nannten. Herr Hoborka, der auch früher län gere Jahre Ernstthaler Stadtverordneter und später längere Zeit Vorsteher der Neustädter privilegierten Schützengesellschaft war, erfreut sich in weiten Kreisen unserer Einwohnerschaft großer Beliebtheit. Bei seinen Kameraden von der 2. Kompagnie steht der Jubilar in hoher Achtung und vor Jahren erhielt er das Feuer wehr-Ehrenzeichen für 25jährige Dienstzeit. 50 Jahre sind in unserer heutigen schnellebigen Zeit eine ziemliche Zahl und hat sich Herr Hoborka in diesem langen Zeitraum um das Feuerlöschwesen unserer Stadt unzweifelhaft große Verdienste erworben. In Anerkennung dieser Tatsache wurde dem Jubilar eine be sondere Ehrung zuteil. Heute nachmittag um 4 Uhr begab sich Herr Amtshauptmann Frhr. von Welck-Glauchau in die Wohnung des Ju bilars und überreichte ihm im Beisein des Herrn Stadttat Layritz und einer Feuerwehr- Deputation, unter herzlicher Ansprache die dem Jubilar von Sr. Majestät König Friedrich August verliehene Friedrich-August-Medaille als allerhöchste Anerkennung für seine dem hiesi gen Feuerlöschwesen allzeit gewidmeten Dienste. — Den zahlreichen Glückwünschen, die dem Jubilar aus diesem Anlasse zugingen, schlie ßen auch wir uns gern an und hoffen im In teresse der guten Sache, daß Herr Hoborka seinen Ehrenposten noch lange auszufüllen vermag. *— Einen öffentlichen Theaterabend zum Besten ihrer Bibliothek veranstaltet am Sonntag abend im Saale des Gasthauses „zur Zeche" die hiesige sozialdemokratische Ortsgruppe. Zur Aufführung gelangt „Mein Leopold," ein Volksstück in drei Akten und sechs Aufzügen ver bunden mit Melodrama und Gesang von Adolph L'Arronge. Die Vorverkaufsstellcn sind aus dem diesbezügl. Juserat iu der heutigen Ausgabe unse res Blattes näher ersichtlich. * Oberlungwitz, 20. Okt. Auf Antrag des Chemnitzer Bankvereins, der bekanntlich hier eine Kassenstelle errichtete, hat die Säch sische Bank zu Dresden Oberlungwitz unter ihre Lariplätze ausgenommen. Es bedeutet dies für unsere Geschäftswelt einen weiteren Fortschritt im Geldwesen. > Gersdorf, 20. Okt. Der Hausbesitzer verein beschloß in seiner letzten Vorstandssitzung, am 31. Oktobe-, zum Reformationstage, im „Grünen Tale" sein diesjähriges Stiftungsfest, bestehend in Konzert, Tafel und Ball, abznhal- ten. Im weiteren wurden 4 neue Mitglieder einstimmig aufgenommen. Die Mitgliederzahl ist damit auf 253 gestiegen. * Kirchberg, 19. Okt. Das in Saupers- dorf in Stellung gewesene, im 21. Lebensjahre stehende Dienstmädchen Frieda Baumann hat sich im Güntherschen Teich iu hiesiger Flur ertränkt. ' Ursprung, 20. Okt. In der Nacht vom Montag zum Dienstag ertränkte sich in der Grube des Viktoriaschachtes in Oelsnitz in einem kleinen Waffertümpel der 40jährige Häuer Karl Ed. Voitel von hier. B. hinterläßt eine Familie mit 7 unerzogenen Kindern. Es soll ihn eine anhängige Strafsache wegen Sittlichkeitsverbrechen an seiner ältesten Stieftochter zu der bedauerlichen Tat bewogen haben. * Waldenburg, 19. Okt. Der Seminarist Otto Erich Ebert aus Thalheim erhielt für die mit Mut und Entschlossenheit und nicht ohne eigene Lebensgefahr ausgeführte Rettung eines Seminarvorbereitungschülers vom Tode des Er trinkens die silberne Lebensrettungsmedaille aus gehändigt. * Berthelsdorf b. Freiberg, 19. Okt. Bei einer Alarmübung der hiesigen freiwilligen Orts- feucrwehr ist der Spritzenmann Gerold schwer verunglückt. Auf der abschüssigen Dorsstraße konnten die raschfahrcnden Bedienungsmann schaften die Spritze nicht mehr halten und diese stürzte in den Straßengraben. Dabei geriet Ge rold unter die Spritze, die ihm über Brust und Beine fuhr. Die auf der Spritze sitzenden Wehr leute Hähnel und Kröhnert retteten sich durch Abspringen und kamen mit weniger schweren Verletzungen davon. * Dresden, 19. Okt. Heute nachmittag fand auf dem königl. Belvedere ein Festmahl der priv. Scheibenschlltzengesellschaft statt, an welchem u. a. die Staatsminister Graf Vitz thum v. Eckstädt und Dr. Beck teilnahmen. Im Verlaufe des Festmahles ergriff der Kul tusminister das Wort und führte aus, es sei für die Behörden ein lebhaftes Bedürfnis, ja geradezu eine Notwendigkeit, mit den weite sten Kreisen der Bevölkerung in engste Berüh rung zu kommen. Er stehe schon seit längerer Zeit mit Schützengesellschaften in Verbindung, er verfüge aber über weit mehr Schützen als diese, nämlich über die APC-Schützen, die Hoffnung der Eltern und die Zukunft des Vaterlandes. Er betrachte diese als das kost barste Kapital und den kostbarsten Wert des Staates. Jeder müsse darauf hinwirken und sich bemühen, der kommenden Generation das Pflichtgefühl gegen die Allgemeinheit einzu- impscn. Er wünsche, daß die Schützengesell- schaften heute wie in Zukunft eine Verkörpe rung dieser staatsbürgerlichen Gesinnung, ein fester Hort der Königstreue und Vaterlands- liebe und eine Säule des Staates bilden. — Der Oberhofprediger und Vizepräsident des Evangelisch - lutherischen Landeskonsistoriums Herr D. Ackermann legt seine Aemter nunmehr am 30. November d. I. nieder. Seine letzte Predigt beabsichtigt er am kommenden Refor mationstage in der evangelischen Hofkirche zu halten. — Der bisher auch am hiesigen Hofe beglaubigte portugiesische Gesandte in Berlin, Vikomte de Pindella, wird nicht in den Dienst der Republik übertreten. * Dresden. 19. Okt. Der wegen der be kannten Vücherentwendungen in der Königlichen Bibliothek und im Albertinum verhaftete prak- tische Arzt und medizinische Schriftsteller Oe. Weindler hat durch seinen Rechtsbeistand eine Kaution von 50000 Mark angeboten, um vor läufig aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden. Das Gericht hat jedoch die a^ebotene Sicherheitskaution abgelehnt. Or Weindler, dessen Ehe mit der Tochter des berühmten Dresd ner Frauenklinikers Prof, Or Leopold vor kur zem aus anderen Gründen geschieden worden ist, wird wahrscheinlich auf seinen Geisteszustand untersucht und zur Beobachtung der Irrenanstalt Sonnenstein überwiesen werden. Gegen die Beamten der König!. Bibliothek hat von vorn herein irgend welcher Verdacht nicht vorgelegen. Dieselben sind lediglich befragt worden, ob sie gegen einen der Bücherentleiher Verdacht hegten. Es stand von vornherein fest, daß nur ein wissenschaftlich Gebildeter als Täter in Frage kommen könnte. * Dresden, 19. Okt. Gestern abend Ivars sich die 30 Jahre alte ledige Arbeiterin Risser mit ihrem zweijährigen Knaben vor ei nen in schneller Fahrt an der Bismarckbrücke ankommenden Straßenbahnwagen. Schnell hin zueilenden Personen gelang es, die Lebens müde, die sich hiergegen sträubte, aus der Ge fahr hinwegzubringen. Als dies glücklich ge schehen, versuchte die Unglückliche mit ihrem Kinde über die Brüstung hinabzuspringen. Auch dieses Vorhaben wurde noch rechtzeitig verhindert. Das lebensmüde Mädchen war vom Vater ihres Kindes, der unterdessen eine an dere geheiratet hat, verlassen worden. Man sorgte für ihre Unterbringung in .der Heil-und Pflegeanstalt, während ihr Kind einer Zieh- mutter übergeben wurde. — Heute nachmittag in der dritten Stunde hat sich in seiner in der Kaulbachstraße gelegenen Wohnung der Ver lagsbuchhändler Schnee durch zwei Schüsse in den Kopf getötet. Die Frau wollte ebenfalls Selbstmord verüben, sie wurde aber daran ge hindert. Der Beweggrund zu der Tat soll in zerrütteten Familienverhältnissen zu suchen sein. * Leipzig, 19. Okt. Die Stichwahl im fünften Leipziger Landtagswahlkreise zwischen dem nationalliberalen Kandidaten Dr. Zöphel und dem sozialdemokratischen Kandidaten Bom mes findet Dienstag den 25. Oktober statt. — Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich gestern mittag in dem Hause Mariannenstraße Nr. 58 in L.-Neustadt. Während die im Hause 3. Etage wohnende Frau Rothe einen Weg be sorgte, stürzte das 2jährige Kind, welches die Mutter schlafen gelegt hatte, aus dem Schlaf- stubensenster in den Hof hinab. Das bedau ernswerte Kind starb noch während des Trans portes nach dem Krankenhause. * Borna (Bez. Leipzig), 19. Okt. Im Gast hofe zu Neukirchen-Wyhra hantierte ein Gast mit einem geladenen Revolver, der sich plötzlich entlud. Einem 24 Jahre alten Bautechniker, der in der Nähe saß, drang der Schuß in den rechten Oberschenkel ein. Der Verletzte mußte sich be hufs Entfernung des Geschosses in die Leipziger Klinik begeben. * Meisten, 19. Okt. Gestern abend kurz nach 6 Uhr löste sich von der Marktfassade des Rathauses einer der mittelsten Sandsteinträger unter dem Rathausbalkon und stürzte auf den Teil des Fußsteiges herab, der vor dem Rats keller als Restaurationsveranda benützt wird. Der mehrere Zentner schwere Stein schlug die Leinwand der Markise durch und fiel auf ei nen Restaurationstisch und einen Stuhl, die zertrümmert wurden. Der vorgeschrittenen Jah reszeit und der kühlen Witterung wegen war die sonst von Einheimischen und Fremden stark in Anspruch genommene Veranda mit Gästen nicht besetzt. Die Bruchstelle an dem abge stürzten Sandsteinträger zeigt ein ganz frisches Aussehen und mutz erst ganz kurz vor dem Absturze entstanden sein. * Grostenbain, 19. Okt. Zwei noch nicht schulpflichtige .Kinder hatten hier mit Streich hölzern gespielt, Papier und Gardinen in Brand gesetzt, sich eingeriegelt und aus Furcht vor Strafe unter dem Sofa verkrochen. Durch hilfs bereite Nachbarn wurde ein größeres Unheil verhütet. — Im benachbarten Großthiemig wollte das Gottfried Lehmannsche Ehepaar die goldene Hochzeit feiern. Zu diesem Ehrentage hatten sich bereits die auswärts wohnenden Verwandten angemeldet. Es sollte jedoch anders kommen. Die Jubilarin verstarb plötzlich und statt zur goldenen Hochzeitsfeier trafen jetzt die Verwandten zum Begräbnis ein. * Werdau, 19. Okt. Infolge drohender Er blindung hat sich der unverheiratete Bahnhofs gendarm H. Hennig in seiner Wohnung gestern nachmittag erschossen. * Zwickau, 19. Okt. Ein hier wohnhaftes junges Mädchen schenkte drei munteren Knaben das Leben. ' Planitz, 19. Okt. Aus einer sog. Zeppe lin-Reitschule, bei der die einzelnen Schiffe bei der Umdrehung schräg stehen, stürzten mehrere Kinder. Ein Knabe wurde bewußtlos vom Platze getragen und mußte in ärztliche Behandlung ge bracht werden. * Wilkau, 19. Okt. Falsche Ein- und Zwei markstücke wurden seit einiger Zeit in einem hiesigen Kinematographentheater in Zahlung ge-