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WOM-ErMMMeiM Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bemsdors, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenderg, Falken, Langenchursdors, Meinsdorf, Küttengrund re. Der »Lohensteln-Ernstthaler' Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- nick Festtag« täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50, bet Abholung In der Geschäftsstelle MK. 1.25, durch die Post bezogen lauster Bestellgeld) Mb. 1.50. Einzeln« Nummern 10 Pfg. Bestellungen nehmen di« Geschäfts- und Ausgabestellen, dle Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbrtesträger entgegen. Als Extra- beilag« «rhalten die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte SonntagsklaN'. — Anzeigengebühr für die 6gespaltene Korpuszetle oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Psg. , im Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im »Vberlungwiher Tageblatt' Aufnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr, gröbere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Dle Aufnahme von Anzeigen an oorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandler Manuskripte macht sich die Redaktion «««LlLarlLislLlLerlLLLAlLlLervrsrerlLerlLlLlLererereroreriLerereriLerL nicht verbindlich. LerLlSiLlLeriLerererlLiLlLerkLl-LLeLLeLLLiLlLl-LLriLlLtLeLiLcriLiLLreLlslSLr Freitag, den 21. Oktober 1910. Nr. 245 Fernsprecher Nr. 1K1. »-h»pr.». 37. Jahrgang. Die Wassersteuer für das 3. Vierteljahr 1810 ist spätestens bis zmn 29 Oktober 1919 zur Vermeidung zwangsweiser Beitreibung an die Stadtsteuereinnahme zu bezahlen. Hohenstein-Ernstthal, am 20. Oktober 1910. Der Stadtrat. Bekanntmachung, Lie Einkommen- und Erganzungssteuerdeklaration betr. Aus Anlaß der im Laufe des nächsten Jahres stattfindenden allgemeinen Einschätzung zur Einkommen- und Ergänzungssteuer werden zur Zeit Aufforderungen zur Deklaration des steuer pflichtigen Einkommens und bez. Vermögens ansgesendet. Denjenigen, welchen eine derartige Aufforderung nicht zugesendet werden wird, steht es frei, Deklarationen über ihr Einkommen bez. ihr ergänzungssteuerpflichtiges Vermögen bis zum 1. November 1910 bei dem unterzeichneten Gemeindevorstande einzureichen. Zu diesem Zwecke werden bei Letzterem Deklarationsformulare unentgeltlich verabfolgt. Gleichzeitig werden alle Vertreter von Personen, die unter Vormundschaft oder Pflegschaft stehen, ingleichen alle Vertreter von juristischen Personen (Stiftungen, Anstalten, eingetragenen Vereinen, eingetragenen Genossenschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Berggemerkschaftcn u. s. w.), sowie die Vertreter von sonsti gen mit dein Rechte des Vcrmögenserwerbs ausgestatteten Personenvereiuen und Vcrmögensmassen aufgefordert, für die Bertreteuen, soweit dieselben ein stellerpflichtiges Einkommen oder ergänzungs- steuerpflichtiges Vermögen haben bez. in Ansehung der Ergänzungssteuer der Stellerpflicht über haupt unterliegen, Deklarationen bei dem unterzeichneten Gemeindenorstande auch dann einznreichen, wenn ihnen deshalb besondere Aufforderungen nicht zergehen sollten. Gersdorf, Bez. Chtz., am 18. Oktober 1910. Der Gemeindcvorstand. TageSgeschichte. König Friedrich August in Neu-Strelitz. König Friedrich August hat am Mittwoch dem Großherzogspaare von Mecklenburg-Stre- litz den schon seit längerer Zeit in Aussicht ge nommenen Besu^- in der Residenz Neu-Stre- litz abgestattet. Die Ankunft des Königs in Neu-Strelitz erfolgte mittags 1 Uhr 21 Min. Am Bahnhofe, der festlich geschmückt war, wurde der König von dem Großherzog und Erbgroßherzog von Mecklenburg-Strelitz begrüßt. Im Schlosse empfing die Großherzogin ihren Gast; dann war Frühstückstafel. Nach dersel ben unternahm der König in Begleitung des Grotzherzogs und des Erbgroßherzogs eine Fahrt nach Hohenzieritz, um den Sterbeort der Königin Luise kennen zu lernen. Der Aufent halt in Hohenzieritz dauerte etwa eine Stunde. Der König nahm zuerst das zu einer Gedenk halle umgebaute Sterbezimmer der Königin Luise in Augenschein und besichtigte hierauf die anderen Räume des Schlosses, in denen sehr viele Gegenstände aus der damaligen Zeit er halten sind. Hierauf zeigte der Großherzog seinen Gästen den Schlotzpark mit dem Denk mal der Königin Luise, in dessen Postament das erste Eiserne Kreuz eingemauert ist, das der König von Preußen 1813—14 verliehen hat. Die Herren unternahmen in dem präch tigen und ausgedehnten Park einen Spazier gang und traten um Uhr die Rückfahrt nach Neu-Strelitz an. Ein ultramontanes Urteil über König Friedrich August. Dem päpstlichen Baron Paul Mathies scheint die Borromäusenzyklika immer noch nicht hinreichend erörtert zu sein. Nachdem sich die protestantische Entrüstung über die päpst liche Schimpfepistel allmählich gelegt hat, ver öffentlicht er in der Herderschen Verlagsbuch handlung in Freiburg ein Buch unter dem Titel: „Wir Katholiken und die — anderen" apologetische Randglossen zur Borromäusen zyklika. Das wäre vielleicht gar nicht erwäh nenswert. Vermerkt werden muß indessen, daß Herr Mathies den König von Sachsen wegen seines Verwahrungsschreibens an den Papst wie folgt zu verspotten wagt: „Für die Ge schichtsschreiber zur Zeit Pius des Zwanzig sten oder Leos des Dreiundzwanzigsten muß es dereinst zum Totlachen sein, daß ein Duo dezkönig, der über noch nicht 15 000 Kilome- terquadrate Kulturboden „regiert", dem Papste einen Protestbrief schreibt, dem Papste, wel cher Gläubige in fast 2000 Bistümern, Vika riaten, Präfekturen und Delegationen leitet. — In diesen höhnischen Zeilen spiegelt fick- der ganze Ultramontanismus. Er hat für einen katholischen König, dem es um den konfessio nellen Frieden in seinem Lande wirklich ernst ist, nur Hohn und Spott übrig. Der eigent liche Herrscher ist der Papst, und „zum Tot lachen" jeder — auch ein König —, wenn er ihm zu widersprechen wagt. Dem Potsdamer Zarenbesuche in den ersten Novembertagen mißt man an leitenden Petersburger Stellen jetzt hohe poli tische Bedeutung bei. Man spricht von der be absichtigten Revision der auswärtigen Politik Rußlands und behauptet, daß speziell die rus sisch-deutsche» Beziehungen noch intimer ge staltet werden sollten, als sie zur Zeit sind. Dem Zarenbesuch wird der russische Minister präsident Stolypin beiwohnen; dieser Umstand beweist, wie die Petersburger Blätter glauben, daß es sich in Potsdam nicht nur um einen Höflichkeitsakt, sondern gleichzeitig auch um eine hochbedeutsame politische Aussprache han delt, die besonders für unsere kleinasiatischen Bahninteressen wertvoll sein könnte. Die parlamentarische Saison im Reichstage, die in vier Wochen anhebt, wirft wie alle gro ßen Ereignisse ihre Schatten voraus. Zunächst fehlt es natürlich schon jetzt keinen Tag mehr an Erörterungen darüber, welche Vorlagen dem Reichstage in seiner letzten Session vor den Neuwahlen zugehen werden, in welcher Reihenfolge die verschiedenen Gesetzentwürfe zur Beratung werden gestellt werden, und welches Schicksal jedem einzelnen von ihnen zuteil wer den wird. Da das Hauptstück der bevorstehen den gesetzgeberischen Aufgaben die Militärvor lage ist, so wird dieser eine Extrastellung in den tiefgründigen Betrachtungen eingeräumt. Man behauptete unter vielem, vielem andern, daß diese Vorlage ihre ursprüngliche Fülle un ter der Einwirkung des Reichsschatzsekretärs in so hohem Maße verloren hat, daß sich der Kriegsminister von Heeringen mit ihr garnicht mehr blicken lassen kann, sogar genötigt ist, seinen Abschied zu nehmen. Herr Josias von Heeringen, der im Mörz das 60. Lebensjahr vollendete und seit dem August vorigen Jah res als Nachfolger des jetzigen kommandieren den Generals von Einem Kriegsminister ist, hatte im Reichstage vielleicht nicht die Erfolge wie sein Amtsvorgänger, doch ist andrerseits auch nirgends etwas von irgendwelchen Un stimmigkeiten bekannt geworden. Die Meldung von seinem Rücktritt ist frei erfunden. Die Strafprozeß-Kommission des Reichstages beschloß in Uebereinstimmung mit der Regie rung, daß Volksschullehrer nur als Schöffen bei Jugendgerichten zugelassen werden sollen. Ein Antrag aus Zulassung von Frauen zum Schöffenamt wurde abgelehnt. Der Entwurf eines Bersicherungs- Gefetzes für Privatangestellte ist laut „Nordd. Allg. Ztg." im Reichsamt des Innern fertiggestellt. Er soll noch im Lause dieses Jahres mit Vertretern der beteiligten Reichs- und Preußischen Ressorts beraten wer den. Sobald das preußische Staatsministerium sich schlüssig gemacht hat, wird der Entwurf veröffentlicht werden. Oberst a. D. Gädke in Berlin als Reichstagskandidat. Die „Demokratische Vereinigung" in Berlin hat den Mitarbeiter des „B. T.", früheren Obersten a. D. Gädke, als demokratischen Kan didaten für den ersten Berliner Reichstags wahlkreis gegen den jetzigen volksparteilichen Vertreter, Stadtältesten Kämpff, nominiert. Zum Bremer Strasienbahnerstreik. Die aus gestern vormittag vertagten Ei nigungsverhandlungen im Straßenbahnerstreik sind ergebnislos verlaufen, da die Straßenbah ner an ihrem einstimmig gefaßten Beschlusse festhalten, nur in Verhandlungen einzutreten, wenn auch die Vertreter ihres Verbandes da ran teilnehmen können. Da die Direktion jede Verhandlung unter Hinzuziehung von Ver bandsvertretern ablehnt, so sind die Einigungs versuche zunächst als gescheitert anzusehen. Frankreich. Das gelegentliche Wieder-Ausflackern des Eisenbahnerstreiks in der Provinz erlischt so schnell, wie es austaucht, und fällt für die Be urteilung der allgemeinen Lage kaum ins Ge wicht. Diese aber hat sich insofern unverkenn bar gebessert, als dank der polizeilichen Wach samkeit die Bomben-Attentate in und um Pa ris fast ausgehört haben. Hoffentlich kehren sie nicht wieder, so daß überall normale Ver hältnisse platzgreisen. Der frühere Sozialde mokrat und jetzige Ministerpräsident Briand ist nicht wenig stolz darauf, daß es ihm mit ver hältnismäßig einfachen Mitteln gelang, Herr der Situation zu werden. Er lehnte im Voll- bewußtseiu seiner Leistung auch jedes Verhan deln mit Vertretern des Parlaments über die Behandlung der Streikenden ab und erklärte, er werde seine Handlungsweise, wenn es ver langt würde, vor der Abgeordneten-Kammer verantworten. — Vierzig Verhaftungen in re volutionären Kreisen find am Mittwoch in Pa ris vorgenommen worden. Alle diese Verhaf tungen wurden durch den Verdacht der Zer störung von Eisenbahninaterial und durch Ge fährdung von Personenzügen begründet. Die sozialistische Partei ist gegen die Regierung aufs höchste erbittert. England. In Schulden will sich die englische Regie rung im Interesse ihrer Flottenvermehrung nicht stürzen. Angesichts der von Generalen und Admiralen erhobenen Forderung, zum Bau neuer Kriegsschiffe eine Hundert-Millio- nen-Anleihe aufzunehmen, erklärte der erste Lord der Admiralität Mac Kenna: „Wir müs sen fortfahren, unsere Bedürfnisse aus den or dentlichen Einnahmen zu decken, so lange wir dazu imstande sind. Es wird das erste Zei chen des Verfalles sein, wenn wir unsre Flotte nicht mehr aus unsern jährlichen Einnahmen bezahlen können." Portugal. Die neue portugiesische Regierung, die an erkennenswerte Ordnung im Lande zu halten versteht, wird von den Mächten anerkannt wer den, nur muß zuvor ihre Anerkennung durch das Landesparlament erfolgt sein. Als erster Gesandter hat derjenige des deutschen Reiches, von Bodmann, nach der Umwälzung die Amts geschäfte in Lissabon wieder ausgenommen. Ihm folgte der spanische. Die spanische Ne uerung wünscht und hofft jedoch, daß die ver bannte portugiesische Königsfamilie niemals nach Spanien kommt, sondern dauernd in Eng land bleibt. England ist aus Rücksichtnahme auf die königliche Familie, der es ein Asyl gewährt, noch nicht mit einer bestimmten Er klärung hervorgetreten; seine Anerkennung der neuen Verhältnisse steht jedoch außer Frage. — Die verbannte portugiesische Königssamllie traf am Mittwoch im Hafen von Plymouth ein und wurde von den englischen Behörden ehrfurchtsvoll begrüßt. Aus dem Schlosse des Herzogs von Orleans, wo König Manuel und seine Mutter Wohnung nehmen, werden beide alsbald den Besuch des englischen Königspaa res erhalten. Ein spanischer Dampfer von Kabylen beschossen. „La Correspondencia ve Espana" erfährt aus Ceuta, daß ein spanischer Schoner, der Waren nach Tetuan brachte, von Kabylen be schossen wurde. Zwei Mann der Besatzung und ein Maure wurden getötet. Dieser Vor fall, der sich an der Küste der Beni Said, 40 Kilometer von Tetuan, zutrug, wurde dem Machsen mitgeteilt. Ein Maure wurde verhaf tet, aber wieder freigelassen, da er ein franzö sischer Schutzbefohlener war. Serbien. Die Schuld der Väter wird an den Kin dern heimgesucht. Die Wahrheit dieses Spru ches erfährt jetzt König Peter von Serbien, auf dem die Mitwisserschaft am Belgrader Kö- nigsmord lastet. Der älteste Sohn des Königs Peter, der jetzige Prinz und ehemalige Kron prinz Georg, ist ein Tunichtgut, und sein zwei ter Sohn, Kronprinz Alexander, liegt auf den Tod krank am Typhus darnieder. Man be greift, wenn Peter, der die serbische Krone we niger für sich als für sein Haus um den Preis eines Königsmordes hinnahm, in Tränen auf gelöst ist. Der Kronprinz verweigert nach den letzten Meldungen jede Nahrungsaufnahme, so daß ein schneller Kräfteverfall eintritt, der das Schlimmste befürchten läßt. Dann wäre sein älterer Bruder, der Tollkopf Georg, wiedev Kronprinz. Vortragsabend im Verein der Neichdtreuen. Der Verein der Reichstreuen in Hohenstein- Ernstthal hatte auf gestern abend zu einem Vortrag im Saale des Hotels „Drei Schwa nen" über die Frage „Was fordert das Vater land in unseren ernsten Tagen von seinen Söhnen?" eingeladen. Herr Schuldirektor Dietze, Vorsteher des Vereins, eröffnete gegen 9 Uhr den Abend mit einer kurzen Ansprache. Wenn wir, so führte er u. a. aus, ein aktuelles Thema wähl ten, so geschah es in der Erwartung, hiermit am ehesten in unserer politisch so bewegten Zeit Anklang zu finden. Wir stehen noch im mer unter dem Eindruck der unfruchtbaren Zeit der Reichsfinanzresorm, die hoffentlich nicht auch auf die kommenden Wahlen übertragen wird. Die Sammlung der nationalen Par teien muß im Vordergründe stehen; es ist die höchste Zeit, daß jeder, ohne Unterschied der Partei, zu unserer Sache steht. Der große Fichte schrieb im Jahre 1813 an das schwarze Brett der Berliner Universität: Studenten ha ben keine Zeit, den Hörsaal zu besuchen; sie haben ernstere Pflichten zu erfüllen," und so möchte man auch heute sagen: Wir müssen treu und einig zur nationalen Sache stehen, ganz gleich, welcher Parteischattierung der Ein zelne angehört. Die heutige Versammlung soll gewissermaßen ein Weckruf sein, uns auf die bevorstehenden Wahlen hinzulenken. Redner stellte sodann den Vortragenden, den blinden Privatgelehrten Karl Görler aus Dresden, vor. Herr Görler führte etwa folgendes aus: Wenu man so äußerlich in unsere gegenwär tige Zeit hineinschaut, dann will es scheinen, als ob allein Politik in unserem Volke vor herrschend sei und die Gedanken an die gro ßen Taten des deutschen Volkes hierdurch zw- rückgedrängt worden seien. Und doch sind erst kürzlich noch die großen Errungenschaften von 1813 wieder in unserem Polke lebendig gewor den. Bei dem glänzenden Feste des Berliner Universitätsjubiläums ist der alte deutsche Ge danke, daß Handel und Wissenschaft zusam mengehören, wieder ayferstanden. Weiter ha-