Volltext Seite (XML)
WWll-ErMMMiM Tageblatt für Kohenslein-Ernftthal, Oberlungwitz» Gersdorf, Kermsdorf, Bemsdors, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdors, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .Lohensleln-Ernsttholer' Anzeiger erschein» mit Ausnahme der Sonn- uni» Festlage «»glich abends mit dem Datum des solgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kaus Mk. l.50, bei Abholung in der GejchSstsstelle MK.1LS, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mb. 1.50. Einzeln« Nummern 10 Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Posiansiolten und die Londbriefträger entgegen. Als Extra- beilüge erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustrierte Sonntagsblatt'. — AnzeigengrbLhr für die «gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., für auswärts 15 Psg.; im Reklameleil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im »Oberlungwitzer Tageblatt' Ausnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr, größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeicn. Bet Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebensn Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte macht sich die Redaktion ALL«LerLsrersrerLrlLLrerLiL!LL!iLiLLrLriL8r«LererLrLLrertLerLrLereriLLr nicht verbindlich. LtLlLLLriserererlLLreri-LtLLrLreLiLtiLi-LeLkrLrLlLiLiLiLLLeriLt-rcLlLeriLlLLLlL Nr. 236 S'-°ip,°ch-r R- i». Dienstag, den 11. Oktober 1910 G-Mst-M- B°h«»> ». 37. Jahrgang. SS—-——»»»»'»ms— II. Nachtrag zur Ortsschulordnung der Stadt Pohenstein-Er nstthal vom 7. Juli 189». 1. Vom 1. Oktober 1910 werden für die Besucher der obligatorischen Fortbildungsschule wöchentlich 2 Pflichtstunden Turnunterricht cingeführt. Für das Jahr 1910 haben daran lediglich die 2 jüngeren Jahrklasscn teilzunehmen; von Ostern 1911 an besteht der Pflichtunterricht für alle Schüler. 2. Der Unterricht wird an einem Wochentag abends im Turnverein „Altstadt", Turnverein „Turner schaft" und „Turnverein von 1856" und zwar durch Mitglieder dieser Vereine erteilt. Die Unter richtsleiter der einzelnen Vereine sind vom Stndtrat zu bestätigen. Die Auswahl unter den 3 Vereinen steht den Schülern frei; sie haben bei der Anmeldung zur Schule zu erklären, bei welchem Verein sie turnen wollen, Vereinswechsel ist nur zu Ostern statthaft. 3. Befreiung von der Teilnahme am Turnunterricht kann in der Regel nur aus triftigen gesund heitlichen Gründen erfolgen, die von einem beamteten Arzte zu bescheinigen sind. 4. Unentschuldigtes und ungerechtfertigtes Fernbleiben vom Unterricht wird gemäß tz 5 Absatz 4 des Volksschulgesetzes bestraft. 5. Die Aufsicht über die Durchführung des Unterrichts untersteht den beiden Direktoren der hiesi gen Volksschulen. Im übrigen sind die aufsichtsführendcn Behörden diejenigen der unter Ziffer 1 genannten Fortbildungsschule. 6. Zur Deckung der entstehenden Unkosten wird durch den Stadtrat von jedem Schüler ein monat liches Unterrichtsgeld von 10 Psg. erhoben. Die Honorierung der Turnvereine und der Leiter erfolgt durch den Stadtrat auf Grund der Schülerzahl, die der einzelne Verein ausweist. 7. Die näheren Bestimmungen zur Durchführung des Unterrichts werden durch die beiden Schul direktoren im Einvernehmen mit den Vorstehern der beteiligten Turnvereine erlassen und be dürfen der Zustimmung des Schulausschusses und des Nätes. Hohenstein-Ernstthal, den 27. September 1910. ,, Der Stadtrat. Die Ltadtoeroldnctcn. v». Patz, Bürgermeister. E. Redslob, Vorsteher. Vorstehender Nachtrag zur Ortsschulordnung der Stadt Hohenstein-Ernstthal vom 7. Juli 1899 wird hiermit genehmigt. Glauchau und Hohenstein-Ernstthal, den 28. September 1910. Die Königliche Bezirksschnlinspektiou für Hohenstein-Ernstthal. Der Königliche Bezirksschulinspektor. Der Stadtrat. (I^. 8.) vr. Mäder. (ll.8.) vr. Patz, Bürgermeister. Tie Auszahlung der Manöverguartiergelder erfolgt in der Zeit v. IN.—22. Oktober 1910 durch die hiesige Gemeindekasse gegen Rückgabe des Quartierzettels. Oberlungwitz, an, 7 Oktober 1910 Der Gemeindevorstand. Am 30 September 1910 ist der 2. Termin Einkommen- und Ergänzungs steuer, mit welchem zugleich die Handels- und Gewerbckammerbeiträge auf das Jahr 1910 zu entrichten sind, sowie der 3. Termin Pandrenten und LandeSkulturrettten und am 1. Ok tober 1910 der 2. Termin Brandkaffe nach 1 Pfennig pro Einheit fällig und an die Orts steuereinnahme abzuführen. Vorstehendes wird mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß wegen der Einkommen- und Ergänzungssteuer nebst Handels- und Gewcrbekmnmer- beitragen nach Ablauf von 3 Wochen, wegen der Landrenten und Landeskulturrenten nach Ablauf von 1 Woche und wegen der Vrandkasse nach Ablauf von 2 Wochen, vom Fälligkeitstage an ge rechnet, gegen Säumige das Beitreibungsverfahren cingcleitet werden wird. Gersdorf, Bez. Chtz., am 29. September 1910. Der Gemeindevorstand. Bekanntmachung. In Gemäßheit von tz 164 des Allgemeinen Baugesetzes vom 1. Juli 1900 wird für hiesi gen Gemeiudebezirk Folgendes zur Nachachtuug in Erinnerung gebracht: In allen zum Aufenthalte oder Verkehr von Menschen dienenden Räumen ist vom Beginne der Dunkelheit ab auf gehörige Beleuchtung zu achten. Insbesondere bezieht sich dies auf Hausfluren, Gänge und Treppen, welche vom Eintritte der Dunkelheit ab bis abend 9 Uhr, oder, dafern die Haustüren früher geschlossen werden, bis zur Zeit des Schliessens derselben feuersicher zu beleuchten sind. Für die Befolgung dieser Anordnung sind die Hausbesitzer beziehentlich deren Stell vertreter verantwortlich. Zuwiderhandlungen werden unnachsichtlich zur Bestrafung herangezogen. Gersdorf, Bez. Chtz., am 15. September 1910. Der Gemeindevorstand. Göhler. rollt durch die Straßen. Auch von dem zwei tägigen Bombardement sind nur ganz gering fügige Spuren bemerkbar. Gelitten haben nur einige Häuser unmittelbar vor dem Königs- Palaste Necessiades. Dieser selbst hat den Gra naten dec Marinegeschütze trefflich standgehal ten. Die Kugeln moderner Panzerschiffe hät- ten offenbar schwerere Verwüstungen ange richtet. Die Zahl der Toten und Verwundeten, die schon in die Tausende berechnet worden war, ist erfreulicherweise recht gering. Es sind etwa 50 Personen getötet und gegen 300 verwundet worden. Die größten Verluste erlitt die Mu nizipalgarde, die mit Löwenmut kämpfte. Das Blutvergießen wäre ganz vermieden worden, wenn der Kreuzer „Don Carlos" mehr republi kanische Besatzung an Bord gehabt Hütte. Zwei Tote wurden unter besonderen Ehrungen zu Grabe getragen und im Pantheon beigesetzt: Dr. Bombarda, dessen Ermordung den Anstoß zu der Revolution gegeben hatte, und Exad- miral Reis, der in dem Augenblick, als ihm die republikanische Sache verloren schien, Selbst mord verübte. Die Ausweisung der geistlichen Orden war eine der ersten Maßregeln der neuen Regie rung, die dadurch, daß sie während der Revo lutionstage die Weinstuben usw. schließen ließ, die bei solchen Gelegenheiten üblichen Plün derungen und Gewalttätigkeiten erfolgreich ver hinderte. Die ausgewiesenen Klosterbrüder ver handeln über den Ankauf von Gebäuden und Ländereien in Holland. Auch sonst läßt es die neue Regierung an Rcfonnvorschlägen auf dem Gebiete der Schule, der Landesverteidigung, des Kolonialwesens usw. nicht fehlen. Der neue Finanzminister hat einen fertig ausgearbeiteten Finanzplan mit in das Kabinett gebracht. An der Ent- Die Republik Portugal. So schnell, wie der Sturm entstanden ist, hat er sich auch, sür jetzt wenigstens, wieder gelegt. In Lissabon, wie in ganz Portugal herrscht wieder Ruhe, und vorläufig befindet sich die republikanische Negierung in der unbe strittenen Macht. An Ruhe und Besonnenheit haben es die neuen Machthaber bisher nicht fehlen lassen, auch stehen ihnen Heer und Ma rine zur Verfügung. Die Monarchisten bleiben aber im Lande auch künftighin eine starke Macht; noch größer wird die Macht des Haders und des Neides innerhalb der republikanischen Partei sein. Die meisten ihrer Mitglieder werden sich für ebenso befähigt und würdig zur Bekleidung des Präsidentschasls- und der Ministerposten halten, wie die weni gen Glücklichen, welche die Gunst des Augen blicks in die Höhe gehoben hat. Hier liegt die nächste und die größte Gefahr für die neue Republik. Von den Auslandsmächten hat bisher noch keine einzige in aller Form die republikanische Regierung anerkannt, die zwar die Städte, aber noch nicht das ganze Platte Land für sich gewonnen hat. Die Mächte warten daher mit Recht ab, wie die Verhältnisse sich nach der Umwandlung des Regierungs-Systems gestalten werden Die neue Regierung wird durch Son derbotschaften den Staatsoberhäuptern aller europäischen Großmächte die Errichtung der Republik in Portugal notifizieren lassen. Die britischen Kriegsschiffe salutierten vor Gibral tar die Flagge des geflohenen Königs Manuel und vor Lissabon die der republikanischen Re gierung. Lissabon bietet in seinem Aeutzern wieder das gewohnte Bild. Die Geschäfte sind offen, in den Fabriken wird gearbeitet, der Verkehr Geeiteerd. Novelle von E. Bely. OH (Nachdruck verboten.) Leicht ist mir's nicht geworden, Geerlccrd, und den lustige» Fritz Hoden die Leute gar nicht wieder erkennen können. Keiner Hot crsohrcn, worum, ober was mich ängstigte, war der Gedanke, dost eine Au- klage kommen konnte. Sv ungerecht sie gewesen wäre, ich hätte sie dulden müssen. Tie Angst ist nun endlich von mir genommen und ich bin im guten Brot und Hobe keine Klage mehr. Men.c alte Muster wi'.l's aber nicht mehr leiden, dos; ich so ollein diu in der Fremde, und hat für mich noch einer rechtschaffenen Frau gesehen. Auf Umwegen habe ich von Ihrer Genesung gebart — auch die meinige zeigt Ihnen deisvlgendesVlall. Mit Grüßen und Wünschen für Sic und Bater Manie! Ihr Fritz West." Donnerwetter, fällt Manie! ein, wenn ich mehr als das Legte davon verstanden habe, so soll mich ein Hai kcdcndig schlucken! Gcertccrd antwortet nicht. Wenns an eine Stodljnugfer wäre, die möchte fich was herauslcscn! poltert der alte Seebär wieder. Da hebt das Mädchen sein blosses Gesicht und sagt leise: Ich hab's verstanden, Vater, Alles, wie's ge meint ist. Manie! zieht dicke Wolken ans seiner Pfeife und brummt noch einer Weile aus denselben heraus: Nun, so sag's, daß ich auch klug werde. Sic uickt. Sobald ich's kann, Boicr! — Das scheint ihm auch recht und sie reden nicht mehr darüber. Gccrteerd sicht in die sinkende Sonne. Ja, sie hat cs immer gewußt, daß cinmol eine Stunde kommen müsse, die so etwas wie eine Beichte bringen würde; — aber so lanoc die Sonne scheint, geht das nicht, die Dämmerung muß ihre Züge verschleiern, meint sie. Sie blickt den alten Vater an — und fragt sich daun wieder: Muß man beichten? Muß ein Anderer milwissen, woran man genug selber zu tragen hat? Er trägt ja omh — nud sie? — sie hat erst nicht besser sein wollen, als die Mutter und ist dann auch in des Balers Fußlapsen gegangen. Es muß weht so sein, wie Talke gesagt hat: es ist im Blate — kauu sich Eins dagegen wehren? Sie lau» den Blick nickst vom 'Pater wenden. Er sckl so ruhig und behaguch da, Hai früher immer so gesessen — und doch lastet etwas ans seiner Seele. — Sie legt das Strick-eng neben sich, ruckt ein wenig näher an ihn Heron, ohne daß er's merlt, und daun sagt sie balvlaui: Biich däucht, Botcr, ich habe von Deiner Art in mir! Er stoßt ein Knurren aus; sic weiß nicht, ob Zorn oder Selbstgefälligkeit die Ursache davon sind. Bon meiner Art, wiederholt er. Sie wundert sich, daß cr nicht darob erschrictc — freilich, er weiß ja nicht um ihre Thot. Damals, mit dem Seehund — wirst cr hin, hab' ich's auch gesagt uud daun kommt es nach: Ist gnt — denn Deiner Mutter Art — Er schweigt, sic auch — sic hängt bcschämt den Kops tief auf dic Brust. Ihre Haare hast Du und ihre Augen auch, spricht Manicl, sonst nichts — ist gut. — Sie mochte in den Boden sinken, es jammert sie in diesem Augenblick um den alten, gläubigen Mann, den sic hat verlassen wvllcu, wie es ihre Mutter gcthan. Hab's überwunden, murmclt Manicl, ist lang her. Kaun man über Alles hin, Bater? fragt sie und sicht ihn fest an. Er meint, sie ist dem Fritz West, der nun auch eine Andere genommen hat, >nA;r zu gut gewesen, als sic gezeigt hat, und antwortet: Mit der Zeit kommt man über Alles — wie ein Berg steht oft eine Woge da — und thcilt sich, lind wo Land war, kann Tieswasser kommen, spricht sie vor sich hin nud erinnert sich, wie davon hier außen schon cinmol die Rede gewesen ist. Als sie dann aufjieht, steht Reick am Zaun, die kleine gedrungene Gestalt, das entschlossene Gesicht — so, in oll ihre Ficberträume Hot es hineiugebliclt, nur sonderbarer Weise nicht zornig und rochegicrig. Jeni aber weiß sic, dos da ist kein Traumbild, das ist dic Rcick von Fleisch und Blut — und was sie wollen wird — Sie blickt nach der Schwelle — soll sie hinein? Nein, ihre Füße sind schwer, sie kann nicht. Pater, stammelt sie, weiter nichts, wie ein hülf- loses Kind, aber der hört es nicht einmal, sonder» erwartet ganz friedlich dreinschauend die Anrede der Nocbborsrou. Manie! Hay, sogt die Wittwe Hineck's, ich komme nicht eher hier wieder auf Deine» Grund, bis ich Dir da vor dem Gesicbt Deines Lindes Dcin Recht gegeben habe — so verdienst Du's uud so muß es sein! Hm! macht Manicl, hm! als ist cr nicht allein zufrieden mit dieser Einleitung, sondern gewissermaßen daronf vorbereitet. Gccrteerd aber hält sich mit der einen Hand an dem Stuhl des Vaters, denn sie hat ein Gefühl, als stehe sie nicht mehr auf festem Boden, als triebe das kleine, gelbe Eiland, auf dem sie ge boren, wie eine Scholle aus wildem Meer mit ihr herum. Gcertccrd, redet die Frau am Zaune mit ihrer klaren Stimme weiter, der Mensch kann sich irren, denn er ist gebrechlich, wie ein Fahrzeug auf dem Meer. Uud wo's einen Sturm giebt — Just wie ein Pfarrer, meint Manicl vor sich hin, Reick scheint dic Unterbrechung aber lieb, denn der Faden reißt ihr, sie verfällt in die heimathliche Art und fügt Hinz»: Mehr Unrecht ist Keinem noch geschehen, Manie!, als Dir von mir — und damit Du's siehst, Gccrteerd, wir geben einander die Hand, wie gute Freunde. Damit ist sic »cbcu dem Altcn, das Mädchen aber wird von einem Zittern crfoßt, das ihre schlanken Glieder schüttelt, die blutlosen Lippen bewegen sich nur schwer zu der Frage: Mein Vater Hineck? -- Rcick deutet «ach oben: Unser Herrgott hat mich mit Blindheit geschlagen gehabt — es war ein Unglücksfall, wie andere auch. Uud Du, Vater, stammelt Gcertccrd, hast den Verdacht getrogen? Ich mußte warten, bis sich's zeigte, was die Wahr-- heit war, sagt Manie! gelassen. Reick nickt, sic sicht wic siegesstcudig drein und gewahrt nicht, daß Gccrteerd die Hände vor das Gesicht schlägt und murmelt: Wcnn's von ihm ge nommen ist — ich bin doch eine Sünderin. Ohne die, sagt Moniel nach einer Pause, wärst Du nicht hochgekommen. (Schluß folgt.)