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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 28.08.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191008280
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19100828
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19100828
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-08
- Tag 1910-08-28
-
Monat
1910-08
-
Jahr
1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 28.08.1910
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aus, wie es nie zuvor der Hall war. Niemals hat der Kaiser die mittelalterlich-romantische Idee eines von aller Verantwortung von Menschenurteil losgelösten, von aller Gebun denheit an die verfassungsmäßige Mitwirkung des Volkes befreiten Gottesgnadentums so scharf in Gegensatz gestellt zu allen Stimmun gen und Ueberzeugungen, die heute herrschen und auf denen unser Staatswesen beruht. Ge wiß ist der Kaiser ein streng konstitutioneller Monarch und hat alle Zeit durch die Tat be wiesen, daß er die verfassungsmäßigen Rechte des Volkes aufs treuste zu wahren und zu respektieren weiß. Aber wozu denn dieses Be tonen des Königtums von Gottes Gnaden und aus eigenem Rechte, das weit im Lande Miß Verständnisse Hervorrufen mnß und der anti monarchischen Agitation Bahrung gibt! Zu den wahrlich ausreichenden Kämpfen und Verstimmungen treten neue; denn die Kaiser rede wird wirken wie eine .Kampfansage. Der konservative „rag" betont: Der Kaiser betrachtet sich als Instrument des Herrn, wie er es von jeher getan hat. Aber er bekundet auch, wie-er es gleichfalls von jeher getan, im Gegensatz zu den absoluten Herrschern ver gangener Zeiten die Erkenntnis, daß er allein sein Ziel, die Wohlfahrt und friedliche Ent Wicklung des Vaterlandes, nicht erreichen kann, sondern dazu der Mitarbeit eines jeden im Lande bedarf. Der Kaiser zieht keine Scheide wand zwischen Krone und Volk, seine Rede gipfelt vielmehr in der Aufforderung zu ge meinsamer Arbeit für das Vaterland. Verhältnismäßig zurückhaltend nimmt die Uberale Presse zu der Kaiserrede Stellung. So meint die „Voss. Ztg.": „Einst hat Kaiser Friedrich auf den blutigen Schlachtfeldern Frankreichs seiner Genugtuung darüber Aus druck gegeben, daß er auf dein Throne der erste Hohenzoller sein werde, der den verfas sungsmäßigen Einrichtungen ohne Vorbehalt und rückhaltlos zugetan sei. Zu diesen ver fassungsmätzigcn Einrichtungen gehört in er ster Linie auch das Parlament, über das sich der Sohn Kaiser Friedrichs hier wieder ein mal im Tone des Unmutes ausspricht. Aller dings muß bezweifelt werden, daß seine Worte dazu angetan sind, dje einmal herrschende Miß stimmung zu bannen." Quer durch die Gegend Nur immer langsam voran! Wissen Sie, wo dieser Grundsatz bis zur höchsten Vollendung ausgebildet ist? Bei unserer lieben K. S. Staats eisenbahn-Verwaltung, die doch sonst so sehr als fortschrittlich gilt, deren Entwicklung das Staunen aller Fremden erregt. Das wollen Sic nicht glauben? Ich werde es beweisen! Da beschloß man vor langen Monden „im Schoße der Verwaltung", daß unser Stationsge bäude iu Hohenstein-Ernstthal eine von beiden Zu gangsseiten sichtbare Uhr bekommen sollte; doch inzwischen bleibt, trotz der Zusicherung, daß in Kiirze diesem berechtigten Wunsche Rechnung getragen würde, vorläufig alles beim alten. Meine Erkundigungen an zuständiger Stelle haben ergeben, daß wir die Uhr voraussichtlich aber noch in diesem Jahr—hundert bekommen werden. Aber auch anderswo wird nach diesem Grund sätze verfahren, wie z. B. in Bochum. Bei der städtischen Badeanstalt in Bochum gibt es Damen tage, an denen alles, was männlichen Geschlechts ist, auf das gewohnte Schwimmbad verzichten muß. Diese Ordmmg der Diugc wird peinlich iunegehallen. Und doch ist da neulich etwas passiert . . . Der Uneingeweihte ist geneigt, an Astgucklöcher und Astlochguckcr zu deuten. Das war's aber nicht, was die Wohlanstäudigkeit hätte iu Frage stelle« touuen. Die Sache war verwickelter. Es stellte sich nämlich heraus, daß badende Damen den Versuch gemacht hatteu, männliche Begleiter mit ins Damenbad zu schnniggeln. Und zwar mit Erfolg. Man denke: männliche Begleiter im Damenbnd! Die be treffenden Damen hatten ihren Kavalieren weib liche Toiletten besorgt, und so gelangten sie mit ihnen unbeanstandet ins Allerheiligste hinein, und wenn diese Kavaliere meist anch noch keine drei Lcbenslenze hinter sich hatten, so erregte ihre Einschnuiggelung in die Badeanstalt an männer freien Tagen doch großes Mißvergnügen; insbe sondere bei den Vertreterinnen des allzuzarten Geschlechts, deren Sittlichkeitsgefühl auf Koste» der körperlichen Qualitäten besonders stark aus gebildet ist. Diese Allzuzarten fühlten sich geniert und beschwerten sich. Das hat denn auch ge holfen. Die Leitung der Anstalt ist dem „Ün fug" sofort mit erfreulicher Strenge eutgcgeuge- treteu. Als dieser Tage wieder eme badelustige Dame mit einem 1'/, Jahre alten Kavalier im Spitzenkleidchen ins Damenbad hincinschlüpfen wollte, ward der Schmuggel gleich an der Billett- knsse entdeckt nnd der junge Herr unweigerlich zurückgewieseu. Alle Bitten nnd Proteste der Dame waren vergeblich; sic mußte sich von dem jungen Manne, den sie noch dazu für einen Verwandten ausgab, trennen. Zum Tröste sagte man ihr, daß noch viel, viel jüngere „Männer" vom Damenbad ausgeschlossen worden seien. — Ein derartiger Vorfall kann ja nun in unse rem lieben Vcrgstädtchen nicht passieren — da wir gottlob keine Badeanstalt besitzen. Ob es in Oberlungwitz eine derartige Bestimmung gibt, entzieht sich meiner Kenntnis; wenn nicht, so empfehle ich dringend ein ähnliches Verbot. Für die Hvhenstein-Erustthaler Badeanstaltsgegner aber ist der Vorfall eine neue Waffe (vielleicht die einzige überhaupt, uur immer langsam voran!), um die Gründung einer solchen immoralischen Stätte zu hintertreiben. Unmoralische Stättcn gibt es sonst ja auch noch anderswo, z. B. in der Breitenstraßc nnd wohl anch noch in vielen Straßen Hohenstein Ernstthals. Dort machen sich abends und anch sonst noch vielerlei laute Geräusche hörbar, dir gerade nicht immet zu den Annehmlichkeiten des Lebens gehören. So hörte ich an einem Tage nach 8 Uhr abends 2 Grammophone (anch noch mit dem . Trichter zum Fenster herausgestcllt), eine Ziehharmonika und eine Mundharmonika, ferner einen „Solosänger" und vielerlei Klanier- spiel bei offenen Fenstern und Türen. Man möchte mit Bnsch stöhnend ausrufcn: „Musik wird störend oft empfunden, Weil meist sie mit „Geräusch" verbunden," nnd hier hinzufügen: „Doch wer bei offnem Fenstrr singt, Dess' Eitelkeit znm Himmel riecht." Doch verlassen wir das immoralische Thema und wenden wir uns etwas lustigeren! zn. Und lustig ist das Heimatfest gewesen; da wird mir jeder zustimmen, der auch nnr hatbwegtz „richtig" mitgcfciert hat. Unsereiner, der ja „nur vvu Be- rnfswegeu" mitfcicrle und überall dabei gewesen sein mnß, könnte es ja eigentlich wissen. Ich habe mir nun auch die redlichste Mühe gegeben, überall zu sein, aber leider nnr mit negativem Erfolge. Die Verlockung zum „Klebeubleiben" war eben zu groß uud daun das viele Bier.... Ich tröste mich in dem Gedanken, daß es wohl manchen! so gegangen sein wird. Das sonst so wenig beachtete Hohenstein-Ernstthal hatte in diesen Tagen einen Bestich aus Sachsen und darüber hinaus zu verzeichnen, wie kaum jemals zuvor. Unsere sonst ca. Einwohner zäh lende Stadt dürfte am Hanptsvmüage mindestens 50,000 Einwohner stark gewesen sein. Daß un sere Stadt sonst wenig beachtet oder bekannt ist, geht schon daraus hervor, daß sic im Rcisealbum der K. S. StaatSbahucu — das bckauutlich in allcn „besseren Zügen" anfliegt — nicht genannt ist, während Stollberg, Lichtenstein nsw., also be deutend kleineren Städten, große Artikel gewid met sind. Auch im Kreisausschuß dcr.Kgl. Kreis- hauptmanuschaft Chemnitz ist unsere Stadt nicht vertreten, dagegen gibt es eine ganze Anzahl kleinerer Städte, die einen Vertreter haben. Ergo — es stimmt, womit ich verbleibt bis znm näch sten Male Euer Ernst von Hohenvber. Die Handwerkerfrau als Buch Halterin ihres Mannes Van einer Neuerung, die in England ein geführt wurde und die dort großes Aufsehen erregte, wird aus London berichtet. Es sind in den größeren und kleineren Städten Eng lands Kurse eingeführt worden, die den Frauen der Handwerker die Möglichkeit geben sollen, sich als Buchhalterinnen auszubilden nnd diese erworbenen Fähigkeiten in den Dienst des Betriebes ihres Mannes zu stellen. Durch diese Neuerung soll den Handwerkern Gele gcnhcit gegeben werden, den Betrieb ihres Ge schäftS auf eine bessere Höhe zu bringen, und gleichzeitig soll die Lage der Handwerker da durch aus ein höheres Niveau gebracht ioer- den Zumeist führen die Arbeitgeber der Handwerker Klage darüber, daß der Geschäfts betrieb ein nicht geregelter sei und daß die Arbeiten, die zu vergeben sind, weder ord- nungsgemäß nbgeholt noch abgeliefert werden. Schuld daran trägt die unzureichende Ge schäftsführung dcr Arbeiter dieser Kreise. Nun sind aber die Betriebe der Handwerker ge- wöhnli-h nicht auf das Maß zugeschnitten, daß die Anstellung eines größeren Personals, die Beschäftigung kaufmännischer Kräfte möglich wäre. Die Erträgnisse sind nicht lohnend ge nug, nm ein entsprechendes Personal anstelle» zn können. Diesem Uebelstand soll dadurch ab- gcholfen werden, daß die Frau an den Ge schäften ihres Mannes einen regeren Anteil bekommt. Die Frauen des Handwerkerstandes rekru tieren sich aber zumeist aus früheren Lohn arbeiterinnen und Dienstmädchen, die von dem Kaufmännischen nicht die geringste Ahnung haben. Da der Haushalt eines Handwerkers die Arbeitskräfte der Frau nicht durchaus in Anspruch nimmt, namentlich dann nicht, wenn ein geringer Kindersegen da ist, so ist man in England auf den Gedanken gekommen, die Handwerkersfrau zur Gehilfin des Ehemannes heranzubilden. Die Einführung dieser unent- geltlichen Abendkurse findet überall da statt, wo genügend Handwerker ani Ort sind und wo man eine entsprechende Beteiligung non seiten der Frauen vermuten kann. Die Kurse sind in den Abendstunden und dauern drei Monate. In dieser Zeit hofft man die Frauen, die eine Durchschnittsbildung und eine Dnrchschnittsintelligenz besitzen, zur Buchhalte rin ihres Mannes heranbilden zu können. Mit einer geordneten Führung der Bücher, mit einer Buchung der Einnahmen und Aus gaben, der Ein- und Ablieferungen wird dem Handwerkerstand die Möglichkeit gegeben, sich zu der Höhe emporzuarbeiten, die ihn in die Klasse der Besitzenderen stellen soll. Der Frau ist also die Möglichkeit gegeben, zu der sozial leu Besserstellung des Mannes und des gan zen Standes die Hand zu bieten. Auch wird die Frau, die eine klare Einsicht in den Ge schäftsbetrieb ihres Mannes erhält, die mit seinen Einnahmen und den Kosten des Beru- fes genau Bescheid weiß, genau darüber orien tiert sein, auf welcher Basis sie die Kosten des Haushaltes zu gründen hat. Sie wird wissen, welche Summe der Haushalt verschlin gen darf, sie wird über die Gelder, die sie zur Kindererziehung bestimmt, Klarheit haben, und sich nicht . von dem Schein täuschen lassen, den eine größere Anzahl von Bestellungen zu erwecken so leicht imstande ist. Denn viele Be- stellungcn sind im Handwerkerstande noch nicht identisch mit großen Einnahmen. ,» Anch zu einem besseren Familienleben hofft 2 hörte sie an einem schönen Maienabendc Gesang vom Nixstein her Neugierig, wie alle Evastöchter und deren Söhne, schlich sie sich nach der Stelle hin und sah hier ein Mädchen, anscheinend im gleichen Alter wie sie, aus dem Steine sitzen Da- «ar die Sängerin. Als dieselbe ihren Ge sang beendigt, ries sie nach der Stelle hin, wo Marinka im Gebüsch stand: „Marinka! komm nur her zu mir, wir wollen ein wenig plaudern." Marinka ging hinzu, setzte sich neben da- Mädchen und fragte: „Woher kennst du mich? Wer bist du?" „Ich bin die Nixe Wellona und kenne dich schon viele Jahre. Du hütest ja immer die Ziegen und Gänse, da habe ich dich gesehen und deinen Namen gehört. Auch sind wir ja ver wandt miteinander, denn deine Urahne Hydria war eine Schwester meiner Urgroßmutter, wie dein Vater dir ja erzählt haben wird." „Ja, daS hat mir mein Vater erzählt, aber ich habe immer nicht den Mut gehabt, hierher zu kommen." „So komme nur immer, wenn du mich singen hörst. Kannst du auch singen?" „DaS kann ich wohl, ob cs aber so schön klingen wird, daS weiß ich nicht" „So wollen wir einmal daS VerSlein mit einander singen, welches du immer beim Gänse- hüten fingst und das du wohl selbst gemacht hast.« Und die l eiden sangen: Gänselein, Gänselein, Friß mir nicht die Blümelein. Nimm nur Gräselcin und Blatt, Davon wirst du fett und satt Blümelein brauch ich zum Kranz, Wenn ich geh -um Erntetanz Marinka hatte eine schöne Altstimme, welche zu der höheren Stimme Wellona- vortrefflich paßte. Beide Mädchen fanden schnell Gefallen an einander und verbrachten die Abende der schönen Jahreszeit beieinander, solange Wellona auf dem Steine bleiben durfte Die- war stets bis etwa eine Stunde vor Mitternacht Einige Wochen vor der Ernte ging Marinka an einem mondhellen Abend nach dem Nixstein, als plötzlich dicht vor ihr ein großer Raubvogel niederstieß, so daß sie erschrocken aufschrie. Durch diesen Schrei wurde der Vogel verscheucht und flog davon Jetzt schaute Marinka nach der Stelle und sah dort ein winzig kleiner Wesen durch daS Gebüsch schlüpfen nach dem Steine zu Sie hielt cS für ein Wiesel, ließ eS schlüpfen und ging vollends nach der Stelle, wo der Vogel nicdergestoßen war. Es war ein kleiner Wiesen fleck und Marinka wollte über denselben weg schreiten, als sie nahe am Boden an einem Aste etwa- hängen sah Sie hob eS auf und fand, daß e- ein dicht gewebte- Mützchen war, oben ganz spitz auSlausend. DaS Gewebe npar so dehnbar, daß Marinka fand, es müßte auch auf ihren Kops passen. Sie versuchte eS und es paßte wie angemessen. „So gehst du zur Wellona," sprach sie für sich, „ob sie dich kennen wird?" Leise schlich sie sich bis nahe an die Stillsitzende hin. Diese schaute sich im Kreise um und sprach für sich: „Ich möchte nur wissen, wo Marinka bleibt? E» ist doch schön heute!" „Aber Wellona, siehst du mich denn nicht? Ich stehe ja neben dir." Da sprang Wellona aus und sagte erregt: „So hast du eine Nebelkappe auf, Marinka Wo hast du diese her? Tue die Kappe herunter, daß ich dich sehen kann " „Eine Nebelkappe ist das?" fragte Marinka, und nahm die Kappe ab, die sofort wieder kleiner ward, „und sic macht unsichtbar? Ich sand sie dort auf der Wiese an einem Strauche hängend " „Die gehört ja einem Erdmännchen", sagte Wellona, die Kappe betrachtend. Marinka erzählte, was ihr kurz zuvor mit dem Raubvogel geschehen war- „So hast du wahrscheinlich dem Erdmännchen durch den Schrei das Leben gerettet und das selbe streift noch in den Büschen herum und sucht seine Kappe, denn ohne Kappe ist cS macht- lo- dem gegenüber, der dieselbe besitzt. Ich kann dich nicht zwingen, die Kapp zurückzugeben, aber ich will dir einen Vorschlag machen, Marinka, dessen Annahme unS einmal viel nützen kann Wir Nixen haben alle Nebelkappen und ich habe deren sogar mehrere Ich gebe dir eine solche von mir, welche du aber stets bei dir tragen und niemanden zeigen darfst. Die gefundene Kappe gibst du dem Männchen zurück, wenn eS dir einen reichen Brautschatz sofort dafür aushändigt." „Gut," sagte Marinka „ich bin damit ein- verstanden, doch nur unter der Bedingung, daß du den gleichen Brautschatz von dem Männchen erhältst. Rede mir nur kein Wort dagegen, Wellona. Gibst du mir deine Kappe, verschaffe ich dir den Brautschatz." „Gut," sagte Wellona, „wenn du nicht anders willst, so will auch ich cS Da wir aber jetzt den Schatz noch nicht brauchen, weil wir noch nicht einmal einen Schatz, vielwcniger rinen Bräutigam haben, so mag das Männchen die Brautschätze in den Felsen hier bannen und unS ein Wort sagen, mit welchem wir allein die Schätze heben können." „So sei eS," jagte Marinka, „da kann un- dieselben niemand stehlen." „Hier, nimm meine Nebelkappe und verbirg sie, Marinka. Nun wollen wir das Männchen suchen. Do steht eS am User und blickt sich suchend um." 8 Sie winkte da- Männchen heran und fragte, «a« cS suche. „Müßt ihr da- wissen neugierige- Volk?« knurrte das Männchen. „Nur nicht so grob, Kleiner!" ries Wellona, faßte daS Männchen beim Wam» und hob eS in die Höhe. „Wenn du nicht höflich bist, so nehme ich dich mit hinunter in das Wasser Ich bin eine Nixe und ein kleines Spielzeug, wie du bist, wäre mir da unten während des langen Winters ichon angenehm" „Laß mich loS, ich will artig sein. Ich suche mcine Kappe und ihr habt sie, drum bin ich in eurer Gewalt Gebt sie mir wieder." „Nur langsam, Kleiner!" lachte Wellona und hielt das Männchen fest. „Höre mal zu, was ich dir sage. Wir sind zwei junge Mädchen und wollen einmal heiraten. Da ist es gut, wenn ein Mädchen einen Brautschatz hat. Du bist reich, ich weiß es Gib uns jeder einen Braut schatz und bannne jeden für sich vor unseren Augen in diesen Felsen und gib unS jeder ein Wort, mit welchem wir den Schatz heben können." „Gut," sagte daS Männchen, „weil ihr ein paar solch schöne Mädchen seid, so will ich euch euren Willen tun." Er machte ein paar Zeichen auf dcn Felsen und sofort lat sich derselbe aus einander und die Mädchen sahen zwci gleiche Oeffnungen, in welchen eine mäßige Truhe, ge- süllt mit Gold und Geschmeide, zu sehen war und welche sich sofort wieder schloffen. „Spricht eine von euch den Namen der anderen dreimal laut auS, so öffnet sich der Felsen und sie kann ihren Schatz heben, aber nie dcn anderen « „Hier hast du deine Kappe wieder," sagte Marinka, „und besten Dank für den Schatz." „Du hast mir auch heute durch deinen Schrei daS Leben gerettet Ich bin nicht undankbar," sagte das Männchen, „und ich will euch noch was schenken. Bückt euch mal ganz zu mir- herunter, daß ich eure Ohren erreichen kann." Dies taten die beiden und er saßte jede- bei einem Ohrläppchen und drückte cs heftig „Au", schrien beide zu gleicher Zeit und griffen nach ihrem Ohrläppchen. Da fühlte jedes ein klcmc- Knöpschcn in demselben und als sic eS sich zeigten, war cS von Gold. Da« Männchen war ver schwunden, nur ein leises Kichern hörten sie neben sich und ein Slimmchcn sprach: „Wenn ihr ein mal in Not seid, so reibt dreimal daS Knöpfchen, dann werde ich kommen, um euch zu Helsen." Die Mädchen guckten sich einander an und Marinka lachte, doch Wellona sagte: „Lache nicht, die Macht dieser Männchen ist viel größer, als dn denkst. Doch meine Zeit ist um. Gute Nacht, Marinka.« Und hinunter war Wellona inS Wasser. Marinka eilte nach Haus«, wo sie die Mutter noch spinnend traf. Bald ruhten beide, während der Vater mit Alos noch beim Fischfang aus dem Strome war. „Wo hast du da- goldene Knöpfchen her, Marinka, und wer hat dir cs durch- Ohr ge stochen?" fragte Richilde am anderen Morgen ihre Tochter. „DaS hat mir ein Erdmännchen in« Ohr ge- drückt und der Wellona auch ein-, weil wir ihm sein Käppchen wiedergaben, welches wir gesunden. ES war an einem Busche hängen geblieben, al- das Erdmännchen vor einem Raubvogel flüchtete, der es sangen wollte und den ich verscheuchte." „DaS wundert mich sehr," sagte die Mutter, „die Erdmännchen sind gewöhnlich grob und boshaft." „Das war eS erst auch, aber Wellona ver- stand e-, dasselbe artig zu machen und dann war c< sehr gut und drückte unS jeder ein solche- Knöpfchcn ins Ohr." Die Mutter sah sich daS Knöpfchen an und rieb mit dem Finger darüber, doch Marinka zog schnell da- Ohr hinweg. „DaS darf man nicht, hat daS Männchen gesagt. Nur wenn ich in Not bin, soll ich daS Knöpfchen dreimal reiben, dann wird daS Männchen mir helfen " Bon dem Brautschatz sagte aber Marinka nicht-. „Danke dem Bilbog (weißer oder guter Gott), daß du dem Männchen hast helfen können Do- kann dir mal viel Nutzen bringen," sagte die Mutter und beide begannen ihr Tagewerk. Seit diesem Tage kam c- auch vor, daß Wellona abends mit zum Häuschen Radlos kam, wenn sie die Männer nicht zu Hause wußte; ja sogar ins Städtchen ging Wellona mit, wenn Marinka gegen Abend noch dort zu tun hatte und beide Mädchen erregten hier immer ein kleines Aussehen, denn sie waren sehr schön. Aber sie litten keine Annäherung junger Männer und entzogen sich derselben immer schnell. In diesem Jahre war auch dcr Fisck sang RadlvsS so ergiebig, daß er manchmal nicht ge nug verkaufen konnte. Da belud sich Alos eines Tages ganz in der Frühe mit einer Tracht Fische und machte sich aus dcn Weg nach OszcchS (Oschatz). Als cr hier mit seinen Fischen ankam, wurde er dieselben bald loS und bekam sic auch noch besser bezahlt, als in Strelen So machte er diesen Weg öfter und da der Fischfang stelS so reichlich blieb, so ging er auch nach Gana (vielleicht Jahna). Gana war die Hauptscstung dcS Dale- minzier Gaues und wohlverwahrt durch Gräben und Erdwäll«. (Fortsetzung folgt).
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