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474 strengsten Gegenseitigkeit, die wir nicht immer dem Vortheil, wohl aber der Würde der Staaten am angemessensten halten. Nach unserm Dafürhalten würde es daher sehr an der Zeit sein, mit Frankreich wegen Herabsetzung seiner Zölle von den Erzeugnissen der Kunst und Lite ratur zu verhandeln, und wenn es darauf nicht eingehen sollte, die deutschen Zölle nach der Höhe der französischen festzusetzen. Freilich dürfen wir dabei nicht außer Acht lassen, daß eine solche Erhöhung von den Deutschen, die aus Frankreich ihre Weisheit, ihren Geschmack und nicht selten auch ihre Religion beziehen, bei Weitem schmerzlicher empfunden werden wird, als von den Franzosen, die von ihren Ein bildungen leben und unser nicht bedürfen. Es sind aber, ganz abgesehen von dieser falschen Grundlage, in diesen Aufsätzen so viele irrige Angaben über den besprochenen Gegenstand selbst enthalten, und es verrath sich in denselben eine so große Unbekanntschaft mit dem, was in Deutschland bereits wirklich zu Recht besteht, daß eine Beleuchtung dieser Aufsätze, von diesem Standpunkte aus, unzweifelhaft gerechtfertigt erscheint. Der hessen-darmstädtische Vertrag vom 18. September 1852 schließt sich in allen wesentlichen Punkten dem französisch-hannover schen Vertrage vom 20-Oktbr- 1851 an, dem später Braunschweig, Oldenburg und Hessen-Homburg beigetreten sind. Zn allen diesen Verträgen ist Nichts geschehen, als daß dem durch das Dekret vom 28. März 1852 in Frankreich ausgesprochenen unbedingten Schutze des Autorrechts ausdrückliche Anwendung auf diejenigen deutschen Länder verliehen worden ist, in welchen das Recht der Gegenseitig keit nicht schon durch die einheimische Gesetzgebung anerkannt war. Letzteres ist der Fall in Bayern, Preußen, Sachsen, Sachsen-Alten- burg und Sachsen-Weimar, die deßhalb keiner Vertrage bedürfen, und wie streng diese Gegenseitigkeit im Königreich Sachsen ver standen wird, behalten wir uns vor in einem später» Artikel nach zuweisen. Es ist unwahr, daß durch den Abschluß der Verträge schlechthin die vor dessen Abschluß veranstalteten Nachdrucke verbo ten worden wären, denn das französische Dekret spricht sich über die rückwirkende Kraft nicht aus und scheint dieselbe durch Fassung des ersten Artikels auszuschließen, wogegen cs allerdings im Art. 2 den Vertrieb von Nachdrucken, einschließlich der Einfuhr und der Aus fuhr, unbedingt und ohne Rücksicht auf die Zeit der Entstehung ver bietet. In dem französisch-hannover'schen Vertrage ist der Verkauf der vor dem Abschluß veranstalteten Nachdrucke sogar durch Art. 6 aus drücklich Vorbehalten, doch haben beide Regierungen sich zugcstchert, einen letzten Termin dafür zu bestimmen, der von Hannover bekannt lich durch Verordnung vom 15. März d. I, auf den 1. Septbr. 1854 anberaumt worden ist und somit jedenfalls vollen Spielraum zur Ent äußerung älterer Nachdrücke läßt, wenn auch die in Sachsen einge führte Stempelung der vorräthigen Nachdrucke jedenfalls für zweck mäßiger gehalten werden muß, einmal weil sie jede Umgehung des Gesetzes verhütet, dann aber auch, weil sie die unter der Duldung des Gesetzes veranstalteten Nachdrucke gegen spätere Verfolgung schützt. In Hessen besteht nach dem Gesetz vom 23. September 1830 dasVerbot des Nachdrucks auchzuGunsten ausländischerAutoren und Verleger, insofern in dein betreffenden Auslande ein gesetzliches Verbot des Nachdrucks zu Gunsten des Auslandes gleichfalls besteht oderkünftig bestehen wird, oder Staatsvecträge dieses mit sich bringen. Da nun durch Art. 20 die bei Erscheinen des Gesetzes vorhandenen Nach drucke, nach vorgängiger Stempelung, zum weitern Verkehr zugelassen werden, so läßt sich nicht annehmen, daß zu Gunsten des Auslandes ein strengeres Recht eingeführt worden sei und steht mithin jeden falls noch eine schützende Anordnung zu erwarten. Was den Trost der Verfasser anlangt, daß der Vertrieb der vorhandenen Nachdrucke, so weit nicht das eigene Gesetz eine Begün stigung eintreten läßt, in den Staaten zulässig sein würde, die sich mit Frankreich nicht in Verträge einlassen, so dürfte sie eine ver- 39 gebliche sein. Denn bereits am 1. December v. I- stand Frank reich mit allen Staaten, welche nicht ohnehin das Recht der Gegen seitigkeit anerkennen, in Verhandlungen, die nach der jetzigen Welt stellung und nach den drohenden Angriffen gegen alles Eigenthum, nothwendig zum Ziele führen müssen. Was die Musik anlangt, so scheint den Verfassern dieser Auf sätze unbekannt geblieben zu sein, daß schon seit dem 23- Mai 1829 zwischen der großen Mehrzahl der deutschen Musikalienverleger ein Vertrag besteht, durch welchen das getheilte Eigenthum ausdrücklich anerkannt wird und daß seitdem alle Verlagswerke, von denen irgend ein Nachdruck zu befürchten ist, in Deutschland, England und Frankreich gleichzeitig ausgegeben werden, so daß denselben in allen diesen Ländern der gesetzliche Schutz gesichert ist. In jedem Falle würde aber in den Gegenseitigkeitsländern, welche die Mehrzahl bil den und welche den Markt beherrschen, der bisher vermißte Schuh schon auf Grund des Dekrets vom 18. März gefordert und nicht ver weigert werden können. Endlich besteht aber auch bereits seit 15 Jahren im größern Theile von Deutschland gesetzlich die entsetzliche Einrichtung, welche der Verfasser erst befürchtet, daß ein französischer Verleger den Ver lag deutscher Schriftsteller an sich kaufen und dadurch die Möglich keit herbeisühren könnte, Deutschland für seine eigne Lite ratur und Kunst dem Auslande tributär zu machen, wenn unsere Buchhändler nicht Geld oder Patriotismus genug haben, den Forderungen deutscher Autoren in gleichem Maße, wie etwa die ausländischen Verleger, zu entsprechen. (Fortsetzung folgt.) Fromme Wünsche in Bezug auf unsere Wahlzettel. Unser, stets größere Mühwaltung und bedeutenderen Zeitauf wand beanspruchendes Geschäft, drängt unwiederstehlich aus mög lichste Vereinfachung und Erleichterung der einzelnen Arbeiten, und gehört denn dahin auch eine Reform unseres Wahlzettelwescns oder Unwesens, das wahrlich, so wie cs jetzt ist, kaum mehr zu ertragen. Nachdem der Naumburg'sche Wahlzettel alle Concurrenten ft ziemlich aus dem Felde geschlagen und man herzlich zufrieden war, nur diesen noch berücksichtigen zu müssen, neben flüchtiger Durch sicht des Börsenblattes, da kommt das letztere mit einem neuen Awitterding*) von Wahlzettel, und die alte Noch fängt wieder am Ist gleich die Benutzung desselben von Seiten der Verleger auch keine bedeutende**), so giebtes doch immerhin ängstliche Leute, die des Guten nicht zuviel thun zu können glauben, und jetzt beide Zettel beschicken; auch solche, die sich einmal daraufgesetzt haben, nur das Börsenblatt und keine sonstigen Gelegenheiten zu benutzen, und endlich noch andere, welche von gar keinem Zettel etwas wissen wollen, vielmehr ihre Artikel nur einfach im Börsenblatt anzeigen. So einfach und bequem die Benutzung des Naumburg'sche» Wahlzcttel's ist, eben so unbequem, zeitraubend und ärgerlich ist jetzt die des Börsenblattes. Während dort Alles hübsch übersichtlich geordnet auf einem offenen Bogen uns vorliegt, muß man im Börsenblatte blättern und suchen; während dort bei jeder Anzeige der Bestellzettel, muß man hier erst den daneben liegenden Wahl zettel durchfliegen und die betreffende sehr klein gedruckte Nummer aussuchen ***), oder auch, wenn es, wie häufig der Fall, einem Herr» Verleger nicht gefallen, einen Zettel drucken zu lassen, denselbe» *) Mit was rechtfertigt der Herr Einsender diese Bezeichnung? Derselbe kennt wohl nicht den deßhalbigen Beschluß der Cantate-General- Versammlung, in der O.-M. 1852 gefaßt? **) Wiederlegt sich doch wohl durch die That. , ***) Wir glauben gerade darin, daß die Zettel auf einem Bl zusammen sind und nicht erst ausgeschnitten werden muffen, eine a ^ nehmlichkeit.