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KilM M K«HMkiii>8iOH«>tr AHkM Tageblatt. Nr. 181. Sonntag, den 7. August 1910. 37. Jahrgang. Verkaufte Schiffe. Der Abschluß deS Verkaufs zweier deutscher KrtegSfchtff« an die Türkei erweckt eine Fülle von «riaaerungen und verleiht jedem deutschen Vater, landgsmande zugleich ein erhebende- Gefühl der Genugtuung. Wir mögen zurück, um uns oder vorwärts schauen, der soeben persrkt gewordene Brrkaus-abfchluß befriedigt in jedem Betracht und beweist, waS Energie und Opferwilligkeit zu leisten »ermözen. Nach zur Zeit deS alten Bundes war di« An. rrgung, zum Schutze der deutschen Seeküste eine Flatt« zu bauin, von Preußen auSgegangen, und im Jahre 1842 wurde die „Amazone" zur Aus bildung van Gteuerleuten hergrrichtet. Die Er» sahmeng auS dem dänischen Kriege 1848, daß da- klein« Jnselland die ganze deutsche Küste blockieren und den Srehandel unterbinden könne, förderte den Flotteng«dank«n. Im Mai 1848 bewilligte die Nationalversammlung in Frankfurt a. M. für die Marine 6 Millionen Taler, die in Gestalt einer Nationalspende eingezogen w.rden sollten. Zwar gelangt« nur die Hälfte dieser Summe in die Flottenkaffe deS Bundes; aber sie genügte, um wenigsten« den Grundstock zu einer Bunderflotle zu legen, die einschließlich der den Dänen abge- nommenrn „Gefion", die den Namen „Eckernförde" erhielt, auS 3 Dampfs» egatten, 2 Gegelfregatten, darunter di« „Gefion", und 7 Dampfer korvetten bestand. WaS die Nationalvtrsammlung geschrff-n hatte, erregte den Unwillen de jenigen Kreise, di« in den ersten fünfziger Jahren maßgebend waren. Am 2. April 1852 wurde die junge deutsche Flotte zur Versteigerung verurteilt und am 28 August desselben Jahre- durch den damit beauftragten oldenburgischen GtaatSrat Hannibal Fischer meist bietend an Engländer und deutsche Handelshäuser verkauft. Unabhängig vom deutschen Bunde hatte sich Preußen eine kleine Marine erhalten, die sich an. fang- nur sehr langsam entwickelte und iS bis zum Jahr« 1864, daS zum Kriege mit Dänemark führte, nur auf 3 Echrauben-Korvetten, 2 Raddampfer, 1 Avtso und 21 Kanonenboote brachte, darunter 15 zweiter Klaffe. Mit der Besitznahme deS Kieler Hafens nach dem dänischen Kriege begann Preußen in organischer und zielbewußter Weise seine Kriegs flotte ouSzubauen. ES waren die sogen. Konfl,kts- ahre. Di« Vorlagen der Regierung wurden von dem preußischen Abgeordnetenhause abgelrhnt und erst im Jahre 1867, also nach dem österreichischen Kriege, fand im Reichstage deS Norddeutschen Bunde- eine Vorlage Annahme, wonach die Flotte innerhalb der nächsten z hn Jahre auf 16 Panzer- schiffe, 20 Korvetten, 8 Avisos. 22 Kanonenboote usw. gebracht werden sollte Die Errichtung deS Deutschen Reiches führte zu erweiterten Flotten plänen und besonders zur Schaffung der Torpedo flottille. Die kolonialen Erwerbungen in den 80er Jahren erhöhten die Anforderungen an die Kriegs marine, die sich jedoch bis zum Tode Kaiser Wil helms I. in verhältnismäßig bescheidenen Grenzen hielt. Kaiser Wilh lm II. hat dann vom Tage seines Regierungsantritte- an bi- auf den heutigen Tag rastlos an drm Au-bau der deutschen Reichs- marine gearbeitet und sie zu der stolzen Höhe er- hoben, aus der wir sie heute staunend bewundern. Und wenn wir jetzt in der Lage find, die beiden Schiff« der Brandenburg-Klasse „Kursü st Friedrich Wilhrlm" und „Brandenburg" an die Türkei zu verkaufen, so zeigt das, wie herrlich weit wir eS in der verhältniSmäß g kurzen Zeitspanne von ge rade 48 Jahren gebracht haben Die Türkei braucht kriegStüchtige Schiffe, und solche erhält sie in den deutschen Fahrzeugen. ES ist für unS ab<r ein erhebendes Bewußtsein, daß sich in die deutsche Retchsmartne Panzerschiffe nicht m,hr rbenbürtig rtn- reihen, die von einer so fortgesetzt in Krieg-gefahr schwebenden Nation wie die Tür kei mit Freuden ange- kauft werden. Bet der Versteigerung der Sch ffe im August 1852 gingen 74°/, de- Wertes ver- loren, heute verliert das Deutsche Reich keinen Pfennig; ja es ist infolge deS Verkauf- in der Lage, die deidrn Grsatzbauten allen Anforderungen der modernsten Technik entsprechend auSzubauen. Go demütigend wie vor 48 Jahren, so erhebend ist dec GchiffSoerkauf von heute. Bericht über dt- 8. dt-sjährtge öff-mtlich- «ei»deratSfitz«»g i« Vberl««gtvitz am 3. August 1910. Anwesend 22 Ratsmitglieder. 1. K«»ut»tD«ahmen: Der Vorsitzende dankt zugleich namens der übrigen G-meindedeamten für da- durch die Aufbesserung der GehaltSstaffel be wiesene Wohlwollen. Die Revision d«r Sparkasse 4 hat zu besonderen Ausstellungen keinen Anlaß ge- geben Von der Bezirk-versammlung ist zur Deckung deS Fehlbeträge-, der insbesondere durch die Kosten der Fürsorgeerziehung ersteht, die Erhebung einer BezirkSstruer beschlossen worden, die für die hiesige Gemeinde 601,04 M. beträgt. 2. WafferleituugSfachen: In den von zwei Abnehmern von Wasser auS der vorm Genossen- schaftsleitung nachgesuchten Weiterverkauf deS Waffe» s wird nicht gewilligt. DaS Wass-r soll zurückgekaufl werden. Eine Zweigleitung der vorm GenoffenschastSleitung wird nicht als Eigen tum der Gemeinde erachtet. 3. EtuquartteruugHregnlativ: Der Regula- tiventwurf wurde an den VerfaffungSausschuß zur Vorberatung verwiesen. Die Einquartierungslasten sollen im Verhältnis zum Einkommen verteilt wer den. Die Quartierpflicht soll bet den Ansässigen von 700 M, bei den Unansäistgen von 1200 M Einkommen an beginnen. In den EinquartierungSauSschuß wurden durch Zuruf 4 Herren gewählt. 4. Lautzespeuflou-kaffe: Die Entschließung wurde zur Vorberatung durch den Verfaffungs- auSschuß vertagt. 5. Bausachen: Die vom Straßen- und Waffer- bauamt empfohlene Aenderung brr Bauflucht beim Henny'schen Teich und die Verdrückung der Bau flucht für die Erlbacher Straße wird angenommen. Einer Brschwerde gegen eine Wegeoermeffung ver- mag man nicht zu entsprechen und überläßt dem Beschwerdeführer, die von ihm behauptete Unrichtig, keil nachzuweisen. 6. DaS Gesuch von H. Förster- Nachs. um Uebertragung der Erlaubnis zum Kleinhandel mit Branntwein wurde befürwortet. 7. Zur Wahl deS HospitalhauSoerwalters wird der Hospitalausschuß zur Durchsicht der eingezan- genen Gesuche und um Vorschläge ersucht. Darnach wurde der Lohn der Gchreiberlehrlinge, sowie der der Gtraßenarbeiter neu festgesetzt bez. e'höht. De anderweit beantragte AuSflurung dcs Giundstückes 627 ö wurde abgilehnt. Genehmigt wurde der Beitritt der Geineindr zum Bezirksobsibauverein. In der hieraus folgenden geheimen Sitzung sand eine DarlehnSsache, sowie eine Anlagenrekla- mfttion Erledigung. Die weiteren Punkte find zur Veröffentlichung unge.iznet. Ml May a. die ktM»dtKlWt. Durch di« Zeitungen ging vor einigen Wochen die Nachricht, daß Karl May außer Herrn Lebiu« noch in einem Vollblut-Indianer einen scharf«« Gegner gefunden, der al- Verfechter seine- Stamme- daS erste Anrecht habe, gegen Maysche Schund- ltteratur, soweit fie sich ihre Helden auS den Stämmen der Indianer wähle, loSzuziehen. Wir haben kein Urteil über den Wert oder Unwert der Mayschrn Muse zu fällen; dazu fühlen wir unS nicht berufen. Aber da- Gefühl der Ge rechtigkeit treibt uns, den neuen Gegner May« einmal nach authentischen Berichten unter die Lupe zu nehmen Der Mohawk-Jadianer heißt Ojijathrka Brant Sero, auf deutsch: Die brennende Blume. Er hat — jedenfalls mit Hitfe deS Herrn LebiuS — ein Flugblatt verfaßt, welche- folgenden stolzen Titel trägt: „Eine- Indianer- Protest gegen die blut rünstige Jndianerliteratur." ES läuft auf eine völlige literarische Kaltstellung MayS hinaus. Wenn Herr Brant Gero über di« nötige Bildung verfügte, könnte man ihm ein Urteil über einen deutschen Schriftsteller zutrauen. So aber scheint bei ihm Gewiffenlostglett und Bildung in entgegen- gesetztem Verhältnis zu stehen. Ec gibt sich zwar für den 2. Vizepräsidenten der historischen Gesell- schast von Ontario auS; eine Angabe, die sich von hier aus nicht nachprüfen läßt. Auf alle Fälle würde aber die fragliche wissenschaftliche Gesell- schast, wenn sie nur einige Aehnltchkeit mit ihren deutschen Schwestern hätte, nicht dulden, daß ihr 2. stellvertretender Vorsitzender sür Ä«ld aus deutschen Vogelwiesen herumtanzt, den Mörder, Räuber und Brandstifter spielt und dann, weil er seine Schulden nicht bezahlen kann, in die Arme des Herrn Lebius eilt. Wer den Schund per oeulos demonstriert wie Brant Sero, hat alles Anrecht verwirkt, ein Anwalt guter Sitten zu sein, auch wenn »r nicht einen Wochenlohn von 50 Mt. hat, seinem Wirt 180 Mt. für Wohnung, IIS Mk. für Essen und Trinkcn und dem Kellner 7 Mk. für Auslagen schuldig bleibt. DaS ist rin netter indianischer Hochschullehrer und für Herrn Lebiu« ein Bundesgenosse, der aus die skrupellose Kampfes- weise dcs Utzleren die bedenklichsten Schlüffe erlaubt. Wir werde» srhe-^ ob auch hierüber der S. August Aufklärung bringt. » » » Allerlei Kurzweil. » « Lenksprüche. Willst du dich selbst erkennen, so steh, wie die anbei n cs treiben Willst du die andern verstehn, blick in dein eigene- Herz. * * * Wer da fährt nach großem Ziel, Lern' am Steuer ruhig sitzen; Unbekümmert, wenn am Kiel Lob und Tadel hoch ausspritzen. Rätselecke. RäIIel. ES ritt ein Reiter über Land, Der nur ein „Et" am Weg« sand: DaS nahm er zu sich und nichts weiter, Da ward ein ganzer Haufen Retter. Scharade. Die erste Gilbe kündet Dir eine düst're Zeit, Die Zweite rastlos schwindet JnS Meer der Ewigkeit. Was beide L-tzten nennen, Ist ungebunden nur. Das Ganze wirst du kennen, AlS Blume aus der Flur Palindrom. E- ist ein Mädchenname; Doch liest man's umgekehrt, So hat eS Herr wie Dame, So lang das Leben währt. Worträtsel. Im Winde schwankt mit A rS hin und her, Dos Köpfchen senkend, wenn «S gar zu schwer; Und wer eS ohne A nicht heilig hält, Verzichtet auf daS Höchste in der Welt. Rechen-Ausgabe Frieda zählte eines abends an einem Rosen stock sieben Mal so viel Knospen als Rosen Am nächsten Morgen waren drei von den Knospen aufgcblüht und nun betrug dt« Zahl der Knospen vier Mal soviel als die der Rosen — Wieviel Knospen und wieviel Rosen waren am Abend vorher an dem Rosenstock? Bilder-Nätse». Vexierbild. Äh, dort steht ja der neue Doktor! (Auslösungen tn nächster Nummer) Anstösun-en auS Nummer 31. Der Rätsel: 1. Domänen — Dämonen. 2. Jahn — Bahn — Lahn. DeS Kapsel-Rätsel«: Minna — Inn. Des Ecgänzungs-RätselS: Flasche, nasche, hasche, wasche, Asch«, rasche, Tasche, Masche, Tasche, nasche. Rie gel Riegel, Nase, De« Kreuz-Rätsels: Riese, Nagel, Na sr Geri«, Segel. Der Hieroglyphen: E- fällt kein Meister vom Himmel. KindcrUliillg. Alle Rechte für den gesamten Inhalt vorbehalten. Nr. 32,1 Redaktion, Druck und Verlag von Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstthal. 1910. DaS Abenteuer einer Feriennacht. Jagend-HumoreSk« v. Friedrich Thieme. (Nachdruck verboten.) Wir saßen stil zwei Jahren nebeneinander. In der Qaalta sowohl als tn der Untertertia. Ich wohnte in der Stadt, mein Freund Emil Fiöbel, den seine Eltern tn die Stadt in Pen sion getan hatten, war dec Sohn eines Guts besitzers. Oft schon hatte er mich etngeladen, ihn in den großen Ferien doch einmal zu besuchen. Vo>iges Jahr nun gab ich seinen Bitten nach und marschierte eiveS schönen Tages mit Er laubnis meiner Eitern, den Rucksack aus dem Rücken, so recht in Freuden frei nach Eichen dorf, dem Gute des Vaters meines Kameraden entgegen. Nach etwa zweistündigem Marsche langte ich dort an und wurde mit Jubel von ihm be- g>üßl. Nachdem wir gefrühstückt, führte Emil mrc Gut und Dorf vor, worauf wir in die Felder hinausstreisten. Den Nachmittag ver gnügten wir uns mit Fischefangen und anderem. To verging der Tag nur zu schnell, und lot- müde suchten wir abends unser Lager auf. Emil hatte sein eigenes Zimmer. Trotz unserer Müdigkeit unterhielten wir uns noch lange, wie Knaben in aufgeregtem und angereg tem Zustande zu tun pflegen — endlich sanken meine schweren Lider herab, ich hörte und ant wortete nicht mehr und schlief bald den Schlaf des Gerechten. Plötzlich — ich konnte noch nicht lange gc- schlummert haben, erwachte ich von einem sonderbaren Geräusch. Es war wie ein Schlüssen oder sKcatzen. Ich horchte aufmerksamer — fast schien eS mir, als mache jemand den Ver- such, das Fenster von draußen zu öffnen. W e sonderbar! Sollte ich meinen Freund wecken? Vielleicht wollte jemand einbrechen? Eine Zeitlang verstummte das seltsame Ge räusch, dann begann es von neuem und noch lauter al- vorher. Nein, daS war nicht am Fenster, das war im Zimmer — war ich wieder eingcschlafen, und hatte sich der Spitzbube etwa schon eingeschlichen? Es husckte wie auf leisen Sohlen über die Diele, jetzt raschelte es im Papier, j tzt hörte ich cs schlürfen, als ob eS Wasser trinke. Was war da- nur? Ich schämte mich, Furcht zu zeigen — auch schlief Emil so fest und friedlich nrben mir, daß es mir leid tat, ihn zu wecken. Schlafen aber konnte ich nicht wieder, so müde ich auch wac. Das Geräusch beunruhigte mich, ich konnte es mir durchaus nicht erklären. Wenn es nur erst hell wäre — Vielleicht schien der Mond! Hinter mir war das Fenster. Ich wollte den Vorhang aufziehen, doch b-stürzt zog ich die Hand zurück. Ich spürte einen Schmerz, wir wenn jemand mir mit einer heißen Nadel an das Fleisch ge- kommen wäre. Entsetzt rieb ich die Hand und strickte sie dann unter dem K ffen hervor, um auf dem neben dem Bett flehenden Stuhle nach meinem Tasch ntuch zu suche i. Puh — da berührte ich plötzlich etwas Kaltes, Klebriges; erschrocken schrie ich auf, so daß mein Fceund ilwachte- „WaS — was hast du denn?" ries er ver schlafen. „Ich weiß nicht — ich habe etwas ganz Kalos berührt — hier auf dem Gtuhle — so was wie einen Frosch —". „Ach, ich habe gewiß vergaffen, das Aqua rium zuzudecken. Die verwünfch.en Salamander, allemal klettern sie nachts heraus und spazieren im Zimmer herum — aber gefährlich sind die nicht." „Aber auch nicht gerade angenehm. Und am Fenster Hal mich was verbrannt — „Da hast du gewiß in die Bc»nmffeln ge griffen, die ich auf dem Fensterbrett stehen habe." Emit ist nämlich ein te»denschasil>cher Gammler und Naturfreund. „Und waS «st denn daS sür ein immerwährendes Geräusch?" „Geiäusch?" „Na ja, hörst du es nicht? Ich habe kein Auge zutun können." Er richtete sich im B.tt auf und horchte. „Ich will doch lieber mal Licht machen", sagte ich und ließ dem Entschlusse gleich die