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Tageblatt für Kohenstein-Emstthal» Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdors, Meinsdorf, Küttengrund re. Der .Sohenstein-Ernstthaler' Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei sreier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50, bei Abholung in der Geschäftsstelle MK.1.2S, durch die Posl bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriesträger entgegen. Als Extra» beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustrierte Sonntagsblatt'. — Anzeigengebühr für die Sgespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Pfg.: tm Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im .Oberlungwiher Tageblatt' Ausnahme. 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Möchte mit der am morgigen Dienstag erfolgenden Wiederaufnahme der parlamentarischen Verhandlungen, in deren Mittelpunkt die Reichs finanzreform steht, nicht auch eine Grablegung ver- knüpft sein, sondern daS Reformwerk endlich zu einem befriedigenden Abschluffe gebracht werden. Da- deutsche Volk hat ein Recht darauf, zu ver langen, daß eS nach dem monatklangen Warten und Harren von der Sorge und Unruhe befreit werde, die das Erscheinen neuer Steuern nun ein mal mit sich bringt. Die letzte Reichstagssitzung vor der Pfingfipause am 18. Mai brachte die Ver abschiedung von einem guten halben Dutzend Vor lagen. Möchte an das fröhliche Ende ein fröhlicher Anfang sich reihen und der Schluß des Sesstons- abschnittes durch die Annahme der Reichsfinanz reform gekrönt werden. Uebertriebenen Hoffnungen darf man sich frei lich nicht hingeben, denn noch ist die Brücke nicht geschlagen, die über die Kluft zwischen den Forde rungen der Regierung und den Steuervorschlägen der neuen Mehrheit der Finanzkommisfion einen Weg eröffnete. Noch halten die verbündeten Re gierungen und Nationalliberolen sowie die Frei sinnigen an der Erbanfallsteurr ebenso fest wie Konservative und Zentrum an der Ablehnung dieser Steuer. Aber die verbündeten Regierungen sind den Vorschlägen der Finanzkommisston so weit ent gegengekommen, daß im Volke der Wunsch immer allgemeiner und stärker geworden ist, diese möge nun auch ihren prinzipiellen Widerstand gegen die Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf Kinder und Ehegatten fallen lassen. Die Regierung hat einmal für ihre Erbansall steuer die denkbar mildeste Form gewält; es sollen aus dieser Steuer nur 50 Millionen Mk. jährlich gezogen werden, anstatt der ursprünglich geplanten 100 Millionen. Zugestimmt hat die Regierung auch der von der neuen Mehrheit der Finanz kommisston vsrgeschlagenen Börsensteuer, wenn sie auch die Form der KotierungSsteuer ablehnt. Die Börsensteuervorlage der Regierung begreift pine Erhöhung der Stempelabgaven, insbesondere des Wechselstempels, und die Neueinführung eines F!x- stempelS auf Schecks in Höhe von 10 Pfennigen in sich. Dafür wurden allerdings die vorgeschlagene Mühlenumsatzsteuer sowie der Kohlenausfuhrzoll abgelehnt. Gegenüber den Verbrauchssteuern be wies die Regierung aber wieder großes Entgegen- kommen. Bet der Biersteuer allein war das selbst- verständlich, da sich bei dieser der Ertrag der Regierungsvorlage mit dem der Vorschläge der Kommission deckt und in beiden Fällen 100 Mill, beträgt. Beim Branntwein, aus dem die Regierung auf dem Wege des Monopols gleichfalls 100 Millionen ziehen wollte, bewilligte die Kommission, einschließlich der 10 Millionen Parfümsteuer, nur 98 Millionen. Das letzte Wort über die Parfüm steuer sprach jedoch der BundeSrat erst am Tage vor der Wiedereröffnung der ReichStagSoerhand- lungen. Das gleiche geschah wegen der Besteuerung von Zündhölzern und Glühkörpern. Mit der Herabsetzung des Tabaksteuerertrages von 77 auf 47 Millionen geben sich die verbündeten Regie rungen zufrieden, wie sie sich auch mit der Ab lehnung der Weinfieuer, die 20 Millionen ein bringen sollte, abfanden und mit einer Schaum weinsteuer von nur 5 Millionen begnügten. Auch gegen die von der Kommission beschlossene Erhöhung des Kaffee- und Teezolles, die 37 Millionen ein bringen soll, haben die verbündeten Regierungen nichts eingewendet. Ein Gesetzentwurf über eine Umsatzsteuer für Immobilien wird den Kommissions- bcschlüssen gemäß eingebracht werden. Die Frage der Retchswertzuwachssteuer halten die verbündeten Regierungen dagegen noch nicht für genügend ge klärt, um schon jetzt mit einem Gesetzentwurf an den Reichstag heranzutreten. Aus dieser Zusammenstellung geht deutlich hervor, wie großes Entgegenkommen die verbündeten Regierungen gegenüber erfüllbaren Vorschlägen bc- wiesen haben. Nun ist es an den Parteien, in sonderheit an den preußischen Konservativen, auch ihrerseits den Schritt des Entgegenkommens zu tun, den das deutsche Volk in seiner großen Mehrheit von ihnen erwartet. Steuervorlagen lassen sich eben nur auf dem Wege des Kompromisses er ledigen, sie setzen voraus, daß von allen Beteiligten Opfer gebracht werden. Ein Opfer für daS Vater land darf keinem patriotischen Manne zu schwer sein! Hat der Reichstag die Finanzreform und die mit dieser zusammenhängenden Besoldungsvorlagen für die Reichsbeamten erledigt, dann wird er das übrige ihm noch vorliegende gesetzgeberische Material zweifellos auf den Herbst vertagen. Die Session wird ohnehin schon reichlich lang und strapaziös genug. TageSgeschichte. Regtmevtßjubiläum. Heute Montag feiern zwei sächsische Infanterie- Regimenter, daS 3. Nr. 102 „Prinzregent Luitpold von Bayern", daS in Zittau steht, und das in Bautzen garnisonierevde .,4. Nr. 103 das Jubiläum ihres 200jährigen Bestehens. Beide Regimenter bildeten früher zusammen die sächsische 1. Jnfanteric- brigade, am 1. April 1867 wurden sie jedes auf 3 Bataillone gebracht. Da» Befinde« de» StaatsmisisterS Grafen Hohenthal. Wie auS Dresden berichtet wird, hat GtaatS- Minister Graf v. Hohenthal und Bergen die.Dienst- wohnung im Ministerhotel, Seestraße 18, verlaffen und zum Zweck der Fortsetzung einer in Dresden begonnenen Kur eine Privatwohnung Lindengaffe 7 bezogen. Das Befinden des Ministers, daS in den veifloffenen Monaten ein schwankendes und viel fach unerfreuliches gewesen ist, zeigt neuerdings eine leichte Neigung zur Besserung. Sclbßhilfebeßrebunge» in sächsische» Arbeiter kreise« In Zwickau hat sich eine Gruppe von gewerb lichen Arbeitern zusammengetan, um einen Ver sicherungsverein auf Gegenseitigkeit ins Leben zu rufen, der dem Arbeiter eine Altersrente möglichst schon vom 60. Lebensjahre an und eine Unfall rente und^Jnvalidenrente, die ihn mehr als die staatliche dies tun kann, vor Not und Entbehrung schützt, gewähren soll. Der Verein Hal Aussicht auf raschen" Mitgliederzuwachs. Der Kaiser hat Berlin verlaffen und sich nach Danzig begeben, von wo aus er die Seereise zur Begegnung mit dem Zaren antreten wird. Die Einschiffung er folgt am Dienstag früh in Neufahrwaffer bei Danzig. Die Abwehrversammlu«g im Zirkus Schumarm. Die im Zirkus Schumann zu Berlin am Sonn abend voriger Woche abgehaltene Protestversamm lung der Vertreter des gewerblichen Lebens gegen die von der Finanzkommisston des Reichstags be- antragten neuen Steuern ist programmäßig ver laufen. Der gewaltige Zirkusbau war bis auf den letzten Platz gefüllt und vermochte viele Hunderte nicht aufzunehmen, die sich gern an der Kund gebung beteiligt hätten. Nach den angekündigten Ansprachen der etwa zwei Dutzend Redner wurde von der Versammlung einstimmig eine Resolution angenommen, in der der Reichstag gebeten wird, die Steuervorschläge der Finanzkommisston, die den Interessen von Verkehr, Handel und Industrie zuwiderlaufen und das wirtschaftliche Leben Deutsch lands im Kleinen wie im Großen auf das schwerste schädigen würden, abzulehnen und die Regierungs vorlagen anzunehmen. Der Ha»sab«nd für Gewerbe, Ha«d«l und Jnbuftrie. Die Riesen-Protefiversammlung im ZirkuS Schu mann zu Berlin hat sich nicht mit einer Abwehr- kundgebung gegen die von der Finanzkommisston deS Reichstags gefaßten Steuerbeschlüffe begnügt, sondern unter dem eingangs erwähnten Namen einen Bund gegründet, der tm gemeinsamen Jn- tereffe deS Gewerbes, des Handels und der In dustrie alle gegen diese Erwerbsstände gerichteten Angriffe und Schädigungen abwehren, positive Vorschläge zum Schutze dieser Stände machen und auf Ausgleichung von Gegensätzen in seinen Reihen hinmirken soll. Demgemäß soll der neue Bund auch bei der Vorbereitung von Wahlen für den Reichstag und die Einzellandtage in Aktion treten. Auf ein Huldigungs-Telegramm der von mehr als 6000 Interessenten besuchten Protestoersammlung an den Kaiser erwiderte der Monarch direkt und nicht durch den Chef deS Zivilkabinetts oder einen anderen Hosbeamten: „Ich spreche den ver sammelten Vertretern von Handel und Industrie für die freundliche Begrüßung meine» wärmsten Dank auS." Der neue Hansabund, der sich die alte Hansa zum Vorbild nimmt, stellt eine Gegen- organtsation gegen den Bund der Landwirte dar, der etwa 300000 Mitglieder zählt. Der Hansa- bund hofft, sehr bald über die doppelte und drei- fache Mitgliederzahl verfügen zu können. Die Gründung deS HansabundeS erfolgte durch die ein- stimmige Annahme einer von dem Vorsitzenden der Versammlung, Geh. Justizrat Rießer, eingebrachlen Resolution. Zur Begründung seiner Resolution führte der Vorsitzende u. a. folgendes aus: „Handel, Gewerbe und Industrie find sehr wohl imstande, dem Bunde der Landwirte eine gleich starke Organisation entgrgenzusetzen. Der neue Bund kann der Menge die Masse, der Kraft die Macht entgegenstellen. Wir können und werden das erreichen, indem wir nicht einen Bund der Verbände gründen, sondern allen deutschen Männern, welche kaufmännisch, gewerblich oder industriell tätig sind, den Eintritt ermöglichen. Es ist ein Jahresbeitrag von nur 3 Mark in Aussicht genommen. Der Bund aber, der auS dieser Ver sammlung erwachsen wird, soll in Erinnerung an den früheren Schutz- und Trutzbund deutscher Kaufleute dessen Namen tragen und diesen bei Freund und Feind zu Ehren bringen. Vermögen Der Rattenfänger. Roman von M. Kn e s ch k e-S chön a u. 23. Fortsetzung. (Nachdruck verböte».) Marie-Agnes ist wie traumbefangen. Das Stück ist längst zu Ende, der rauschende Applaus verhallt. Die Musiker verlaffen den Pavillon. Es ist Pause. Auch der Dirigent kommt die Stufen herab. Langsam, ganz langsam schreitet er an der Träumerin vorbei, seine Blicke fest auf sie gerichtet. Mechanisch folgen ihm ihre Augen; jetzt biegt er um die Ecke, aber vorher wendet er noch einmal den Kopf und wieder tauchen die Blicke ineinander Sind's Sekunden, Minuten, Stunden? Marie-AgneS weiß es nicht zu sagen. Es summt und dröhnt ihr im Kopfe, deutlich hört sie die harten, jagenden PulSschläge des eigenen Herzens, ein unbeschreibliches Chaos herrscht in ihrer Seele Wie in einer Anwandlung von Schwäche lehnt sie das Haupt zurück und schließt die Augen. So findet sie Hella, die in strahlendster Laune auS der Wandelhalle kommt und nun erschreckt die in halber Ohnmacht dasitzende Freundin bei der Schulter faßt. „Um GotteSwillen, Marie-AgneS I Was ist Dir? Welcher Unverstand, Dich bei der Morgen- kühle hierher zu setzen! Eiskalt bist Du geworden und leichenblaß! Komm' rasch nach Hause. Du mußt sofort ins Bett und heißen Tee trinken." Die letztere Zumutung rüttelt Marie-AgneS auS ihrer lethargischen Stimmung empor. Mit einem Versuch zu lächeln erhebt fie sich von der Bank, kann eS aber nicht hindern, daß ihr bei den ersten Schritten die Kniee ein wenig einknicken und ihr, Stimme matt und klanglos ist. »Mir fehlt gar nichts, meins beste Hella l" flüstert sie. „Das frühe Ausstehen, die vielen Menschen, die Musik — ich muß mich erst daran gewöhnen. Siehst Du, jetzt ist mir wieder ganz wohl." „Desto besser I Aber so ganz traue ich dem Landfrieden doch nicht. Jesus! Was hast Du kenn?" Marie-Agnes ist plötzlich zusammengezuckt und zwar so heftig, daß es Hella, die sie führt, einen ordentlichen Ruck gegeben. Halb erschreckt, halb ärgerlich steht diese in das jetzt wieder wie in Purpurglut getauchte Antlitz der Freundin und dem Blick ihrer Augen folgend, bemerkt sie, daß das seltsame Gebaren derselben im engsten Zu sammenhänge mit der in lässigem Schlenderschritt einherkommenden schlanken Männererscheinung stehen muß. Kurzsichtig wie Hella ist, nun noch vom Son nenlicht geblendet, kann sie nicht erkennen, wer sich da nähert. Interessiert blinz-lt sie hinüber und ignoriert den Druck, den Maric Agnes auf ihren Arm auSübt und mit dem sie die Freundin auf einen anderen Weg dirigieren will, vollständig. Wer in aller Welt ist denn das? Hat der Eisklumpen schon Feuer gefangen oder ist das am Ende eine alte Bekanntschaft, die intimere Be ziehungen zu Marie-AgneS hatte und deren Vor- handensein von ihr verheimlicht worden? Jetzt hat sich der Herr bis auf zwanzig Stritt Distanz genähert, jetzt erkennt sie ihn und jetzt ist die Reihe an ihr, die Farbe zu wechseln der Näher- kommende ist kein anderer al- ihr neuester Schwarm, der Stern der Sterne — Erik Giskra! — Vergessen ist sofort die Sorge um die Freundin, ihr ganzes Denken und Fühlen konzentriert sich jcht in dem Blicke, mit dem sie zu ihm aussteht. Mit lächelnder Nonchalance nimmt er ihn in Empfang, dabei blitzschnell die elegante Erscheinung, das pikante Gesichtchen musternd, um dann aber sofort wieder seins faszinierenden Angen in die wie magnetisch angezogcnen weit aufgeschlagenen dunklen Sterne ihrer Begleiterin zu tauchen. Hella ist von dem ihr gespendeten Blick und Lächeln dermaßen hingerissen, daß sie sein rasches Abschweifen gar nicht bemerkt hat. Erregt flüstert fie Marie-Agnes zu, daß die- der berühmte Künstler sei, von dem sie gestern erzählt, daß sie sich bereit- die Augen ausgeschaut und nun überglücklich wäre, wenn sie ihr das Opfer bringen wolle, noch ein wenig auf der Promenade zu verweilen. Ohne erst eins zustimmende Antwort abzuwarten, macht sie K hrt, um dem Gegenstände ihrer Verehrung in gemessener Entfernung zu folgen. Wie erstaunt sie jedoch, als sie ihn die Stufen des Musikpavillons Hinaufstetgen sieht, in welchem die Kapelle wieder vollzählig versammelt ist und nur de- Dirigenten harrt, um die Mignon-Ouverture anzustimmen. In maßlosem Erstaunen folgt Hella jeder seiner Bewegungen und als er nun, die Violine in der Linken, mit der bogenhaltendcn Rechten daS Zeichen zum Beginnen gibt, da bleibt sie wie an gewurzelt stehen und starrt zu ihm hinauf. .Hella, hier können wir nicht bleiben," mahnt Marie-AgneS leise aber bestimmt und zieht sie hinüber zu jener Bank, auf der sie vorhin gesessen. Mechanisch folgt Hella, doch nun scheint ihr plötz ¬ lich die EckenmniS zu kommen, weshalb sie Marie' Agnes vorhin hier so entgeistert gesunden. „Aha, Spiritus, merkst Du waS?" lacht sie auf. „Also darum! Nein, das ist aber gottvoll! Ich laufe unermüdlich die Promenade auf und ab, um ihn, den Herrlichsten von allen, zu entdecken und der sitzt hier in aller Seelenruhe und läßt daS Glück sich in den Schoß fallen! Aber wer konnte auch ahnen, daß er sich soweit herabläßt, hier den Kapellmeister zu spielen? Wahrscheinlich ist sein sehr guter Freund, der Musikdirektor leidend — der gute Mann pflegt da- nämlich öfters zu sein, weil er eS liebt, bis zum Morgengrauen GambrinuS' zu opfern — und er vertritt ihn nun in großmütiger Weise. Na, dem sei, wie ihm wolle, die Hauptsache ist, daß wir „ihn" sehen, so nahe und solange sehen und — Himmel, jetzt spielt er! O Marie-Agnes, höre doch nur, wie erspielt! Großartig, nicht wahr? Habeichzu viel gesagt? Ist er nicht schön wie Apoll? Sieh' den wundervollen Halsansatz, daS schmale Raffe gesicht, das herrliche Haar und, ach, diese berückenden Augen!" Marie-Agnes legte beschwichtigend die Hand auf den Arm der Schwärmerin. Sie spricht ihr auS der Seele, aber nicht um die Welt würde sie daS etngestehen. Der Eindruck, den er auf sie ge macht, muß ein streng behütetes Geheimnis bleiben. Sie ist so keusch in ihrem Empfinden, daß sie ihn schon al- Unrecht gegen den fernen Gatten be trachtet und sich gelobt, mit all ihrer moralischen Kraft dagegen anzukämpfen. (Fortsetzung folgt.)