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Tageblatt für Kohenstein-Emstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach. Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .Kohenfleln-Lrnflthaler- Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei sreier Lieferung ins Kaus Mk. I.SO, bei Abholung in der Geschäftsstelle Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstatten und die Landbriefträger entgegen. Als Erlra- beilage erhallen die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte Sonntagsblatt-. — Anzeigengebühr für die ögespallene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., für auswärts !5 Pfg.; im Reklameteil die Zeile 30 Pfg. Sämlliche Anzeigen finden gleichzeitig im »Oberlungwitzer Tageblatt- Ausnahme. 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Wenn die konservative Partei glaubte, di« Hoff nung auf daS Zustandebringen der ReichSfinanz- refvrm in gemeinschaftlicher Arbeit mit den Frei sinnigen aufgeben und sich daher von diesen im Interesse der Reform trennen zu müssen, so hat sie für die Ausführung ihres Enischlufscs einen günstigen Moment gewählt. Tie hat damit ein mal so lange gemartet, bis alle Chancm auf eine rechtzeitige Verständigung über daS Reformwerk innerhalb der Blockparteien geschwunden zu srm schienen, und sie hat die Trennung zu einer Zeit vollzogen, in der ein Wechsel auf dem Rrichs- kanzlerposten nicht gut möglich ist. Man mag von den Gerüchten über ein neuerliches Abschiedsgesuch des Fürsten v. Bülow halten, was man will: so lange die Balkanwirre» fortdauern, und darüb-r kan« unter Umständen noch «ine rechi geraume Weile vergehen, würde ein Kanzler-Wechsel im deutschen Reiche die politische Aktion v«rwirren und aushalten. Man darf daher annehmen, daß die Block- Krists eine Kanzler-Krists wenigstens nicht unmittel bar zur Folg« haben wird. Fürst Bülow, desf n Bleiben den Konservativen durchaus erwünscht ist, wäre also in der Lage, den Blockbruch zu übcr- dauern. Um die ReichSfinanzreform speziell brauchte er sich insofern weniger zu bemühsn, als Konscr- vative und Zentrum ja bereits einen Plan zur Deckung des Mehrbedarfs bereit haben. Der Kanzler hätte nichts 'weiter nölig, als sich dein Willen der neuen ReichstagSmehrheit zu fügen. Tut er daS, so kan» er sich dabei auf Bismarck berufen, der auch seine Mehrheit«» im Interesse seiner Sache und ohne persönliche Rücksichten da hernahm, wo er sie bekam. Die Dinge liegen augenblicklich nur in dem einen Punkte anders, daß Fürst Bülow eine prinzipielle Forderung — die nach einer ausgleichend n Besitzsteuer — aufgeben muß, um eine Mehrheit für die Finanzreform, jim Reichstage zu erlangen. Die Möglichkeit des Fortbestandes des Blocks außerhalb der Reichs finanzreform darf man als ausgeschlossen betrachten. Der Freisinn wird durch diejGprengung des^Blocks wieder in die Opposition gedrängt. Fürst Bülow, der von dem Entschluß der Konservativen rechtzeitig unterrichtet worden war, hat durch seinen Untecstaatssekretär v. Loebell am Tage darauf Unterhandlungen wtt den Führern der bisherigen Blockparteien anknüpfen lassen. Die Verhandlungen haben zu einer wenigstens vor- läufigen Beilegung der Block-Krists geführt, der konservative Abgeordnete v. Normann erklärte, er habe den Vertretern der nationalliberalen und frei sinnigen Parteien gegenüber nichts von einer Block-Kündigung gesagt und müsse von den Herren mißverstanden worden sein. Im übrigen habe es sich lediglich um ein Privatgespräch gehandelt. Diese Erklärung, die vielfach als ein Rückzug ge deutet wurde, ist als das.Ergebnis der Vrrhand- lungen des Unterstaatssekretärs o. Loebell mit den Blockparteien und der persönlichen Unterredung des Kanzlers mit den Führern dieser Parteien be- zeichnet worden. Die Regierung hält an ihrrm Entschluß, neben indirekten Verbrauchssteuern auch eine direkte Be sitzsteuer einzuführen, trotz dcS Block-Gewitters unerschütterlich fest. Sie lehnt es sonach auch nach wie vor ab, die ReichSfinanzreform mit Hilfe des Zentrums und der Konservativen zustande zu bringen, besteht vielmehr au, einer konservativ, liberalen Verständigung auch in der Reichsfinanz, resorm. DaS ist der Sinn eines amtlichen Artikels der „Nordd. Allg. Ztg.", in dem es u. a. heißt: Die verbündeten Regierungen halten daran fest, daß der Bedarf an neuen Einnahmen nicht nur durch die Besteuerung von Genußmitteln, die dem Massenverbrauch unlerliegeu, sondern auch durch eine allgemeine Belastung deS Besitzes ausgebracht werde. Sie lehnen es ab, diese B-sitzbelastung in der Hauptsache durch Matrikularbeiträge oder sonst in einer Weise geschehen zu lassen, die für dis eignen Aufgaben der Bundesstaaten unentbehr lichen Steuerquellen (Einkommen-, Vermögens steuer) angreisl. In der Erweiterung der Erb schaftssteuer erblicken sie nach wie vor die zwcck- mäßigste Form der Besttzbelastung und vertrauen, daß auf dieser Grundlage in gemeinsamer Arb.it mit dem Reichstag der Finanznot des Reiches ohne Zeitverlust Abhilfe geschaffen wird. Fürst Bülow hofft noch immer aus eine konservativ-liberale Verständigung, wenn nur auf beiden Seiten Entgegenkommen besteht. — Die „Nat. Ztg." hält dir Lage nach der obigen Richtig stellung des Abgeordneten v. Normann für noch weniger geklärt als vordem. — Dis „Berl. N N " bezeichnen dir Angabe von einem zweiten Rücktritts- geluch des Fürsten Bülow am 11. d. M. als falsch. ES könnten in der Unterredung deS Kaisers mit dem Kanzler an diesem Tage nur di« Mög lichkeiten einer Amtsniederlegung deS Fürsten Anr Mrksn Hand. Roman von Ursula Zöge von Manteuffel. 7b) «Nachdruck »erboten.. Er war so betreten über ihre ganze, ihm völlig fremde Art, daß er nur zu sagen vermochte — freilich spöttisch genug: „Also bitte, nimm Platz!" Sic that es und sag dann noch einige Augenblicke in stummer konzentrierter Ueberlegung da. Sic mußte klug, sie mußte ruhig sprechen — und sie rief sich alles zurück, was sic hatte sagen wollen. Er saß ihr gegenüber und sab sie wieder an, wie man ein Gemälde ausicht — als ihn ihr voller, zurück- weisender Blick traf und mit grenzenlosem Unbehagen erfüllte. „Sag's nur gradcaus, Flvreutiuc — mein Bries hat Dich beleidigt." „Ja!" versetzte sie ruhig, ohne den Blick von ihm zu wenden, aber auch ohne dem Wörtleiu noch irgend etwas hinzuzusüge». „Wir wellen es kurz machen, Florentine! Ich will Dir sogleich zugestehen, daß Du ein Recht dazu hast. Der Brief war in —" er suchte nicht ohne Verlegen heit »ach einem Wort — „in der Empörung, in — der Leidenschaft geschrieben . . ." Hier hob sie die seinen, schwarzen Brauen, — cs lag ungläubiges Staunen, leiser Spott in dieser einzigen Gcsichtsbcwegnng. Sie sagte aber nichts und, obgleich momentan verwirrt, fuhr er fort: „Kaum war der Bries abgcgaugen, als mich die widerlichste Empsiudmig beschlich — die Einsicht, gegen ein wehrloses Weib unritterlich gesprochen zu haben. Am Inhalt des Briefes hätte ich nichts ändern können, aber die Form hätte rücksichtsvoller sein müssen! — Der Bries war meiner nicht würdig." „Deiner — nicht — würdig!" wiederholte sie lanaiam, und — hörte er recht ? — mit wahrhaftigem Spott — „der Brief ist Deiner Handlungsweise ent sprechend — rlsv Deiner völlig würdig." „Florentine!" Er fuhr ruf, beugte sich daun heftig vor und seine starke, sehnige Hand umfaßte die Armlehne ihres Sessels. Sein Gesicht war fahl und sie fühlte das Erbeben des Stuhles unter seinem Griff. Es fehlte nicht viel, so hätte er den goldleuchtenden Fauteuil geschüttelt f Sie berente ihre Worte, welche die innere, mühsam beherrschte Empörung ihr abgcprcßt hatte. Lag ihr Loch alles daran, seine Wnt nicht zu reizen. „Wesbalb singst Du von dem Briese an, Eberhard? Ich bitte Dich, erinnere mich nicht an die Stunde, da ich ihn empfing und Dich plötzlich sah, wie Du biß! Ich möchte am liebsten kein Wort mehr davon sprechen, denn die Bitterkeit will heraus ans dem Herzen nnd soll doch drin bleiben. Also nichts mehr davon. Mich führt ein anderes Anliegen hierher . . . laß mich nun endlich davon reden —" — er wollte sie unterbrechen — aber sie wandte sich nach der Ubr, die so silberhell tickte: „wir haben beide so wenig Zeit. Du sährst zum Diner — und mein Zng gehl um fünf Uhr ab, also —" „Ich will vou keinem audcreu Anliegen etwas hören, als bis diese, meiner Ehre so nahegchendc An gclcgenheit erörtert ist," snhr er heftig dazwischen. „Ich kann es nicht dulden, Kuß Du so — vou mir sprichst. Als ich deu Bries schrieb, war ich —" „Richt allein!" unterbrach sie ihn rnhig. Wieder fuhr er zusammen und starrte sie au. „Du sichst, diese Entschuldigung habe ich für Dich bereit. Im übrigen vergebe ich Dir alle in dem Briese enthaltene rücksichtslose Härte. Was den Inhalt des Schreibens betrifft, so bleibt mir ja nichts übrig, wie mich in die Scheidung zu ergeben, — aber ich gedenke nicht, mich widerstandslos in die von Dir ausgeklügelte, für mich so schimpfliche Formel zu fügen. Aber alles dies nur nicht mündlich, Eberhard, — Dn sollst es Bülow erwogen worden sein. — Die konservativen Organe sagen, der Block sei nicht Selbstzweck und es sei nicht nötig, daß die Finanzreform von be stimmten Partei«» gemacht werde. Tagesgeschichte. Zum Besuch Ve» Königs vou Sachse» beim Grohherzvg von Bade« am 27. und 28. d. M. wird au« Karlsruhe be- richtet: Die Ankunft des König- auf dem Karls ruher Bahnhof erfolgt Sonnabend mittag 12 Uhr 50 Minuten. Zum Empfang wird der ganze großherzogliche Hof erscheinen. Vom Bahnhof geht die Fahrt auf dem kürzesten Wege zum Groß herzoglichen Schloß, woselbst die Großherzogin- Witwe Luise mit ihrem Hofstaat den König be grüßen wird. Eine offizielle Begrüßung deS säch sischen Monarchen durch den Oberbürgermeister der Stadt ist nicht vorgesehen. Am Nachmittag des Sonnabend findet im Großherzogliche» Schloß Galudiner und Marschalltafel statt. Abends 8 Uhr ist Festvorstellung im Hoftheater. Zur Aufführung gelangt auf besondere Anordnung deS Großherzogs Delibes vreiaktige Oper „Lakmö". Für Sonntag vormittag ist das Programm noch nicht bekannt geworden. Nachmittags V,2 Uhr fährt der König von Sachse« mit dem Großherzog mittels Exlra- zugeS nach Heidelberg, woselbst zunächst eine Rund fahrt durch die Straßen der Stadt unternommen wird. Alsdann werden die Fürstlichkeiten das Schloß und die Universitätsbibliothek besuchen. Nach der Schloßbeleuchtung erfolgt am Abend die Rückfahrt nach Karlsruhe mittels GonderzugeS Für die Mittelmeerrrtse de- KaiserpaarcS, die nach neuerer Bestimmung statt am 13. April erst am 16. April in Venedig angetreten wird, sind, wie aus Kiel gemeldet wird, vier Wochen in Aussicht genommen. Nach einem Aufenthalt von 2'/, Wochen auf Korfu folgt vom 4 bis 14. Mai die Kceuztour, auf der unter anderen Häsen auch Messina besucht werden soll. Der Zusammenstoß, den die Kaiseijacht „Hohenzollern" in der Nähe von Norder»! q gehabt hat, wird auf das Reise- Programm voraussichtlich ohne Einfluß bleiben, da die Kaiseijacht dabei nur geringfügige Beschädigungen erlitten hat. brieflich erfahren. Konntest Du wirklich denken, ich wäre gekommen, um Dir eine Scene zu machen? — Nein!" Sie erhob sich plötzlich und suchte in momentaner Verwirrung in den Falten ihres Kleides nach etwas, wovon sie nicht mehr zu wissen schien, wo sie cs hingcihan hatte. Dabei glitt ihr der hellgraue Seidcu- maniel von den Schultern und inmitten der goldcncn Pracht des Zimmers stand sie da in ihrem schwarzen Spitzenkleide. Sein Blick folgte schweigend, halb un bewußt jcdcr ihrer Bewegungen, für deren Anmut er nur zu viel Kennerblick hatte — es lenkte seine Ge danken in völlig andre Bahnen, diese Gestalt vor sich zu sehen, die ihm, so lange er lebt, das Ideal weib licher Schönheit bleiben wird, dieses feine, edelgeschnitlcue Gesicht, dem, Vas gesteht er sich, Ernst und Entschlossenheit „zur Abwechslung" so reizend stehen, wie den großen, sanften Augen das Blitzen und Sprühen erzürnter Gegenwehr. Das schwarze Haar, dem die Sonne gold braune Lichter zu entlocken pflegte, hob die Perlmutter- weiße der Schläfen und der Stirn immer noch so frappant bervor — Der Faden seiner Gedanken riß, sie hatte gesunden, was sic suchte, ein Blatt Papier schien es, welches sie zusammeugefallet in der Hand hielt. „Und nun zur Sache! Ich bin gekommen, um Dich zu bitten — nein! — von Dir zu fordern, daß, wie es auch kommen möge, unser Sohn Eberhard bei mir, und seine Erziehung mein unbestrittenes Recht bleibt!" Sie sprach die Worte, vor denen sie seit der Nacht gezittert hatte, schließlich mit klarer fester Stimme. Der brennende Wunsch, der sie bis hierher getrieben hatte, trug in sich selber eine große, ruhespeudcnde Kraft — „und" — fügte sie hinzu, „ich gehe nicht vou dauncu, bis ich diese Zusicherung auch schriftlich erhalten habe!" Die Antwort kam augenblicklich: „Konntest Du je hieran zweifeln? — Das ist doch I Der Uebertritt der Herzogin Wer« von Württemberg znm Protestantismus. Wt« auS Stuttgart gemeldet wird, vollzog die Herzogin Wera von Württemberg, eine geborene Großfürstin von Rußland, am Donnerstag mittag ihren Uebertritt vom griechisch-katholischen zum evangelischen Glauben. Die kirchliche Feier sand in der Schloßkirche im engsten Kreise in Anwesen heit deS KöntgspaareS, der Prinzessin Max von Schaumburg-Lippe und einigen der Herzogin be sonders nahestehenden Persönlichkeiten statt. Die Herzogin, die 1854 als Tochter des Großfürsten Konstantin, eines Großonkels deS Zaren, geboren ist, war mit dem im Jahre 1877 verstorbenen Herzog Eugen von Württemberg verheiratet, mit dem die protestantische herzogliche Linie im Mannes stamm erloschen ist. Ihre Töchter find die Her zoginnen Elsa und Olga, die mit Prinzen aus dem Hause Schsumburg-Lippe vermählt sind. Eine« Aufruf au den Reichstag zur kraftvollen Erledigung der Reichsfinanzreform ver öffentlichen der frühere Minister o. Berlepsch und die Pi ofefforen Delbrück, Francke und Schmöller. Der bereits von mehr als 100 Vertretern der Wissen- schäft, deS Handels und der Industrie unter- zeichnete Aufruf betont, daß eS ebenso der Ge rechtigkeit wie der Zweckmäßigkeit entspricht, die notwendigen neuen Einnahmen des Reiches im wesentlichen durch Steuern auf den Besitz der Wohlhabenden wie aus Genußmittel des Massen verbrauchs zu beschaffen. Angesichts der grau- samcn Enttäuschung über den bisherigen Verlauf ' > der Reformdebalten, ja der Gefahr, daß die Ec- * ledigung des großen nationalen Werkes ganz und gar auf die kommende Session verschoben werden müßte, trotzdem Kriegswolken am politischen Horizonte stehen, weist der Ausruf auf die schwere vaterländische Gefahr einer Verzögerung oder Ver stümmelung des Reformwerks hin und gipfelt in dcm Satze: Der tiefe Ernst der Stunde ruft alle Vaterlandsfreunde einmütig zu der Mahnung an den Reichstag, er möge doch endlich mit festem Entschluß der Not ein Ende machen und zu einer Emigung mit den Regierungen über die Reichs- fiaauzreform gelangen. Die RrichS'VerfichernngSordnnng, dieses gewaltige Werk mit den nahezu 2000 Para graphen, ist im ReichSamt des Innern auf Gcund der Vorschläge des preußischen Ttaatsministeriums selbstverständlich. Wem sollte daran liegen, Dich von dem Kinde zu irennen? — Mir gewiß nicht! Was sollte ich mit ilnn?" — Das bittere Weh, welches diese fast verächtliche Frage in ihr von Neuem wach rief, wurde sogleich durch ein starkes Gcgcugcsühl verdrängt. Mit fast wilder Freude sticg's in ihr aus, das Bewußtsein, daß dem so sei, daß die Existenz dieses Knaben für den Vater gleichgültig geblieben, fast belanglos war! Unwillkürlich faltete sie die schmalen Hände über der Brust und blickte empor — völlig achtlos daraus, daß sie ihrem Daukgebet gleichsam Gestalt gab — eine drückende Last war von ihrer Seele gefallen. Ter Mann aber, der sie vor sich sah, ward von Neuem durch abschweifcnde Betrachtungen gefesselt. Blitzschnell fuhr cs ihm durch den Sinn, daß sie in diesem Jahr schöner geworden sei. Die nervöse Unruhe war aus ihrem Wesen gewichen — auch sah sic ge sund aus. Eine entzückende, zarte Gesundheit hatte, wie mit Meisterhand, die Umrisse des Antlitzes nnd der Gestalt zur höchsten Vollendung ausgemcißelt. Dem oberflächlichen Beschauer wäre dies kaum be merkbar gewesen, aber ihm, der sie stets schmächtiger wicderzusindcn pflegte, wie er sie verlassen — von stillem sehnsüchtigem Leid verzehrt, — ihm war es augen blicklich klar geworden, daß sie in letzter Zeit nicht ge litten, daß sie Ruhe gefunden hatte. Er konnte es nicht ändern, er mußte die Linien der Wangen nnd des Halses prüfend studieren — und er thai dies hastig, fast hungrig, wie Fcmand, dessen Schönheitssinn lange fasten mußte. Florentine ließ die Hände sinken und trat ans ihn zu — ihr Gesicht war nicht mehr so herb und Recht fordernd, wie bisher. „Ich danke Dir für Deine Bereitwilligkeit. Nach Deinem Brief hatte ich wohl gar sehr ein Recht, an derselben zu zweifeln! — Du wirst nun auch meine Bitte um eine schriftliche Zusicherung meiner Rechte nicht verweigern!" (Fortsetzung folgt.)