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WeHM-CrOWAnzeiM Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bemsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .Kohenftetn-Ernfithaler' Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50, bei Abholung in der Geschäftsstelle Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriefträger entgegen. Als Srlra- beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte Sonnlagsdlall'. — Anzeigengebühr für die vgespallene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., für auswärts 15 Psg.: im Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im »Oberlungwitzer Tageblatt' Ausnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr, größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewäbrt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Ausnahme von Anzeigen an oorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte macht sich die Redaktion kLLLiLLLeLLrcLLLlLLLseLLcrLriLLrer<LkL!LiLiLLerskLlLeLcLLkLiLeriLtLLLlLL nicht verbindlich. LrLri-rtLtLtLLLtLlLeLert-LLLLtLcLtLkreLLrkLLrerskrliLLrcLlLLLLcLrrLüüLkrcLtLlL Donnerstag, den 4 März 1909. Nr. 52, Fernsprecher Rr. ISl. Geschäftsstelle B-Hnstr, g. 36. Jahrgang. Gememde-Sparkaffe Oberlungwitz — im Gemeindeamt, Fernsprecher No. 161 Amt Hohensten-Er. — ist täglich norm, von 8—12, nachm. von 2—5 Uhr geöffnet, expediert auch schriftlich und verzinst alle Einlagen — die bis zum 3. des Monats geleisteten für den vollen Monat — mit 3 Der neue Präsident. Die Amtszeit deS in der ganzen Welt popu- lären Präsidenten der Vereinigten Staaten »on Nordamerika, Theodor Roosevelt«, ist am morgigen 4. März abgelaufen und der Mann, der sieben Jahre hindurch die Geschicke deS mächtigen Staate« jensrit« deS Ozean» geleitet hatte, kehrt nunmehr in die Stille de» Privatleben» zurück. Ob für lange Zeit? Wohl schwerlich. Bisher haben allerdings die au» ihrem Amte geschiedenen Präsi denten der nordamerikanischen Union mit ihrem Rücktritt von dem obersten Amte gleichsam einen Strich unter ihre politische Laufbahn gemacht, aber sie waren auch Männer in einem höheren Lebens alter. „Teddy" Roosevelt steht aber in den aller besten Jahren, denn er war noch nicht lange in die Vierziger eingetreten, als er durch die Ermor dung seines Vorgänger« Mac Kinley als Vize- Präsident an die Spitze der Geschäfte berufen wurde. Don dem energischen und tatkräftigen Manne ist eS nicht zu erwarten, daß er sich künftig auf einem Großvaterstuhl hinter dem Ofen auSruhen wird, wenn er auch für jetzt davon Ab stand nahm, zum dritten Male sich zum Präsi denten wählen zu lassen. Wie bekannt, unter nimmt er eine Jagdreise nach Afrika, um sich von all dem Aerger, den er in seinem Amte hinreichend gehabt hat, zu erholen. Der Name deS scheidenden Präsidenten ist mit der Geschichte der Vereinigten Staaten von Nord amerika untrennbar verbunden, denn er hat sein Vaterland erst so eigentlich in den Ring der inter nationalen Politik eingeführt. Das geschah durch seine Friedensvermittlung im Kriege zwischen Rußland und Japan. Der Plan der neulich be- esdetrn Weltreise der nordamerikanischen Schlacht flotte war ebenfalls sein Werk, er hat, was an ihm lag, getan, um leidliche Beziehungen zwischen Amerika und Japan zu sichern. Auf deutsche Art und Gitte hielt er große Stücke; seine Tochter Alice nahm seinerzeit die Tauf« der deutschen Kaiser-'Aacht „Meteor" vor. Der Bau des großen Panama-Kanal» mit amerikanischem Gelde ward nach seinem Willen beschlossen und im Innern trat er für Ehrlichkeit und Gradheit in der Verwaltung ein. Seine Absicht, den großen Trusts und Millionen-Tpekulanten da« Handwerk zu legen, schlug fehl, aber »aS in dieser Beziehung aus geschoben ist, ist nicht aufgehob«». War der Präsident ein Draufgänger, dir seine politischen Gegner nicht mit Glacehandschuhen anfaßte, so entsprach das amerikanischer Art, und wie in den Wald hineingerufen wird, so schallt es wiedrr heraus. Seins außerordentliche Volkstümlichkeit in Amerika rührt von seiner Teilnahme am Kuba- kriegr her, wo er als Führer deS Freiwilligen- Regiments der Rauhen Reiter sich tapfer herum geschlagen hatte. Und trotzdem er nie Berufs- Soldat gewesen ist, steckt in seiner ganzen Natur unleugbar viel Militärisches. Der nrue Präsident Taft ist ein persönlicher Freund Roosevelts und verdankt diesem auch seine Wahl, denn der scheidende Präsident hat seinen Mitbürgern seinen Nachfolger mit ganz bestimmten Worten empfohlen. Taft, früher Roosevelts Kriegsminister, ist ebenfalls Zivilist und, um diesen Ausdruck zu wählen, „gemütlicher" wie sein Vor gänger. Er hat seine persönliche Liebenswürdig keit in der Verwaltung von Kuba und der Philippinen-Inseln in Ostafien bewiesen. Heftige Kämpfe wird er zunächst zu vermeiden suchen, wenn er auch ein» Herabsetzung vieler Zölle herbei führen will. Wie weit ihm da- gelingt, muß ab- gewartet werden; mit Genugtuung wäre eS jeden falls zu begrüßen, wenn die nordamerikanische Zollpolitik rücksichtsvoller würde. Nach amerikanischer Gewohnheit bringt der neue Präsident such neue Minister mit, auch eine ganze Zahl von Beamten scheiden auS ihren Posten. So wie früher, wo die ganze Beamten schaft wechselte, ist eS ja heute längst nicht mehr, die Mehrzahl der Gtaatsdiener ist jetzt auf Prüfungen angewiesen und wird fest angestellt. Immerhin bleibt noch genug. Herr Taft ist kein so spezieller Kenner deS deutschen Wesens wie Roosevelt, aber «S ist kein Grund vorhanden, warum unter seiner Regierung die freundschaft lichen Beziehungen zwischen Deutschland und Amerika sich nicht immer weiter verbessern und verstärken sollten. Tagesgeschichte. Der Vorsitzende de» LaudeskultnrratS im Königreich Sachsen, Geheimer Oekonomierat Rudolf Elwir Hähnel, feiert am heutigen Mittwoch seinen 70. Geburts tag. Die Geschichte der sächsischen Landwirtschaft der letzten Jahrzehnte ist mit seinem Namen aus« engste verknüpft. Er wurde am 3. März 18ZS zu Radeburg geboren. Nach vollendetem Schulbesuch wurde er Landwirt. Im Jahr» 1870 pachtete er die Rittergüter Kuppritz und Hochkirch, die er 187» käuflich erwarb und noch heute bewirtschaftet. Er ist seit 1872 Mitglied des LandeSkulturrateS und seit l903 dessen erster Vorsitzender. Ferner ist Geh. Oekonomierat Hähnel Friedensrichter, Mitglied des Bezirksausschusses der AmtShauptmannschaft Löbau, Delegierter des Deutschen Landwirtschaft«- rates, Vizepräsident der Deutschen Landwictschasi«- Gesellschaft für das Königreich Sachsen, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen KreiSverein« der Oberlausitz, AussichtSratSmitglied der Landwirtschaftlichen Feuer- Versicherung für das Königreich Sachsen usw Aber auch an dem politischen Leben seines engeren Vaterlandes nimmt Geh. Oekonomierat Hähnel lebhaften Anteil. Seit 1889, also seit 20 Jahren, vertritt er ununterbrochtn den 4. ländlichen Wahl kreis in der Zweiten Ständekammer. Dort gilt er als ein unermüdlicher Arbeiter und hervorragender Mitglied. Gein Hauptarbeitsgebiet ist das Finanz wesen. Seit 1899 ist er Vorsitzender der wichtigen Finanzdeputation X. Da er wieder als Landtag«- kandidat ausgestellt ist, wird er aller Voraussicht nach auch wieder dem kommenden Landtag« ange hören. Da» «e«e altonbur-tsche Wahlrecht. Der altrnburgische Landtag hat da» n«ue Wahl gesetz angenommen. Vorher fand ein Antrag deS Präsidenten Oßwald Annahm«, nach welchem auf daS platt« Land 12 Abgeordnete, aus die Städte 11 und auf die Höchstbesteurrten S Abgeordnet« entfallen. Die Zahl der Abgeordneten erhöht sich damit um zwei. Der Kaiser bai der Vereidigung der Marine- Rekrnte« in Wilhelmshaven. Der Kaiser stattete am Dienstag vormittag auf der Reise nach Wilhelmshavrn dem Troßherzog von Oldenburg einen Besuch ab und setzte dann die Fahrt nach dem Nordseehafen fort, wo er von dem Prinzen Heinrich und d«r Admiralität empfangen wurde. ES folgte sofort di« Vereidigung der 1300 Marine-Rekruten, an di« der Monarch hierauf eine kurze Ansprach« richtete. Der Kaiser speiste im OffizirrSkasino und zog abends die Admirale und höheren Offizier« zur Taf«l. Dio Kaiserin det dichtestem Schueewetter im Uederschwemmuugsgediet der Elbe Die Kaiserin hatte sich am Dienstag trotz deS herrschenden ununterbrochenen Schneefalles nicht abhalten lassen, die geplante Reise in daS Ueber- schwemmungSgebiet der Elbe anzutreten. Als sie am frühen Nachmittag in der Kreisstadt Osterburg eintraf, wurde fie von den Spitzen der Behörden begrüßt und begab sich dann in di« unweit vom Bahnhofe belegene Taubstummen-Anstalt, wo ihr die Mitgli«der drS HilfS-KomiteeS vorgestellt wurden. Die hohe Frau verlas zuerst eine kurze Ansprache, worin fie allen »on der Hochflut Betroffenen ihre wärmste Teilnahme aussprach. Dann begrüßte der Landrat von Jagow die Kaiserin und sprach ihr den Dank der Bevölkerung auS, worauf der Bürger meister Hilliget »in»n Ueberblick über die Ueber- schwemmung und dir geleistet« Hilfe gab. Aehn- liche Ausführungen gaben auch der MeliorationS- Bauinfpektor Mierau und Frau v. Knoblauch auS Osterholz, dir Gattin d«S stellvertretenden Deich- hauptmannS. Die Kaiserin sprach ihr«n herzlichen Dank auS und nahm dann die in reichstem Maße eingegangenen Liebesgaben in Augenschein. Unter den Hochrufen der von nah und fern zusammen geströmten Bevölkerung fuhr die Kaiserin nach dem zwölf Kilometer entfernten Seehausen, das über ein» Woche von allem Verkehr durch da« Hochwaffir abgeschnitten gewesen war. Jetzt ist di« Zugverbindung wieder hergestellt. Die hohe Frau wurde herzlich willkommen geheißen und zeigte für alles da« wärmste Interesse. Bei ein- brrchender Dunkelh«it erfolgt» die Hrimkehr über Osterburg. Zur ReichSfinauzreform. Di» Verhandlungen der Blockparteien über die ReichSfinanzreform find auch bisher zu keinem end gültigen Abschluß gelangt. Wie unS au» Berlin gemeldet wird, hatte daS Kompromiß am Montag di» Zustimmung d»r Nationalliberalen und der ReichSpartei gefunden. Auch in der Fraktions- sitzung der Konservativen fand sich nach sehr hef tigem Widerstand» zum Schluß eine schwache Mehr- Zur linken Hnnd. Roman von Ursula Zöge von Manteuffel 57j (Nachdruck verdolru.» Zu derselben Zeil sagte Lore, nachdem sie lange schweigend die Arme über dem .Hops verschränkt im Schaukelstuhl gelegen und in da« lodernde >>aminscner gestarrt fiatte, vor dem Herold als Schemel ihrer zier lichen Fns;chen lag: „So! Jetzt habe auch ich eine Lebensaufgabe!" „Willst auch Du Diakonissin werden?" frug Flore und blickte lächelnd von ihrer Arbeit ans. „Rein, sondern ich will Dir diese Person aus dem Hause schaffen. taut prix! Wie hältst Dn cs auch nur drei Tage lang mit ihr aus? Sie ist ja noch zehnmal odioser, wie ich mir vorgcstcllt habe — die reine Blindschleiche. Alle Amphibien sind mir ein (Urans!" „Dasselbe Gefühl habe ich — aber wenn es zu stark wird, sage ich mir, daß sic ein sehr armes Mädchen ist. Ebcrbard gicbt ihr einen sehr schönen Gehalt, von dem sie auch noch zwei jüngere Schwestern unter stutzt. Im (Mauzen sind es sieben verwaiste Geschwister und sic dic Acltcste. Fräulein von Bcuthen kann auch nicht viel für sic tlm». .stürz, wen» sic dicse Stelle ver licrcn sollte, fände fie schwerlich eine andere, wo ihre Leistungen so gut bezahlt würden. Das stimm! mich, so ost ich dran denke, mitleidig." „Du bist ein Enget, Flore . . . wo Du doch Be wcisc hast, daß sic eine neugierige Horcherin ist, die sicherlich der Taute alles wicdcrklalscht, was hier vorgeht." Flore schwieg eine Weile, dann stand sie aus und sah nach allen Thüren und dann wiederkehrend sagte sie ernst. „Ich glaube sogar noch mehr. Ich glaube, daß man in der Residenz sehr neugierig ist und über mein Thun und Lassen gern unterrichtet bleibt, lind siche, g«wb« da« ist mein Hauptgrund, weshalb ich sie nicht wcgschickcn mag. Ich habe keine Ursache, diese Svivnagc zu fürchten, nnd fie wird nie Gelegenheit haben, dort etwas über mich zu erzählen, was nicht alle Welt wissen könnte. Es ist ja auch so begreiflich, daß die herzogliche Familie, die mich offiziell ignoriert, privatim wissen möchte, welcher Art Eberhards Frau ist." Lore stöhnte. „Und wegen all dieser übergewisscnhaften Bedenken anälst Du Dich hier jahraus, jahrein mit einer Person ab, an der Dir jede Fiber unsympathisch ist, aus die Dn, so mutterseelenallein wie Du lebst, einzig an gewiesen bist. Schauderhaft!" „Ich bin nicht immer allein," versetzte Flore er rötend, „und wenn Eberhard hier ist, verschwindet sie völlig von der Bildfläche. Das ist eine schätzenswerte Eigenschaft." „Dn bist verzweiflungsvoll, Florentine. Ich sage Tir aber im voraus, daß es früher oder später zwischen mir und Mamsell Malve einen Nrach erster Güte geben wird." Flore lächelte ungläubig, staud aus, küßte die eigensinnige Stirn der Sprecherin und klingelte nach den Lichten, welche Luise in die Schlafzimmer voran trug. Auch heute Abend war ihr letzter Gedanke ein Gebet für das Glück dieser Schwester — Glück, ein wahres, reines Glück war das einzige, was Lore davor bewahren konnte, verbittert und unliebenswürdig zu werden! — Dies Glück lag wartend bereit — aber ihr fehlte jeglicher Glaube daran. Das war's! —Wie konnte ihr dieser Glaube ge schenkt werden? — Wenn ich's könnte! — Wenn ich's vermöchte. Fritz, Fritz, durch mich erfuhrst Dit einst schweres Leid — wie glücklich wäre ich sollte es grade mir vergönnt sein, Dir zu Freude zu verhelfen! Der Gedanke begann sie zu beherrschen, nahm immer festere Gestalt an und gestaltete sich zu einem durchdachten Ganzen, welches zur Verwirklichung drängte. „Was sind denn diese Geyers eigentlich für Mensckien?" frag Lore eines Tages, als sie von einem weiten Gange zurückkamen. „Verkehrst Dit mit ihnen?" „Sic sind sehr angenehm, aber in Eberhards Ab wesenheit verkehre ich eigentlich mit niemand." „Tas finde ich nicht ganz richtig." „Würde es Dir Freude machen, sie kennen zu lernen?" „Aus mich kommt es dabei nicht an — aber Du kannst doch nicht ohne jeglichen Verkehr mit anderen Menschen hinleben bis ins graue Alter." „Ich sehe sie ja alle von Zeit zu Zeit. Der liebste Umgang wären mir die Bitzhovens, Harry's wegen, der dort einen Altersgenossen Hal. Die Eltern sind auch angenehme, natürliche Menschen, während mir Frau von Reddern unsympathisch ist." „Ich habe mich nun mal auf die fünf Kvmtesfeu ohne Vermögen kapriziert," gestand Lore lachend, „fie zu besuchen, kommt mir wie ein Alt Menschenliebe vor. Ich will sehen, ob sie hoffnungslos häßlich sind oder doch noch Aussicht habe», Männer zu bekommen." „steine ist häßlich, Du wirst sic heiter und unter haltend finden. Zum Glück existiert ein Geyer'sches Damenstift, für den Fall, daß der leichtsinnige Bruder noch mehr vom Familienvermögen durchbringt." So fuhren sie bei klarem Januarwettcr den wohl bekannten Weg durch die Berge nach dem Schloß Trcnka, welches mit seinen beiden kurzen, plumpen Seiten türmen grau und vom Zahn der Zeit benagt, am waldigen Abhang dränte — einem grießgrämigcu, sich einer Schäden und Gebrechen bewußten Veteranen gleichend. Lores lebhafte Blicke überflogen alles mit Interesse, sie bemerkten auch hoch oben ein Fenster, durch dessen Scheiben mehrere Mädchengesichter herabsahcn, um blitz schnell wieder zu verschwinden. Der Schlitten fuhr in den Wirtschaftshof und hielt vor dem mächtigen, granitenen Thorbogen. Johann glitt von der Pritsche und klingelte. Er dauerte eine Weile, dann erschien, eilig in seinen Rock fahrend, der Diener und ftottirte', woran sein schnellcr Lauf Schuld sein mochte, die Herrschaft sei nicht zu Hause. „Oh," rief Flore bedauernd, „alle fort?" „Zn Befehl." Ter Schlitten kehrte uni und als er durchs Dors fuhr, sagte Flore: „Run müssen wir doch wohl nach Wildau fahren — eS liegt nnr eine gute Viertelstunde von Treula " „Weißt Tu, daß fie zu Haufe waren?" fragte Lore „Zu Hause? — llnmöglich. Die Geyers lassen sich uie verleugnen." „Ich habe wenigstens drei Damen an einem Fenster gesehen." „Vielleicht die Gouvernante mit den beiden Jüngsten?" Lore zuckle die Achseln. In Wildau wurden sic desto zuvvrkommcndcr empfangen. Der Hausherr selbst kam aus dem sein einfachen weißen Wohnhaus — er sah ancki im Winter ganz svnnenbraun aus. Im großen, Hellen Wohn zimmer wurde den Damen sogar eine schr laute Be grüßung — eiu allgemeines Gelachter zu Teil. Herr und Frau von Reddern waren dort und ersterer rieb sich die Hände, während die Damen riesen: „Natürlich sahen wir Sic auch von Trcnka her kommen!" „Von dort kommen mir auch!" „Bestrafte nachbarliche Teilnahme — wie Gräfin?" frug die Reddern mit einem malitiösen Lächeln, „auch Sie trieb Ihr „gutes Herz" hin — ganz wie mich." Flore, welche weder die Heiterkeit, noch die Worte verstand, stellte der Hausfrau ihre Schwester vor und die kleine Frau bemühte sich, Loren einige liebenswürdige Worte zu sagen, aber ihre Gedanken schienen von etwas ganz anderem erfüllt. „Was sagen Sic nur, Gräfin Wessel!" „Ich weih nicht, war Sic meinen. Betrifft es Trenka?" (Fortsetzung folgt.)