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Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .Kohensteln-ErnjNhaler' Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des solgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei sreier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50. bei Abholung in der Gcschäjtsstelle Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Poslanslallen und die Landbriesträger enlgegen. Als Eztta beilage erhallen die Abonnenlen jeden Sonntag das .Illustrierte Sonntagsblatt'. — Anzeigengedühr für die ögespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., sür auswärts 15 Psg.: im Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im »Oberlungwitzer Tageblatl' Aufnahme. 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Auf der Tagesordnung steht die Fort setzung der Besprechung der Interpellationen. Abg. Gamp (Rpt): Ich will dem Standpunkt deS Herrn von Liebermann im allgemeinen nicht entgegentreten; aber die Art und Weise, wie er sprach, wird in weiten konservativen Kreisen keine Billigung finden. (Widerspruch.) ES ist ein tragisches Geschick, daß ein Herrscher, dem die Arbeiter soviel zu verdanken haben (Widerspruch bei den Sozialdemokraten), so wenig Anklang findet bei den großen Massen. Seit BiSmarcks Abgang fand der Kaster keine Männer, die den Mut und die Kraft hatten, ihre verfassungsmäßigen Pflichten gegenüber dem Kaiser zu erfüllen. Das ,st die Ursache für jene Eischeinung. Caprivi und Hohen- lohe besaßen keinen Einfluß auf den Kaiser, daher halte Fürst Bülow einen schweren Stand Immer hin werden fich in den Archiven Fälle finden, wo er einen bestimmenden Einfluß in gutem Sinne auf den Kaiser auSübte. Im Auswärtigen Amte find viele Beamte, die schuldiger find als der Kanzler. Der Abg. von Hertling sprach von einem Markstein in der parlamentarischen Gstchichte. Ich wünschte, es wäre ein Wendepunkt im Lebcn deS Kaisers. Worauf stützt denn der Kanzler seine Ueberzeugung, daß der Kaiser nun zurückhaltender se(n wird? Der Kaiser wird falsch informiert. Bei Gesprächen mit Ausländern muß man besonders vorsichtig sein. Die Engländer, können die deutschen Interessen beim besten Willen nicht richtig beur- teilen. Freundlicher Akte von England haben wir unS selten zu erfreuen. Wir brauchen eine starke Flotte, um unsere Küsten zu verteidigen. An einen Krieg gegen England, der einen Weltkrieg entfesseln würde, denkt bei unS niemand. (Der Reichskanzler betritt den Saal.) Die Verminderung der Gesandt- fchaftSwache in Peking Hal auf China einen guten Eindruck gemacht. In dieser Weise sollte man fortsahren. Mit England sollten wir uns wegen der Flotte verständigen. Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt! (Hurrarufe bei den Sozialdemokraten, gegen die der Redner mäh- Selbstliebe. Raman von Constantin Harro. 3-if (Nachdruck Verboien.) Zn diesem sinne Wrack er fick auck gegen Herrn von Kliukwarlh ans, der fick zu Ende des Wimers nack Berlin halte versetzen lassen und den Freund bald ausstickte. „Potz Wetter, haben Sie ein Heim", ries Klinkwarth in Ekstase, als er bei Wein und Cigarren in Bussos hockst geschmackvoll und behaglich eingerichtetem Arbeits zimmer sah. „Und dazu die entzückendste Frau! Sie sind beneidenswert!" „Ach, die Schwiegermutter, die ist hier überflüssig", meinte Liebenau uuninlig. „Ick dachte es mir ja bald, das? sich Etta Nicki würde von ihrer Mutter trennen wollen, daher schlug ich fürs erste ein Reiseleben vor ... Ann, Sie kennen ja Ettas Schwärmerei sür Berlin. Liclmochte von langen Reisen vorläufig nichts wissen, ihr gefiel der Menichentrubel in der Reichshanptstadt, anck spürt sie allerhand geistigen Genüssen nach, die iw mir nun allerdings gern schenkt." „Das glaube ich! Wir haben anderes zu thun! Mtt Ihrem Geld können Sie ja endlich dem Sport huldigen, ohne sich gleich hcreinznlegen. Sie haben ja vrackl volle Pferde im Stall! Der GoldsuckS zum Beispiel , . „Den reitet Etta! O, sie sieht zu Pferde vorzüglich au-s. Sie ist eine Reiterin, vor der mau Respekt haben must. Und anck sonst: es macht mich wirklich selig, sie in Gesellschaft zu beobachten. Einen Chic hat sie! Und diele reizende Beweglichkeit des Körpers und des 'Leistes, die doch niemals unschön wirkt . . in der Dbm . . wenn Frau von Krosinsk» uns verliehe: es wäre rast eiu ideale- Leben sür mich." „Aber die alte Frau kann Sie dock Unmöglich stören", mcnuc Klintworlh ih mnlcidigtm Ton. Sie ist dock so anspruchslos." , rend seiner Ausführungen wiederholt polemisiert I hatte) Abg. Schrader (freis. Vrg): Des Ernstes der Situation, sowie der Notwendigkeit, einmütig zu sein, müssen wir uns voll bewußt sein. ES hat keinen Zweck, daß wir unS hier mtt dem psycholo gischen Werdegang des Kaisers beschäftigen. Ich wende mich deshalb zu Einzelheiten, zunächst zu dem Auswärtigen Amt Ich kenne den Geheimen Rat nicht, finde eS aber hart, daß ein einzelner für den Fehler büßen soll. Mit dem Manuskript mußte dem Auswärtigen Amte doch ein Schreiben mit einem Hinweis aus die Bedeutung des Schrift- stücks zugegangen sein. Für uns war das jüngste Interview nur ein neues Glied in der alten Kette. Niemand sollte sich mehr hüten, allzu frei zu sprechen, als hochgestellte Personen. In der Politik machen sich zwei verschiedene Elemente gellend. Das darf nicht sein und darf nicht so weiter gehen. Eine einheitliche Politik in der Hand des Reichs kanzlers ist uns bitter not. Wir hätten gewünscht, daß der Kaiser in diesen Tagen in Berlin geweilt hätte. Die Besichtigung des Zeppelinschen Ballons war wohl nicht so wichtig. Es wäre gut gewesen, wenn der Kaiser durch den Kanzler von diesen Verhandlungen unmittelbar unterrichtet worden wäre. Fürst BiSmarck sorgte sür eine einheitliche Politik, obwohl er bet seinem Herrn viel Wider stand fand. Wir bitten den Fürsten Bülow aufs eindringlichste, dem Kaiser vorzustellen, daß es so nicht weitergehen kann. Diese Verhanolungen können unser Ansehen im Auslande nur dann schädigen, wenn wir daS mtt ihnen angestreble Ziel nicht erreichen. Wir brauchen eine einheitliche, klare und feste Politik. DaS parlamentarische Regime, da- wir wollen, besteht darin, daß kein Minister auf die Dauer regieren kann, der sich nicht im Einklänge mit dem Volk und feiner Ver tretung befindet. Einmütigkeit in großen Fragen bleibt die Hauptsache. Unsere Politik muß eine einheitliche sein nach innen und außen, dann werden wir stark sein Abg. von Norman« (kons ): Namens meiner Fraktion habe ich zu erklären: Die gestrige Ant wort deS Reichskanzlers entsprach der Situation. Wir enthalten uns daher jedes weiteren Eingehens aus die Sache. Wir erwarten, daß dec Reichs kanzler seinen Worten auch diejenigen Taten folgen lasten wird, die das Wohl unseres VaterlandiS erfordert. (Beifall rechts) Abg. Zimmerman« (deutsche Rstpart.): Bei uns in Sachsen hat ein alter Mann erklärt, daS Erdbeben im Vogtlands sei kein natürliches; cS sei entstanden, weil Bismaick fich ob der jüngsten Ereignisse im Grabe umgedreht habe Man möchte saft daran glauben. Die Antwort des ReichS- kanzUrS war unbefriedigend. Er hielt eine glän zende Rede, eS fehlt ihr aber der Kern. Die Rede war eine Abschwächung der Ereignisse, gerichtet nicht an den Reichstag, sondern nach Donaueschingen. Wie in Zukunft solche Dinge verhindert werden sollen, hörte man kein Wort. An den edlen Ab sichten des Kaisers zweifelt niemand; seine Aeuße- rungen rufen immer peinliche Wirkungen hervor. Warum find immer gerade Engländer Vertraute des Kaiseis? Der Kaiser hat die Fühlung mit seinem Volke verloren. Bei Festlichkeiten steht er nur die Hurra»ufende Menge und sonst die höfische Kl que. Die Hos-Eunuchen haben den Kaiser zu dem Interview sogar beglückwünscht. Dieser By zantinismus ist an allem Unheil schuld. Die jüngste Gegenwart beleuchtet die entstandene Kluft bengalisch. Das ganze Volk ist in starker Er- regung, der Reichstag harrt Erklärungen deS Kanzlers, und der Kaiser feiert Feste! Welche Garantien bietet unS der Kanzler, daß der Kaiser zurückhaltender wirb? Gestern hörten wir nicht- von solchen Garantien! Unerläßlich ist die Er- Weiterung der parlamentarischen Macht durch Mt< nisterverantwortlichkrit und Schaffung eine» parla mentarischen Ausschusses für auswärtige Politik. Wenn wir vor unS sehen eine irregeleitete, impul sive Kraft, so müssen wir ihr unsere eigne Kraft, d,e Kraft der gesamten Nation, entgegensetzen. Eine große Summe von Vertrauen und Kredit, die unS Kaiser Wilhelm I. und BiSmaick hinter lassen haben, ist vei praßt, lieber dem Willen deS Herrschers, ves Kaisers, steht deS Reiches Wohl! Abg. Haußmann (südd. Volksp ): Al« unS das Unglück der Zerstörung deS Zeppelinschen Luftschiffes traf, sand sich da- ganze deutsche Volk zusammen; einmütig stehen wir auch jetzt da. Die Szene ward zum Tribunal Niemand verteidigt den Kaiser. Der konstitutionelle Gedanke ist von allen Parteien in den Vordergrund gerückt worden. Nach den urkundlichen Darlegungen scheint die Einkreisungspolitik gegen unS berechtigt zu sein. Der Kaiser hat gesagt, Schwarzseher dulde ich nicht, und er hat Schwarzseher zu Millionen ge schaffen. Darin liegt das tragische Moment Der Kanzler sprach gestern wehmütig. ES ging bei gedämpfter Trommel Klang. Die Situation dieser beredten Staatsmannes ist sehr ernst. Der Kanzler beantwortete gestern viele Fragen nicht. Er scheint die Interpellation auch nicht — gelesen zu haben. (Heiterkeit.) Der Kanzler sagt, im „Daily Tele graph" sei vieles falsch wiedergegeben; wir lechzen aber danach, die Wahrheit zu erfahren. Auch über da- Interview deS Amerikaner- Hale hat unS der Kanzler nichts gesagt. ES ist daS Wort gefallen von dem „Admiral deS Atlantischen OzeanS", soll sitzt vielleicht gesprochen werden von dem „Admiral des Atlantischen und deS Stillen OzeanS" ? Auch wir glauben an die Vaterlandsliebe des Kaiser-, haben deshalb aber auch daS Recht, dem Kaiser zu sagen, daß seine Mittel, diese Liebe auszu drücken, so bedenklich find, daß wir wünschen, ste fänden keine Anwendung mehr. Der deutsche Kaiser ist kein Mehrer der Sympathien für Deutsch land, daS hat Fürst Bülow selbst gestern zuge geben. Die wichtigste Stelle der Rede deS Kanzlers war die, wo er sagte, er habe die Ueberzeugung gewonnen, der Kaiser werde nun zurückhaltender sein. Wir verlangen aber Tatsachen. Wir wollen hören, daß der Kanzler mit dem Kaiser darüber gesprochen hat. Wir hätten gewünscht, daß er unS erklärte, der Kaiser und ich find einig. DaS Volk und der Kanzler haben j tzt schwere Tage durchlebt; der Kaiser nicht. Ich weiß nicht, ob der Kanzler seine Entlastung noch einmal einge reicht hat. I denfallS kann eine Politik, deren Träger in das Goldne Buch von München die Worte einschrieb „r«gi8 voIvutL8 miprvw» lex" (de- Königs Wille ist daS oberste Gesetz), nicht selbst ständige Räte heranziehen. Mit Interviews und Telegrammen darf keine Politik gemacht werden! Der BundesratsauSschuß für auswärtige Ange legenheiten muß regelmäßig zusammentreten. Auch die Organisation der obersten Behörden muß reformiert werden. Dem Reichstage muß eS leichter gemacht werden, Anfragen über auswärtige Politik jederzeit an die Regierung zu richten. Die Durchführung deS konstitutionellen Prinzips ist die Hauptsache. Das persönliche Regiment muß auf hören. Das nächste Mittel zur Abhilfe wäre eine gemeinsame Adnste an den Kaiser. Wir können darin die Ecklärung des konservativen Parteivor- stände- ausnehmen. DaS wäre ein ehrlicher Ver such, die Wandlung im Kaiser herbeizusühren. (Beifall) — (Der Reichskanzler verläßt, an- „Gewiß! Aber, mein Himmel, immer versteht sie ec- mick nickt, fick unsichtbar zu macken! Sie genien mick nnn mal. Ihre kleinstädtische Vorliebe für bunte Farben in der Toilctt: habe ick ihr ja nack und nack abgewohnt. Aber es bleibt jo vieles, was mir nickt paßt! Sick ewig unter Kontrolle zu wissen, ist nickt gerade angenehm." „Aber, Berchrlester. Sie übertreiben", nahm Kliuk- worth die Partei der alten Dame. „Oder stört sic Ihnen viclleickt das Je»? Da könnten Sie sich eigentlich noch bei ihr bedanken, denn einstens . . ." „Wer redet davon?" fiel Liebenau dem Kameraden hastig in die Rede. „Ick. ick glaube, ick bin eiscr- sücktig auf meine Schwicgermama. Etta liebt ihre Mutter fast zu sehr. Und natürlich ist für die Mutter alles, was die Tochter thnt oder sagt, ein Evangelium. Für Fran von Krosiuskn ist Etta sozusagen Lebenslust. Run, sehen Sie, Kamerad: ick möchte Etta in meiner Weise auck noch etwas erziehen. Da stoße ich denn bei der Schwiegermutter auf Widerstand. Nein, nein, es ist nichts mit dem Dritten in der Ebe . . ." „Das kann ick ja verstehen", pslichtete der Offizier bei. „Aber, bitte, gehen Sie in der Sache reckt vor sichtig ans Werk. Schaffen L'e sich keine Feindin. Noch ist Ihnen Frau von Krojiuskh aufrichtig zu- gethan . . „Himmel, ich will ja nicht gerade gewaltthälig erscheinen", murmelte Busso. . . . Bald darauf wechselte er das Gesprächsthema. Nnn war es Etta, die immer und immer wieder hören mußte, daß auch für die glücklichste Ehe eine dritte Person stets eine große Gefahr sei. Busso wurde direkt eifersüchtig auf die ihm mißliebig gewordene Schwiegermutter. „Zärtliche Liebe duldet nichts neben fick", dozierte er. „Ja, ja, Etta, ich glaube, ick wurde auch ein Kind mit eifersüchtigen Blicke» betrachten! Macht Dich solche ausschließliche Zärtlichkeit nicht stolz, mein süßes Her,?' „Ack, Busso", entgegnete Etta mit leisem Seufzen, „ich muß es gestehen: Du sprichst nur meine eigenen Gedanken ans. Du und ich in der Welt, sonst nichts! Aber ich habe Mitleid mit meiner Mutter. Meine Dankbarkeit und Anhänglichkeit machen Mama allein das Lebcn noch erträglich. Du weißt, daß sie viel gelitten hat, die Acrmste." „O, ick zwinge Dick ja zu keiner Entscheidung", meinte Liebenau verletzt. „Nur weil Du mir alles bi t . . . Aber laß nur . . . Niemals werde ich Dich zu etwas überreden, was Deinem Gefühl widerstrebt. Lieber füge ich mich auch in das mir Unangenehme." — Sckou nack einem halben Jahr war der stille Kampf zwischen Fran von Krosinskv und Liebenau zn Gunsten des jungen Ehemannes entschieden. Etta hatte nicht einmal nölig, handelnd in das Drama ein zugreifen. Frau von Krosiuskn sah selbst das Haltlose ihrer Stellung ein, und von dem Groll gegen ihren Schwiegersohn ließ sie Etta nichts merken. „Ich bin müde geworden, lasse mich nach Welchers- burg ziehen", bat sie die Tochter. „Ihr lebt auch gar zu geräuschvoll für eine alte Frau." „Aber Mama", sackte Etta zuzurcden, „Du bist ja bei uns zu Hause! Niemand soll Dich stören, wenn Du mehr Ruhe haben willst." „Schon gut, schon gut! Du meinst es immer ehrlich! Aber erlaube mir, zu gehen. Sieh', das Glucken verdirbt am Ende ganz in den Hänaen des Pächters. Es lhut not, daß ick zum Realen iche. Wenn Du dann einmal mit Deinem Mann zu mir kommst, wirst Du vielleicht Dein Wunder erleben. Ick habe große Verbesserungen vor", verteidigte die Mutter ihren Plan. „So, so!" sprach Etta gutmütig. „Da will ich Dir gewiß nick! hinderlich sein, Mama. Du gc- statrest anck, daß ick ein tceines, Dir längst bcstimmics Kapck.l '"mon jctz: in Deine Hände lege. Du wirst es dort brauchen können." „Welch ein Unsinn, Etta", wehrte Frau von Krosinskv die Großmut der Tochter ab. „Nein, nein, ich nehme keinen Pfennig, Kind. Ick habe, was ich brauche." „So betrachte die Summe als Notaroscheu, lieb« Mama", sprach Etta bestimmt. „Wir leben hier so sehr im Nebenfluß . . Du kommst mir ja wie aus» geplündert vor. Bitte, widersetze Dich nicht!" „Wenn Dein gutes Herz schon nicht ander- kann: Meinetwegen!" Sick zum Scherz zwingend, fuhr die alte Dame fort: „Ick hebe ja dock alles für Dick auf und spare nock dazu, denn, bin ich erst wieder daheim, so hat auch die faule Zeit ein Ende. Arbeit und Erinnerung! Die beiden Gesellschafter lasse ich mir schon nicht ent schlüpfen . . . Freilich, die Sorge um Dich werde ich kaum los werden, gcücblcS Rind. Und magst Du auch zehnmal den Kops schütteln: ich ängstige mich dock! Im Schloß und im Dorf aber, da will ick von Deinem Glück reden, daß die Leute bersten sollen vor Neid. Ja, ja, das lasse ick sic alle gehörig merken, daß Dein Mann ein ganz prächtiger Mensch ist, und daß Du mit dem Golde nur so klimpern kannst!" Sechzehntes Kapitel. Das Opfer Fran von Krosinskhs belohnte sich. Sie blieb nicht lange vergessen in ihrer Einsamkeit An einem heiteren Juniabcnd trat Friedel Hemmschuh unvermutet in ihre stille Klause. Mit einem Freudenschrei fuhr Ettas Mitter in di« Höbe. „Friedel, Sie? Wo haben Sie so lange gesteckt? Kein Mensch at recht ordentlich gewußt, wo Sie fick aufhielten . . . Wie schön, daß Sie hierher gekommrn find . . . Sie wissen doch ...?" Vtrlegen brach sie ab. (Fortsetzung folgtJ