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WlOeiMOHckrMM Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bemsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .Kohenstein-Ernjtthaler' Anzeiger erscheint mi! Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50, bei Abholung in der Geschäftsstelle Mk.l.25, durch die Post bezogen (autzer Bestellgeld) Mk.l.50. Einzelne Nummern >0 Psg. Bestellungen nehmen die Geschästs- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Poslanslalten und die Landbriesträger entgegen. Als Extra- beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte Sonntagsblatt'. — Anzeigengebühr für die ögespaltene Korpuszeile oder deren Raum t2 Psg., für auswärts 15 Psg.: im Reklametetl die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im »Oberlungwitzer Tageblatt' Aufnahme. 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Selbst bet der Feier deS siebzigsten Geburtstage- Fürst BiSmarckS brach nicht mit einem Male ein solcher unwiderstehlicher Wille durch, wobei man allerdings daran zu denken hat, daß sich am L. April 188b die politischen Parteigegensätze sehr scharf geltend machte», waS heute gänzlich in Fort fall gelangt. Auch bezüglich der Höhe deS auS Privat-Mitteln zusammengebrachten Fonds ist nie die gegenwärtige Summe erreicht worden. Die National-Spende für BiSmarck machte im ganzen kaum */. Millionen auS, ein Betrag, der heute schon weit überschritten ist. Woran liegt diese impulsive Weitherzigkeit, sind die Deutschen früher etwa weniger dankbar und weniger opferwillig ge wesen? Es kommen hier verschiedene Gründe zu sammen, von welchen gewiß der am deutlichsten empfundene die Teilnahme mit dem Mißgeschick deS wackeren Manne-, der keinerlei Feind besitzt, ist, von denen aber weit stärker noch sich geltend machte die Hoffnung, in dem Zeppelinschen Luft schiff einen Kriegs-Faktor begrüßen zu können, der chauvinistischem Uebermut im Auslande heilsame Fesseln anlegte, damit also zu einer bedeutsamen Friedens-Garantie wurde. Daß diese Erwartung keine ganz trügerische war, ergab sich aus dem Eindruck, den die Arbeit deS Grafen Zeppelin ganz besonder- in London gemacht hat und der trotz deS bekannten MalheurS anhält. Dem deutschen Michel war doch endlich einmal die Geduld gerissen ob der nun schon wiederholte Jahre gegen uns andauernden Putschereien und hämischen Einkreisungsgeschichten, die immer von neuem in den fremdländischen Zeitungs-Spalten austauchten, mochten von unserer Seite auch noch so viel Beweise von Friedfertigkeiten gegeben wer- den. Wie viel VersöhnungS Besuche sind von Deutschen auS allen Kreisen an der Themse ge macht worden und was hatten sie geholfen? Bis vor kurzem blutwenig. Als Kaiser Wilhelm II. vor Weihnachten mehrere Wochen in England war, war alles gut und schön, und gleich darauf ging der Zeitungs-Spektakel von neuem an. ES hat merkwürdig lange gedauert, bis König Eduard eine Art von Gegenbesuch in Deutschland machte, und die britische Königin ist auch heute noch nicht mitgekommen, obwohl die deutsche Kaiserin wieder holt jenseits deS Kanals war. Kein Wunder, wenn sich in der deutschen Volksseele schon lange etwas geregt hatte und sie nach dem Ausdruck einer kräftigen Betätigung suchte. Das ist nun geschehen ohne Komitees — von denen, offen gesagt, der Deutsche nicht immer etwas hält —, zum Be ginn wenigstens, und ohne höhere Leitung, aber eS hat in London und Paris genützt. Auf den Zehen läßt sich der deutsche Michel nicht herum trampeln, das hat jeder, den eS angeht, merken können. Vielleicht hilft diese Bewegung zu besserem Vertragen, als die schöne, nur nicht anerkannte Liebenswürdigkeit. Der nationale Rock hat seinen hohen Wert, und darum freuen wir uns, daß die Reichsregie rung ein Gesetz einbringen will, daS den Verlust der deutschen Retchs-Angehörigkeit erschwert. ES sind ja doch leider noch eine gange Menge Menschen, die ins Ausland und übers Meer fahren, um nicht Soldat werden zu müssen und die dann nichts eiligeres zu tun haben, als den deutschen Rock auszuziehen. Es muß leider weiter gesagt werden, daß selbst kleine Nationalitäten fester an ihrer HeimatSzugehörigkeit hängen, wie mancher Deutsche. Andere Staaten haben darüber auch ganz andere Bestimmungen. So kann z. B. nach französischen Recht kein Franzose seine Staats zugehörigkeit verlieren; bringt er eS in irgend einer Weise fertig, in der Fremde daS Bürgerrecht eines anderen TtaateS zu erwerben, so befreit ihn daS keineswegs von seinen Pflichten gegen Frank reich und er kann, wenn man ihn erwischt, bis zu seinem sechzigsten Lebensjahre noch als Soldat eingekleidet werden. Kann er keinen aktiven Dienst tun, so wird er in irgend einer Weise beim Mili tär, in der Kaserne beschäftigt. So weit soll bei uns in Deutschland nicht gegangen werden; aber das sicht fest, daß das Ausziehen deS nationalen Rockes, um nicht Soldat werden zu brauchen und aus anderen Gründen, möglichst erschwert werden muß. Diese Forderung ist eine solche, die in eine Zeit nationaler Bewegung, wie wir sie jetzt haben, durchaus hineinpaßt. Tagesgeschichte. Der Kaiser ist am Donnerstag auf Schloß WilhelmShöhe bei Kassel eingetroffen und von der Kaiserin empfangen worden. Bei den Kavallerieübungen im Senne lager in Westfalen hat der Kaiser zeitweise selbst geführt, u. a. die beiden vereinigten Divisionen. Am Mittwoch abend fand großer Zapfenstreich statt. Nach Beendigung der Uebungen reiste der Kaiser am Donnerstag ab. Der Besuch de» englischen KönigSPaare» tu Berlin im kommenden Frühjahr soll tatsächlich fest be- schlösse»« Sache sein. Der Besuch des Königs und der Königin in der Reichshauptstadt war laut „Franks. Ztg." schon seit längerer Zeit nicht mehr fraglich. Als der König vor einigen Jahren den Kaiser in Kiel besuchte, wollte er damals schon nach Berlin kommen; aber auf Anregung des Kaisers wurde Kiel während der Kieler Woche gewählt. Auch daß die Königin Alexandra den Besuch unserer Kaiserin in Berlin erwidern würde, stand schon lange fest. Graf Zeppelin» Lank Graf Zeppelin dankt dem deutschen Volke für die zahlreichen Beweise der Teilnahme und deS unerschütterlichen Vertrauens. Er werde versuchen, sich des Vertrauen- würdig zu erweisen. Er sagt u. a.: „Ich bitte auf diesem Wege meine Ver sicherung aussprechen zu dürfen, daß neben meinem eigenen festen Glauben an die Richtigkeit meiner Idee nichts so sehr geeignet ist, mich nach dem großen Unglück wieder aufzurichten und zu unge- säumterWiederaufnahme meiner Arbeit anzuspornen, als der Gedanke, daß das ganze deutsche Volk, dem mein Werk von Anfang an gewidmet, sich hinter mich gestellt und in beispielloser Begeisterung und Opferfreudigkeit mich mit Mitteln ausgerüstet hat, daS zerstörte Luftschiff durch ein neues, nach den gemachten Erfahrungen verbessertes Fahrzeug wieder zu ersetzen. Bewegten HerzenS spreche ich dem ganzen deutschen Volke meinen innigen Dank aus. Ich betrachte eS als meine heilige Ehren pflicht, mich deS mir bewiesenen Vertrauens würdig zu erweisen, und fasse die herrliche nationale Kund gebung auf als Auftrag meine- Vaterlandes, in der bisherigen Weise weiterzuarbeiten. Ich weiß, daß ich damit eine schwere Verantwortlichkeit übernehme, aber der Wille deS deutschen Volkes, Luftschiffe meines Systems als auserwählte Streiter in den Kampf zur Erprobung der Luft zu senden, gibt mir Mut und Kraft, unbeirrt die eingeschlagenen Wege sortzuschreiten." — Die Continental-Eaout- schouc-Compagnie in Hannover, die bisher die Ballonhüllen für Zeppelin geliefert, erfährt von ihm, daß die Meldung, wonach die neue Hülle in England bestellt sei, falsch ist. Rückkehr der deutscher» Hochseeflotte. Wie aus Kiel gemeldet wird, ist die deutsche Hochseeflotte unter dem Oberbefehl deS Prinzen Heinrich Donnerstag nachmittag von ihrer vier wöchigen Ozeanreise nach Kiel zurückgekehrt. Die Fahrt ist gut verlaufen. Den letzten Teil machten die Schiffe unter taktischen Uebungen von der Nordsee aus um SkagenS Horn durch den Belt. Am 27. August beginnen die großen Herbst manöver. Mit landwirtschaftlichem Unterricht im Heer« sollen auch in Preußen nach bayrischem Vorbilde Versuche unternommen werden. Das preußische Kriegsministerium, daS dem Plane sympathisch gegenübersteht, wird dem Reichstage wahrscheinlich schon in der kommenden Session bestimmte Pläne unterbreiten. Der Minister hat dem „B. T." zu folge bereits einige Leitsätze ausgestellt. Bei der zweijährigen Dienstzeit kann ein landwirtschaftlicher Unterricht nur so erfolgen, daß er den Dienst nicht berührt. Der Unterricht muß fakultativ sein und darf nur in den Freistunden nach dem Dienst statt finden, nicht mehr als zwei Stunden in der Woche beanspruchen und keine Kosten verursachen. Der Unterricht soll nicht von militärischen Vorgesetzten, sondern von geeigneten Zivilpersonen erteilt werden. Zweck dieses Unterricht-, der sich in Bay rn recht bewährt hat und daher auch in Württemberg und Hessen eingeführt wurde, ist eS, zur Verringerung der Landflucht beizutragen. Der Unterricht in Preußen wird namentlich in den Garnisonen der westlichen Provinzen angebracht sein, da die dort garnisonierenden Regimenter sich auS dem Osten ergänzen und die Gefahr der Landflucht bei ihnen am größten ist. Kampf oder Friede? DaS ist die noch immer nicht gelöste Frage in der deutschen Sch>ffSbauindustrie. Wenn die Nieter deS Etettmer Vulkan in den nächsten Tagen in ausreichender Zahl zurückkehren, dann ist der Friede gesichert, sonst aber gibt es einen harten Kampf, in den allmählich eine Viertelmillion Arbeiter hineingezogen werden können. Die Einsicht und das Verantwortungsgefühl sollten den Nietern den Weg weisen, den zu gehen ihnen aus dem eigenen Lager empfohlen wird. Dtsziplinarbrnch der badische» Sozialdemo kraten Von den 11 sozialdemokratischen Mitgliedern der badischen Abgeordnetenkammer stimmten S für daS Budget, weil in diesem auch die Aufwendungen sür die Gehaltsaufbesserungen enthalten waren, die gerade die Genossen mit größter Entschieden heit vertreten hatten. DaS war logisch und ver ständig, entspricht aber nicht den Beschlüssen der Parteitage. Der „Vorwärts", daS sozialdemo kratische Zentralorgan, überschüttet denn auch die badischen Genossen mit einer ganzen Flut von Schmähungen. Der Disziplinarbruch ist vollendet, so heißt es darin. DaS ist die Antwort der badischen Landtagsfraktion auf die Anfrage der obersten Parteivertretung und Aufsichtsbehörde! Denn daß der Parteivorstand, die oberste Auf sichtsbehörde, die besondere Pflicht hat, über Be obachtung von Parteitagsbeschlüssen zu wachen, wird wohl kein Parteigenosse zu bestreiten wagen. Aber die Auskunft wurde verweigert, und zwar mit der geradezu burlesken Ausflucht, daß man Geheimhaltung beschlossen habe. Geheimhaltung gegenüber dem Parteivorstand I Der „Vorwärts" hofft, daß die Genoffen im badischen Lande ihren Zweifelnde Liebe. Roman von M. Kncschle-Schönau. .38. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Er fühlte sich indessen wie vernichtet. Die letzte Erklärung hat seiner Ansicht nach das Maß seiner Schuld zum Ueberquellen gebracht. Die Beziehungen zu dem Frankfurter Bankier sind rein geschäftliche gewesen, was er für Liebesbriefe an ihn gehalten, ein harter, von AlltagSnot diktierter Frvhndienst und die verdächtigen Geldsendungen der karge Lohn dieser mühseligen Arbeit! Die Schamröte steigt ihm ins Gesicht bei dieser harmlosen Lösung. Er findet kein Wort zu seiner Verteidigung, aber auch nicht den Mut, um Verzeihung zu bitten. Unter dem Vorwande, Helmuth zu suchen, ent fernt sich Maria. Sie fühlt, daß ihm jetzt ein kurzes Alleinsein eine Wohltat sein muß, und sie will es ihm gönnen. Sie lenkt ihre Schritte dem Stallgebäude zu, aus dem Helmuths jauchzendes Stimmchen schallt. Die Kinder des Wirtes zeigen ihm daselbst ihre Schätze: weiße, rotkugige Kaninchen, junge, gelbgetigerte Kätzchen und einen stattlichen weißen Ziegenbock! Helmuth weiß sich vor Entzücken kaum zu fassen, als der Bock angeschirrt und vor einen kleinen Leiterwagen gespannt wird. Jubelnd folgt er der Einladung, darinnen Platz zu nehmen. Dann setzt sich die Equipage, in Bewegung und umkreist langsam das große Rascnrondell. Strahlend vor Glück über dieses ungewohnte Vergnügen, schwenkt er jedesmal grüßend sein Mützchen, wenn er bei Maria vorüberfährt. Diese weidet sich lange an der Freude des Kindes, dann aber mahnt sie zur Heim kehr und tritt Hand in Hand mit ihm vor den noch immer düster vor sich hinstarrendcn Professor. „Es ist Zeit, an den Heimweg zu denken," sagt sie freundlich und packt ihre Sachen zusammen „Kommen Sie mit, Herr Professor?" „Ja, darf ich denn?" fragt er zaghaft. „Ei freilich, warum auch nicht? An meinem Rufe ist ja doch wohl nichts mehr zu verderben!" Es sollte scherzend klingen, aber das Beben ihrer Stimme, das Zucken ihrer Mundwinkel übten eine andere Wirkung auf ihn au§. Er zuckt bei diesen Worten zusammen, als habe ihn ein Peitschenhieb getroffen, aber kein Wort kommt über seine scst zu- sammcngepreßten Lippen, nur der traurige, gequälte Ausdruck seiner Augen sagt ihr, daß sic ihm weh getan. Mit einer hastigen Bewegung wirft er sein Ränzel über die Schulter, und Hut und Stock fassend, folgt er ihr und dem Kinde. Raschen Schrittes wandern sie die Fahrstraße hinunter, schweigend, jeder mit seinen eigenen Gedanken be schäftigt. In das leise Rauschen des Bcrgbaches mischt sich nur zuweilen HelmutHS Stimme, die noch immer von dein wunderschönen Ziegcnfuhrwerk erzählt. Endlich sällt dem kleine» Manne doch das Schweigen der beiden auf, und verwundernd von einem zum anderen blickend, fragt er treuherzig: „Ihr habt Euch wohl gezankt?" Maria runzelt leicht die Stirn und will soeben die naseweise Frage rügen, doch im selben Moment hört sie ihren Begleiter, der den Knaben an seiner Linken führt, mit eigentümlich vibrierender Stimme antworten: „Nein, mein Junge, gezankt haben wir uns nicht, aber sichst Du, der garstige Onkel hat Deine gute Mutter sehr gekränkt, und nun ist sie böse, 0 so böse auf ihn." „Ja, weshalb kränkst Du denn mein goldiges Mütterchen?" fragt Helmuth und blickt ihn mit seinen blauen Augen ziemlich kampflustig an, doch als er das traurige Gesicht seines Freundes bemerkt, meint er tröstend: „Ach Du, Onkel Professor, weißt Du, Mutti kann ja gar nicht böse sein! Sie tut nur so. Sie ist ja so gut, und wenn Du sie so recht, recht sehr bittest und versprichst, es nie wieder zu tun, dann wird sie gleich wieder gut. Bitte nur!" Bei dieser kindlichen, mit größter Zuversicht aus gesprochenen Mahnung wird dem Professor gar eigen ums Herz. Feuchten Auges sucht er einen Blick Marias zu erhaschen, doch diese geht mit tief ge senktem Haupte auf der anderen Seite deS Weges, und nur das lichte Rot ihrer Wangen läßt ihn ahnen, daß sie den Worten des Kindes gelauscht. Seufzend wendet er den Blick zu dem bittend zu ihm nusschauenden Kinde, und zärtlich das schmale Händchen in seiner Linken drückend, sagt er leise und traurig: „Ich darf ja nicht bitten, mein Helmuth, sonst hätte ich es längst getan!" Bedächtig sein lockiges Haupt schüttelnd, sagt der Knabe darauf mit großer Bestimmtheit: „Bitten darf man immer!" „Kindermund tut Wahrheit kund! Gnädiges Fräulein — kann, darf ich dieser Mahnung folgen? Erwartungsvoll hängen seine Augen an ihren Lippen; unwillkürlich sind sie alle drei stehen ge blieben. Helmuth zupft die Mutter ain Kleide und nickt ihr aufmunternd zu. Mit der anderen Hand versucht er de» Professor näher heranzuziehen. Er kann nicht begreifen, warum jener erst noch lange fragt, ehe er bittet, und auch da§ sonderbare Wesen seines guten Mütterchens ist ihm unverständlich. Anstatt ihm versöhnlich die Hand zu reichen, steht sie abgewendet am Wegrande und läßt einige Korn ähren immer und immer wieder durch die Finger gleiten. Und endlich spricht sie leise und mit einem Gesicht, als ob sie weinen wolle: „Gönnen Sie mir Zeit, Herr ProfessorI Noch bin ich viel zu erregt, um auch nur einen klaren Gedanken fassen zu können. Gehen Sie, bitte, mit Helmuth voraus und überlassen Sie mich mir selbst!" Er erfüllt ihr Verlangen und zieht das anfäng lich widerstrebende und sich mehrmals nach der Mutter umschauende Kind mit sich fort. Um es aus andere Gedanken zu bringen, fragt er es noch mals nach dem Ziegenbock und den Kaninchen, wo raus Helmuth rasch seinen Kummer vergißt und lebhaft zu plaudern beginnt. (Fortsetzung folgt.)