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WWn-CWWr Anzeiger Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der »Kohenslein-Emsllhaler" Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kaus Ml>. 1.50, bei Abholung in der Geschäftsstelle Mk. 1.25, durch die Post bezogen (auher Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern w Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanslallen und die Landbriesträger entgegen. Als Extra, beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte Sonntagsblatt'. — Anzeigengebühr für die «gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., für auswärls 15 Psg.; im Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im »Oberlungwiher Tageblatt" Aufnahme. 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Höpfner erneuerte Ge löbnis der Treue an, fügte hinzu, er werde sich veS TreuschwurS erinnern, wenn eS not tue, und leerte sein GlaS auf die „Triarier". Wenn man bedenkt, daß die Triarier die besten Leute der römischen Legion waren und viele Schlachten ent- schieden, so hat der Kaiser mit diesem Wort den Reserveoffizieren sein höchster Lob ausgesprochen. Lq» Kolontalprogram« deS Staatssekretärs Dernburg, daß dieser in zweieinhalbstündiger Rede in der Budgetkommisfion deS Reichstag- vortrug, hat eine» tiefen Eindruck hervorgerufen. Im Gegen satz zu einem großen Teil der in Ostafrika an sässigen weißen Farmer betonte der Staatssekretär aufS nachdrücklichste daS Recht deS Eingeborenen, der daS wichtigste und wertvollste Aktivum in unserer ostafrikanischen Kolonie sei. Wer aus dem Schutzgebiet sofort viel Geld herausziehen wolle, der faste die Sache bei dem verkehrten Ende an. Der Schwarze müsse konsumfähig gemacht und durch eine breit angelegte und auf mindestens über «ine ganze Generation ausgedehnte Kulturarbeit erzogen und auf eine höhere Stufe der Lebens haltung gebracht werden. Unser gegenwärtiges Geschlecht hat nach diesen programmatischen Er- klärungen deS Staatssekretärs auf einen nennens werten Gewinn auS unsern afrikanischen Kolonien also noch nicht zu rechnen. Die Zinsen aus der in den afrikanischen Schutzgebieten festgelegten Kapitalsanlage werden erst nach Jahren, ja nach Jahrzehnten in der erwünschten Weise fließen. Aber daS ist ja richtig, daß die z«hn Millionen Eingeborenen Deuts ch-Ostafrika-, wenn ihnen ein mal die kulturellen Errungenschaften des Abend- lande- zum Bedürfnis geworden sind, wertvolle Abnehmer unserer Jndustrieprodukte sein werden. Auch zur Arbeit und zu einer rationellen Bebauung deS Grund und Bodens müssen die Schwarzen erst erzogen werden. Und auch dabei wird man sich gegenwärtig halten müssen, daß tief einge wurzelte LebenSgewohnheiten nicht im Handum drehen durch kulturmäßige ersetzt werden können. Wohlwollende und konsiquente Gewöhnung wird auch hier zu einem endlichen Erfolge führen. Nur darf man die Geduld nicht verlieren. Kraukreich Die verdrießliche Marokkogeschichte 'hat jetzt noch einen mehr als peinlichen Marineskandal zu Tage gefördert. Alle Schiffe des französischen Geschwaders an der marokkanischen Küste befinden sich dem Pariser „Eclair" zufolge in kläglichem Zustande. Die Schiffe, die seit längerer Zeit in Reserve lagen, find nicht mehr in der Verfassung, um dem ihnen übertragenen Dienst genügen zu können, während die andern ungeeignet find, den Kurierdienst zu versehen. Deshalb hat sich die französische Regierung genötigt gesehen, mit Reedern zwecks Ueberlastung von Transportschiffen in Unterhandlungen zu treten. Wenn sich schon die für die Marokko-Expedition ausgewählten Schiffe in einem so unzulänglichen Zustande be finden, wie mag eS dann um die übrigen Trans portschiffe der französischen Kriegsmarine bestellt sein! Und daß der „Eclair" nichts übertreibt, sondern die nackte Wahrheit sagt, muß jedem klar sein, der die zahlreichen Unfälle auf den an der Marokko. Expedition beteiligten französischen Schiffen der jüngsten Wochen verfolgt hat. Die Ruhe in Marokko selbst, von welcher General Damade so selbstbewußt berichtete, hat nicht lange vorgehalten. ES haben schon wieder neue blutige Kämpfe stattgefunden, bei denen mehrere Angriffe der Eingeborenen mit dem Bajonett zurückgewiesen werden mußten. Der Respekt der Eingeborenen vor den Franzosen ist, nach diesen fortgesetzten Angriffen ihrerseits zu schließen, kein besonder- großer. Mit dem Gegen- sultan Mulay Hafid soll der französische General Damade ein Abkommen dahin getroffen haben, daß die direkten Anhänger deS GegenfultanS von den Franzosen nicht angegriffen werden und daß diese in dem eigentlichen Bruderkriege nicht Partei nehmen würden. Ler Papst und die neue Ehe deS vulgaren- fürsteu. Am 1. März findet die Trauung des Fürsten von Bulgarien mit der Prinzessin Eleonore von Reuß statt. Da der Fürst infolge der griechisch- katholischen Taufe seines Erstgeborenen auS poli- tischen Gründen unter dem kleinen Kirchenbann steht, der ihn von den Sakramenten ausschließt, war gefragt worden, wie stch der Papst zu der neuen Ehe stelle. Ein zu dem Vatikan in guten Beziehungen stehende- Blatt teilt mit, daß der Fürst den Papst zweimal um DispenS gebeten habe, aber vergeblich Ein Gerücht, daß der Papst seine Erlaubnis zur römisch-katholischen Trauung gegen eine hohe Geldsumme gegeben habe, sei falsch. Der Fürst ist vielmehr zu der Meinung gekommen, er brauche keinen päpstlichen DiSpenS, da der bulgarische Erzbischof ihn erteilen könne. Der Erzbischof erteilte tatsächlich den DiSpenS und soll von dem Fürsten die Zusicherung erhalten haben, die Kinder auS der zweiten Ehe römisch-katholisch taufen und erziehen zu lasten. — Prinzessin Eleonore ist eine evangelische Fürsten tochter. Der «töfielprozeß, der so viele und trübe Einblicke in daS Militär wesen Rußlands erschlossen hat, ist nach Monate langer Dauer jetzt endlich zum Abschluß gelangt. Vor der UrteilSsällung durch daS Militärgericht hielt der Hauptangeklagte noch eine Verteidigungs rede. General Siöffel laS sein Schlußwort müh sam vom Manuskript ab und baute seine Selbst- Verteidigung auf die Behauptung auf, Port Arthur sei im Augenblicke der Uebergabe keine Festung mehr gewesen, sondern nur noch ein Trümmer haufen und hätte stch höchstens nur noch wenige Tage halten können. Ein Blutbad in den Straßen Port Arthurs hätte den noch am Leben gebliebenen 20000 Verteidigern der Festung, die nach monate- langem heldenmütigen Kampfe am Ende ihrer Kräfte standen, den Tod gebracht. Er habe die Kapitulation der nutzlosen Aufopferung dieser Helden vorgezogen und glaube damit keine Schuld auf sich geladen zu haben. — Vom menschlichen Standpunkt nicht; vom militärischen hat die Frage ein anderes Aussehen. Ueberdies beschränkt sich die Schuldsrage nicht auf die im Augenblicke der höchsten Gefahr erfolgte Uebergabe, sondern er streckt sich vor allem auch darauf, ob General Stössel während seiner ganzen Amtszeit als Festungskommandant alles pflichtgemäß getan hat, um eine Katastrophe zu verhüten. In jedem Falle bleibt der Stöstel-Prozeß ein überaus dunkles Kapitel in der Geschichte der russischen Militär verwaltung. Deutscher Reichstag. 105. Sitzung vom 19. Februar. Die Beratung deS Etats deS Reichsjustizamts wird fortgesetzt. Abg. Stadthage» (Sozdem.): Eine große An zahl von Prozessen, die darauf hinauslaufen, den Arbeitern ihre Menschenrechte zu nehmen, ihnen vor allem das Koalitionsrecht unmöglich zu machen, spielt sich seit Jahren ab. Wie der Abg. Heinze gegen die Klassenjustiz losgezogen ist, war erfreulich. AuS nationalliberalem Munde habe ich so etwa» noch nie gehört. Auf dem tiefsten Niveau steht die Rechtsprechung in Hamburg gegen die ihr Koa litionsrecht wahrenden Mitglieder deS Hafenarbeiter verbandes. DaS trat besonders auS Anlaß desStceiks der Schauerleute zutage. DaS ungeheuerliche Urteil der Zivilkammer verbot dem Verbände öffentliche Ankündigungen behufs Verhinderung des Zuzugs von Streikbrechern. Das Urteil ist diktiert von den Interessen des Arbeitgeber-Verbandes, die Richter sind Fleisch von ihrem Fleisch. Es ist !aum zu denken, daß daS Urteil von dem Ober- andeSgericht aufrecht erhalten werden kann. Der Redner wendet sich dann gegen die GensationS- »ascherei der bürgerlichen Preste, wie sie stch im Fall Hau gezeigt habe. Er wirft ferner den Rich- ern Amtsmißbrauch gegen angeklagte Arbeiter vor, »le stets ungebührlich behandelt werden, sobald es eststeht, daß sie Sozialdemokraten find. Gegen Roheiten von Studenten wird dagegen sehr milde verfahren. Der Redner führt eine. Reihe von Fällen an, in denen Studenten fich Ruhestörungen, Widerstand gegen die Staatsgewalt usw. zuschul, den kommen ließen. Trotzdem kamen sie mit ge ¬ ringen Geldstrafen davon. Arbeiter würden in denselben Fällen mit schweren Freiheitsstrafen be dacht worden sein. Das ist Klaffenjustiz, gegen die in schärfster Weise Stellung genommen werden muß. Redner befürwortet dann noch die Resolution seiner Partei wegen Sondergerichte für Streitig keiten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen Arbeit gebern einer- und Bureaugehilfen, ländlichen Ar beitern und Gesinde andrerseits und verurteilt dabei aujS entschiedenste die Ministerialversügung über L gitimationSkarten für ausländische Arbeiter. Wie kann sich Preußen anmaßen, unter Bruch deS Ver- tragsrechts ausländische Arbeiter auSzuweisen, bloß weil sie die Arbeitsstätte wechseln? Das Stärkste dabei ist, daß die Verfügung für ganz Deutschland erlassen ist! Seit wann ist der preußische Polizei- Minister Minister für ganz Deutschland?! Wohin man sieht, überall sieht man die Arbeiter rechtlos und machtlos. Die Rechtsordnung macht Bankerott. Staatssekretär Nieberding erklärt, die Frage wegen der Legitimationskarten gehöre vor das R. stört des Reichsamts des Innern. Ich habe, fährt der Redner fort, schon oft daS Vergnügen gehabt, die Beschwerden des Vorredners anzuhören; aber ich muß ihm doch da vorhalten, schon auf dem Jenaer Parteitage ist gesagt worden: Gerade die Klassenjustiz sei eS, die die Mafien aufpeitsche. Nun, ich glaube, die Ausführungen deS Vorredners waren nicht gerade aufregend. Draußen im Lande sprechen Sie von der Klaffenjustiz immer anders als hier. Hier in dlesem Hause heißt eS, die Richter urteilen nicht mit Absicht ungerecht, aber sie könnten nicht aus ihrer Haut heraus. Der Vorredner hat eine Anzahl von Einzelfällen erwähnt, die das beweisen sollen, aber in der Regel liegen die Fälle anders, als er sie hier darstellt. Die Fälle, die etwa für ihn sprechen könnten, sind ver- schwindende Ausnahmen. (Widerspruch links.) Wenn der Vorredner sage, die Richter könnten sich nicht in die Lage der Arbeiter hineinversetzen und sie fällten gegen Arbeiter drakonische Urteile, gegen andere Personen dagegen milde, so treffe das nicht zu. (Zuruf: Heinze!) Wenn Herr Heinze daS gesagt haben sollte, so kann ich ihm nicht zustimmen. Es ist nicht gestattet, von Klassenjustiz zu sprechen. Mißgriffe werden immer Vorkommen Unter Klaffenjustiz verstehe man aber absichtliche tenden- ziöse Rechtsprechung gegen Arbeiter, und eine solche absichtliche tendenziöse Rechtsprechung bestehe nicht. Deshalb werde ich auch nicht aufhören, hier gegen den Vorwurf der Klaffenjustiz zu protestieren. (Beifall rechts.) Abg. Gröber (Zentr.) ist überzeugt, daß Stadt hagen übertreibe. Fehlurteile kämen ja vor. Auch in Richlerkreisen selber werde manches Urteil nicht gebilligt. Sehr milde Strafen kämen z. B. vor bei Beleidigungen, Ehrverletzungen. Weshalb? Die Beleidigungen seien eben so häufig, daß die Richter dagegen wohl abgestumpft seien. Auch bei RoheilSvergehen gelte AehnlicheS. Unverhältnis, mäßig milde seien auch die Bestrafungen bei Ueber- tretungen von Arbeiterschuhbestimmungen; aber auch da könne man nicht gleich von tendenziöser Recht- sprechung reden. Ein allgemein abfälliges Urteil über die Rechtsprechung zu fällen, sei nicht ange bracht. Man solle doch an die vielen Hundert tausend« einwandfreier Urteile denken. Viele An- I regungen, die Heinze gegeben, seien dankenswert. I Richtig sei, was die zivilrechtliche Rechtsprechung I anlange, daß die Richter daS Erwerbsleben viel- I leicht nicht immer genug kennen, um in Erwerbs- I streitfällen stets das Richtige zu treffen. Deshalb habe man ja auch Gewerbe- und kaufmännische Gerichte eingesührt, wo den Richtern Laien zur Seite stehen. Dem Gedanken, Berliner Assessoren nach Süddeutschland zu schicken, könne man auS ähnlichen Erwägungen nur beistimmen. Haben wir erst volkstümliche Gerichte mit Laienrichtern, so weide jedenfalls der Ruf nach weiteren Sonder, gerichten Nachlassen. Den Resolutionen betreffend Strafvollzug und betreffend Jugendgerichte stimmt Redner zu. Ungeeignet erscheint ihm dagegen der v. Liebertsche Vorschlag betreffend Deportationen. Er befürwortet den Antrag seiner Freunde betr. Selbstbeköstigung und Gclbstbeschästigung, sofern mit der straffälligen Handlung keine ehrlose Ge- stnnung verbunden ist, erklärt fich für Diäten, für Schöffen und Geschworene in der Form deS frei finnigen Antrages und wünscht di« Anträge über den Zeugniszwang der Abgeordneten beim Etat des Reichstag- zu behandeln. Die Kompetenz der Gewerbegerichte könne ausgedehnt werden; er sei aber gegen neue Sondergerichte. DaS Recht der Zeugnisverweigerung auf alle bei der Herstellung beteiligten Personen auSzudehnen, gehe zu weit. Redner begründet dann noch auSfüh lich den von seiner Partei früher schon eingebi achten Antrag auf Schaffung eine- TarifvertragSrechtS. Bei Tarifverträgen handle eS sich nicht um Kampf-, sondern um FrtedenSorganisationen, nicht um Ec. kämpfung, sondern um Festlegung. Abg. Ablaß (freis. VolkSp.) spricht stch für den Antrag Bassermann auf Vorlegung eine- Gesetz- entwürfe- über Strafrecht, Strafverfahren und Strafvollzug für Jugendliche auS. Die K iminalität der Jugend sei erschrecklich gewachsen. Die Pro stitution müsse lokalisiert werden, damit Kinder nicht mit ihr zusammenkommen. Für die Bildung deS Volke- müsse mehr gesorgt werden; daher sei daS Vorgehen der preußischen Regierung gegen die Gesellschaft für Volksbildung zu bedauern. Redner fordert Heraufsetzung deS StrafalterS von 12 auf 14 Jahre. Die große Mehrzahl seiner politischen Freunde lehne aber unter allen Umständen besondere Jugendgerichte und damit eine weitere Zersplitterung unserer Gerichtsverfassung ab; dagegen seien keine Kosten hoch genug, um besondere Anstalten für die Unterbringung jugendlich Verurteilter zu schaffen. Redner wendet sich weiter gegen etwaige Absichten, eine neue lei Heinze zu schaffen und gedenkt dabei eine- Breslauer Prozesse- gegen den Papierhändler Delahon, der Postkarten mit Reproduktionen nach Rubens und anderen Meistern verlegt hat. DaS Glrafkammerurteil habe die Reproduktionen, da sie öffentlich ausgestellt waren, für objektiv unsittlich er klärt ; in Wirklichkeit sei in diesem Prozeß weiter nichts Pornographisches gewesen als die Darstellung de- Staatsanwalts in der Anklageschrift und die Ur- teilSbegründung des Gericht-. Der Staat-anwalt ist auch noch weiter gegangen. Er versuchte seine Kollegen in Dresden zu veranlassen, auch dort der Verbreitung der Postkarten entgrgenzutreten. Der Dresdner Staatsanwalt aber antwortete ihm, ich muß eS ablehnen, gegen diese Reproduktion großer Meister einzuschreiten. Ich kann sie nicht für unsittlich halten. Nach diesen Erfahrungen sei es wohl angebracht^ in Kunstsachen Sachver- ständige zu vernehmen. Weiter kritisiert Redner, wie die Stellung der Rechtsanwälte zuweilen von den R chtern aufgefaßt werde und die Verhängung von Ordnungsstrafen wegen Ungebühr. Der Rechtsanwalt stehe doch nicht dem Gerichte gegen- über wie ein Rekrut. Unhaltbar sei ferner die Fortdauer der Bestimmungen des preußischen Preßgesetzes über daS Plakatwesen, sowie die Rechtsprechung darüber. Hierauf erfolgt Vertagung. Sächsischer Landtag. Zweite Kammer. Dresden, 19. Febr. Auf der Tagesordnung steht zunächst daS königliche Dekret über den Ent wurf eines Gesetzes über die Berweuduug der Jag-nutzuuge». Abg. Horst-Moldau (kons.) erstattet namens der GesetzgebungSdeputation Bericht, bezieht stch auf die Behandlung deS Gegenstandes in der ersten Kammer und beantragt die Annahme des Gesetze- in der Fassung, in welcher es aus den Beratungen der jenseitigen Kammer hervorgegangen ist. In der Debatte spricht Abg. Sobe-Zschorna sein Bedauern auS, daß nicht eine gründliche Re vision de- ganzen Jagdgesetze- vorgenommen wor- den sei. Abg. Kockel-Crostewitz (kons.) stimmt dem Vor- redner zu und bedauert, daß der Abschuß der Rehböcke in Preußen schon am 1b. Mai, hier in Sachsen erst am 1. Juli beginne. DaS ergebe an der Grenze mancherlei Mißhelligkeiten, und eS em pfehle stch, die Schußzeit vom 1. Juni beginnen zu lasten. Kleine Gemeinden sollten inAuSnahme- fällen die Füglichkeit erhalten, ihre eigene Jagd- genostenschaften zu bilden und sich nicht erst einer anderen Gemeinde anschließen zu müssen. StaatSminister vr. Graf Hohenthal: DaS Jagdgesetz dient in der Hauptsache volkswirtschaft lichen Zwecken und nicht den Jntercsten der Jäger. Sobald wir die Rehböcke im Mai frei geben, würde fich bald eine starke Abnahme deS Bestande ergeben. Mit einer Herabsetzung der Mindestacker, zahl auf weniger al» 110 Acker würd« stch die Kammer kaum einverstanden erklären.