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Nichtamtlicher Teil. — Sprechsaal. 249 26. Oktober 1909 Redigiert von Hans Dommasch. Verlag von F. Volckmar in Leipzig. IX. Jahrgang, Nr. 3, Oktober 1909. 4°. S. 121 —168 m. Abbildungen. Inhalt: Zur 150. Wiederkehr von Schillers Geburtstag. Von F. Kielmer. — Die katholische Literaturbewegung. Von K. Friedrich. — Aus einem bewegten Frauenleben (Helene von Racowitza). — Neue Volks- und Jugendbücher. Von Wilhelm Kotzde. — Kleine Mitteilungen. — Personalchronik. — Bibliographie der Neuerscheinungen. — Proben aus neuen Büchern. — Anzeigen. Pers onalnachrichten. * Auszeichnung. — Der »Regensburger Anzeiger» meldet: »Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Durchlauchtigste Frau Fürstin Margarete von Thurn und Taxis hat dem Prokuristen der Manzgesellschaft Herrn Otto Hartmann (Otto von Tegern see) in Regensburg für dessen Höchstihr gewidmetes Buch »Vom Brenner ins Zillertal» goldene Manschettenknöpfe mit Namenszug und Krone in prächtiger Ausführung überreichen und in einem Schreiben kundgeben lassen, daß Höchstdieselben das anziehend geschriebene und von scharfer Beobachtung von Land und Leuten zeugende Büchlein mit großem Interesse gelesen haben.» * Achtzigster Geburtstag. — Seinen achtzigsten Geburtstag beging am 20. Oktober der Buchdruckereibesitzer und Verlags buchhändler Herr David Hendeß in Köslin, Inhaber der an gesehenen dortigen Firma C. G. Hendeß. Hierzu wird uns ge schrieben: Seine noch ungebrochene Energie zwingt ihn, sich noch täglich zu beschäftigen. Es vergeht kaum ein Tag in der Woche, auch nicht der Sonntag, wo man nicht Gelegenheit hätte, den alten Herrn lesend oder schreibend in seinem Kontor zu sehen. Mit größter Pünktlichkeit sogar wandert er wöchentlich zweimal noch zur eigenen Badeanstalt, um zu baden, einerlei, ob das Wetter gut ist oder schlecht. Auch bei der größten Kälte im Winter läßt er sich das Vergnügen nicht nehmen. Dabei ist er körperlich leider etwas gelähmt durch zwei Schlaganfälle, die er vor mehreren Jahren erlitt. Ein Pommer von echtem Schrot und Korn! Sein stadtbekannter Humor und seine Leutseligkeit, sein srischer Geist und seine Liebenswürdigkeit sind die herrlichen Eigenschaften, die ihn bei allen seinen vielen Bekannten und Freunden zum Gegen stand der Bewunderung und Hochschätzung gemacht haben. Sprechsaal. Mnsikalien als Theater-Zugaben. Eine hiesige Theaterdirektion kündigte auf ihrem Theaterzettel vom 7. Oktober an, daß sie jedem Besucher der Vorstellung »Dollarprinzessin» einen Klavierauszug (Potpourri) gegen Lösung eines Theaterzettels von 40 Heller gratis überreiche. Eine ent sprechende Reklame wurde auch in hiesigen Tageszeitungen ge macht. Ich ging in die betreffende Vorstellung, um ein Exemplar des bewußten Klavierauszuges zu erwerben. Mein Staunen war groß, als ich für 40 Heller einen Theaterzettel und ein Potpourri der Dollarprinzessin, Ladenpreis X3.60 (.//3.—), Verlag Harmonie- Berlin und W. Karczag L C. Wallner-Wien, erhielt. Es ist dies keine erfreuliche Tatsache, um so verdrießlicher, wenn man dann noch von Bekannten zugerufen bekommt: »Na, ihr Buchhändler müßt ja rasend viel Geld mit Musikalien verdienen! für 40 Heller.» Daß dies dem Sortimenter nicht zum Nutzen gereicht, ist doch klar. Weiterer Kommentar unnötig. Ein direktes Schreiben an den Wiener Verlag, Firma W. Karczag L Wallner, hatte den Erfolg, daß ein Antwort schreiben datiert vom 9. Oktober 1909 kam, in dem versichert wurde, daß es unerklärlich sei, woher der Theaterdirektor die Noten nehme. Die Firma habe sich an den Direktor um Auf klärung gewandt und werde weiteres mitteilen. Bis heute traf keine Mitteilung ein. Inzwischen hatte die Direktion wieder angekündigt, daß sie am 12. Oktober zur Vorstellung: »Der fidele Bauer» ebenfalls einen Klavierauszug »Fidele Bauer» zu den bereits bekannten Bedingungen gratis gebe. Mein Weg war zur Behörde, denn in Österreich ist Musikalien verkauf an eine Konzession gebunden. Die Folge davon war, daß die Direktion die Klavierauszüge »Fidele Bauer» nicht ausgeben durfte und außerdem noch eine Geldstrafe erhielt. Die Firma Verlagsgesellschaft Harmonie-Berlin wurde mittelst Schreiben vom 11. Oktober 1909 von dem Vorfall auch benach richtigt. Bis heute langte ein Antwortschreiben nicht ein. Die Theaterdirektion soll behauptet haben, daß ein derartiger Verkauf an allen Bühnen, namentlich in Wien allgemein üblich sei. Sortimenter in Österreich, schützt euch gegen derartigen Wett bewerb durch die Behörde! Sortimenter in Deutschland, verlangt von den Verlegern, die zu solchen Preisen an Nichthändler liefern, ebensolchen Rabatt, damit ihr mit Theaterunternehmungen konkurrieren könnt! Dann dürfte diesem Unwesen, das den regelmäßigen Musi- Komotau, am 15. Oktober 1909. Wilhelm Benker. Entgegnung. Es ist üblich, daß Theaterdirektoren bei Jubiläums-Auf führungen, speziell bei der hundertsten Aufführung, dem Publikum mit dem Theaterzettel irgend eine Dedikation in Form einer Musikbeigabe überreichen. So wurde den Besuchern der 100. Auf führung der »Lustigen Witwe» und der »Dollarprinzessin» ein ver kleinerter Klavierauszug überreicht. Da kleinere Theater sich diese Ausgabe nicht leisten können, so traten im letzten Jahre ver- schiedene Theaterdirektoren an uns heran mit dem Ersuchen, ihnen ein Potpourri zum Gratisverteilen an das Publikum aus Anlaß von Jubiläums-Aufführungen zu liefern. Dieselben ver sprachen sich von einer solchen Verteilung von Gratis-Exemplaren bei Jubiläums-Aufführungen ein lebhafteres Interesse des Publikums für die folgenden Vorstellungen der betreffenden Operette durch die Popularisierung der Musik. Auch wirhaben hierin keine Schädigung des Musikalienhandels erblickt, sondern lediglich eine Propaganda für die Operette; denn wenn der Theaterbesuch sich infolge solcher Reklamen hebt oder länger als ohne solche Reklamen anhält, so profitiert davon nicht nur der Theaterdirektor und der Verleger, sondern auch der Sortimenter. Auch sind ja — als Anreiz zum Kauf — die übrigen aus der Operette erschienenen Nummern auf den Umschlägen angekündigt, und die Gratisver teilung erfolgt nicht ständig, sondern, wie gesagt, nur am Jubi läumstage. Aus diesem Grunde nahmen wir nicht Anstand, den betreffenden Direktoren eine Anzahl mit besonderem Aufdruck »Zur Erinnerung an — überreicht von —» zu liefern. In jedem Falle ließen wir uns aber einen Revers von den betreffenden Direktoren unterzeichnen, der jeden Mißbrauch aus schließen sollte; vor allem mußte sich jeder Direktor verpflichten, diese Exemplare nur gratis an das Publikum zu verteilen. Da jedoch trotz aller Vorsicht teilweise ein Mißbrauch nicht verhindert werden konnte, so haben wir uns bereits seit längerem zufehen. Was den besonderen Fall des Herrn Benker in Komotau an langt, so hat uns Herr Benker am 11. Oktober in dieser An gelegenheit geschrieben. Wir haben ihm darauf eine Mitteilung zugehen lassen, daß wir mit der Beantwortung seiner Zeilen um Geduld bäten, da wir mit unserem Kontor und Lager in einem Umzuge begriffen seien, der unseren Betrieb für einige Zeit voll ständig stilllegte. Inzwischen haben wir festgestellt, daß von uns aus Herrn Direktor Tichy kein Exemplar der erwähnten Ausgabe geliefert worden ist. Es kann also nur so sein, daß diesem Direktor die Exemplare auf unrechtmäßige Weise geliefert worden sind, oder daß hier ein unberechtigter Nachdruck vorliegt. Wir unsrerseits sind stets vollständig korrekt und mit größter Vorsicht vorgegangen und bedauern sehr, daß leider einzelne Theaterdirektoren resp. deren Angestellte sich zu einer unerlaubten Handlungsweise haben verleiten lassen. Berlin, den 20. Oktober 1909. Verlag »Harmonie», Berlin.