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ÜMM im HehriißklMiißtstin Amciger - Tageblatt. «r. St» InffWOWsM. DÄ „Köln.Volk8ztg."-w^d-geschrieben: Ein Unteroffizier erhielt bei der Erstürmung der Lütticher Forts einen Streifschuß ins linke Knie und einen Schuß durch den rechten Oberschenkel. Später wurde unser Unteroffizier nach Aachen in ein Krankenhaus gebracht. Doch es hielt ihn nicht im Bette. Alle Bitten, ihm Krücken zu bringen und ihn ausstehen zu lassen, waren ver gebens. Da klettert er eines Morgens au« dem Bette, zieht seine Kleider an, gebraucht einen Stuhl als Krücke und humpelt, auf diesen ge stützt, durch die Gänge zum Garten, um hier stillvergnügt die schöne Gotteswelt zu genießen. Endlich finden ihn die Schwestern. Ihre Vor- würfe imponieren ihm nicht. Sie schicken den Arzt. „Sehen Sie, Herr Sanitätsrat, wie weit ich schon hergestellt bin? Besorgen Sie mir nur zwei Krücken; in wenigen Tagen kann ich wieder laufen, und dann geht's zurück in die Front I" Der alte, liebe Herr schüttelt den Kopf. „Das ist Dilles schön und gut, aber vorher wollen wir doch mal das Fieber messen! 39,0 Gradl Das genügt! Jetzt nix wie in« Bett, mein lieber Sohn, und machen Sie nicht noch einmal solche Dummheiten! Mit Gottes Hilfe will ich Sie schon bald revarieren, und dann, wenn Sie ganz hergestellt sino, mögen Sie wieder zur Front gehen!" Einem anderen Insassen dieses Hospitals war durch einen Schuß der Fußknöchel zerschmettert worden; er erhielt einen GipSverband. Auch ihn packte die Ungeduld. „Wie können sie nur in der Front fertig werden ohne mich? Herr SanitätSrat, entlasten Sie mich doch aus dem Krankenhaus!" „Wie wollen Sie denn mar schieren mit einem GipSverband?" „Ich brauch' gar nicht zu marschieren! Ich bin doch Kavallerist! Wenn ich nur mal 'nen Gaul unter mir habe, soll mich keiner herunterkriegen, trotz des Gips- verbandeS!" . . . Ein früherer Fremdenlegionär war glücklich desertiert, hatte sich in Deutschland gestellt, seine Strafe abgebrummt, war eingczogen worden und diente bei Ausbruch des Krieges. Auch cr war bei Lüttich ziemlich schwer verwundet worden durch einen Schuß in die Schulter. Sobald er aufstehen durste, quälte er Arzt und Schwestern, sie möchten ihn doch wieder zu seinem Regiment lassen. Vergebens I „Schwester, ich kann für nichts garantieren; wenn Ihr mich nicht laufen laßt, kneife ich Euch aus!" Und richtig, auf einmal ist Musketier H verschwunden und nirgendswo zu finden. Nach drei Tagen kommt von ihm eine Karte aus Luxemburg: er sei wieder bei sei nem Regiment eingetreten und danke Arzt und Schwestern für die freundliche Pflege! Es st diesen ein Rittst!, wie der Mann trotz seiner Verwundung dort hinkam, und wie es ihm möglich ist, die Anstrengungen des Feldzuges zu ertragen. Nun noch eine Episode vom Schlachtfelds bei Sonnabend, de« 1Ä September 1V14 Lüttich Am Abend deS ersten Sturmtages auf die Forts sah der Erzähler dieses einen Infan teristen, dem ein Granatsplitter die Schädeldecke aufgeristen hatte. Trotz der gräßlichen Schmer zen war der Verwundete bei Bewußtsein. „Sag', Kamerad, wie steht's? Haben wir gesiegt?" Zwar war der Kampf noch nicht entschieden, jedoch zum Tröste des Sterbenden erfolgte die Antwort: „Jawohl, auf der ganzen Linie!" Da verklärte sich da« Gesicht deS Verwundeten, und er sprach: „Gott sei Dank, dann sterbe ich gern!" Und mit leuchtendem Auge rief er in letzter Kraft: „Mit Gott für König und Vaterland!" Dann wandte er sich zur Seite, streckte sich und hauchte seine Heldenstele aus. 3« WfWn Gefangenenlager. Ein Korrespondent des „Berliner Tageblattes" hat die Erlaubnis nachgesucht und erhalten, die in Sachsen untergebrachten französischen und russischen Kriegsgefangenen aufzusuchen. Ihre Zahl beträgt schon jetzt über 20000, davon 14000 auf dem Truppenübungsplatz Königsbrück. Den Besuch bei ihnen schildert der Korrespondent folgendermaßen: Zwei Kciegseisenbahnstunden von der sächsischen Hauptstadt entfernt liegt Königsbrück. Tine Flucht ist hier vollkommen unmöglich; ein zweieinhalb Meter hoher, gar spitzer Stacheldrahtzaun schützt die Gefangenen davor, denn ihr Los wäre das Bajonett oder eine Kugel der zahlreichen Wachen. Aber sicherlich haben nur wenige das Gelüste, aus der schönen Sommerfrische HU entweichen, geht e« doch den meisten Insassen oort viel besser als in der Heimat oder auf den blutgetränkten Schlachtfeldern Ostpreußens, die sie so bald mit einem westlicheren Aufenthaltsort vertauschen mußten. Die Russen sind in Königsbrück weit aus in der Ueberzahl. Sie machen auch — so seltsam es klingen mag — einen viel günstigeren Eindruck als die Franzosen. Sind sie ihnen auch zweifellos an Intelligenz unterlegen, so sind doch die Rusten männlicher, straffer, ihre feldgrauen Uniformen sind sauber und adrett, den deutschen sehr ähnlich, auch ihr Schuhzeug ist gut. Ganz so verlottert, wie die russische Intendantur uns immer geschildert wird, scheint sie denn doch nicht zu sein, wie denn überhaupt dem ruhigen Be obachter sich auch hier wieder die alte Erkenntnis aufdrängt, daß es völlig falsch ist, den Gegner zu unterschätzen. So sieht man neben dummen und tierischen Gesichtern auch sehr intelligente, fast germanische. Neben einigen wenigen Deutsch- rüsten sind viele Deutsch sprechende Polen unter den Gefangenen; weiter findet man rein slawische Typen, aber auch eine ganze Anzahl Mongolen. Alle sind gehorsam, auftnerksam, ja unterwürfig, erheben sich sofort von ihren Lagerri, wenn Be such kommt und grüßen leidlich stramm. Sie sind sehr genügsam; manche von ihnen vermissen zwar den Schnaps sehr — einer bot sogleich bei Ankunft eine goldene Uhr an gegen eine Flasche Wuttki, natürlich vergebens —, aber alle sind herzlich froh, aus dem furchtbaren Feuer der Deutschen heraus zu sein. Eine unangenehme Prozedur mußten sie freilich alle durchmachen; sie mußten sich waschen lasten, was nicht nur sehr viel Wasser, sondern noch mehr Seife kostete. Nach den Berichten der Deutschen, die die Rusten empfangen haben, wimmelten sie bei ihrer Ein Ein Teil der bisher gefangen genommenen englischen Soldaten sind aus dem Truppen übungsplatz in Döberitz in einem Zeltlager untergebracht. Unter den Gefangenen fallen besonders die Hochländer in ihrer eigenartigen Uniform auf, wie unser Bild zeigt. 4L Jahr»««« lieferung nur so von Ungeziefer, Einigermaßen sind sie jetzt von ihren Mitbewohnern befreit. Es soll noch eine gründliche Desinfektion ihrer Sachen erfolgen, dann sollen alle geimpft werden — und damit wird dann das Bummelleben aufhören, denn dann beginnt die Arbeit, vor allem Wegebauen. Die Uniform der Franzosen dagegen ist un ordentlich, teilweise sehr abgenutzt, da sie sich seit Mai im „Manöver" befanden; sie machen einen viel weniger soldatischen Eindruck als ihre öst- ltchen Verbündeten. Verstärkt wird diese Empfin dung noch sehr wesentlich dadurch, daß sich unter den Rothosen verhältnismäßig sehr viele alte Leute mit weißem Haar oder Bart befinden, Männer bis zu 63 Jahren, während man unter den Russen überhaupt keine Weißköpfe sah und nur wenige über 40 Jahre alt waren. Die verbündeten Nationen sind nahe bei einander, doch getrennt untergebracht, die Fran zosen in Baracken, die Russen in Kavalleriezelten. Alle Gefangenen dürfen ihr Geld und ihre Wert sachen behalten. Namentlich unter den Franzosen haben manche bis zu hundert Mark bei sich, während die Rusten nur selten über mehr als ein paar Rubel verfügen. Die Gefangenen sind jetzt regimenterweise untergebracht worden. Es hat viel Arbeit gemacht, die Personalien und vor allem die Herkunft der einzelnen festzustellen; die Angaben sind selbstverständlich den in Be tracht kommenden Behörden übermittelt worden und bieten einen wertvollen Hinweis für diese. Die Deutschen geben sich nicht mehr als unbe dingt notwendig mit den Gefangenen ab; diese müssen alles selbst reinigen und haben auch eigene Aufseher, die für Ruhe und Ordnung verant wortlich sind. Sowohl die russischen als auch die französischen Offiziere sind auf dem König stein untergebracht. Auf die mannigfachen Aeußerungen der Ge fangenen ist nicht viel zu geben, aber eine Be merkung ist doch zu interessant, als daß sie unterschlagen werden dürfte. Eine ganze Anzahl Rusten wollten den Deutschen durchaus nicht glauben, daß die Gesangenen ihnen gegenüber wirklich Franzosen seien. Sie gaben immer und immer wieder ihren Zweifeln Ausdruck und meinten, die Deutschen hätten ihre eigenen Landsleute in französische Uniformen gesteckt, um mit gallischen Gefangenen zu prahlen! Woher dieser feste Glaube? Sicherlich hat man den armen Kerlen nur von groß.n französischen Siegen vorerzählt. ^„Schickt Zeitungen ins Ausland" Porto bis 50 8 5 Pfg., für jede weiteren 50 8 5 Pfg. mehr. Zeichnet die Kriegsanleihen! Zwei Welten. Roman von O. Elster. 85. Fortsetzung. (Nachdruck veiboten). „Aber dem Grafen wird es sehr leid tun." „Ach, Sie nehmen ihn natürlich wieder in Schutz! Sie sind seine Verbündete gegen meine Laune — ich bemerke es wohl", meinte Edith, indem sie Marianne schelmisch mit dem Finger drohte. „Aber ich werde nur gehen, wenn auch Sie mitkommen." „Auch ich — der Graf möchte doch gern mit Ihnen allein sein, Edith." . - — „Aber ich wünsche es nichtig: „Edith, Ihr Gatte ist gut." d " „Sieh, sieh — wie Sie ihn verteidigen! Nun ja, er ist gut — ich erkenne es an — aber man ist auch sehr wenig, wenn man weiter nichts ist." „So dürfen Sie von Ihrem Gatten nicht sprechen, Edith." „Ja, ja, Sie haben recht, Sie kleine Moral- Predigerin. Aber ich kann nun einmal nichts dafür, daß — doch sprechen wir nicht mehr darüber. Singen Sie mir ein Lied — die wilden Rosen . . . bitte bitte! Ich höre Ihre Stimme so gern." Lächelnd ging Marianne zum Flügel und begann das Lied: Wilde Rosen wieder blühen In dem frühlingsfrischen Wald. Wie sie duften, wie sie glühen — Wilde Rosen welken bald . . . Edith lauschte tiefbewegt jedem Worte der weichen Stimme. Als das Lied beendet war und Marianne leise weiter spielte, erhob sie das Haupt und ihr Blick begegnete dem Auge ihres Gatten, der in der Tür stand. Edith erhob sich; ein ungeduldiger Zug machte sich aus ihrem Gesicht bemerkbar. „Pardon", sagte der Graf vortretend, „wenn ich störe." Marianne hörte auf zu spielen, stand auf und wollte sich entfernen. „O, bleiben Sie nur, Fräulein von Warn stedt", fuhr der Graf fort. „Meine Nachricht gilt auch Ihnen." „Du hast eine Nachricht für uns?" fragte Edith. „Einen Besuch", entgegnete der Graf. „Ein alter Bekannter von Euch wünscht euch seine Aufwartung zu machen — Herr von Platen." »Ah -I" Ein leises Erröten huschte über Ediths Gesicht, während Marianne ruhig sagte: »Ja, Herr von Platen diente als Reserve offizier in Hoheneck — daher die Bekanntschaft." „Richtig, Fräulein Marianne — das sagte mir auch Herr von Platen, den ich neulich im Unionklub kennen lernte und der mich bat, uns seine Aufwartung machen zu dürfen. Willst du ihn empfangen, Edith?" Diese wollte kurz erwidern, daß sie nicht die geringste Neigung dazu verspüre. Aber plötzlich glaubte sie zu bemerken, daß ihr Gatte sie mit sonderbar prüfendem Blick beobachtete. Sollte Herr von Platen dem Grafen gegen über Andeutungen über die Vergangenheit ihres Vaters gemacht haben? Ein peinliches Gefühl schlich sich in ihr H^H, sie fühlte sich ihrem Gatten gegenüber nicht frer, eine Empfindung der Schuld gegen ihn bedrückte sie. — Weshalb hatte sie auch dem Grafen nicht alles gesagt? Doch das war nun zu spät — aber jetzt sollte er es auch nicht aus dem Munde eines anderen erfahren. Sie fühlte instinktiv, daß Herr von Platen diesen Besuch mit einer bestimmten Absicht machte. Er wollte sie zwingen, ihn zu empfangen — das war'sI Sollte sie diesem Zwang gehorchen? „Nun", fragte der Graf, „kannst du dich nicht entschließen, deine Einsamkeit aufzugeben? Für die Oper ist es doch schon zu spät geworden — ich denke, wir bleiben heute abend gemütlich zu Hause. Vetter Max will kommen — habe auch Herrn von Platen eingeladen, den Abend mit uns zu verbringen . . . natürlich wenn es dir angenehm ist." „Weshalb sollte es mir nicht angenehm sein?" entgegnete sie scheinbar gleichgültig. „Also darf ich dich und Fräulein von Warn stedt im Salon erwarten?" „Wir werden kommen." „Besten Dank. — Auf Wiedersehen denn." Er entfernte sich, nachdem er Mattannen freundlich zugenickt hatte. Eine Weile herrschte tiefes Schweigen zwischen den beiden Freundinnen. Edith ging hastig in dem Gemach auf und ab, während Mattannens Augen ihr beobachtend folgten. Sie. erriet, was Edith erregte, und trat auf sie zu, ihren Arm auf Ediths Schulter legend. „Was ist Ihnen, Edith?" fragte sie sanft. „Will die Erinnerung an die Vergangenheit immer noch nicht verblassen, daß dieser^Herr von Platen sie so erregen kann. Sie stehen so hoch erhaben über ihn, daß sein Erscheinen für Sie «höchst gleichgültig seii^M^.-Erfüllen Sie die -BRe des Grafen. Seien Sie fröhlich, harmlos, wie immer. Was kümmert Sie Herr von Platen?" Edith atmete schwer auf. „Sie haben recht, wie stets meine gute Matt anne. Ich bin eine Törin — kommen Sie, lassen Sie uns in den Salon gehen." Der Graf, Kurt von Platen und Vetter Mar Sponeck, der grüne Husar, befanden sich in eistigem Gespräch über Sportangelegenheiten. Als die Damen eintraten, verstummte die Unter haltung sofort und Herr von Platen eilte auf Edith zu.. „Gnädigste Frau Gräfin, welch' freudiges Wiedersehen!" Er haschte nach ihrer Hand, die er in über triebener Ehrerbietung an die Lippen führte. „Ich versichere Ihnen, gnädigste Frau Gräfin, daß ich auf das freudigste überrascht war, als ich vernahm, daß Sie für unsere Gesellschaft ge wonnen seien. Ah, wer hätte das gedacht, als ich die Ehre hatte, Ihre und Ihres Herrn Vaters Bekanntschaft in Baden-Baden zu machen!" „Es ist allerdings eine sonderbare Fügung des Schicksals, daß wir uns hier wieder begegnen, Herr von Platen", entgegnete Edith mit stolzer, kühler Zurückhaltung. „Aber noch eine andere, frühere Bekannte haben Sie zu begrüßen." „Fräulein von Warnstedt — gnädiges Fräu lein — ich — bin ersteut — entzückt —" HZ Mattanne reichte ihm lachend die Hand. L„Alte Freunde sieht man stets gern wieder, Herr von Platen", sagte sie einfach, „denn sie erinnern uns an frühere schöne Zeiten." „Oder auch an böse, schmerzliche «stunden", unterbrach Edith sie scharf und kurz. »Ich hoffe gnädigste Frau Gräfin nicht an solche schmerzhafte Stunden zu erinnern. Sollte ich dennoch unbewußterweise Frau Gräfin einst erzümt haben, so bitte ich demütigst um Ver- zeihung." (Fortsetzung folgt.)