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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.07.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191407120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19140712
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19140712
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-07
- Tag 1914-07-12
-
Monat
1914-07
-
Jahr
1914
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 12.07.1914
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Sie am Sonnenwendaben- und sende Ihnen inzwischen eineu recht freundlichen Gruß. Susanne Rosenberg. Wie Somlenschein war es über das ernste, junge Gesicht geglitten. Dies ist der Johannis- fegen, den der Kranz mir beschert, dachte Eli- sabeth und freute sich der Einladung Sie hatte in der Fremde liebe Menschen — eine Lands, mannin — gefunden; sie war nicht mehr ein sam und verlassen. Als sie sich aber im Geiste das Bild ihrer Gönnerin ausmalen wollte, ward es verdrängt von einem jungen, feinge formten Männerantlitz, und sie hörte wieder eine sonore Stimme sagen: „Vielleicht wird nun auch Ihnen — Johannissegen." Der Magister Alexei Rosenberg fas: am Schreibtisch, schob das Manuskript beiseite und lehnte sich in seinen Stuhl zurück — die wis senschaftliche Arbeit, die er unter der Feder hatte, wollte heute absolut nicht fördern. Das machte sicher der Johannisa'end mit seinem Hellen^ verklärten Licht. Ein Zauber schien von diesem Lichte auszugehen — in der Seele des jungen Gelehrten wurden die alten nordischen Sagen von den Wundern der Jo- hannisnacht wach . . . Dabei geschah es, daß er lauschend den Kopf hob, sobald durchs Fen ster einzelne Laute zu ihm drangen — eine weiche, klingende Mädchenftimme. Von den Wundern der Johannisnacht sprangen seine Gedanken über zu dem wirklichen Leben, dem rauhen, von Leidenschaften durchwühlten, und zu dem jungen Wesen, das einsam, unbehütet in diesem Leben stand. Hastig erhob er sich. Weihe Säulen, umrankt von üppig blühen den Blumen, trugen die Loggia der Villa Ro senberg, die einen herrlichen Blick auf das bergige waldige Livland hatte. Eine Blumenranke streifte das reiche gold braune Haar der jungen Norddeutschen, die sich eben über Frau Susannens Hand beugte. Ihr Trauergewand schleppte über das kostbare Bä renfell auf dem Estrich hin, denn die Matrone hatte sie liebevoll an sich gezogen. Die schlanke Mädchengestalt bebte, und das weiße Abend licht, das durch die Säulenhalle brach, ver klärte das stimmungsvolle Bild. Der Magister hatte den Schritt anigehalten; er konnte den Blick nicht von dem Bilde wenden. „Ich habe in dieser einen Stunde mehr Gutes erfahren, als andere in vielen Jahren," hörte er die weiche, klingende Stimme sagen, und wieder mwßte er denken an die Wunder der Johannisnacht . . . Durch Tränen lachte Elisabeth ihn an, als er ihr jetzt seine Rechte entgegenstreckte: „Ihre verehrte Frau Mutter hat mich überzeugt, daß sie ohne die Gesellschaft und Hilfe ihrer Landsmännin nicht sein kann, und mein Herz ist voll Dank für den — Johannissegen." „Da »vollen wir das Bündnis doch gleich mit Met feiern, nicht wahr, liebe Mutter!?" rief der Magister heiter. Bald darauf schäumte der alte nordische Johannistrank in den Kelchen. Der junge Ge lehrte hob sein Glas und vegriißte Elisabeth als künftige Hausgenossin. „Lie hat uns," schloß er scherzend, „ofeu'ar Lil)go, die alte Göttin des Segens, beschert." Ihr zu Ehren flammten jetzt die Höhenfeuer auf, rot den Himmel malend. Fernher scholl eip Jubeln und Singen, das immer ausgelassener, immer jauchzender ward, je mehr die Helle Nach! herausstieg. Wie traumbefangen schaute Elisabeth auf die flammenden Wahrzeichen auf den, Höhen, die Seele bewegt — so sonderbar — so süß beklommen. In» Geiste sah sie beim Schall der Lieder die Mädchen über das Feuer sprin gen und nach alter Sitte, dabei den Erwähl- ten Haschen. „Lihgo — Lihgo . . scholl es jetzt deutlich und deutlicher durch die Nacht. „So sang auch der Bachant, als er Ihnen den Johanniskranz ans,drängte, liebes Fräu lein," sagte eine Stimme und Alexei Rosen berg trat an ihre Seite. Sie nickte versonnen. „Glück und Segen soll der Kranz der Dame bringeu . . ." verteidigte sich der verkannte Spender —" fuhr der Magister fort. „De»i Segen habe ich 'bereits erfahren — „Und das Glück wird nachfolgen, wenn Sie es halten wollen, Elisa'e h . . ." Sie erbebte unter seinen Worten. Aber ibre Augen tauchten in die Augen des Man nes, der dies gesprochen, uud was sie darin las, verhieß ihr eine Welt voll Glück .... lieber Land und Höhen a'er lag in ver- träwntem Licht die Johannisnacht. Atta«, dieHerledtrSberlMfik". Von P a l,, l Espig. Zittau, die größte und bedeutendste Stadt der sächsischen Oberlausitz, darf sich mit Recht auch zu, den s ch ö n st e n Städten des Sachsenlandes rechnen. Von Süden ansteigend, erhebt sich die Stadt aus der Flußniederung der Mandan terrassenförmig nach Norden zu und gewährleistet dadurch ihren Einwohnern einen, besonders gcsnndheitsförderlichen Aufent halt. Im Gegensatz zu anderen sächsischen Landesteilen herrscht bier vorwiegend die süd liche Windrichtung. Die die Stadt umgebende kreisförmige Gebirgskette bildet ein Landschafts bild von eigener Änziehungs'raft. Aoer auch als eine der ältesten Niederlassungen mensch licher Wohnstätten kann Zittau angesprochen werdeu. Nach längerem Bestehen einzelner Ortsteile erfolgte im Jahre 1225 die Erhebung zur ^tadt. Anfangs zu Böhmen gehörig, ge langte die Stadt 1625 an Ki.csachsen. Aus die weitere geschichtliche Entwicklung, die ein be sondere- Kapitel beanspruchen würde, soll hier nicht eingegangvn werden. Alljährlich, mindestens einmal erfreut sich die Stadt Königlichen Besuches. Nach außen hin genießt Zittau den Ruf einer sehr reichen Stadt. Und das ist in gewissem Maße auch berechtigt Allein der ausgedehnte Grundbesitz, der von keiner anderen sächsischen Stadt auch nur annähernd erreicht wird, spricht fiir diesen Ruf. Die rie sigen Waldgebiete umfassen einen Flächenraum von über 6100 Hektar (61 Millionen Quadrat meter) und damit steht Zittau unerreicht an der Spitze des Grundbesitzes sächsischer Gemeinden. Weit bis in das Böhmerland hinein nach Westen, Süden und Osten, bis nach Herrnhut, Ebersbach, Oybin und Lichtenberg erstrecken sich die Gebiete, deren Verwaltüng einen Be stand von 14 Forsthäusern und eine ausge zeichnete Zentralleitung erfordert. Aber nicht nur riesige Waldbestände, auch weitverbreitete Wiesen- und Feldgrundstiicke in Zittau, und und allen umliegenden Gemeinden von nahezu 10 Millionen am Flächenraum nennt die Stadt ihr eigen. Eine große Anzahl Rittergüter und andere Güter im städtischen Besitz stellen in die sen Gemeinden wichtige Gebietsteile dar, auf denen ebenso wichtige Rechte aus vergangenen Zeiten noch ruhen. Dank dieses ausgedehnten Grundbesitzes erfreut sich die Stadt jährlicher Reimiberschüsse von mehreren Hunderttausend Mark, die den Haushaltplan in außerordentlich günstiger Weise beeinflussen und den Einwoh nern damit in steuerlicher Hinsicht von großem Vorteil sind, mehr als in anderen sächsischen Mittelstädten. Es ist dies gewiß beachtlich si'r solche, die hier dauernden Aufenthalt nehmen wollen. Diese Ueberschüsse gewährleisten ferner der Stadt die Möglichkeit, die vielen bedeu tenden Aufgaben, die an sie herantreten, in glänzender Weise zu lösen. Die städtischen Kollegien zögern denn mich keineswegs, wenn es gilt, Wohlfahrtseinrichtungen zu schassen, die Gesundheitsverhältnisse immer mehr zu verbessern und das Ansehen der Stadt zu he ben uud zu befestigen. Eine Menge vortrefflicher Wohlfa h r t s- einri ch t u n gen und WMtätig'eitsanstal- ten verbürgen der Einwohnerschaft schon seit Jahren günstige Lebens- und Gesundheitsver hältnisse. Die geringe Sterblichkeit (11,1 auf Taufen- im Jahre) dürste hierin ihren Grund baben. Zu nennen sind insbesondere neben der -vorzüglichen Beschleusung der Stadt die ca. 100 Kilometer langen Wasserleitungen mit be stem Gebirgsgucllmasscr. Musterhaft eingerichtet ist das im italienischen Renaissance-Stil erbaute Stadtbad. Charakteristisch ist bier besonders der vornehme Säulenbau und der auf dem Reste der alten Bastei sich erhebende Turm. Als weitere Badeanstalten kommen in Frage das mustergültige Licht- und Luftbad in» West- Park, das Ludwigsbad, 2 Naturheilbadcanstal ten, das Neißeflußbad und der Lufatia Brun nen. Letzterer sprudelt armstark aus dem In nern der Erde hervor und wird den Kranken ärztlicherseits sehr empfohlen.-. Diese Heilquelle wird täglich von einer großen Anzahl Leiden der und auch Gesunder ausgesucht. Sie enth lt im Mittel 3,65 Macheeinheiten und eignet sich zum Kurgeorauch fiir Magen-, Darm-, Nieren- und katarrhalische Erkrankungen, aber auch zu Badezwecken. — Dem Volkswohl dienen ferner die städtischen Krankenhäuser und Privatklini ken, der Schlachthof mit besonderen Kühlanla gen, sowie die ausgedehnten Parkanlagen. Letz, tere umgeben die innere Stadt in Form eines vollständigen Ringes, an, dessen Stelle früher die Stadtmauer die heranstürmenden Feinde aufhielt. Ferner liegt im Osten der Stadt der prächtige, ca. 500 000 Quadratmeter umfas sende Weinaupark mit Schillerhain. Dieser ist ein besuchtes Lieblingsplätzchen der Einwohner und Fremden, bieten doch die mit großem Kostenaufwand gepflegten herrlichen Anlagen wunder are Bilder der Naturschönleit. An- grenzend errichtet die Stadt zurzeit eine groß artige moderne Sportplatzanlage mit einein Aufwand von ca. 30 000 Mark. Erwähnens werl sind weiter der Westpark und die inmitten dec Stadt an ausgezeichneter Lage geschaffene Blumenuhr, eiu glänzender Beweis gärtnerischer Kunst. Fast taufend kleine Pflänzchen beson derer Art bilden hier das Zifferblatt und zwei riesige Tulpen (aus Metall) zeigen jedem Vor übergehenden die genaue Zeit an. In unmit telbarer Nähe befindet sich die Stadtgärtnerei, ein ehrwürdiger Turmbau der alten Stadt mauer. Die Verwaltung der Parkanlagen ev folgt durch einen lierzu besonders eingesetzten statischen Ausschuß und einem vorge.üldeten Stadtparkinspektor. Gerade die abwechslungs vollen, Promenaden, gereichen der Stadt zu einer besonderen Zierde und zeichnen sie vor teilhaft vor vielen anderen Städten aus. In der Stadt selsst wandern »vir auf breiten, sau beren und gutgepflegten Straßen. Durch sic weht ungehindert die kräftigende Lust des nahen Gebirges und wirkt neu belebend Eine weitere der Wohlfahrt dienende Ein richtung ist die aus dem 13. Jahrhundert stam mende „Hospital St. Jako'--Stiftung", die be jahrten Bürgern und Bürgerswitwen einen ruhigen und sorgenfreien Lebensabend gewährt. Ferner sind seilens der Stadt mit einem Ko stenaufwand von über Million Mark ein Siechen- und ein Fraucnarmenhaus errichtet worden. Drei weitere Gebäude werden ii» näch ster Zeit folgen. Im Dienste der Wohlfahrt stand ferner die 2 Millionen Mart erfordernde Verlegung des Mandaufluß ettes, die vor allem die jäbrlich wiederkehrende Hochwassergefahr innerhalb der Stad» beseitigen soll- Besonders zu erwähnen ist ferner noch das ausgezeichnete Feuerlöschwesen. Der Dienst wird durch -ie Freiwillige Feuerwehr versehen, die von der Pionierabteilung und den Fabrik wehren in der Ausübung ihrer dem Schutze 2 ungetreuen Gattin so gehetzt und geschuriegelt, daß er all seine Korpulenz verlor und atem los von Stengel zu Stengel flatterte, nirgends Ruhe und Rast findend. Die Besitzer des Bauers fanden das Betragen Delilas uner hört und beschlossen, sie exemplarisch zu stra- fen. Sie ward in dasselbe kleine Bauer ge sperrt, in dem Seppl seine Mauserzeit ver bracht, und als das getrennte Liebespaar wie rasend an den Stäben seiner Bauer zu rüt teln begann und ein ohrenzcrreißendes Ge schrei erhob, wurde Delila einfach in ein anderes Zimmer verbannt. Seppl geriet über diese völlige Trennung so außer sich, daß er sich buchstäblich den Kopf an der Käfigtür ein- rannte, sich eine klaffende Stirnwunde zuzog und unter Krämpfen sein junges Leben aus hauchte. Delila schrie indessen in ihrer Einzelhaft vom Morgengrauen bis in die sinkende Nacht aus Leibeskräften weiter, sodaß man es für das geratenste hielt, sie wieder in ihre alte Umgebung zurückzuoersetzen. Doch kaum hatte sie entdeckt, daß Seppl im Bauer fehlte, als sie wütend auf den ahnungslosen Samson losstürzte, ihn zausend und hackend, daß die Federn nur so stoben und der Aermstc wie ein Mehlsack vom höch sten Stengel zu Boden plumpste und dort wie leblos liegen blieb. Als die wütende Delila nun auch noch über die anderen Vögel her fiel, ward sie schleunigst wieder in Einzelhaft gebracht, wo sie sofort wieder ihre gellenden Schmerzenslaute ausstieß, die nachgerade allen Hausbewohnern auf die Nerven fielen. Um das liebeskranke Weibchen loszuwerden, ver schenkte man es, bekam es aber stets nach längstens drei Tagen wieder zurück, weil jeder der zuerst hoch beglückten Empfänger behaup tete, dieses mark- und beinerschütternde Ge schrei nicht ertragen zu können. Endlich, als Delila zum wahren Rundreisegeschenk gewor den, übergab man sie einem Vogelhändler, der sie in ein Bauer mit mehrere», Dutzend ihres gleichen, Männlein und Weiblein, steckte, wo sie leicht Ersatz hätte finden können. Aber auch solch Vogelherzchen kann Treue bis zum Tode zeigen. Delila konnte ihren Seppl nicht verschmerzen, und nachdem sie noch mehrere Dompfaffen, die ihre Gunst erwerben wollten, halbtot gebissen, ward sie von dem Vogelhändler einfach an die Luft gesetzt, wo sie der Katze zum Opfer fiel. So endete die Liebestragödie zwischen Seppl und Delila und fand noch ein tragikomisches Nachspiel in dem heimischen Bauer, denn der gute Samson, der sich nun eigentlich eines beschaulichen Daseins hätte erfreuen können, war durch die wenig heldenhafte Rolle, die er bei diesem Drama gespielt, allen Respektes bei den übrigen Vögeln verlustig gegangen. Er mochte seinen Schnabel noch so sehr aufreißen, es fürchtete sich selbst der winzigste Zebrafink nicht mehr vor ihm, ja er, der ehemalige Tyrann vom Bauer, ward völlig zum Hans wurst gemacht, an dem jeder sein Mütchen kühlte. Das erbarmte die Besitzer, und man be schloß, der schmachvollen Lage des entthronten Königs ei»» Ende zu bereiten, indem man ihr» für sich sperrte. In demselben Käfig, in dem sich Seppl zum stattlichen Nebenbuhler herausgewachsen und Delila ihr erstes Trennungsweh erlitten, beschloß Samson in nun ungestörtem Frieden seine Tage, ein Opfer seiner unheimlichen Freß sucht, mit der er wohl seinen Witwenschmerz zu betäuben versuchte. Der Wolf mid das Schwein. Ei»» junges Schwein war am frühe»» Mor gen in einen Obstgarten gegangen, um Aepfel zu stehlen, die cs sehr gern aß. Als cs den Garten eben verlassen wollte, sah es den Wolf kommen und flüchtete sich schleunigst auf eine»» hohen Baum. „Guten Morgen, kleines Schwein," sagte der Wolf sehr freundlich, „sind dem» die Aepfel süß?" — „Sehr," versetzte das Schweinchen, „ich werde dir einen herunterwerfcn." Und es warf den Apfel so weit, daß er bis über d e Straße hinüberflog. Der Wolf lief ihm nach, aber ehe er ihn erreichen und zurückkommen konnte, war das Schwein heruntergeklettert, eiligst nach Hause gelaufei» und hatte sich in sei»» Häuschen ein geriegelt. Der Wolf war darüber sehr ärgerlich, aber er zeigte es nicht, sondern ging an die Tür und sagte sehr höflich : „Hör mal, Schweinchen, heute nachmittag ist großer Jahrmarktim näch sten Dorf. Willst du nicht mit mir hingehen, damit ich dir ein paar hübsche Geschenke kaufen kann? Jc»? Ich hole dich um drei Uhr ab." Das Schweinchen hatte gar keine Lust, mit dem bösen Wolf auf den Jahrmarkt zu gehen; denn er hatte schon seine beiden älteren Ge schwister aufgefressen. Da es sich aber ein Butterfaß kaufen wollte, so machte es sich, um dem Wolf zu entgehen, schon um halb zwei auf den Weg, kaufte schnell auf dem Jahr markt ein Butterfaß und begann es vor sich her nach Hause zu rollen. Da sah es plötz lich, als es eben auf einer Höhe angekommen war, von unten her den Wolf auf sich zu 3 kommen. Schnell entschlossen setzte eS sich in das Butterfaß und ließ dieses den steile»» Hügel hinunterlaufen. Bum, bum, bum, rollte es hinunter, und als der Wolf es mit rasender Schnelligkeit daherkommen sah, fürchtete er, cS werde über ihn Hinrollen und ihn töten. So rannte er denn zurück, so schnell ihn seine Beine trugen, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzuschauen. Am Abend, als er sich etwas erholt hatte, ging er nach de»»» Häuschen des Schweines. Er klopfte an die Tür und rief: „Nun, kleines Schwein, es ist gut, daß du nicht auf den Jahrmarkt gegangen bist. Denke dir nur, als ich an den Hügel kam, rollte ei»» gräß liches Ding ganz von selbst den Weg her unter und hätte mich beinahe überfahren. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so er schrocken! Ich werde mich jetzt einmal um sehen, ob das Ding fort ist, und ob du dich unbesorgt herauswagen kannst." Er entfernte sich eine kleine Strecke von dem Haus, da steckte plötzlich das kleine Schwein den Kopf zum Fenster heraus und rief: „He, he, Meister Wolf!" „Was gibt'S?" fragte der Angerufcne und kam zurück. „Ach, nichts Besonderes. Ich wollte dir nur sagen, daß das gräßliche Ding, das dich heute so erschreckt hat, nichts anderes war als ich." Und das Schwcinchcn lachte höhnisch. „Was, du?" rief der Wolf wütend und wollte die Tür aufbrechen, um das Schwein zu verschlingen. Aber sie war fest und wi derstand allen seinen Anstrengungen. Rasend vor Zorn sprang er aufs Dach, um durch dei» Schornstein inS Haus zu gelangen. Aber er hatte nicht daran gedacht, daß heute Backtag war, und daß im Herd ein tüchtiges Feuer brannte. In dieses siel er mitten hin ein und verbrannte zu Asche. Das Schwen- chen aber, das von seinem größte»» Feind be freit war, führte einen Freudentanz um den Herd auf. Die Schwestern Von Tante Elli. Dem Engel „Zeit" zürnten einst glückliche Menschenkinder, daß er gar so eilend weiter ziehe, daß sei»» Geschenk, die köstliche Stunde, doch allzu flüchtig und vergänglich sei. „WaS nützen deine Rosen," klagten die Ir dischen, „wenn sie so schnell unS welken, wenn so leicht ihr berauschender Duft verweht, ihre bestrickende Schönheit so bald unter des Todes eisigem Kuß dayinstirbt?" Da senkte der Engel traurig sein edles Antlitz und vergaß über all den Vorwürfen seinen fröhlichen Flügelschlag. Langsam nur schwebte er über die Erde. Nicht allen Men schen hatte er Rosen der Freude und des Glückes auf den Weg streue»» dürfen, manche Hatter» wohl nur Dornen gesunde»» und sich das Herz daran verwundet. Da nun die Zeit so langsam weiterflog, seufzten jene: „Oh, wie endlos dehne»» sich doch die Tage! Hat die Zeit wohl Blei an den Füßen?" Als der Engel diese neue Klage hörte, schüttelte er unwillig sein goldlockiges Haupt. Was die einen wün schen mit glühendem Sehnen, verfluchte»» die anderen mit grollender Stimme! Oh, über das törichte Menschengeschlecht! Zornestränen funkelten in den Sternenaugen des Engels. Da umschloß eine kleine Hand plötzlich weich und warm seine bebenden Finger, und ein blas ses, süßes Gesichtchen schaute zu ihn» empor. Erinnerung war es, seine Schwester. „Nimm mich mit zu den Irdischen," sagte sic bittend, „laß mich versuchen, die Wunden zu heilen, die du schlagen mußt. Bin ich auch nicht so schön wie du, nicht so strahlend und licht — so bin ich doch immer deine Schwe ster. Ich will mit den Glückliche»» von dir plaudern, und den Betrübter» will ich helfen, daß sie ihr Leid vergessen, daß sie überwin den." D-r Engel lächelte. „So komm!" sprach er nach kurzer Ueberlegung, und Hand in Hand schwebte das Schwesterpaar hinab zur Erde. Flüchtig, wie früher, enteilte die Zeit, und schnell welkten die Kränze, die sie ins Dasein der Menschheit flocht. Da spann heiinlich und leise Erinnerung ihre Zanberfäden um die Herzer» und ließ vor der Erdcnkinder träu mender Seele die glücklichen Stunden wieder und wieder erstehen, schöner, sonniger, als sic gewesen. Wo aber die Zeit Dornen gebracht, da heilte Erinnerung mit linder Hand die brennenden Wunden. In rosenfarbene Schleier hüllte sic daS bittere Weh, den düsteren Granr. Staunend schaute der Mensch auf, ungläubig schüttelte er das Haupt. Sah der Schmerz so aus, wie konnte er dann weinen? Er ver gaß, was er gelitten, und Erinnerung ver klärte Hinfort mit stillem Lächeln den alten Kummer. Hast du dich im Menschen doch einmal geirrt Und Talmi für Gold genommen, So sei nicht verzweifelt und sei nicht verwirrt, Denk einfach: Das »nußte so kommen! Vor allem: schrei nicht hinaus in die Welt Ob bittrer Enttäuschung Jammer; Aber führe den Freund, der dir nicht mehr gefällt, Ganz still aus deS Herzens Kammer!
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