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WHeiMOWerAMiM Tageblatt für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbcund, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Rüsdorf, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf rc. Der.Hohenstein-Ernstthalcr Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn« und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus Mk. 1.60, bet Abholung in den Geschäfte pellen Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen nchmen die Geschäfts« und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiserl. Postanstalten und die Landbriefträger entgegen. A» eilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt". — Anzeigengebühr für die Ogespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Pfg.; im Reklameteil die Zeile 30 Pfg. Die ^gespaltene Zeile im amtlichen Teil 50 Pfg. 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Hohenstein-Erustthal, am 30. Juli 1914. Der Stadtrat. Der österreichisch-serbische Krieg. KabinettM-eit und Säbelrafseln. Sortdam der kritischen Lage. Die politische Lage wechselt wie das Wet ter. Dienstag abend war der Himmel völlig nmwölkt; durch die Nachricht, daß Rußland dem englischen Konfercnzvorschlage zugestinunt habe und der Verkehr der russischen Regierung mit Oesterreich-Ungarn sich auf der gewohnten freundschaftlichen Basis bewege, lichtete sich das Gewölk gestern vormittag einigermaßen bis zum Spätabend, als die Meldung von der teilweisen Mobilisierung im Süden und Züdwcsten Rußlands eine neue dunkelgraue Wolke vorschob. Der Ernst der Lage wurde auch dadurch gekennzeichnet, daß mehrere deutsche Armeekorps die Einberufung der Ur lauber zu ihren Regimentern anordneten. Oester rcichs Kriegserklärung an Serbien, die auf den Tag einen Monat nach der Serajewoer Bluttat erfolgte, hat die erste der beiden wich tigen Fragen: Wird es zum österreichisch ser bischen Kriege kommen und wird daraus ein Weltbrand entstehen? in bejahendem ^inuc entschieden. Die zweite Frage ist noch unge wiß. Die unfreundliche Aufnahme der öster reichischen Kriegserklärung in Petersburg und die eifrigen militärischen Maßnahmen Ruß lands lassen jedoch das Schlimmste befürchten, wenn es den nur mittelbar interessierten Groß mächten Deutschland, Italien, England und Frankreich nicht noch gelingt, daS Aeußerste abzuwendcn. In den maßgebenden Kreisen Deutschlands, Englands und Italiens hält man bisher noch an der Hoffnung fest, daß es gelingen werde, den Krieg zu lokalisieren. Irrtümlich ist die Auffassung, Oesterreich habe sich mit seiner offiziellen Kriegserklärung, die nach Lage der Verhältnisse nur eine Form sache war nnd ohne die die Aufnahme der Feindseligkeiten ebenso gut möglich gewesen wäre, besonders beeilt, um die vou England angeregte Vermittlungsaktion gegenstandslos zu machen. Englands Standpunkt in der Frage der österreichisch-serbischen Angelegenheit ist genau derjenige Deutschlands und Oesterreich- Ungarns: Solange der Streit auf die habs burgische Monarchie und Serbien beschränkt bleibt, hat niemand Veranlassung, sich einzu- mischeu. Der wcitcrgcheudc Vorschlag Greys, Oesterreich sollte seine aktiven Operationen ein- stelleu, bis eine Konferenz der erwähnten vier Mächte die Gefahr eines Weltkrieges beschwo ren hätte, konnte von Oesterreich-Ungarn nicht angenommen und von keiner Macht akzeptiert werden, die die Berechtigung der an Serbien gestellten Forderungen anerkennt. Oesterreich mußte iu seinem eigenen Interesse und dem der Verhütung eines Weltkrieges alle Anstren gungen machen, um so schnell wie möglich mit Serbien fertig zu werden und seine Kräfte wieder ungeteilt für die Erhaltung des Welt friedens einsctzen zu können. Dem letzteren Zwecke dienen auch die von Deutschland ange- reglen Verhandlungen von Kabinett zu Kabi nett, die bisher schon Erfolge erzielten und die Aussicht eröffnen, daß das Furchtbarste von Europa abgewendct wird. Die bisherigen militärischen Leistungen Oesterreich-Ungarns verdienen hohe Anerken nung und befestigen die Hoffnung, daß Ser bien zum Gehorsam gezwungen sein wird, be vor Rußland seinen militärischen Aufmarsch so weit durchgeführt hat, daß dem Verlangen der Panslawisten auf ein Losschlagen statt- gegeben werden könnte. Vor drei bis vier Wochen kann Rußland trotz seiner umfang reichen militärischen Vorkehrungen in den Distrikten an der deutschen und österreichischen Grenze nicht bereit sein. Bis dahin kann aber, nach der Schnelligkeit und Exaktheit der öster reichisch-ungarischen Mobilmachung zu schlie ßeu, die Entscheidung in Serbien bereits ge fallen sein. Da der militärische Einmarsch in L-erbieu von zwei Stellen aus, im Norden über Donau und Save, im Westen über die Drina vou Bosnien aus erfolgen kann, so wird durch die strategische Lage Oesterreichs Streben nach einer schnellen Entscheidung unterstützt. Die bereits gemeldeten Scharmützel an der Drina zeigen, daß Oesterreich den kürzesten Weg benutzen null, um in das Herz Serbiens und, wenn es sein muß, bis nach Nisch vor- zustoßeu. Andererseits handelte Oesterreich sehr richtig, indem es nichts überstürzte, sondern die Kriegserklärung und den Beginn der Feind seligkeiten erst erfolgen ließ, nachdem die Mo bilmachung im wesentlichen beendigt worden Ivar. Der Bahntransport der in de» west lichen Bezirken der Monarchie stehenden Trup pen nach dem Kriegsschauplatz nimmt selbst verständlich noch einige Tage in Anspruch, dadurch erleidet jedoch der österreichische Vor marsch keine Verzögerung. Kriegerischen Ent scheidungen dars man daher schon für die nächsten Tage entgegensehen. Dieselbe Erscheinung im Nachrichtenwesen, die während des letzten Balkankrieges sich fortgesetzt geltend machte, tritt auch jetzt wie der in höchst störender Weise auf: die Mel dungen widersprechen sich vielfach so diametral, daß man sie nur registrieren kann nnd auf die Zeichnung eines einheitlichen Bildes zunächst Verzicht leisten muß. Insbesondere zeigt sich dieser Uebelstand in der in erster Linie allge mein interessierenden Frage, ob Rußland ruhi ger Zuschauer des Krieges bleiben oder eine Einmischung mit allen ihren unabsehbaren Folgen Hervorrufen wird. Man erhält aus der Fülle der verschiedenartigen Nachrichten zurzeit den Eindruck, daß diejenige» Meldungen, die der russischen Politik weitergehende Mobilisie- nmgspläiie zuschreibcn, etwas überwiegen. Für oen Nachdruck und Umfang des österreichische» Vorgehens, das sich durch nichts beirre» läßt, spricht die »unniehr ebenfalls verfügte M o b i lisicrung der Flotte. MWrmbregelll oder MMlifierW Rußlands? Die Nachrichten über die militärischen Maß nahmen, die Rußland trifft, kommen so spär lich und unvollständig und aus so verschieden zu bewertenden Quellen, daß man sich ei» absolut zuverlässiges Bild davon heute »och nicht machen kann. Dennoch darf man ohne Uebertreibung behaupten, daß Gründe zur Be sorgnis in reichem Maße vorhanden sind. Die Meldung, die geeignet wäre, Befürchtungen zu erwecken, stammt freilich aus englijchcr Quelle und besagte bekanntlich, daß im Süden und S ü d w e st c n R ußlauds eine teilweise Mobilisierung angcord- uct worden sei. Eine solche Maßnahme würde sich allein gegen Oesterreich- U »- garn, nicht auch gegen Deutschland richten. Sollte sich die Meldung bestätigen, so könnte man von bloßen „Vorsichtsmaßnahmen" aller dings nicht mehr sprechen, während man die übrigen von Rußland getroffenen Maßnahmen, obwohl sich auch in ihnen kriegerische Absich ten auszusprechcn scheine», zur Not noch mit einem Gebot der Vorsicht begründen kann. Auch die Einberufungen beurlaubter russischer Offiziere aus Deutschland dauern fort. Bestätigt wird nunmehr, daß zwischen d e m Zare » und Kaiser Wilhelm ein D e P e s ch e n w e ch s e l stattgefunden hat. Und zwar wird im einzelnen gemeldet, daß der Zar zuerst sich in einem Telegramm an den Kaiser gewandt habe, daß aber gleichzei tig auch bereits ein Telegramm Kaiser Wil helms unterwegs gewesen sei, mit dem sich die Depesche des Zaren gekreuzt habe. — Wie gemeldet wird, hatte die russische Regierung am Dienstag eine amtliche Mitteilung ver öffentlicht, in der die Bevölkerung vor Demon- stralstmen gegen Mächte gewarnt wurde, mit denen Rußland sich im Friede» befindet. Von dieser amtlichen Kundgebung Rußlands war man in Berlin sehr befriedigt. Die „Nordd. Allg. Ztg." schrieb osfiziell: Der friedliche Ton der amtlichen russischen Mitteilung vom 28. Juli hat in Berlin lebhaften Widerhall ge sunden. Die deutsche Reichsregierung teilt den Wunsch auf Erhaltung friedlicher Beziehungen. Sie hofft, daß das deutsche Volk sie durch ferneres Bewahre» einer maßvollen und ruhi ge» Haltung in ihre» Bestrebungen unter stützen wird. Die amtliche Petersburger Mit teilung, die die „Nordd. Allg. Ztg." im Auge hat, äußerte die Hossnung, daß der sympa thische Widerhall der russischen Volksgesühle angesichts der ruhigen und festen Petersburger Politik richtig gewürdigt werde. Obgleich hier mit nur Deutschland gemeint sein kann, ver tragen sich damit doch nicht die russischen Truppenbewegungen an der deutschen Grenze, von denen wir gestern bereits berichteten. Heute wird dazu noch gemeldet: Die Petersburger Regier»»« ordnete die Mobilmachung öcs russische» Heeres an. Der gute Eindruck, de» die F-riedensmel- dunge» gemacht hatten, wurde durch die Alarmmcldung mit einem Schlage vernichtet, denn es erhob sich nunmehr die ernste Gefahr eines europäischen Weltkrieges. Ueber Rußlands Haltung wird die Entscheidung in Wien am heutigen Don nerstag erwartet. Als russische Kriegsmaß nahmen wird folgendes bezeichnet: Die offi ziellen russischen Telegramme an das Ausland gehen nicht mehr über Deutschland, sondern über Stockholm. Handels- und Privatschiffc dürfen die finnischen Schären zwischen Hel singfors und Hangö nicht mehr passieren. Die Leuchtfeuer wurden gelöscht. In Bendzin wurden bei einer Pferdemusterung sehr viele Pferde angekauft und den Grenzbesatzungstrup pen überwiesen. Das Truppenlager bei Konsk wurde nächtlicherweile geräumt, die dort ver einigten Truppen wurden unauffällig in die Grenzgarnisonen befördert. Die Nachricht von der Kriegserklärung schlug nach anderen Meldungen im Auswär tigen Amte Petersburgs Ivie eine Bombe ei» und rief tiefe Bewegung hervor. Der Chef der Abteilung des nahen Ostens, Fürst Tru- betzkoi, erklärte Zeitungsvertretern, es sei der schwerste Augenblick seit dein Beginn der Krise. — Alarmierende Erklärungen des russischen K r i e g s m i n i st e r s will ein Pariser Chauvimstcnblatt durch dcu soeben nach Paris zurückgekehrten russischen Botschafter Iswolski vernommen haben. Da nach hätte der russische Kriegsminister Suchom- lmow dem deutschen Botschafter in Peters burg, Grafen Pourtales, die sofortige Mobili sierung von 12 russischen Armeekorps auge kündigt, die an der österreichischen Grenze aus gestellt werden würden. Diesem Schritt würde auf schleunigstem Wege die Mobilmachung weiterer 15 russischer Armeekorps folgen, die an der deutschen Grenze Verwendung sinden sollten. Der Minister begründete diese Maß nähme mit dem Hinweis, daß die russische Mobilmachung längere Zeit in Anspruch nehme, daß Rußland aber frühzeitig bereit sein wolle, und meinte, seine Erklärung sei keine Drohung, sonder» nur ein offenes und aufrichtiges Geständnis der Absichten Rußlands. An der deatsch-rasfischea vre»ze "ü machen sich weitere auffallende Sicherheitsmaß nahmen bemerkbar. Wie aus Gumbinnen ge meldet wird, kamen in der russische» Grenz station Wirballen gegenüber Eydtkuhiie» fünf Militärzüge an. Auf dem Bahnhof, der nach der fünf Kilometer entfernte» Stadt benannt ist, sollen zwei Regimenter Infanterie, Ma schinengewehrabteilungen und ein halbes Regi ment Artillerie eingetrosfen fein. — In W a r- fchau soll infolge verschiedener Bmnbenatten- tate Revolution ausgebrochen sein. Eine große Demoiistration der Arbeiterschaft führte zu einem Handgemenge zwischen Militär, Gen- darmerie und der Masse. Schon vor drei Tage» habe» Warschauer Arbeiter eine» Sym pathiestreik begonnen, an dem sich 25 000 Ar beiter beteiligten. Russische rpiouitiS. Der Bäckergeselle Broseit in Königsberg wurde unter dem dringende» Verdacht des Landesverrats verhaftet und in das Gerichts gefängnis eingeliefert. Er hatte sich an Mili tärpersonen gewandt, die scheinbar auf seine Pläne einginge». Dadurch konnte Broseit als russischer Spion entlarvt werde». — In Sta nislav in Galizien beobachtete ein österreichi scher Wachtposten, der beim Pulvermagazin Wache hielt, eine» OffiZer i» österreichischer Uniform. Seiner Vorschrift entsprechend rief er ihn an. Der Offizier flüchtete und der Posten alarmierte darauf die Wache, der es gelang, den Flüchtling einzuholen. Es wurde festgcstellt, daß es sich um einen russischen Offizier in österreichischer Uniform handelte, der Spionage getrieben hatte. Später wurden vier verdächtige Personen in der Umgebung des Pulvermagazins bemerkt. Der Wachtposten schoß und tötete einen der Männer, dessen Identität nicht sestgestellt werden konnte. Angestrengte Tätigkeit der russische» Militärbehörde». Aus Skalmierzice (Posen) wird ge meldet: Jenseits der russischen Grenze herrscht die angestrengteste Tätigkeit der russische» Mili tärbehörde». Außer dem gestern von Lodz hier eingetroffene» Regiment ist soeben aus Warschau ein zweites Regiment hier ausge laden worden. Die ganze Eisenbahnlinie an der Grenze hat militärische Besetzung erhal ten. Die sogenannte neutrale Grenze und die über sie führende Brücke ist gleichfalls von russischen Truppen beseht. Eine Reihe von der Grenze ins Innere führender Telephonlinien ist von der Post den Militärbehörden über geben worden. Der Verkehr über Skalmier zice stockt fast vollständig. Viele hier ansässige Russen sind bereits über die Grenze geflüchtet. Aus Alerandrowo gelangen ähnliche Nachrich ten hierher. Strafexbeditio», nicht tfrobernugSkneg. Der russische Minister des Auswärtigen Sasonow gab dem österreichischen Botschafter in Petersburg zu verstehen, die Regierung des Zaren denke nicht daran, die Besetzung Bel grads durch Oesterreich als Casus belli zu be trachten. Sasonow erblickt danach in der öster reichischen Aktion keinen Eroberungskrieg, son dcrn eine Strafcxpcdition und gedenkt dagegen bis auf weiteres nichts zu unternehmen. Be ruhigend wirkt auch die Erklärung, daß die miNtärischcn Maßnahme» Rußlands keine Mo bilisicrnng, auch keine Probemobilisierung dar stellen, sondern nur die Schaffung von Ver-