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öMM!M Hohkißkl« kiiWaln AmklSks «r. 124 Sonntag, den S1. Mai 1814 41 Jahrgang WSLSMMNI' Dev Neffe aus Colorado. Eine Pfingstgeschichte von Hans Wald. (Nachdruck verboten.) Es war am ersten Pfingstfeiertag. Die Lokomotive der Sekundärbahn, die nach dem anstehenden Jndustrieort Weinhausen führte, war ebenso wie die einzelnen Waggons mit Birkenzweigen geschmückt, denen freilich die liebe Sonne schon den größten Teil des lichten Maiengrün-Zaubers geraubt hatte; aber sonst war von einem lustigen Festtagsverkehr aus der kleinen Bahn nicht viel zut erkennen- Wein- lausen war aller landschaftlichen Reize bar, und die Bewohner flogen schon am frühen Morgen in das benachbarte Hügelland aus, wo sie reichlicher als in der Heimat die Gaben des Königs Lenz genießen konnten. So war in den zeitigen Morgenstunden kaum ein freies Plüschen in den Waggons zu haben gewesen; jetzt, in der Mittagsstunde, bestand die Anzahl der Passagiere kaum aus einem Dutzend Me» schen, von denen bald jeder Fahrgast ein A - teil für sich allein hatte. Zugführer und Schaff ner machten sich schmunzelnd darauf aufmerk sam; so hatten doch auch sie am Feiertag ein mal ihre Feiertagsstille und ihren Pfingst frieden. In einem Abteil dritter Klasse saßen ein einfach gekleidetes Mädchen mit klugen Augen und einem energischen Zug um den Mund und ein junger Mann mir einem Rucksack ne ben sich einander gegenüber. Erst schauten sie stumm an einander vorbei, dann begann der Mann zu fragen, während er gedankenvoll die in der Ferne austauchenden Weinhaufener Fa brikschlote betrachtete. Er wünschte nähere Auskunft über die Einzelheiten des vor weni gen Jahren noch eng umgrenzten, heute schon weit ausgreifenden Platzes, aber sein Gegen über konnte ihm keinen nennenswerten Bescheid erteilen. „Ich will erst hier heimisch werden," sagte sic fröh-Iiäi, „und ich hoffe cs zu werden." „Ich bin ' ier geboren, aber ich kenne Wein- Hausen kaum wieder," antwortete er. Mi gesteigertem Interesse schauten sie ein- anb^r^an. Die Lokomotive rasselte schon in die Orrsgasse ein, zu deren Seiten sich die Haus- gärten ausdehnten. Weinhausen war nicht schön, aber den beiden Fremden schien es mit einem Male schönk Da war keine Gartenkunst, aber der Frühling und Pfingsten behaupteten auch hier ihre Rechte. Der Flieder blühte, der Goldregen verbreitete seinen prächtigen Blüten- zan er, Schneeball und Rotdorn eiferten mit ihni um die Wette. Urwüchsig, den Bewoh nern etwas Gewöhntes war alles, es wuchs drauf los, wie es sich entfaltete, die Schere des Gärtners ward sehr vermißt, aber es be- deutete den neuen Ankömmlingen eine Heimat, ein Pfirrgsten. Ein nüchternes weißes Gebäude ragte zur Seite empor. Eine schwarze Inschrift auf der weißen Fassade war begonnen, aber über das einzige Wort „Städtische" war sie nicht hinaus gediehen. Den Rest hätten vorübergehend auch die Fliederbüsche verdeckt. Und dann ein Gold regenbaum, der kein Strauch mehr war, son dern ein echter und rechter Baum und seine leuchtenden Blütendolden in Hülle und Fülle herniederrieseln ließ in einer seltenen, ganz auf fälligen Schönheitspracht. Während die Sekundärbahn unter dem vor schriftsmäßigen Glockengeläut dahinratterte, sagte das Mädchen: „Das ist mein künftiges Ar eitsfeld, da bin ich zu Haus." Der Mann lachte: „Hoffentlich fliegt Ihnen von dem Gold auf dem Baum genügend ins Fenster hinein." Sie lachte noch Heller auf, wie er: „Das hoffe ich, denn aus mehr Geld kann ich vor läufig nicht rechnen. Ich trete als stellvertre tende Lehrerin in die städtische Haushaltsschule ein, und da muß ich niit dem zufrieden sein, was man mir zubilligt." „Und was lehren Sie da?" — „Kochen!" llang es von den frischen Mädchenlippen fidel zurück. Sie hatte wohl erwartet, daß eine gleiche sro' e Antwort folgen würde, a 'er diese blieb aus „Kochen!" wiederholte der Mann lang sam. „Das also wird hinter den Mauern dort gelehrt. Man vergißt es ganz, wenn inan es sich Jahre hindurch hat genügen lassen müssen. Kochen! Wenn man das versteht, weiß man reilich nicht, was Magenknurren bedeucet " „O doch," schallte es ihm lustig ins Ohr, „dann nämlich, wenn man kein Geld hat, um das Kochen zu bezahlen- Doch, wo werden Sie hier Ihr Quartier aufschlagen?" »Ich'?" gab er ziemlich gleichmütig zurück. „Nun, ein Eisenarbeiter findet allenthalben Un terkunft. Und daneben genügt mir ein St ck Speck und eine Schnitte Brot. Namentlich jetzt zu Pfingsten. Man hat mir mal vom Spar, gcl gesprochen, ich habe davon auch wieder ge lesen, seitdem ich in Deutschland bin. Aber dvvon wird drüben überm großen Wasser kein Mensch satt." „Also daher kommen Sie?" Die Züge iin Gesicht des jungen Mädchens hatten sich ver schärft. Bei Gott, sie tvar ganz gewiß nicht hochmütig, und wenn sie hier in dem mehr wie bescheidenen Zugaüteil mit einem jungen Arbeiter zusammensuhr, so war das für sie nichts Herabsetzendes. Im Gegenteil! Sie sah, wie jedermann seine körperlichen und gei stigen Fähigkeiten in einer Weise betätigte, die Erfolg bringen mußte. Aber dieser Fremde stand ihr doch zu entfernt, sie fand so schnell keine Gelegenheit, zwischen seinen Anschauungen und den ihrigen eine Brücke zu schlagen. Denn er konnte ja doch beim besten Willen kein ge wöhnlicher Arbeiter sein, so einer, der mit har ten Händen um seinen täglichen Erwerb schar- werkt. Lustige Pfingstlieder klangen in den Zug von der Straße herein, und die Lokomotive keuchte halb verzweifelt den ziemlich steilen Restweg ihrer Strecke. Jetzt gab es einen krei schenden Pfiff, dann ein Gerumpel, Geschurr und Geschiebe und nun eine schmetternde Fan fare der Ortskapclle, bei der der gute Wille über den musikalischen Wohllaut hinweghelfen mußte, an dem nicht mehr wie alles mangelte. Die beiden Passagiere sahen einander er staunt an. „Gilt das Ihnen, Fräulein . . . ?" — „Eva Röder ist mein Name," lachte sie in rosigster Laune. „Nein, mir gewiß nicht, so empfängt man Haushaltslehrerinnen doch wohl nirgendwo in deutschen Landen. Vielleicht aber Ihnen, Herr ..." — „Frank Smith," ant wortete der und warf einen humoristischen Blick auf seinen Rucksack. „Ich sollte so ange- seiert werden, ich, ein alter Minenkeeper, der in seinem Leben schon manchen Tag gehun gert lat? Na, mir soll's recht sein, wenn man einen alten Boy, den die Sehnsucht in das kleine Nest treibt, so musikalisch begrüßt. Meine Ohren können e ensoviel aus halten, wie mein Rücken schon ausgehalten hat." Beide lachten herzlich, schüttelten einander tameradschastlich die Hände, als ob sie gute, alle Bekannte seien, und dann hielt der Zug. Mit verbindlicher Liebenswürdigkeit gab- Frank Smith dem jungen Mädchen die Tür frei und dann- stand er selbst in dieser, seinen Rucksack aufgekchnallt, ein Bild derber Kraft, aber ge rade kein Bild pfingstlicher Herausstaffierung des äußeren Menschen. Die Menschheit auf dem Bahnsteig, die zahlreicher war, als man hätte erwarten sollen, blick e dann auch etivas erstaunt auf. Sie alle waren im schönsten Psingstputz, und dieser Gast, dem der ganze solenne Empfang zu gelten schien, sah nicht viel besser aus, als ein reisender Wanderbursch von der Landstraße. llnd die Begrüßung galt ihm wirklich. Ein wohlbeleibter Herr, dem üoer der weißen Weste eine schwere goldene Uhckette taumelte, warf noch einen forschenden Blick die Wagenreihe hinunter und eilte auf den Ankömmling zu. Noch ein allerletzter spähender Blick, und dann rief der Korpulente im tiefsten Baß, um den ihn mancher Sänger hüte beneiden können: „Na, da bist Du ja, Junge; wenn Du- Dich auch sonst verändert hast, Deine Nase ist erbt schmidtsch (sie war allerdings recht energisch) geblieben, die verrät Dich. Komm her, Junge, laß Dir einen Kuß geben-" „Herzlich willkommen," sagte der dicke Herr noch ein Paar Male, und der Ankömmling ver setzte: „Herzlichen Dank, Onkel Hermann. Du hast es zu gut gemeint." — „Davon nachher," rief der einstige Metzgermeister, jetzige Rentier und Ratsherr Schmidt seinem Neffen zu. Jetzt gib mal erst Deiner Tante und Deiner Kusine Lisette die Patschhand. Und verlie Dich nicht gleich in das Mädchen, sie ist ein netter Käfer." Ta fiel das Auge des rastlosen Manu.es aus das fröhliche Gesicht von Fräulein Eva Röder, die rücksichtsvoll zur Seile getreten war, aber bei dem Stimmenaufwand des Ratsherrn » » Allerlei Kurzweil. » » Denkfprüche. Vertraue Gottes Vaterhänden, Wenn er den liebsten Wunsch versagt, Was hier beginnt, wird dort vollenden, Wo dir ein neues Leben tagt. Es ruhn im engen Raum der Zeit Die Keime deiner Ewigkeit. * * * Alles bleibt Stückwerk an unS auf Erden, Aber vollendet soll eS e>nst werden. Gott, als dem Meister, muß es gelingen, Hohes zu bilden aus dem Geringen. Rätselecke. Zur Pfingstpartie lud man mich ein, Doch al, mußt ich es leider schlagen. Es wird ja Regenwetter sein, Doch gäb's auch hellsten Sonnenschein, Ich muß den Ausflug mir versagen. DaS Ganze kommt! Leicht wird es klar. Das Erste sei in Wort und Taten. Das Zn ulte schätz' ich immerdar; Ist, was es sagt, nur gut und wahr, So wird es trefflich mich beraten. Doch steckt es in dem Zweiten noch, So wird das Ganze. Heut ein Schreiben Verkündets. Wie fatal! Jedoch Ich beug' mich dem Verwandtschaftsjoch Und will daheim zu Pfingsten bleiben. Dreisilbige Scharade. SuchS zu erwerben, was umfaßt die ersten . beiden, Doch manchem bracht es Schmerzen auch und Leiden! Es hat der Stiefel meine kurze Dritte, Von einer Säule nennt man's auch die Mitte, Das Ganze ist den Ersten nah verwandt, Und viele Jünger sind uns wohlbekannt! Logagriph. Mit D entstehen sie beim Spinnen, Am gleichen Wort setz' R statt D. Mit Gl vernehmbar deinen Sinnen, Mit Fl kommt es aus der Höh', Mit Br siehst du eS weithin ragen Wohl über Wald und Tal und Land, Mit S muß man sich oftmals plagen, Wenn man darin viel Löcher fand. Vitter-Rätsel. BexierbUil. Wo bleibt nur mein Mann? Wir wollten doch die alte Kirche hier besichtigen! (Auflösungen in nächster Nummer.) VlufiSsuuge« am» Nummer 21. Der Rätsel: 1. Mark — Kram. 2. Der Sarg. Des Sinnrätsels: Der Bart. Des Anagramms: Reblaus, Breslau. Des Gleichklangs: Ahnen. DeS Bilder-RätselS: Kronprinzessin. Des Vexierbildes: Rechts schräg in der Mitte de« Bildes. Kopf Uber dem vordersten Pferde. Kik-er-Zeits«z. M- di-eHA W ds» ME« HchM »chchM». Nr. 22. I Redaktion, Druck und Verlag von Horn L Lehman», Hohenstein-Srnftthal. 1914. -S-4XK--K. PffttgffeN. Mit Blumendust und Vogelsang Eint sich der Glocken Fcierklang, Das Fest, das lieblichste, zu weihen, An dem als Lebensquell erweist Aufs neue sich der heil'ge Geist, ES grüßt uns heul' im Schmuck der Maien. Und grünumkränzt, wie eine Braut, Im Wonnerausch entgegenschaut Die Erde auch dem Himmelssegcn. Es prangt die Flur, das weite Land Im Frllhlingsstaat, im Festgcwand, Und Jubel herrscht auf allen Wegen. Und freudetrunken, glllcksberauscht Das Menschenherz auch selig lauscht Den Stimmen, die ringsum erschallen; Denn bei des Pfingstfcsts Glocken klang Steigt jubelnd auf ein froher Dank, Der Freudengeist, er spricht aus allen. Und wo in einer Menschenbrust Das Weh noch streitet mit der Lust, Da wird der Freudengeist doch siegen; Denn Pfingsten-Glück und -Sonnen schein Strahlt hell in jedes Herz hinein, Und alles Leid muß unterliegen. Nur offen halte Herz und Ohr, Weit offen auch des Herzens Tor, O, Menschenkind, in diesen Tagen! Was dunkel ist, das werde licht! Und was an Freude dir gebricht, Von außen wird's hineingetragen. Die Seele frei von Druck und Haft! Frischauf alsdann zur Wanderschaft! Das Jahr ist lang, wir brauchen Kräfte Drum stärk' zu Pfingsten, heil'ger Geist, Der uns den Weg zum Höchsten weist, Sie neu zu jeglichem Geschäfte! Die drei Reifegenoffen. Ein lustiger Tiermärchen von Hermann Römer. (Nachdr. verboten.) Die Dohle hatte es eines schönen Sam meltag« satt, auf dem Kirchendach zu sitzen und auf daß Pflaster hinabzusehen. „Ich will reisen und die Welt besehn," sagte sie. „Reisen bildet und ist jetzt Mode. Wir stehen im Zeichen de« Verkehrs." Rasch entschlossen packte sie ihren Rucksack, hockte ihn auf den Rücken und machte sich auf den Weg. „Ich kann ja