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MM M HMMMMaln Amrign Ne. 1S3. Sonnabend, den 30. Mai 1014 41. Jahegar g Sie LavdMg de§ deotsche« MilitSrattHlW Ms russischem Boden. Der Vorfall ist höchst peinlich. Nach allem, Ivas visier bekannt geworden ist, haben- die beiden deutschen Offiziere, Hauptmann Sch-mö« ger und Oberleutnant Paul, an der Landung auf russischem Boden keine Schuld. Sie waren in Graudenz mit einem Militär-Doppeldecker aufgestiegen, waren bei Thorn in einen Ge wittersturm geraten und über die Grenze ge- trie<en worden. Sie wurden von den Ko'aken au der Grenze mit Flintenschüssen empfangen, denn die Soldaten Haien strenge Weisung er hallen, jedes Flugzeug oder jeden Ballon zu veschießen, sowie das Fahrzeug die russische Grenze passiert hat. An Einzelheiten wird zu dem Fall gemel det: Die beiden Offiziere gedachten im Zuge der deutsch-russischen Grenze von Graudenz nach Liorn zu gelangen. Bei Strasburg in Weslpr. gerieten sie in ein schweres Gewitter. Um einem möglichen Blitzschlag auszuweichen, gin gen sie in große Höhen. Die Einwohner der Stadt sahen, wie das Flugzeug, anscheinend von schweren Böen geschüttelt, hin und her schwankte. Man bemerkte auch, daß die Flie ger nicht mehr südlichen Kurs hielten, sondern in östlicher Richtung davonflogen. Zweifellos batte das Gewitter Einfluß auf den Kompaß gehabt und den Fliegern eine falsche Richtung gezeigt. Erst als il neu die Kugeln der Ko saken um die Ohren pfiffen, merkten sie, daß sie über die russische Grenze getrieben worden waren. Daß sie nicht hart hinter der Grenze Niedergängen, sondern erst 17 Kilometer weiter bei Rypin, erklärt sich daraus, daß ein Aero- plan naiürlich nicht sofort senkrecht hina-slei- gen, sondern erst in allmählicher Neigung sich dem Boden nähern kann, auch sprachen Ter rainschwierigkeiten mit. Bei der Landung wurden die deutschen Offiziere sofort verhaftet und von der städtischen Behörde in Rypin dem ersten Verhör unterworfen, lieber das Erge - nis des ersten Verhörs haben die russischen Behörden bisher keine Mitteilung gemacht. Nur dem deutschen Botschafter in Peters.urg wurde die Landung der deutschen Militärflie ger telegraphisch sofort mitgeteilt. Welche Stel lung die russischen Behörden dem Fall gegen, ü.-er einnehmen werden, nachdem sie in dem Permer Fall, der drei deutsche Frei-allonführer betraf, alles raten, um die Deutschen mögljchi zu schikanieren, bleibt abznwarten. Als ein Gluck ist es anzusehen, daß leiner der deutschen Offiziere von einer Kugel getroffen worden ist, Ivas sehr ernste Folgen hätte haben können. Rypin, wo die deutschen Offiziere nieder gingen, ist ein kleines russisches Landstädtchen. Die Gegend selber ist nur wenig i evöl erl, reiche Waldungen bedecken sie. Der Verdacht der Spionage konnte deshalb von den russi schen- Behörden- nicht erhoben werden. Neben der polnischen Bevölkerung Rypins überwiegt die jüdische. Sie hat noch die alten Sitten ! und Gepflogenheiten beibehalten. Man- sieht aus den Straßen Männer und Jünglinge im schwarzen, fast auf die Fußspitzen herabreichen den Kaftan, und viele der scharfg-eschnittenen vharatterköpfe zeigen noch die „Peijes", die zierlich gedrehten Schläfenlocken. Bescheiden und anspruchslos lebt die Bevölkerung, meist in sehr ärmlichen Verhältnissen, ihre Tage. Auch das jüdische Sektenwesen ist in diesen Grenzstädten stark vertreten; die Rabbiner, die an der Spitze der Gemeinden stehen, haben ost den Ruf tüchtiger Gelehrter, sie korrespondieren ost genug mit den akademischen Gesellschaften zu Warschau, Moskau, Petersburg usw. Einen eigenartigen, charakteristischen Anvlick gewährt ein Spaziergang am Freitag abend durch die stillen Gassen eines solchen Städtchens, wenn überall hinter den Fenstern der Schein der beiden Sabbath-Lichter aufleuchtet. Die Grenz kosaken, die so unfreundlich mit scharfen Schüs sen die deutschen Luftschiffer empfangen, kom men in der Regel gut mit der Bevölkerung aus. LandmrtWft und Industrie am Vorabend neuerhandelsoerträge. In einer außerordentlich stark besuchten Kreisversammlung des Bundes der Landwirte sprachen am Sonntag nachmittag in Plauen der Geschäftsführer des Bundes in Sachsen, Oswin Schmidt, Freiberg, über die Arbeiten des letzten Landtages und der Direktor des Bundes, Dr. Diederich Hahn, über „Land- nürtschatt und Industrie aw Vorabend der neuen Handelsver.räge". Aus dem letzteren von der Versammlung mit stürmischem Bei all auhgeno-mmenen Vortrag sei folgendes wieder gegeben: Bei Schaffung der letzten Handelsverträge batten sich die Vertrcrer der Landwirtschaff wie immer v-o-n dem Grundsätze leiten lassen: Parität, Gleichberechtigung von Industrie und Landwirtschaft. Die Wünsche der Industrie habe mau so behandelt, als wären es die eigenen. Unser wirtschaftliches Leben blühte und gedieh, aber, aber, der Absatz unserer Jndustrieprodukte werde aus den oben ange gebenen Gründen immer schwieriger. Es sei -egreiftich, daß in manchen Kreisen recht un- bcbaglichc Stimmung herrsche. Grundfalsch würde es aber sein, wenn man angesichts des A schlaffes neuer Handelsver.räge schwächliche Nachgiebigkeit zeigen und, nur um den Zoll rieben zu erhalten, dem Auslande alle mög litten Konzessionen wachen wollte. Vergleiche mit Ruf land, Nordamerika und England zeig ten — Redner führte die Ein- und Ausfuhr Ziffern aus dem Jahre 1912 an —, daß Deutschland einen Zoll- und Handelskrieg niclff zu fürchen brauche. Rußland und Nordaiw. rika Muten viel mehr bei uns ein als wir bei ihnen, sodaß ein Zollkrieg in jenen Ländern er c lieh stärker fühlbar werden würde, als bei uns. Auch für einen Zollkrieg gelte das Wort: Wenn dn den Frieden willst, so bereite dich aus den Krieg vor. Wenn eine Politik der freundschaftlichen Beziehungen zu allen Nach barstaaten nur dadurch aufrecht erhalten wer- den könne, daß man sie fortgesetzt erkaufe dm.h allerlei Zugeständnisse, wie sie jetzt von frei sinniger Seite vorgeschlagen werden, dann sei etwas nicht in Ordnung. Die Regelung der Handelsverträge müsse unseren Lebensinrer- essen entsprechen, sie dürfen nicht in den Dienst politischer Zwecke gestellt werden. Herr Dr. Hahn gab zu, daß besonders die sächsische Ex portindustrie Anlaß habe, über den Gang der Dinge unzufrieden zu sein, gleichwohl wäre es nach seiner Meinung- das falscheste, wenn wir uns die Gnade des Auslandes durch Preis gabe von Zöllen sicherten, die wir so nötig --rauchten wie das tägliche Brot. Landwirt schaft und ein großer Teil der Industrie seien auch einig in- dem Grundgedanken: unserer Landwirtschaft muß der Zollschutz erhalten bleiben. Aus einem anderen Standpunkt stehe ein Teil der Fertiginduftrie. Er stelle unter Führung des Handelskammersyndikus Dr. Dietrich, Plauen, eine Reihe von Forderungen aus, bei denen die Landwirtschaftszölle als Kompensationsobjekte zur Begünstigung der Industrie benützt werden sollen. Redner gab eine Auslassung der „Altnationalliberalen Reichskorrespondcnz" bekannt, in der die vom handelspolitischen Ausschuß des Bundes der Industriellen in Erfurt beschlossenen Leitsätze besprochen werden. Nach dem Urteil der ge nannten Korrespondenz entsprechen diese Leit sätze „im allgemeinen dem antiagrarischen und mit einer gewissen freihändlerischen Grund stimmung versehenen Frankfurter Vortrage des Plauener Handelskammersyndikus Dr. Diet rich". Redner erklärte weiter, daß er einen solchen Egoismus, wie er in den Dr. Diei- richschen Leitsätzen vertreten werde, noch nicht erlebt habe. Dr. Dietrich wolle den Schutz der Landwirtschaft preisgeben zugunsten der Fertigwaren--Jnduftrie. Nun sehe man sich a-er das Krästever.Mtnis im Reichstage an. Tie Kreise, in denen die Fertigwaren-Jndu- strie zu Hause ist, würden im Reichstage durch Sozialdemokraten oder Fortschrittler, also durch ganze oder halbe Freihändler, vertreten. Die letzten Handelsverträge seien von den Konser vativen, Nationalliberalen und dem Zentrum gemacht worden, die an das große Ganze ge dacht hätten, nicht an einzelne Teile und Gruppen unseres Wirtschaftslebens. Herr Dr. Hahn- beschäftigte sich des Längeren mit ein zelnen der von Dr. Dietrich aufgestellten For derungen (Beseitigung des Einfnhrscheinsystems, Auf ebung der Minimalvertragszollsätzc für Getreide ufw.). Er bezweifelte aber, daß es möglich sei, die deutsche Zollpoli ft nur nach den Wünschen des Herrn Dr. Dietrich einzu richten. Die Forderungen Dr. Dietrichs seien klug ausgeklügelt, aber Realpolitik stellten sie nicht dar. Dr. Dietrich irre sich auch, wenn er glaube, daß die Schwerindustrie mit ihm geben werde. Sel st in manchen Kreisen der Fertigindustrie werde er mit seinen Leitsätzen keinen Anklang finden, denn diese liefen auf Freftvndclspolitik hinaus. Die Voraussetzungen unserer wirtschaftlichen und nationalen Entwicklung und Stellung sei eine starke Heimatpolitik. Darum dürfe man einen der wichtigsten Teile des Volkes, die Landwirtschaft, nicht preisgeben. Sie sei not- wendig für die Industrie als Abnehmer und notwendig für die nationale Verteidigung. Die Frage der Handelsverträge könne nur gelöst werden, indem die Rechtsparteien und die Na- tionalli eralen mit dem Zentrum Zusammen gehen, sich verständigen und der Regierung den Rücken st-rken. Die Landwirtschaft wolle gar teine Extrawurst gebraten ha en, sie vertrete nur wie früher den Satz: Gleichberechtigung von Industrie und Landwirtschaft. Die Land wirte wollen auch gute Handelsverträge für die Industrie. Wer gute Handelsverträge ha ken wolle, der müsse freilich mit einem guten Rüstzeug versehen sein. Wie im militärischen, so gelte auch im wirtschaftlichen Kampf der Satz: Der Stärkste und der Mutigste wird der Sieger sein. Darum sollen wir ohne Furcht und Zittern, tapfer und mutig der Zukunft entgegensehen. vertlicheS m» LSchMche«. *— Die Gessahren des Aus - kunftswefens. Im Handelsverkehr wird der Kaufmann, um sich vor Verlusten zu schützen, gezwungen sein, über die Kreditfähig keit seiner Kunden Auskünfte einzugiehen. Wäh rend er sich früher hierzu alter Geschäftsver bindungen zu bedienen Pflegte, wird dieser Weg bei der Ausdehnung, die Handel und Verkehr angenommen haben, in den weitaus meisten Fällen nicht mehr möglich sein; er wird daher in der Regel, wenn es sich um die Erteilung einer Auskunft über die Kreditwürdigkeit sei ner Kunden handelt, die sogenannten Auskunf teien in Anspruch nehmen müssen. So große Vorteile und Bequemlichkeiten nun einerseits derartige Institute zur berufsmäßigen Ertei lung von Auskünften für das Geschäftsle! e-i unstreitig haben, so dürsten anderseits do.h nicht die Nachteile verkannt werden, die in dieser Art der Auskunstsevteilung begründet liegen; sie sind dem nicht verborgen, der die Art und Weise kennt, in der solche Auskünfte gewöhnlich zustande kommen. Um das für die Auskünfte erforderliche Material zu beschaffen, pflegen sich die von der Auskunftei mit den Ermittlungen betrauten Rechercheure gewöhnlich an den Hauswirt, den Portier, die Nachbarn und sehr häufig auch an den Befragten selbst zu wenden. Darin liegt nun die große Ge fahr; denn derjenige, über den eine Auskunft verlangt wird-, hat naturgemäß das größte Interesse daran, daß sie möglichst gut und günstig- lautet über sich und seine Vermögens verhältnisse. Gewissenlose Personen werden da her stets bestrebt sein, dem Rechercheur gegen über il-re Vermögenslage möglichst rosig zu schildern, sie werden, da die Rechercheure die Geschäftslage meist nicht zu überblicken ver niögen, mit ihrer Ueberredungs'unst durchdrin gen und einen für sie günstigen Bericht erzic- Ein Wintertranm. Roman von Anny W o t h e. 47 Forlseyuns, (N.chdmck verdolcn.) 1912 ^otftv, I^olpri^.) „Das hat er getan," unterbrach Leo zum ersten Male die Erzählerin. „Oft nahm er mich des Abends auf sein Knie, und zeigte mir die Sterne, „das sind Mutters Augen," sagte er dann, „sie schauen hernieder, ob Leo auch brav und gut ist," und niemals hätte ich etwas schlechtes getan, wenn die Himmels augen meiner toten Mutter über mir schwebten." Da faltete Mrs. Wood still die schlanken Hände ineinander, und ein glückseliges Leuch ten huschte über ihr zartes Gesicht. „Wie danke ich Dir für dieses Wort, Leo," sagte sie zärtlich, „es nimmt eine große Last von meiner Seele." „Ich erhielt keine Antwort aus meinen Brief," nahm sic die Erzählung wieder aus, „und als ich nach Jahren noch einmal Mut faßte, und an Gerd schrieb und ihn bat um Nachricht von meinem Kinde, erhielt ich den Brief u-neröffnet zurück. Ich lernte mich bescheiden. Ein Leben der Sehnsucht lebte ich, bemüht, James alles das zu geben, was Du, Leo, entbehren mußtest. Der Schmerz und das Leid hatten mich ge weilt, und meine Künstlerschaft geheiligt. Oft, wenn ich auf den Brettern stand, und meine Stimme die Menschen zu Tränen rührte, daß ringsum nur ein einziges Schluchzen laut wurde, daun hatte ich au Dich gedacht, an meinen armen, kleinen Buben, der nun gewiß ein Mann geworden, und der nichts von- sei ner Mutter wußte- Nie schlief die Sehnsucht. Immer drängte es mich der Heimat zu, da, cs war vor mehr als einem Jahre, las ich in einer Zeitung, daß Dein Vater gestorben. Leo. Lange hoffte ich, daß er vielleicht doch auf seinem Totenbette zu Dir von Deiner Mutter gesprochen, und ih hoffte im Stillen, Du würdest kommen und Deine Mutter suchen. Aber Du kamst nicht, und ich wußte, daß Dein Pater unversöhnt dahingegangen. Schwer und bitter habe ich damals gekämpft. Es war mir, als müßte ich jetzt zu Dir eilen, aber ich hatte nicht den Mut — ich glaubte nicht an ein Erwachen Deiner Liebe, die ich ja selbst verscherzt hatte. Da ging James nach Deutschland. Ich konnte ihu nicht halten, wie ich so gern wollte, und ich dachte daran, ihm alles anzuvertrauen. A.-er auch- dazu war ich nicht stark genug. Erst nach meinem Tode sollte er alles erfahren, tollte wissen, daß ihm ein Bruder lebte, um dm feine Mutter tausend Tränen geweint. lind dann schrieb mir James plötzlich von Dir und Jngelid. Nicht einen Augenblick zwei felte ich daran, daß ein gütiges Geschick ihn mit seinem Bruder zusammengeführt. James schrieb mir von Deiner Braut, wie hold und schön sie sei, und ich segnete sie im Geiste, und weinte heil e Tränen über Dein Glück. Und dann schrieb mir plötzlich James wieder, daß er Jngelid liebe, daß er sie erringen müsse um jeden Preis. Wie Wahnsinn erfaßte es mich da. Ich wollte Dein Glück retten. Ja mes sollte Dir nichts nehmen, und ich reiste so schnell es nur geschehen konnte, hierher, um doch nur einzusehen, daß ich zu spät kam. Nein, nicht zu spät. Das Schlimmste wenig stens, daß Ihr mit den Waffen in der Hau-d cinander bekämpft, das konnte ich verhindern, denn Iver von Euch will zum Brudermörder werden?" Im finsteren Schweigen standen die beiden Mänuer. Erschöpft schwieg die Erzählerin und lehnte ihr graues Haupt an Jngelids Schalter. „Hast Du kein Wort für Deine Mutter, Leo?" fragte Marga Wood dann sanft voll schmerzlicher Resignation. Leo sah mit Augim voll düsterer Glut in ihr Gesicht, dann irrten seine Blicke zu Jn- oclid, die aus blaffen, angstvollen Zügen zu ihm aufsah. Ein höhnisches Lächeln zuckte um Leos Mund, als er mit knirschenden Zähnen her- vorsließ: „Die rührselige Geschichte, die Sie mir da erzählen, gnädige Frau, macht mich hart, hart wie meinen Vater. Aber Sie haben Recht, wenn Sie meinen, das ich nicht mit der Waffe in der Hand gegen ihn kämpfen kann, dem meine Mutter das Leben gab, wenn auch diese Mutter tot für mich sein muß, wie ich für sie." „Leo!" schrie die gemarterte Frau- auf. „Leo!" Er sah düsteren Auges in ihr verzweifeltes Gesicht. „Jngelid," fügte er dann plötzlich hart hin zu, „Jngelid soll zwischen uns entscheiden. Frei, unbehindert, nur wie ihr Herz gebietet, wll sie wählen, zwischen dem fremden Ma-nne dort, der mein Bruder sein soll, und mir." Einen Augenblick herrschte Totenstille im Zimmer. Man hörte nur das dumpfe Ticken der Uhr wie den Herzschlag der drei Menschen. Draußen rüttelte der Schneesturm an die Fen ster und jagte die weißen Flocken zu hohen Wänden empor. Jngelid war totenbleich. Mühsam richtete sie sich auf, und faltete beide Hände über der Brust zusammen-. Ihre Augen suchten den Blick von James Wood, und als habe sie sich daraus Mut getrunken, sprach sie fest, indem sie auf Leo- zutrat und ihm bittend in die Augen sah: „Leo, sei nicht hart mit mir, sei nicht hart mit dieser da, die Dich voll mütterlicher Liebe umlegt hat, wenn sie Dir auch fern war, die um Dich litt und noch leidet. Lerne doch verstehen, daß das Menschenherz ein eigenwilliges, trotziges Ding ist, das sich nicht einzwingen läßt in- eine bestimmte Form. Sieh-, Leo, Du weißt, ich habe Dich lieb, wcnu auch vielleicht nicht mit der einzigen, großen Leidenschaft, die das Weib zum Manne zwingt, aber doch mit echter Freundestreue, die oft mehr wert ist als Liebe und Leidenschaft. Da trat James in mein Leben, und ich onnte nicht anders, ich mußte ihn lieben. Vielleicht trat er mir gleich so nahe, weil er Dir so- ähnlich war, weil ich so viel ver- wandte Züge in Euch fand. Ich weiß es nicht. So schwer ich auch kämpfte und litt, so sehr ich mich auch mühte, in Dir den Mann zu sehen, der mein künf tiges Leben in dec Hand hielt, alles in mir drängte James zu. Verzeihe mir, Leo, ich kann nicht anders. Ich habe Dir vorhin zu gestanden, daß ich mich als Deine Braut be trachte, wenn Du selber mich nicht frei gibst, ich wieder!-ole es hier: vertrauensvoll lege ich als meinem besten Freunde mein Geschick in Deine Hände. Bestimme Du James und mein Schicksal, uud ich will nicht murren, wie immer Du es beschließt." Wie tiefe Schatten zitterten die langen, schwarzen Wimpern auf den Weißen Wangen des Mädchens, das in so rührender Hinge bung und doch in hoheitsvollem Freimut vor Leo stand. James Augen glühten- ihn an, seltsam feindselig und doch Voll geheimer Augst. Leo bätte lachen können darüber, wie sich alles löste. (Fortsetzung folgt.)